„Aus Liebe zum Spiel – Uli Hoeneß, das Geld und der deutsche Fußball“ von Max-Jacob Ost

Die hohe Kunst, in einen Buchtitel alle wesentlichen Inhalte prägnant hineinzupacken, ist in den meisten Fällen ein Ding der Unmöglichkeit. Das Werk von Journalist Max-Jacob Ost sticht alleine schon dadurch hervor.

Ich bin kein Fan des FC Bayern und doch hat mich dieses Buch sehr gepackt. Denn wie Titel und Untertitel andeuten, geht es in diesem Buch um so viel mehr als um eine einzelne Person. Ich würde sogar behaupten, dass sich der Großteil des Buchs um den Männerprofifußball in Deutschland an sich, das dafür notwendige Geld und tatsächlich die Liebe zum Spiel dreht. Als großer Ankerpunkt dient Uli Hoeneß – ein Mensch, der die letzten 50 Jahre im deutschen Männerprofifußball omnipräsent war.

„Aus Liebe zum Spiel – Uli Hoeneß, das Geld und der deutsche Fußball“ von Max-Jacob Ost
„Aus Liebe zum Spiel – Uli Hoeneß, das Geld und der deutsche Fußball“ von Max-Jacob Ost

Ich verfolge den Fußball seit Jahrzehnten und viele meiner Kindheitserinnerungen haben mit ihm zu tun. Ab 1982 kann ich in meinem Kopf diese Erinnerungen auch datieren. Mein erstes Panini-Album habe ich damals erstanden und den Großteil meines Taschengelds in das Aufreißen von Papiertütchen mit Spielerportraits, Mannschaftsbildern, Wappen und der „Salatschüssel“ gesteckt. Nach dem verlorenen Männer-WM-Finale lag ich heulend im Bett und der Name Paolo Rossi wird mir immer in Erinnerung bleiben.

Damals war Hoeneß bereits drei Jahre Manager des FC Bayern. Mir sagte der Name zu dieser Zeit nichts, denn es gab ja kein Panini-Bild von ihm. Seine aktive Laufbahn als Spieler hatte er bereits beendet. Ich fand es aber damals komisch, dass viele meiner Mitschüler Fans oder Sympathisanten des FC Bayern waren – und das in Mainz – weit genug weg von München. Warum das so war, wurde mir später klar. Es lag am Erfolg des Vereins. Wer aus welchen Gründen und mit Hilfe welcher Ideen daran den größten Anteil hatte, wusste ich bis vor wenigen Wochen nicht wirklich.

Ost ist es gelungen, die maßgeblichen Entwicklungen des deutschen Männerfußballs anhand der Person Uli Hoeneß perfekt aufzuzeigen. Daher ist dieses Buch auch für alle Menschen, die sich für den Männer-Profifußball in Deutschland an sich interessieren, eine tolle Möglichkeit, diese Entwicklungen nachzuvollziehen und auch zu begreifen, an welchen Stellen der FC Bayern im Vergleich zum eigenen Verein in den letzten Jahrzehnten dank Hoeneß immer die Nase vorne hatte.

Obwohl oder gerade weil Ost Fan des FC Bayern ist, betrachtet er diese Entwicklungen mit der notwendigen kritischen Distanz und ohne „Mia san Mia“-Brille. Der Titel wird beiden gerecht – Hoeneß wie Ost. Hoeneß darf man getrost abnehmen, dass er das Fußballspiel liebt und weiß, dass dies auf Geldgeber der heutigen Zeit nicht unbedingt zutrifft. Es gilt aber auch für Ost, der die richtigen Fragen stellt, wenn es um den momentanen Zustand des deutschen Männer-Profifußball geht: Das Geld war immer schon der entscheidende Faktor im Männer-Profifußball. Das hat Hoeneß sehr früh erkannt.

Für ihn scheint zwar sein ganzes Leben aus einem Wettbewerb zu bestehen, aber im Fußball kommt dieser Wesenszug besonders zur Geltung. Das Resultat ist die totale deutschlandweite Dominanz des FC Bayern, der es sich mittlerweile auch leisten kann, einfach mal 25 Millionen Euro für einen Trainertransfer auszugeben und nach nicht einmal zwei Jahren diesen Übungsleiter freizustellen, da gerade, aus Sicht der Verantwortlichen, ein noch besserer Übungsleiter auf dem Markt frei verfügbar ist, um das hoch gesteckte Ziele in Form des Gewinns des Tripples aus Meisterschaft, DFB-Pokal und Champions League zu erreichen. Ob diese Dominanz tatsächlich im Sinne des FC Bayern ist, hinterfragt Ost. Und er hinterfragt dies auch aus Liebe zum Spiel. Denn dass diese Liebe durch das Agieren des FC Bayern Schaden nimmt, steht für Menschen, die es nicht dem Club von der Säbener Straße halten, sicherlich außer Frage.

