Spätlese Bochum – Relegation, Saison 2023/2024

Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!

01 Hin und weg
02 (N)immer nuff
03 Kon-Trolle
04 Kampf um den Mampf
05 Käfighaltung

Nach dem verpassten Aufstieg auf dem Leichtathletikplatz am Ruhrstadion in Bochum

01 Hin und weg:

So fühlen sich also Föderalismus und Relegation an. Der Cocktail aus einem Verbandswirrwarr und der Ignoranz, Fehler einzugestehen und zu beheben, führt definitiv zu Kopfschmerzen. Fangen wir bei den Fehlern an. Wofür werden Meisterschaften ausgespielt, wenn es nichts zu gewinnen gibt? Was bringt eine Meisterschaft in einer unterklassigen Liga, wenn man nicht automatisch aufsteigt? Vielleicht liegen die Antworten an Ersterem, dem Verbandswirrwarr. Gemeinsam mit den Verbänden Rheinland und Saarland bildet der Südwestdeutsche-Fußballverband den Fußball-Regional-Verband Südwest, der wiederum einer der fünf Regionalverbände des DFB ist. Unser Verband besteht aus mehr als 2000 Vereinen und über 500 000 Mitgliedern. Damit ist er der kleinste der fünf Verbände. Anzunehmen, dass das der Grund ist, warum die 05erinnen nicht direkt aufgestiegen sind, sondern zwei Entscheidungsspiele gegen die Siegerinnen aus dem West-Verband spielen mussten. Die Meisterinnen aus dem Süd-Verband steigen direkt auf, handelt es sich halt um den größten Regionalverband mit über 9000 Vereinen und über 3 Millionen Mitgliedern. Den dritten Startplatz machen die Verbände Nord und Nordost untereinander aus. Warum man nicht wenigstens eine Dreierrunde macht, in der zwei Clubs aufsteigen, so wie bei den Herren beim Aufstieg in die Regionalliga, ist mir schleierhaft.

„Anne Castroper“ – Der Weg zum Stadion durch die Castroper Straße in Bochum

So ein System können sich wohl nur Funktionär*innen ausdenken, die einen solchen Wettbewerb selbst nicht ausspielen müssen. Sowohl die Bochumerinnen als auch die 05erinnen haben ihre Liga komplett dominiert. Das sollte eigentlich für den direkten Aufstieg reichen. Und so führte mich die letzte Auswärtsfahrt der Saison nochmal nach Bochum, das ja schon im Herbst 2023 einmal besucht wurde und mir der Treffer von Tom Krauß in der Nachspielzeit seither genauso im Kopf herumschwirrt wie das legendäre 2:6  der Männer am 30. April 2005.

02 (N)immer nuff:

Bei der Bahn kann man seit dem letzten der unzähligen „Jahrhundert“-(!)-Hochwasser der letzten Monate bei Fahrkarten in den Nordwesten der Republik wahllos eine ICE-Verbindung zum Sparpreis buchen, denn die ICE werden aktuell zwischen Nürnberg und Würzburg umgeleitet und haben damit immer mehr als 20 Minuten Verspätung. So konnte ich mich im Vorfeld nicht zwischen einer Verbindung um 8.20 Uhr und 9.20 Uhr ab Mainz Hbf. entscheiden, buchte die frühere Verbindung in der Gewissheit, dass spätestens irgendwann gegen 7.00 Uhr am Sonntagmorgen die Push-Mitteilung erscheint, dass die Zugbindung aufgehoben bzw. die obligatorische Verspätung entstanden sei. Und tatsächlich kam die ersehnte Mitteilung „pünktlich“, so dass ich noch ein bisschen weiterschlafen konnte. Mit rund 30 Minuten Verspätung kam ich in Bochum an, um erstmal im Katzentempel Mittag zu essen. Katzentempel gibt es mittlerweile in vielen Großstädten der Republik. Die Katzen wohnen in den Restaurants und stammen aus dem Tierschutz. Die Fellnasen haben Rückzugsräume und können auch oberhalb der Gäste sich auf Stegen entlangbewegen. Sie müssen also nicht Zwangskuscheln. Und das pflanzenbasierte Essen ist ohnehin ein Traum.

Sonntagmittag im Katzentempel

Einen Traum hatten wir natürlich auch, sprich, noch ein Fußballwunder zu schaffen, nachdem das Hinspiel mit 2:4 verloren ging. Raus aus dem Katzentempel, an den ersten englischen Fans vorbei, die für das EM-Spiel auf Schalke vorglühten, anne Castroper hoch hinauf zum Ruhrstadion.

