Die Finanz-Bundesliga-Tabelle 2021/2022 Teil 4

Im Mai 2019 veröffentlichte die Deutsche Fußball Liga (DFL) nach dem Beschluss der Mitgliederversammlung Ende 2018 erstmals die Finanzkennzahlen der Bundesliga-Vereine. So war es vor drei Jahren erstmals möglich, eine „Finanz-Bundesliga-Tabelle 2018/19“ zu erstellen. In dieser habe ich die Finanzkennzahlen, die die DFL pro Verein veröffentlicht hat, mit Hilfe von Leistungskennzahlen, so genannten „Key Performance Indicators“, kurz KPIs, analysiert. Daraus ergaben sich für die einzelnen Vereine viele interessante Ergebnisse. Da sich die Vereine untereinander in einem Wettbewerb befinden, war es bereits 2019 extrem spannend zu sehen, wie es tatsächlich um „Financial Fairplay“ bestellt ist. 2020 wurde es noch einen Tick interessanter, weil es erstmals möglich war, Veränderungen im Vergleich zum vorangegangen Geschäftsjahr zu ermitteln . 2021 war das erste Jahr, in dem alle Vereine finanziell von der Pandemie betroffen waren, da der Bilanzstichtag der meisten Vereine der 30. Juni ist. Allerding bilanzieren Eintracht Frankfurt, Bayer 04 Leverkusen, Borussia Mönchengladbach, der VfB Stuttgart und der damalige Absteiger FC Schalke 04 zum 31. Dezember. Dadurch waren die Ergebnisse im letzten Jahr verzerrt, da diese fünf Clubs 10 statt 4 Monate Corona in der Bilanz zu verarbeiten hatten. Somit sind die Ergebnisse dieses Mal wesentlich aussagekräfter, da bei allen Clubs die Pandemie durchschlägt – allerdings profitieren nun die fünf Clubs ein wenig vom abweichenden Bilanzstichtag, da sie weniger Geisterspiele zu verkraften hatten. Schließlich waren von August bis Dezember 2021 in den meisten Stadien wieder Zuschauende zugelassen. Die anderen Clubs konnten im Sommer/Herbst 2020 nur ein bis zwei Spiele mit Zuschauern austragen. Während in den vergangenen Jahren der Vergleich mit dem Vorjahr gesucht wurde, lohnt es sich diesmal auf die Zeiten vor der Pandemie zu schauen, um zu sehen, was die Corona mit der Bundesliga finanziell angestellt hat. Daher gibt es an einigen Stellen Vergleiche mit dem Bilanzierungszeitraum 1. Juli 2018 bis 30. Juni 2019 (bzw. 1. Januar 2019 bis 31. Dezember 2019) dem letzten Jahr, ohne Geisterspiele.

Im Bilanzzeitraum 1. Juli 2020 bis 30. Juni 2021 spielte der VfL Bochum und Absteiger Greuter Fürth in der 2. Liga, Aufsteiger FC Schalke 04 spielte die Hälfte seines Geschäftsjahres in der 2. Liga (vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2021). Im vorangegangen Jahr (Bilanzstichtag 30. Juni 2020) spielte Absteiger Arminia Bielefeld in der 2. Liga, der VfB Stutgart spielte die Hälfte seines Geschäftsjahres in der 2. Liga (bis zum 30. Juni 2020).

Da sich Fans zahlreicher anderer Vereine für diese Tabelle interessieren, gehe ich auf alle 18 Erstligisten der Saison 2021/2022 ein und beleuchte wie letztes Jahr die Aufsteiger also Schalke und Werder. Dadurch macht es meiner Meinung nach Sinn, dieses Thema wie in den vorangegangen Jahren in Abschnitte zu unterteilen:

Teil 1: Einführung und die KPIs Anlagendeckungsgrad und Eigenkapitalquote
Teil 2: Die KPIs Eigenkapitalrendite und Umsatzrentabilität
Teil 3: Die KPIs Personalaufwandsquote und Verschuldungsgrad
Teil 4: Die Finanz-Bundesliga-Abschlusstabelle 2021/22