Über das Buch:

  • Titel: Aus Liebe zum Spiel – Uli Hoeneß, das Geld und der deutsche Fußball
  • Autorin: Max-Jacob Ost
  • Verlag: dtv Verlagsgesellschaft
  • Taschenbuch: 15,00 €
  • 416 Seiten
  • ISBN: 978-3423352000
  • Erscheinungstermin: 12. Januar 2023

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FSV Ramsch-Zuschlag 05

Eigentlich sind ja unsere Farben Rot und Weiß. Aber diese Woche konnte man den Eindruck gewinnen, dass bei Mainz 05 Schwarz die dominierende Clubfarbe ist. Schließlich ist unser Verein ebenfalls in die mittlerweile „traditionelle“ Rabattschlacht Ende November gezogen: Die Black Week mit ihrem Höhepunkt dem Black Friday. In dieser Zeit gibt es viel Merchandise rund um den Verein zu stark reduzierten Preisen von bis zu 70 Prozent. Auf den ersten Blick könnte man meinen, eine tolle Idee, in Zeiten knapper Kassen bei Fans und Mitgliedern.

70 Prozent Rabatt – mehr Verramschen geht nicht

Aber die Preisgestaltung bei Mainz 05 fährt seit Beginn der Hinrunde dieser Saison wahrlich Achterbahn. Angefangen beim „Heimspiel“ in Ho$$enheim, bei dem der Ticketverkauf plötzlich ausgesetzt wurde und die Tickets stark subventioniert wurden, um möglichst vielen Nullfünfer*innen die Fahrt in den Kraichgau möglich zu machen. Nach ein paar Gesprächen mit Menschen, die näher dran sind am Verein, lässt sich rückblickend meinerseits zugeben, dass das damals der einzige Spieltag war, bei dem Termin und Entfernung passten – und tatsächlich wurde die Aktion ja auch gut angenommen. Der Lerneffekt, den man im Verein hätte mitnehmen können, wäre gewesen, den Vorverkauf erst zu starten, wenn intern alle Argumente zur Preisgestaltung ausgetauscht sind und ein Preis festgelegt ist.

Dem war leider wohl aber nicht so. Kaum wurden uns die Bayern Ende Oktober für Anfang Februar zugelost, ging es Anfang November auch schon mit dem Vorverkauf für Dauerkarteninhaber*innen los. Ich staunte nicht schlecht, dass der Verein für meinen Platz im M-Support-Bereich über 40 Euro aufgerufen hatte. Nun steht man in diesem Bereich normalerweise während des Spiels. Die Initiatoren von „Kein Zwanni für nen Steher – Fußball muss bezahlbar sein!“ würden wohl vermuten, dass Mainz 05 plötzlich Champions League spielt. Die Realität sieht bekanntlich anders aus. Es geht um ein läppisches Achtelfinale im DFB-Pokal an einem wahrscheinlich sehr kühlen Winterabend in der Woche. Nun schaue ich mir Fußballspiele eigentlich immer wegen meines Vereins an. Daher bin ich auch nach Aue und Lübeck gefahren. Natürlich waren die Fahrten ins Erzgebirge und an die Ostsee auch unabhängig vom Ergebnis eine nette Sache – doch mir ist der Gegner erstmal völllig wumpe: Denn nur der FSV ist das, was zählt! Dass da jetzt die Bayern kommen (und ein paar Wochen später, wenn die ersten warmen Frühlingstage kommen nocheinmal), ist mir ziemlich egal. Daher habe ich mir ja auch eine Dauerkarte zugelegt.