03 Kon-Trolle

Während es in Mainz die Männer-Fußball-EM und das slowakische Team waren, lag es in Bochum an der aktuelle Grönemeyer-Tour, die es unmöglich machte, dass die beiden Entscheidungsspiele in richtigen Stadien gespielt wurden. Das Zurückstecken des Frauenfußballs war eine der Erkenntnisse, die ich als Frauenfußballnovize in dieser Saison häufiger erkennen musste. Nun gut, wenigstens spielten beide Teams auf ihren gewohnten Plätzen die Relegation aus, also auf dem Schott-Kunstrasenplatz bzw. dem Leichtathletik-Rasenplatz direkt neben dem Ruhrstadion.

Blick in den Gästebereich

04 Kampf um den Mampf

Bochum auswärts ist mittlerweile eine der unangenehmeren Auswärtsfahrten, was das Catering angeht. Es gibt kaum Verpflegungsstände, für Menschen, die nicht auf Fleisch stehen, nur Brezeln und das Fiege-Pils wird in der geschmacklich komplett desaströsen Light-Version kredenzt. Daher hatte es etwas Gutes, auf dem Nebenplatz zu spielen, denn es gab „normales“ Fiege zu den obligatorischen Bretzeln. Dazu passten 62 (!) Ordner auf 1500 Zuschauende auf. So viele Ordner hatte ich in der ganzen Saison im Frauenfußball nicht gesehen. Normalerweise gibt es keine Ordner bei Frauenfußballspielen oder der Ordner ist der Rentner, der die Karten abreißt. Aber gut – DFB halt. Für so etwas komplett Überdimensioniertes ist dann das Geld da.

Einlaufen der Teams im ausverkauften Rund

05 Käfighaltung

Auch eine komplette Fantrennung wurde durchgezogen. Dabei müsste man doch aus dem Hinspiel wissen, dass es zwischen Bochumer und Mainzer Fans gar keine Konflikte gab. Hier wird dann ein Copy/Paste vom Männer- auf den Frauenfußball hingelegt, was Fans angeht. Hinter dem Zaun fanden sich ein paar Dutzend Leute ein, die keine Karte mehr erhalten haben, denn das Spiel war ausverkauft, obwohl mindestens nochmal die gleiche Anzahl an Zuschauenden Platz gehabt hätte. Kurz vor Spielende tauchten auch noch fünf, sechs Polizist*innen auf der Laufbahn auf, die beschäftigungslos den Sonntagnachmittag verbrachten.

Das Spiel war relativ schnell erzählt. Die 05erinnen hätten kurz nach Anpfiff fast den Führungstreffer erzählt. Leider knallte der Ball von Jana Löber an den Pfosten. Die 05erinnen gestalteten weiter das Spiel offen – gegen Gegnerinnen, die in der Liga kein einziges Spiel verloren hatten und eine Tordifferenz von über plus 100 erreichten. In der zweiten Halbzeit fielen dann zwei Tore für die Bochumerinnen, während Nadine Anstatt für 05 zwischenzeitlich den Ausgleich erzielte.

Dauer-Support durch die 05er*innen

Natürlich waren alle nach dem Abpfiff entsprechend bedient. Aber diese erste Saison Frauenfußball bei Mainz 05 nach 50 Jahren hat richtig Spaß gemacht. Es war eine tolle Reise, die im August in Erfurt mit dem DFB-Pokal begann und jetzt leider so bitter in Bochum endete. Es ist viel zusammengewachsen in den letzten 10 Monaten. Wie immer in Deutschland hat alles so seine Zeit gebraucht, zum Beispiel die Beflockung von Trikots einiger Spielerinnen, die erst im Herbst zum Kader dazu gestoßen sind, wie Yurina Imai. Es ist dem Engagement zahlreicher Fans zu verdanken, dass der Wechsel von Schott zu 05 auch visuell langsam Gestalt annahm. Das „Es war einmal Fanzine“ fertigte rote Spieltagswimpel für die DFB-Pokalspiele und die Aufstiegsrelegation an. Dazu wurden die Eckfahnen im 05-Frauen-Design gestaltet. Es wurde in der Winterpause von Fans ein großes „Mainz 05 Frauen“-Banner angefertigt und zum Ende der Spielzeit ein „Meisterinnen müssen aufsteigen“ Transparent entworfen. Und zu guter Letzt gründete sich mit den CAPRIolen der erste Fanclub der 05erinnen.