In den ersten drei Teilen habe ich die 18 Erstligisten und die zwei Aufsteiger mit Hilfe von insgesamt sechs KPIs analysiert und für jeden KPI eine Tabelle erstellt. In diesem Teil habe ich nun pro KPI pro Verein zwischen 0 und 3 Punkten vergeben. Ich hätte natürlich auch nach Tabellenplatz bewerten können. Doch sagt ein Platz in der Tabelle nicht wirklich etwas über den finanziellen Zustand des Clubs aus. Deshalb habe ich die Bewertung in jeder Kategorie nach Punkten durchgeführt und jede Kategorie gleich gewichtet. Natürlich ist das rein subjektiv. Doch letztlich ergibt sich ein gutes Bild, wie es um das finanzielle Gebaren der Clubs untereinander aussieht, wer gut wirtschaftet, wer mit Geld zugeschüttet wird und wer, zumindest in Zeiten außerhalb der Pandemie, sogar Geld abdrücken muss, weil er vorher jahrelang sehr großzügig alimentiert wurde – und ist es auch möglich, Vergleiche zwischen dem aktuellen Geschäftsjahr und dem Vorjahr herzustellen, und so die Auswirkungen der Pandemie auf den Fußball aus finanzieller Sicht zu erkennen.

Die Punkteverteilung im Überblick für die Nerds (in Klammern die Punkte des Vorjahres):

Anlagendeckungsgrad (Eigenkapital zu Anlagevermögen) – Finanzierung des Vereins
> 1 3 Punkte für: TSG, SCF, FCB (alle 3)
> 0,5 2 Punkte für: BSC (1), M05, B04, SGF, FCA, BVB ( alle 2)
>0 1 Punkt für: BMG, SGE, RBL, WOB, VFB, KOE (alle 1)
<0 0 Punkte für: BOC, SVW, FCU, DSC, S04 (alle 0)

Eigenkapitalquote (Eigenkapital zu Bilanzsumme) – Chance auf Pleite des Vereins
> 0,66 3 Punkte für: TSG, FCB, SCF (alle 3)
> 0,33 2 Punkte für: BSC (1), BVB, B04, M05, FCA, BMG (alle 2)
> 0 1 Punkt für: RBL, SGF (beide 2), SGE, WOB , VFB, KOE (alle 1)
< 0 0 Punkte für: BOC, SVW, DSC, FCU, S04 (alle 0)

Eigenkapitalrendite (Jahresüberschuss zu Eigenkapital)- Macht der Spielbetrieb finanziell Sinn?
> 0,5 3 Punkte für: –
> 0,1 2 Punkte für: SCF (1)
> 0 1 Punkte für: RBL, FCB (beide 1)
< 0 oder nicht berechenbar 0 Punkte für: TSG, FCA (beide 1), SGF, BOC, BSC, FCU, DSC, BVB, SGE, KOE. B04, M05, BMG, VFB, WOB, SVW, S04 (alle 0)

2019 Jahr gab es die 3 Punkte erst bei einer Eigenkapitalrendite von > 1. Schalke hatte damals (in seinen besseren Zeiten) den sagenhaften Wert 5,23 erzielt. Das beste Ergebnis erzielte im vorletzten betrachteten Geschäftsjahr Eintracht Frankfurt mit 0,54. Der Zweite SV Werder Bremen erzielte damals 0,33. Damit war genügend Abstand vorhanden, um 3 Punkte an die SGE zu verteilen. Letztes Jahr waren die Ergebnisse pandemiebedingt alle sehr schlecht. Daher gab es 2021 nur 1 und 0 Punkte. Natürlich hätte ich das auch anpassen können – aber damit wäre der Vergleich zum vorherigen Geschäftsjahr verwässert worden. Dieses Jahr bekommt mit dem SCF wieder ein Club 2 Punkte.