Knapp 3 Monate vor Anpfiff beginnt der VVK – von einem Topzuschlag ist aber nicht die Rede

Anscheinend hat, wie beim Ho$$enheim-Spiel, die Diskussion über die Preisgestaltung des Pokalspiels erst eingesetzt, als der Vorverkauf bereits begonnen hatte. Anders als beim Spiel im Kraichgau, bei dem man ja eine Fanaktion angeleiert hat, und deswegen die Karten subventioniert hat, bemerkte man eventuell, dass das Portemonnaie bei vielen treuen Nullfünfer*innen nicht mehr ganz so locker sitzt. Ich kann mich noch daran erinnern, vor dem Bruchweg kampiert zu haben, um Tickets gegen die Bayern (und Lautern) zu ergattern – da ich 2004/2005 noch keine Dauerkarte hatte. Diese Zeiten sind lange vorbei. Es wird in einem größeren Stadion gekickt und Dauerkarteninhaber*in bei Mainz 05 zu sein, ist längst kein Privileg mehr.

Warum man über drei Monate vor dem Anpfiff (!) damit beginnt, die Karten zu verticken, verstehe ich nicht. So weit können manche Menschen vielleicht gar nicht finanziell planen. Anscheinend war die Resonanz nicht so super, denn plötzlich trudelte eine Mail bei mir ein, in der verkündet wurde, dass ich 19,05% Prozent Rabatt auf den regulären Ticketpreis erhalte – sprich die Karte kostete nun „nur“ noch 32 Euro ebbes. Vom Betrag mal abgesehen hat mich die Bezeichnung „regulärer Ticketpreis“ doch etwas verwundert. Als Mitglied zahle ich aktuell 292 Euro für die Dauerkarte im Bereich M-Support, sprich 17,18 € pro Spiel. Ein Zuschlag oder Bayern-Malus wurde lieber mal nicht erwähnt. Dass nun statt 135 nur 88 Prozent Zuschlag erhoben werden ist…mal wieder konsequent inkonsequent von Mainz 05 – wie das schon so oft in diesem Blog zu lesen war.

Statt die Möglichkeit zu ergreifen und den Dauerkarteninhaber*innen mit einem wirklich „regulären Ticketpreis“, der dem Preis in der Liga entspricht, ein wirklich triftiges Argument für die Verlängerung ihrer Karte zu geben, müssen diese also nur 88 statt 135 Prozent Top-Zuschlag zahlen…im Winter…während das Spiel im Free-TV läuft. Diese Aktion lief bis zum 15. November. Danach ruhte der Vorverkauf wieder für 5 Tage. Und nun kann noch bis Freitag, dieses „Kracherangebot“ angenommen werden. Wieso ein Top-Zuschlag für ein Achtelfinale?

Ab Anfang Dezember können sich Mitglieder und Dauerkarteninhaber*innen bis zum 11. Januar 2023 über einen Monat lang überlegen, ob sie sich (noch) andere Tickets für das Spiel zulegen oder nicht. Danach dürfen zahlungskräftige Bayern-Fans aus der ganzen Republik die einmalige Möglichkeit bekommen, ihr Team live im Stadion anzufeuern. Nun sind Fans des FCB nicht so großkotzig wie die vom Nebenfluss, die ja angeblich mit mindestens 05 Millionen Auswärtsfahrenden neulich hier ins Stadion eingelaufen sind, aber viele Bayernfans werden die Möglichkeit nutzen, Tickets zu erstehen. Dass es nicht wirklich fair ist, als FCB-Fan ligaweit abgeschröpft zu werden, ist die das eine. Dass sie mit FCB-Fanutensilien auch im Support-Bereich einlaufen und die Security nichts dagegen unternehmen wird, so wie beim Spiel gegen die SGE, ist das andere. Das wird dann wieder eine ganz besondere Stadionatmosphäre – dem Ticketing sei Dank.

Nun könnte man ja meinen, Mainz 05 hätte es nötig, aus so einem Spiel das Maximum an Kohle rauszuholen. Allerdings erklärte der Don auf der Jahreshauptversammlung Ende Oktober, dass Mainz 05 schuldenfrei sei. Die größten Einnahmequellen waren im abgelaufenen Geschäftsjahr Medienverwertung sowie Sponsoring & Hospitality (teilweise aus China…). Ergo sind die Einnahmen aus dem Ticketverkauf nicht wirklich die monetäre Säule, die Mainz 05 trägt. Vielmehr sind die Zuschauenden die emotionale Basis, die den Verein ausmachen und Einfluss auf ein Spiel nehmen können. Warum man Fans des eigenen Vereins mit so einer Preispolitik vor den Kopf stößt und seinen Heimvorteil abgibt, ist mir schleierhaft.