Untröstliche Spielerinnen nach dem Abpfiff

Es bleibt zu hoffen, dass die Verantwortlichen, die ja ständig darauf bedacht sind, die Mitgliederzahlen zu steigern, erkennen, welches Potential der Frauenfußball in Mainz hat. Er wird insbesondere junge weibliche Fans ansprechen, die sicherlich in den letzten 10 Monaten das eine oder andere Vorbild bei den 05erinnen gefunden haben.

Und im Spätsommer heißt es dann „Weiterkämpfen“ für den Aufstieg in der Saison 2024/2025!

Fazit: Bochum holt das Double in der Relegation und wir sind die Besten im Südwesten.

Rot-weiße Grüße,

Christoph

Spätlese SC Freiburg Saison 2023/2024

Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!

01 Hin und weg
02 (N)immer nuff
03 Kon-Trolle
04 Kampf um den Mampf
05 Käfighaltung

„Weiterkämpfen, weiterkämpfen“ Rufe nach dem Abpfiff in Freiburg

01 Hin und weg:

Wenn der Spielplan im Sommer vor einer Saison veröffentlicht wird, dann geht der Blick für mich natürlich erstmal auf den Fastnachts-Termin, denn leider spielen wir seit gefühlt 100 Jahren immer am Fastnachtswochenende auswärts. Da ist es schon wichtig zu wissen, wohin die Reise in der fünften Jahreszeit womöglich geht. Danach geht mein Blick aber auch direkt in den April und Mai, da in diesen Monaten normalerweise mit einem halbwegs angenehmen Wetter zu rechnen ist. Schließlich ist Fußball in unseren Breiten eigentlich Wintersport und zwischen Oktober und März ist es meist alles andere als angenehm 90+X Minuten im Gästeblock zu verharren. Dementsprechend zufrieden war ich eigentlich mit Freiburg auswärts am 20./21. April. Nun ja, erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. So fanden die Heimspiele gegen Darmstadt und Hoffenheim schon fast bei sommerlichen Temperaturen statt, wohingegen uns Freiburg letzten Sonntag mit Schneestürmen und einem „Winterwonderland“ auf den Spitzen des Schwarzwalds begrüßte.

02 (N)immer nuff:

In der letzten Saison hatte ich das Mooswald-Stadion, die neue Spielstätte des SC, bereits besucht, so dass es diesmal nur für das Klapprad, das im ICE problemlos gratis mitgenommen werden konnte, ein neuer Ground war. In fremden Städten merke ich oft, was für eine semi-tolle Fahrradstadt Mainz doch ist. Sind es zum Beispiel in Berlin die großzügigen Radwege, für die eine Fahrbahn weichen musste – könnte man zum Beispiel ja auch mal auf der Kaiserstraße machen – oder in Bochum die strikte Trennung von Rad-, Skater- (!) und Fußgängerwegen am See – könnte man zum Beispiel am Rheinufer machen – so ist es in Freiburg der „Grüne Pfeil“ für Radfahrende, die rechts abbiegen möchten. Das könnte man in Mainz wohl relativ einfach an vielen Ecken machen und es nicht mit irgendeiner mehr oder weniger nachvollziehbaren Begründung ablehnen. Aber der Wille scheint irgendwie in unserem Städtchen nicht da zu sein – da diskutiert man lieber monatelang über Radfahr-Piktogramme auf den Fahrbahnen. Provinzposse olé!

Der „Grüne Pfeil“ für rechtsabbiegende Radfahrende in Freiburgs Straßen

03 Kon-Trolle

Im Dreisamstadion war manches ziemlich schlecht. Die Sicht aus dem Gästeblock sowieso, das alkoholfreie Bier für viele ebenso, aber lange Schlangen am Einlass habe ich selbst bei unserem ersten Erstligaspiel 2004 nicht erlebt. Der Gästeblock im Mooswaldstadion am Sonntagabend war nur zu etwa zwei Dritteln gefüllt und trotzdem bildeten sich bereits 90 Minuten vor Anpfiff endlos lange Schlangen. So etwas hatte ich ehrlich gesagt von Freiburg nicht erwartet und bei 05-Auswärtsspielen eigentlich seit der Kloppo-Zeit nicht mehr erlebt. Wenigstens war es durch die große Menschenansammlung kuschelig warm – denn bei Temperaturen wenige Grad über dem Gefrierpunkt war der Sonntagsausflug doch sehr frisch gewesen. Lag e womöglich an den tatsächlich noch existierenden Tickets aus Papier, die man sich bei Mainz 05 gratis an den Fantreff liefern lassen kann, ohne eine Versandgebühr zu zahlen? Natürlich nicht…