Umsatzrentabilität (Jahresüberschuss zu Umsatz) – Effizienz des Vereins
> 0,1 3 Punkte für: –
> 0,01 2 Punkte für: SCF (1)
> 0 1 Punkt für: RBL, FCB (beide 1)
< 0 0 Punkte für: TSG, FCA (beide 1), BSC, FCU, DSC, BVB, SGE, KOE, B04, M05, BMG, VFB, WOB, SVW, S04, SGF, BOC (alle 0)

Personalaufwandsquote (Personalaufwand zu Umsatz) – Arbeitsintensität des Vereins
< 0,4 3 Punkte für: –
< 0,5 2 Punkte für: S04 (0), RBL (2), SGE (1)
< 0,6 1 Punkte für: M05, FCA (beide 2), SCF, B04, SGF, FCU (alle 1), VFB (0)
>  0,6 0 Punkte für:  FCB, BOC, WOB (alle 1), BVB (2), TSG 3), SVW, BMG, DSC, KOE, BSC (alle 0)

Verschuldungsgrad (Fremdkapital zu Eigenkapital) – Abhängigkeit des Vereins
< 0.33 3 Punke für: TSG (3), FCB (2)
< 0.66 2 Punkte für: SCF (3), M05 (1)
< 1 1 Punkt für: FCA (0), BVB, B04 (beide 1)
> 1 bzw. negativ 0 Punkte für: SGF, BOC, BSC, FCU, DSC, SGE, KOE, RBL, BMG, VFB, WOB, SVW, S04 (alle 0)

 Meister in der KPI-Bundesliga-Tabelle ist damit wie 2019 und 2020 der SC Freiburg

KPI-Bundesliga-Abschlusstabelle 2021/22 – in Klammer jeweils die Platzierung und die erzielten Punkt im Vorjahr.

1. SC Freiburg (2.) 13 Punkte (12)
2. FC Bayern München (3.) 11 Punkte (11)
3. TSG Hoffenheim (1.) 9 Punkte (14)
4. 1. FSV Mainz 05 (5.) 7 Punkte (7)
5. FC Augsburg (4.) 6 Punkte (8)
5. RB Leipzig (5.) 6 Punkte (7)
5. Bayer 04 Leverkusen* (8.) 6 Punkte (6)
8. Borussia Dortmund (5.) 5 Punkte (7)
9. Eintracht Frankfurt* (9.) 4 Punkte (3)
9. Hertha BSC Berlin (12.) 4 Punkte (2)
9. SpVgg Greuther Fürth(neu) 4 Punkte (5)
12. Borussia Mönchengladbach* (9.) 3 Punkte (3)
12. VfB Stuttgart* (12.) 3 Punkte (2)
14. VfL Wolfsburg (9.) 2 Punkte (3)
14. 1. FC Köln (12.)2 Punkte (2)
16. FC Union Berlin (15.) 1 Punkt (1)
17. VfL Bochum (neu) 0 Punkte (1)
17. Arminia Bielefeld (16.) 0 Punkte (0) 
* Bilanzstichtag 31. Dezember statt 30. Juni

Fazit: Nachdem letztes Jahr noch die TSG Hoffenheim den „Serienmeister“ SC Freiburg ablösen konnte, holten sich die Südbadener wie schon 2019 und 2020 wieder den Titel zurück. Während 2019 noch 16 Punkte und 2020 und 2021 noch 14 Punkte für den Titel erzielt werden mussten, reichten diesmal 13 von maximal 18 möglichen Punkten zum Sieg. Das zeigt, welchen Einfluss die Pandemie auf die Bilanzen aller Clubs hat. Am anderen Ende der Tabelle gibt es allerdings nur noch zwei Clubs mit 0 Punkten. Letztes Jahr waren es derer noch drei (Arminia sowie die damaligen Absteiger Werder und Schalke 04). Während Werder wieder nur 0 Punkte erzielen würde, hätte Schalke 2 statt 0 Punkten erhalten – ein deutliches Zeichen der Konsolidierung bei den Knappen.