Und dann kam die Black Week… Einerseits Mondpreise für Tickets verlangen, andererseits in die Rabattschlacht einsteigen – konsequente Inkonsequenz. Dabei schreibt sich Mainz 05 immer dann wenn es passt, Nachhaltigkeit auf die Fahnen. Statt es einem großen Online-Versandhändler nachzumachen und den Konsum mit Rabatten anzuheizen, wäre es von Mainz 05 neben einem fairen Ticketing so viel größer gewesen, in dieser Woche an der MAKE SMTHNG Week teilzunehmen, die Greenpeace initiert hat. Wie wäre es gewesen, einen Workshop anzubieten, wie man sein kaputtes Trikot stopft statt ein neues zu erwerben? Oder eine Tauschbörse oder einen Merch-Flohmarkt am Stadion einzurichten? Oder statt 70 Prozent Rabatt, 70 Prozent mehr an diejenigen ausschütten, die den ganzen Kram zu Niedriglöhnen herstellen – wenn sie nicht als Arbeitssuchende aus Bangladesch, Nepal und Indien schon in die Golfstaaten zum Beispiel nach Katar gereist sind, da sie dort (vermeintlich) besser bezahlt werden?

Überkonsum ist laut Greenpeace inzwischen der Haupttreiber der Klima- und Artenkrise. Und genau dieser Überkonsum wird auch durch unseren Verein angefacht – aber gleichzeitig nennt man sich Klimaverteidiger und bietet Bienenvölkern am Stadion einen Platz zum Leben.

Übrigens kommt nach der Black Week der Cyber Monday… Man darf gespannt sein, welche Preisaktion sich der Verein für morgen überlegt hat…

Quellen:

1. FSV Mainz 05 – Mitgliederversammlung: Positiver Rückblick auf das vergangene Geschäftsjahr

1. FSV Mainz 05 – Neue Dauerkarte

Greenpeace – Systemwandel selbermachen

Die Finanz-Bundesliga-Tabelle 2021/2022 Teil 4

Im Mai 2019 veröffentlichte die Deutsche Fußball Liga (DFL) nach dem Beschluss der Mitgliederversammlung Ende 2018 erstmals die Finanzkennzahlen der Bundesliga-Vereine. So war es vor drei Jahren erstmals möglich, eine „Finanz-Bundesliga-Tabelle 2018/19“ zu erstellen. In dieser habe ich die Finanzkennzahlen, die die DFL pro Verein veröffentlicht hat, mit Hilfe von Leistungskennzahlen, so genannten „Key Performance Indicators“, kurz KPIs, analysiert. Daraus ergaben sich für die einzelnen Vereine viele interessante Ergebnisse. Da sich die Vereine untereinander in einem Wettbewerb befinden, war es bereits 2019 extrem spannend zu sehen, wie es tatsächlich um „Financial Fairplay“ bestellt ist. 2020 wurde es noch einen Tick interessanter, weil es erstmals möglich war, Veränderungen im Vergleich zum vorangegangen Geschäftsjahr zu ermitteln . 2021 war das erste Jahr, in dem alle Vereine finanziell von der Pandemie betroffen waren, da der Bilanzstichtag der meisten Vereine der 30. Juni ist. Allerding bilanzieren Eintracht Frankfurt, Bayer 04 Leverkusen, Borussia Mönchengladbach, der VfB Stuttgart und der damalige Absteiger FC Schalke 04 zum 31. Dezember. Dadurch waren die Ergebnisse im letzten Jahr verzerrt, da diese fünf Clubs 10 statt 4 Monate Corona in der Bilanz zu verarbeiten hatten. Somit sind die Ergebnisse dieses Mal wesentlich aussagekräfter, da bei allen Clubs die Pandemie durchschlägt – allerdings profitieren nun die fünf Clubs ein wenig vom abweichenden Bilanzstichtag, da sie weniger Geisterspiele zu verkraften hatten. Schließlich waren von August bis Dezember 2021 in den meisten Stadien wieder Zuschauende zugelassen. Die anderen Clubs konnten im Sommer/Herbst 2020 nur ein bis zwei Spiele mit Zuschauern austragen. Während in den vergangenen Jahren der Vergleich mit dem Vorjahr gesucht wurde, lohnt es sich diesmal auf die Zeiten vor der Pandemie zu schauen, um zu sehen, was die Corona mit der Bundesliga finanziell angestellt hat. Daher gibt es an einigen Stellen Vergleiche mit dem Bilanzierungszeitraum 1. Juli 2018 bis 30. Juni 2019 (bzw. 1. Januar 2019 bis 31. Dezember 2019) dem letzten Jahr, ohne Geisterspiele.