04 Kampf um den Mampf

Komischerweise gab es bei der Verpflegung keine Schlangen. Das lag sicherlich nicht am Preis- oder Qualitätsniveau. Gutedel-Wein bekommt man in einem Stadion schließlich nur hier in Südbaden. Klar hätte es mehr Auswahl an fleischlosen Gerichten geben können, aber wenn man schon die Wahl zwischen Pommes und Brezeln hat, fühlt man sich als Fan der pflanzenbasierten Kost ja schon fast wie im Paradies.

Choreo vor dem Anpfiff im Gästeblock

05 Käfighaltung

Warum sich fast 34 000 Menschen sonntags abends zwischen Schwarzwald und Rhein treffen „mussten“, um sich ein Spiel zweier Mannschaften anzuschauen, die am Donnerstag vorher nicht international gespielt haben, weiß leider nur die DFL. Nun könnte man das damit begründen, dass Freiburg schließlich über die Winterpause hinweg tatsächlich noch in der Europa League aktiv war und es hätte ja gut sein können, dass sie auch noch im April international dabei gewesen wären. Aber warum sich dieser Quatsch zwei Wochen später auf der Schwäbischen Alb wiederholen wird, das kann dann wohl tatsächlich niemand mehr mit Logik begründen – oder spielt Heidenheim in irgendeinem der unzähligen europäischen Wettbewerbe, bei denen man so langsam den Überblick verliert?

Egal, die Choreo im Stehbereich sah sehr schick aus – man selbst hat es erst nachkicks irgendwann gesehen, da das rote Banner zu einer kompletten Sichtbehinderung der oberen Reihen im Stehblock für ein paar Minuten führte. Das nimmt man aber doch gerne in Kauf, um die Botschaft, mit der nicht zu zückenden weißen Fahne rüberzubringen. Die 05er nahmen die Botschaft wörtlich und ließen auch nach dem Rückstand die Köpfe nicht hängen und schafften ein verdientes Remis.

Daher war das Pfandbechersammeln der Szene für Choreos mehr als gerechtfertigt. Toll wäre es, wenn nicht nur auf Social Media die beeindruckenden Bilder der Choreo geliked werden, sondern auch bei den nächsten Spielen zum Beispiel mit der Becherspende die Choreo-Kasse aufgefüllt werden kann, damit solche Aktionen auch in Zukunft initiiert werden können.

Nach dem Abpfiff in Freiburg

 Fazit: Der Jahrgang 2023/2024 zeigt, der April macht, was er will – zum Beispiel aus Gutedel Eiswein sonntags halb acht zur fanfreundlichen Anstoßzeit.

Rot-weiße Grüße,

Christoph

Spätlese Bayer 04 Leverkusen Saison 2023/2024

Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!

01 Hin und weg
02 (N)immer nuff
03 Kon-Trolle
04 Kampf um den Mampf
05 Käfighaltung

Mainz 05-Fans im Gästeblock des Ulrich Haberland-Stadions

01 Hin und weg:

Fahrten nach Leverkusen bieten wahrlich kein Feuerwerk an zu erwartenden Anekdoten. Trotzdem mag ich die Fahrt dorthin immer ganz gerne. Ich komme mit dem Zug gut hin und freitags sogar noch zurück nach Mainz – dem Nachtzug Amsterdam – Zürich sei Dank. Das war dann doch mal ein Novum für mich. Nicht mit dem IC oder ICE zu fahren, sondern mit einer niederländischen Lok, die Schweizer Großraum- und Österreichische Liegewagen zog.  Man könnte ja schon fast von „Mainz 05 International“ sprechen. Vielleicht sind das die gefühlten Ansprüche, die uns in der nächsten Zeit erwarten. Insbesondere wenn man es dienstags abends nicht zum Bruchweg nuff schafft.