Neben dem Meister aus Freiburg (1 Punkt) konnten sich auch Hertha BSC Berlin (2 Punkte), Eintracht Frankfurt und der VfB Stuttgart (je 1 Punkte) punktemäßig verbessern. Allerdings bilanzieren Schalke, die SGE und der VfB zum 31. Dezember und hatten somit weniger Geisterspiele zu verkraften, als die Clubs, die zum 30. Juni bilanzieren. Umgekehrt spielte Schalke 04 die Hälfte des Bilanzzeitraum in der 2. Liga.

Den größten Punktverklust musste die TSG Hoffenheim verkraften (-5). Jeweils 2 Punkte weniger erzielten der FC Augsburg und Borussia Dortmund. Einen Punkt weniger verbuchten RB Leipzig, Greuther Fürth, der VfL Wolfsburg und der VfL Bochum.

Vergleicht man die Punkteausbeute zwischen 2019 (vor der Pandemie) und 2021 erkennt man die finanziellen Schäden, die die Pandemie verursacht hat auf einen Blick. Es gibt keinen Club, der eine Punktesteigerung erzielen konnte. Hertha BSC und der VfL Wolfsburg (sowie Schalke 04) konnten die Punkte stabil halten. Die meisten Punkte (-9) hat in diesen zwei Jahren Eintracht Frankfurt verloren, gefolgt vom VfL Bochum (-8), Borussia Dortmund , Borussia Mönchengladbach, VfB Stuttgart, dem 1. FC Köln (jeweils -7). 6 Punkte haben Mainz 05, der FC Augsburg und Arminia Bielefeld verloren.

Die positive Überraschung sind diesmal vielleicht neben dem SC Freiburg auch der FC Augsburg und Mainz 05, die als vergleichsweise kleine Clubs in der Pandemie nicht komplett finanziell abgeschmiert sind. Reichten letztes Jahr 3 Punkte noch für Rang 9, landet die Borussia aus Mönchengladbach damit nun auf Platz 12. Anzunehmen, dass die finanzielle Talsohle mittlerweile durchschritten ist und es bei den meisten Clubs wieder finanziell bergauf geht.

Das nächste Jahr wird sicherlich spannend. Einerseits bereitet der 1. FC Köln ein wenig Sorgen, da dessen Eigenkapital so massiv geschrumpft ist. Was Eintracht Frankfurt mit dem Geld aus der Champions League anstellt wird spannend werden. Arminia Bielefeld und Greuther Fürth sind abgestiegen. Während Fürth finanziell vergleichsweise gut dasteht, bleibt abzuwarten, wie sich die Ostwestfalen in Liga 2 finanziell neu aufstellen. Von den überschuldeten Clubs aus Köpenik, Gelsenkirchen, Bremen und Bochum ist lediglich Schalke auf einem guten Weg.

Financial Fairplay ist weitrhin ein Fremdwort in der Bundesliga. Es gibt Vereine, die können das Geld zum Fenster rausschmeißen und das wird einfach durch Dritte ausgeglichen. Andere Vereine haben diese Möglichkeit nicht. Damit wird die Spaltung der Liga weiter verschärft und ein Wettbewerb kann so kaum noch stattfinden. Corona wirkte als Brandbeschleuniger, wenn man bedenkt, dass das Bundeskartellamt auf eine Einhaltung von 50 plus 1 drängt. Dazu hört man aber leider seitens der DFL aktuell nicht wirklich viel.

Es wird extrem spannend sein, wie die Clubs aus der Pandemie herauskommen. Vielleicht gibt es bei den Clubs, die ihr Geschäftsjahr zum 31. Dezember abschließen, bereits ein Licht am Ende des Pandemietunnels. Antworten darauf gibt es im nächstes Jahr im Sommer, wenn die DFL die Bilanzen der Clubs veröffentlicht hat und sich hoffentlich eindeutig zu 50 plus 1 positioniert hat.