Im Bilanzzeitraum 1. Juli 2020 bis 30. Juni 2021 spielte der VfL Bochum und Absteiger Greuter Fürth in der 2. Liga, Aufsteiger FC Schalke 04 spielte die Hälfte seines Geschäftsjahres in der 2. Liga (vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2021). Im vorangegangen Jahr (Bilanzstichtag 30. Juni 2020) spielte Absteiger Arminia Bielefeld in der 2. Liga, der VfB Stutgart spielte die Hälfte seines Geschäftsjahres in der 2. Liga (bis zum 30. Juni 2020).

Da sich Fans zahlreicher anderer Vereine für diese Tabelle interessieren, gehe ich auf alle 18 Erstligisten der Saison 2021/2022 ein und beleuchte wie letztes Jahr die Aufsteiger also Schalke und Werder. Dadurch macht es meiner Meinung nach Sinn, dieses Thema wie in den vorangegangen Jahren in Abschnitte zu unterteilen:

Teil 1: Einführung und die KPIs Anlagendeckungsgrad und Eigenkapitalquote
Teil 2: Die KPIs Eigenkapitalrendite und Umsatzrentabilität
Teil 3: Die KPIs Personalaufwandsquote und Verschuldungsgrad
Teil 4: Die Finanz-Bundesliga-Abschlusstabelle 2021/22

In den ersten drei Teilen habe ich die 18 Erstligisten und die zwei Aufsteiger mit Hilfe von insgesamt sechs KPIs analysiert und für jeden KPI eine Tabelle erstellt. In diesem Teil habe ich nun pro KPI pro Verein zwischen 0 und 3 Punkten vergeben. Ich hätte natürlich auch nach Tabellenplatz bewerten können. Doch sagt ein Platz in der Tabelle nicht wirklich etwas über den finanziellen Zustand des Clubs aus. Deshalb habe ich die Bewertung in jeder Kategorie nach Punkten durchgeführt und jede Kategorie gleich gewichtet. Natürlich ist das rein subjektiv. Doch letztlich ergibt sich ein gutes Bild, wie es um das finanzielle Gebaren der Clubs untereinander aussieht, wer gut wirtschaftet, wer mit Geld zugeschüttet wird und wer, zumindest in Zeiten außerhalb der Pandemie, sogar Geld abdrücken muss, weil er vorher jahrelang sehr großzügig alimentiert wurde – und ist es auch möglich, Vergleiche zwischen dem aktuellen Geschäftsjahr und dem Vorjahr herzustellen, und so die Auswirkungen der Pandemie auf den Fußball aus finanzieller Sicht zu erkennen.

Die Punkteverteilung im Überblick für die Nerds (in Klammern die Punkte des Vorjahres):

Anlagendeckungsgrad (Eigenkapital zu Anlagevermögen) – Finanzierung des Vereins
> 1 3 Punkte für: TSG, SCF, FCB (alle 3)
> 0,5 2 Punkte für: BSC (1), M05, B04, SGF, FCA, BVB ( alle 2)
>0 1 Punkt für: BMG, SGE, RBL, WOB, VFB, KOE (alle 1)
<0 0 Punkte für: BOC, SVW, FCU, DSC, S04 (alle 0)

Eigenkapitalquote (Eigenkapital zu Bilanzsumme) – Chance auf Pleite des Vereins
> 0,66 3 Punkte für: TSG, FCB, SCF (alle 3)
> 0,33 2 Punkte für: BSC (1), BVB, B04, M05, FCA, BMG (alle 2)
> 0 1 Punkt für: RBL, SGF (beide 2), SGE, WOB , VFB, KOE (alle 1)
< 0 0 Punkte für: BOC, SVW, DSC, FCU, S04 (alle 0)

Eigenkapitalrendite (Jahresüberschuss zu Eigenkapital)- Macht der Spielbetrieb finanziell Sinn?
> 0,5 3 Punkte für: –
> 0,1 2 Punkte für: SCF (1)
> 0 1 Punkte für: RBL, FCB (beide 1)
< 0 oder nicht berechenbar 0 Punkte für: TSG, FCA (beide 1), SGF, BOC, BSC, FCU, DSC, BVB, SGE, KOE. B04, M05, BMG, VFB, WOB, SVW, S04 (alle 0)

