Spätlese Bayer 04 Leverkusen Saison 2023/2024

Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!

01 Hin und weg
02 (N)immer nuff
03 Kon-Trolle
04 Kampf um den Mampf
05 Käfighaltung

Mainz 05-Fans im Gästeblock des Ulrich Haberland-Stadions

01 Hin und weg:

Fahrten nach Leverkusen bieten wahrlich kein Feuerwerk an zu erwartenden Anekdoten. Trotzdem mag ich die Fahrt dorthin immer ganz gerne. Ich komme mit dem Zug gut hin und freitags sogar noch zurück nach Mainz – dem Nachtzug Amsterdam – Zürich sei Dank. Das war dann doch mal ein Novum für mich. Nicht mit dem IC oder ICE zu fahren, sondern mit einer niederländischen Lok, die Schweizer Großraum- und Österreichische Liegewagen zog.  Man könnte ja schon fast von „Mainz 05 International“ sprechen. Vielleicht sind das die gefühlten Ansprüche, die uns in der nächsten Zeit erwarten. Insbesondere wenn man es dienstags abends nicht zum Bruchweg nuff schafft.

02 (N)immer nuff:

Leverkusen wird vielleicht erstmals Deutscher Meister – einen Hauptbahnhof haben sie aber nicht. Den hat selbst Wolfsburg. Leverkusen hat erst recht keinen Fernverkehr zu bieten. Das höchste der Gefühle sind Regionalexpresse. Aber egal – der Spaziergang vom Bahnhof Leverkusen-Mitte zum Stadion durch einen Park ist wirklich nett, Er ist nicht zu lang. Er bietet auch die Möglichkeit, sogar noch das eine oder andere Kaltgetränk bei fliegenden Händler*innen zu erwerben. Das gibt es leider auf vielen anderen Fußwegen zu den Stadien der Republik überhaupt nicht mehr, z. B. wenn ich an Augsburg denke.

Mit dem Nachtzug von Köln zurück nach Mainz

03 Kon-Trolle

Wenn man wie ich freitags ins Büro muss, montags aber nicht, und dann freitagsabends auswärts fahre, dann steht und fällt vieles mit der Infrastruktur vor Ort. Zum Glück gibt es in Leverkusen eine Abgabestelle direkt vor dem Gästeblock. Die Abgabe kostet einen Euro. So ist die Arbeitstasche in guten Händen und der Preis dafür ist natürlich im Vergleich zum Schließfach wesentlich günstiger. Und natürlich gibt es in Leverkusen-Mitte gar kein Schließfach. Man muss halt als Fußballfan immer wieder vor einem Auswärtsspiel die Faninfos lesen. Denn jeder Verein hält es mit der Abgabe anders. Das ist auch eines dieser Mosaiksteinchen, die mir zeigen, dass man als DFL auf internationale dicke Hose machen möchte. Aber man bekommt es nicht mal gebacken, bei so einem simplen Thema in der Liga einen Standard einzuführen. Man darf halt nicht mit Sack und Pack ins Stadion – das ist wenigstens Konsens.

Daraus aber eine Handlung abzuleiten, dass den Stadionbesuchenden eine Abgabestelle zur Verfügung steht, ist natürlich zu viel verlangt. Zum Beispiel gibt es sie in Köln oder Bochum nicht. Die Print @ Home-Tickets mussten übrigens nicht ausgedruckt werden. Daher hier mal ein doppeltes meisterliches Lob an Lev. Das sieht ja in anderen Stadien auch wieder anders auch. Auch hier wäre eine Standardisierung angebracht. Ich erhalte immer wieder von Heimfans den Hinweis, doch einfach ein elektronisches Ticket zu erwerben. Blöd nur, dass Tickets für den Gästeblock mit Ausnahme der Bayern-Heimspiele ausschließlich als Print@Home angeboten werden. Ja ja, die Standardisierung bei der DFL…

Ankunft in Leverkusen-Mitte

04 Kampf um den Mampf

Theorie und Praxis klaffen auch beim fleischlosen Futter komplett auseinander. Leverkusen war eigentlich immer schon extravagant, was den Gästeblock anbetraf. Es gab schon mal Blattsalat – von daher wunderte ich mich über Bulgursalat mit Falafel nicht wirklich. Aber der war zwanzig Minuten nach Stadionöffnung schon ausverkauft. Auch hier bekomme ich häufig die Rückmeldung, dass das, was ich schreibe nicht stimmen kann. Schließlich können sie vegane Gerichte wählen oder der Bulgur-Salat war doch noch verfügbar… Ja, im Heimbereich vielleicht oder sogar im Gäste-Sitzbereich.