02 (N)immer nuff:

Leverkusen wird vielleicht erstmals Deutscher Meister – einen Hauptbahnhof haben sie aber nicht. Den hat selbst Wolfsburg. Leverkusen hat erst recht keinen Fernverkehr zu bieten. Das höchste der Gefühle sind Regionalexpresse. Aber egal – der Spaziergang vom Bahnhof Leverkusen-Mitte zum Stadion durch einen Park ist wirklich nett, Er ist nicht zu lang. Er bietet auch die Möglichkeit, sogar noch das eine oder andere Kaltgetränk bei fliegenden Händler*innen zu erwerben. Das gibt es leider auf vielen anderen Fußwegen zu den Stadien der Republik überhaupt nicht mehr, z. B. wenn ich an Augsburg denke.

Mit dem Nachtzug von Köln zurück nach Mainz

03 Kon-Trolle

Wenn man wie ich freitags ins Büro muss, montags aber nicht, und dann freitagsabends auswärts fahre, dann steht und fällt vieles mit der Infrastruktur vor Ort. Zum Glück gibt es in Leverkusen eine Abgabestelle direkt vor dem Gästeblock. Die Abgabe kostet einen Euro. So ist die Arbeitstasche in guten Händen und der Preis dafür ist natürlich im Vergleich zum Schließfach wesentlich günstiger. Und natürlich gibt es in Leverkusen-Mitte gar kein Schließfach. Man muss halt als Fußballfan immer wieder vor einem Auswärtsspiel die Faninfos lesen. Denn jeder Verein hält es mit der Abgabe anders. Das ist auch eines dieser Mosaiksteinchen, die mir zeigen, dass man als DFL auf internationale dicke Hose machen möchte. Aber man bekommt es nicht mal gebacken, bei so einem simplen Thema in der Liga einen Standard einzuführen. Man darf halt nicht mit Sack und Pack ins Stadion – das ist wenigstens Konsens.

Daraus aber eine Handlung abzuleiten, dass den Stadionbesuchenden eine Abgabestelle zur Verfügung steht, ist natürlich zu viel verlangt. Zum Beispiel gibt es sie in Köln oder Bochum nicht. Die Print @ Home-Tickets mussten übrigens nicht ausgedruckt werden. Daher hier mal ein doppeltes meisterliches Lob an Lev. Das sieht ja in anderen Stadien auch wieder anders auch. Auch hier wäre eine Standardisierung angebracht. Ich erhalte immer wieder von Heimfans den Hinweis, doch einfach ein elektronisches Ticket zu erwerben. Blöd nur, dass Tickets für den Gästeblock mit Ausnahme der Bayern-Heimspiele ausschließlich als Print@Home angeboten werden. Ja ja, die Standardisierung bei der DFL…

Ankunft in Leverkusen-Mitte

04 Kampf um den Mampf

Theorie und Praxis klaffen auch beim fleischlosen Futter komplett auseinander. Leverkusen war eigentlich immer schon extravagant, was den Gästeblock anbetraf. Es gab schon mal Blattsalat – von daher wunderte ich mich über Bulgursalat mit Falafel nicht wirklich. Aber der war zwanzig Minuten nach Stadionöffnung schon ausverkauft. Auch hier bekomme ich häufig die Rückmeldung, dass das, was ich schreibe nicht stimmen kann. Schließlich können sie vegane Gerichte wählen oder der Bulgur-Salat war doch noch verfügbar… Ja, im Heimbereich vielleicht oder sogar im Gäste-Sitzbereich.

Daran erkennt man, dass auch innerhalb des Stadions keine Standardisierung erfolgt. Ist ja in Mainz genauso. Dass PETA Schalke 04 immer zum „Vegetarier-freundlichsten Stadion“ kürt ist auch so eine Sache. Denn im Gästeblock gibt es nur Brezeln. Nun gut, bei Bayer 04 gab es auch Pommes, Brezel und Süßkram – von daher kann man da nicht meckern.

„Fußball gehört den Fans“-Banner in der Nordkurve

05 Käfighaltung

Nach einer Spielminute habe ich verstanden, warum Nadiem Amiri beim ersten Spiel im Stadion am Europakreisel so „lost“ beim Einwurf wirkte. Im Ulrich Haberland-Stadion liegen alle fünf Meter Bälle für schnelle Einwürfe bereit. Bei uns in Mainz können wir uns gefühlt zwei Ballmenschen für das gesamte Stadionrund leisten.