2019 Jahr gab es die 3 Punkte erst bei einer Eigenkapitalrendite von > 1. Schalke hatte damals (in seinen besseren Zeiten) den sagenhaften Wert 5,23 erzielt. Das beste Ergebnis erzielte im vorletzten betrachteten Geschäftsjahr Eintracht Frankfurt mit 0,54. Der Zweite SV Werder Bremen erzielte damals 0,33. Damit war genügend Abstand vorhanden, um 3 Punkte an die SGE zu verteilen. Letztes Jahr waren die Ergebnisse pandemiebedingt alle sehr schlecht. Daher gab es 2021 nur 1 und 0 Punkte. Natürlich hätte ich das auch anpassen können – aber damit wäre der Vergleich zum vorherigen Geschäftsjahr verwässert worden. Dieses Jahr bekommt mit dem SCF wieder ein Club 2 Punkte.

Umsatzrentabilität (Jahresüberschuss zu Umsatz) – Effizienz des Vereins
> 0,1 3 Punkte für: –
> 0,01 2 Punkte für: SCF (1)
> 0 1 Punkt für: RBL, FCB (beide 1)
< 0 0 Punkte für: TSG, FCA (beide 1), BSC, FCU, DSC, BVB, SGE, KOE, B04, M05, BMG, VFB, WOB, SVW, S04, SGF, BOC (alle 0)

Personalaufwandsquote (Personalaufwand zu Umsatz) – Arbeitsintensität des Vereins
< 0,4 3 Punkte für: –
< 0,5 2 Punkte für: S04 (0), RBL (2), SGE (1)
< 0,6 1 Punkte für: M05, FCA (beide 2), SCF, B04, SGF, FCU (alle 1), VFB (0)
>  0,6 0 Punkte für:  FCB, BOC, WOB (alle 1), BVB (2), TSG 3), SVW, BMG, DSC, KOE, BSC (alle 0)

Verschuldungsgrad (Fremdkapital zu Eigenkapital) – Abhängigkeit des Vereins
< 0.33 3 Punke für: TSG (3), FCB (2)
< 0.66 2 Punkte für: SCF (3), M05 (1)
< 1 1 Punkt für: FCA (0), BVB, B04 (beide 1)
> 1 bzw. negativ 0 Punkte für: SGF, BOC, BSC, FCU, DSC, SGE, KOE, RBL, BMG, VFB, WOB, SVW, S04 (alle 0)

 Meister in der KPI-Bundesliga-Tabelle ist damit wie 2019 und 2020 der SC Freiburg

KPI-Bundesliga-Abschlusstabelle 2021/22 – in Klammer jeweils die Platzierung und die erzielten Punkt im Vorjahr.

1. SC Freiburg (2.) 13 Punkte (12)
2. FC Bayern München (3.) 11 Punkte (11)
3. TSG Hoffenheim (1.) 9 Punkte (14)
4. 1. FSV Mainz 05 (5.) 7 Punkte (7)
5. FC Augsburg (4.) 6 Punkte (8)
5. RB Leipzig (5.) 6 Punkte (7)
5. Bayer 04 Leverkusen* (8.) 6 Punkte (6)
8. Borussia Dortmund (5.) 5 Punkte (7)
9. Eintracht Frankfurt* (9.) 4 Punkte (3)
9. Hertha BSC Berlin (12.) 4 Punkte (2)
9. SpVgg Greuther Fürth(neu) 4 Punkte (5)
12. Borussia Mönchengladbach* (9.) 3 Punkte (3)
12. VfB Stuttgart* (12.) 3 Punkte (2)
14. VfL Wolfsburg (9.) 2 Punkte (3)
14. 1. FC Köln (12.)2 Punkte (2)
16. FC Union Berlin (15.) 1 Punkt (1)
17. VfL Bochum (neu) 0 Punkte (1)
17. Arminia Bielefeld (16.) 0 Punkte (0) 
* Bilanzstichtag 31. Dezember statt 30. Juni

Fazit: Nachdem letztes Jahr noch die TSG Hoffenheim den „Serienmeister“ SC Freiburg ablösen konnte, holten sich die Südbadener wie schon 2019 und 2020 wieder den Titel zurück. Während 2019 noch 16 Punkte und 2020 und 2021 noch 14 Punkte für den Titel erzielt werden mussten, reichten diesmal 13 von maximal 18 möglichen Punkten zum Sieg. Das zeigt, welchen Einfluss die Pandemie auf die Bilanzen aller Clubs hat. Am anderen Ende der Tabelle gibt es allerdings nur noch zwei Clubs mit 0 Punkten. Letztes Jahr waren es derer noch drei (Arminia sowie die damaligen Absteiger Werder und Schalke 04). Während Werder wieder nur 0 Punkte erzielen würde, hätte Schalke 2 statt 0 Punkten erhalten – ein deutliches Zeichen der Konsolidierung bei den Knappen.

Neben dem Meister aus Freiburg (1 Punkt) konnten sich auch Hertha BSC Berlin (2 Punkte), Eintracht Frankfurt und der VfB Stuttgart (je 1 Punkte) punktemäßig verbessern. Allerdings bilanzieren Schalke, die SGE und der VfB zum 31. Dezember und hatten somit weniger Geisterspiele zu verkraften, als die Clubs, die zum 30. Juni bilanzieren. Umgekehrt spielte Schalke 04 die Hälfte des Bilanzzeitraum in der 2. Liga.

Den größten Punktverklust musste die TSG Hoffenheim verkraften (-5). Jeweils 2 Punkte weniger erzielten der FC Augsburg und Borussia Dortmund. Einen Punkt weniger verbuchten RB Leipzig, Greuther Fürth, der VfL Wolfsburg und der VfL Bochum.

Vergleicht man die Punkteausbeute zwischen 2019 (vor der Pandemie) und 2021 erkennt man die finanziellen Schäden, die die Pandemie verursacht hat auf einen Blick. Es gibt keinen Club, der eine Punktesteigerung erzielen konnte. Hertha BSC und der VfL Wolfsburg (sowie Schalke 04) konnten die Punkte stabil halten. Die meisten Punkte (-9) hat in diesen zwei Jahren Eintracht Frankfurt verloren, gefolgt vom VfL Bochum (-8), Borussia Dortmund , Borussia Mönchengladbach, VfB Stuttgart, dem 1. FC Köln (jeweils -7). 6 Punkte haben Mainz 05, der FC Augsburg und Arminia Bielefeld verloren.

Die positive Überraschung sind diesmal vielleicht neben dem SC Freiburg auch der FC Augsburg und Mainz 05, die als vergleichsweise kleine Clubs in der Pandemie nicht komplett finanziell abgeschmiert sind. Reichten letztes Jahr 3 Punkte noch für Rang 9, landet die Borussia aus Mönchengladbach damit nun auf Platz 12. Anzunehmen, dass die finanzielle Talsohle mittlerweile durchschritten ist und es bei den meisten Clubs wieder finanziell bergauf geht.

Das nächste Jahr wird sicherlich spannend. Einerseits bereitet der 1. FC Köln ein wenig Sorgen, da dessen Eigenkapital so massiv geschrumpft ist. Was Eintracht Frankfurt mit dem Geld aus der Champions League anstellt wird spannend werden. Arminia Bielefeld und Greuther Fürth sind abgestiegen. Während Fürth finanziell vergleichsweise gut dasteht, bleibt abzuwarten, wie sich die Ostwestfalen in Liga 2 finanziell neu aufstellen. Von den überschuldeten Clubs aus Köpenik, Gelsenkirchen, Bremen und Bochum ist lediglich Schalke auf einem guten Weg.

Financial Fairplay ist weitrhin ein Fremdwort in der Bundesliga. Es gibt Vereine, die können das Geld zum Fenster rausschmeißen und das wird einfach durch Dritte ausgeglichen. Andere Vereine haben diese Möglichkeit nicht. Damit wird die Spaltung der Liga weiter verschärft und ein Wettbewerb kann so kaum noch stattfinden. Corona wirkte als Brandbeschleuniger, wenn man bedenkt, dass das Bundeskartellamt auf eine Einhaltung von 50 plus 1 drängt. Dazu hört man aber leider seitens der DFL aktuell nicht wirklich viel.

Es wird extrem spannend sein, wie die Clubs aus der Pandemie herauskommen. Vielleicht gibt es bei den Clubs, die ihr Geschäftsjahr zum 31. Dezember abschließen, bereits ein Licht am Ende des Pandemietunnels. Antworten darauf gibt es im nächstes Jahr im Sommer, wenn die DFL die Bilanzen der Clubs veröffentlicht hat und sich hoffentlich eindeutig zu 50 plus 1 positioniert hat.