Aber gut, Bayer 04 muss ja auch nicht auf`‘s Geld achten. Das wird alles schön vom Konzern ausgeglichen, wenn mal eine Pandemie dazwischenkommt oder man sich mit den Spielern verzockt hat. Daher war das Spruchband „Der Fußball gehört den Fans“, den die Levs am Anfang hochhielten ja schon ein bisschen putzig. Sie werden wohl dank der Pillenmillionen erstmals deutscher Meister. Sie profitieren von der Sonderrolle bei 50+1 und denken, sie wären ein normaler mitgliedergeführter Verein. Schlimmer geht natürlich immer. Denn Lev kann in der Regel ganz gut mit dem Geld umgehen, was sie aus der Konzernzentrale erhalten. Im Gegensatz zu Wolfsburg.

Aber dennoch wird im Zweifelsfall halt, wie auch in Leipzig, Geld einfach nachgeschossen. Dass diese drei Clubs einfach so Saison für Saison weiterwurschteln, ist einfach ein Unding. Eigentlich hätte dieser Umstand bei jedem Spiel viele Tennisbälle verdient, zumal Bayer gerade einen Stellenabbau angeht. Es ist schon sehr delikat, die Meisterschaft zu holen und gleichzeitig Leute vor die Tür zu setzen.

„Wenigstens“ war bei den Levs die Stimmung diesmal vergleichsweise gut. Es verließ niemand in der 80. Minute das Stadion – das war in den letzten Jahren ergebnisunabhängig immer der Fall gewesen. Da frage ich mich schon manchmal, was einen ins Stadion treibt. Wenn am Ende die Prio ist, möglichst schnell mit seinem Auto wieder auf dem Weg nach Hause zu sein – unfassbar.

„Erfolg! Alles andere interessiert mich nicht.“

Bayer 04 Leverkusen-Boss Carro

So wird am Ende der Saison nach 2009 mal wieder ein Club Deutscher Meister, der auf 50+1 verzichten darf. Schließlich ist das ja Tradition. Und Tradition ist im Fußball ja wichtiger als Financial Fairplay. Das darf dann auch Bayer 04-Boss Carro behaupten: „Ich und die meisten anderen sehen uns nicht als Pillen- oder Plastikklub, sondern wir sind hundertprozentig ein Traditionsverein, der vielleicht eine Under-Governance hat beziehungsweise eine Ausnahme der 50+1-Regel ist, aber Tradition zu hundert Prozent“. Und weiter „Erfolg! Alles andere interessiert mich nicht.“

Ich denke, Bayer Leverkusen würde auch mit Einhaltung der 50+1-Regel gut dastehen. Daher verstehe ich solche Äußerungen nicht wirklich. Aber gut, man muss wohl ein Alphamännchen sein, um in gewisse Positionen zu kommen. Und sicherlich wurmt es gerade sehr viele Alphamännchen, dass sie auch wegen ein paar Tennisbällen ihren puren Machtwillen gerade nicht dursetzen konnten.

Financial Fairplay, richtig angewendet, würde hingegen dafür sorgen, dass die Clubs nicht mehr ausgeben können als sie einnehmen. Damit wäre es auch möglich, in die Digitalisierung und die Auslandsvermarktung selbst zu investieren. Aber da würden dann ja so sportlich tolle Entwicklungen wie die von Union, die alles auf Schulden aufgebaut haben, der Vergangenheit angehören. Und man könnte nicht mehr vom Fußballmärchen sprechen. Irgendwie haben wir da als Mainz 05 die Dauerkarte als Depp gebucht. Man hat den Boppes in der Hose und stellt einen Spieler frei, der sich mit den Werten des Vereins nicht identifizieren kann. Man wirtschaftet (zumindest bis 2022) seriös und steigt womöglich ab, weil man nicht mehr ausgibt als man einnimmt.

Aber, das war nach dem Schlusspfiff erstmal alles sekundär. Die Kurve ließ sich nicht hängen und baute Robin mit Sprechchören wieder auf. Und das ist gut so.

Unterstützung für Robin Zentner nach Abpfliff

Fazit: Der Jahrgang 2023/2024 zeigt, wie meisterlich es Leverkusen hinbekommt, einem den Stadionbesuch angenehm zu gestalten. Wenn da nicht der Bruch von 50+1 wäre.

Rot-weiße Grüße,

Christoph – Meenzer on Tour

Quellen:

WDR – „Bayer will zahlreiche Stellen in Deutschland streichen“

Transfermarkt: „Carro: Leverkusen zu 100 Prozent ein Traditionsklub – 50+1-Lockerung „würde guttun““

DAZN: Bayer CEO Carro exklusiv „Erfolg! Alles andere interessiert mich nicht“