Daran erkennt man, dass auch innerhalb des Stadions keine Standardisierung erfolgt. Ist ja in Mainz genauso. Dass PETA Schalke 04 immer zum „Vegetarier-freundlichsten Stadion“ kürt ist auch so eine Sache. Denn im Gästeblock gibt es nur Brezeln. Nun gut, bei Bayer 04 gab es auch Pommes, Brezel und Süßkram – von daher kann man da nicht meckern.

„Fußball gehört den Fans“-Banner in der Nordkurve

05 Käfighaltung

Nach einer Spielminute habe ich verstanden, warum Nadiem Amiri beim ersten Spiel im Stadion am Europakreisel so „lost“ beim Einwurf wirkte. Im Ulrich Haberland-Stadion liegen alle fünf Meter Bälle für schnelle Einwürfe bereit. Bei uns in Mainz können wir uns gefühlt zwei Ballmenschen für das gesamte Stadionrund leisten.

Aber gut, Bayer 04 muss ja auch nicht auf`‘s Geld achten. Das wird alles schön vom Konzern ausgeglichen, wenn mal eine Pandemie dazwischenkommt oder man sich mit den Spielern verzockt hat. Daher war das Spruchband „Der Fußball gehört den Fans“, den die Levs am Anfang hochhielten ja schon ein bisschen putzig. Sie werden wohl dank der Pillenmillionen erstmals deutscher Meister. Sie profitieren von der Sonderrolle bei 50+1 und denken, sie wären ein normaler mitgliedergeführter Verein. Schlimmer geht natürlich immer. Denn Lev kann in der Regel ganz gut mit dem Geld umgehen, was sie aus der Konzernzentrale erhalten. Im Gegensatz zu Wolfsburg.

Aber dennoch wird im Zweifelsfall halt, wie auch in Leipzig, Geld einfach nachgeschossen. Dass diese drei Clubs einfach so Saison für Saison weiterwurschteln, ist einfach ein Unding. Eigentlich hätte dieser Umstand bei jedem Spiel viele Tennisbälle verdient, zumal Bayer gerade einen Stellenabbau angeht. Es ist schon sehr delikat, die Meisterschaft zu holen und gleichzeitig Leute vor die Tür zu setzen.

„Wenigstens“ war bei den Levs die Stimmung diesmal vergleichsweise gut. Es verließ niemand in der 80. Minute das Stadion – das war in den letzten Jahren ergebnisunabhängig immer der Fall gewesen. Da frage ich mich schon manchmal, was einen ins Stadion treibt. Wenn am Ende die Prio ist, möglichst schnell mit seinem Auto wieder auf dem Weg nach Hause zu sein – unfassbar.

„Erfolg! Alles andere interessiert mich nicht.“

Bayer 04 Leverkusen-Boss Carro

So wird am Ende der Saison nach 2009 mal wieder ein Club Deutscher Meister, der auf 50+1 verzichten darf. Schließlich ist das ja Tradition. Und Tradition ist im Fußball ja wichtiger als Financial Fairplay. Das darf dann auch Bayer 04-Boss Carro behaupten: „Ich und die meisten anderen sehen uns nicht als Pillen- oder Plastikklub, sondern wir sind hundertprozentig ein Traditionsverein, der vielleicht eine Under-Governance hat beziehungsweise eine Ausnahme der 50+1-Regel ist, aber Tradition zu hundert Prozent“. Und weiter „Erfolg! Alles andere interessiert mich nicht.“

Ich denke, Bayer Leverkusen würde auch mit Einhaltung der 50+1-Regel gut dastehen. Daher verstehe ich solche Äußerungen nicht wirklich. Aber gut, man muss wohl ein Alphamännchen sein, um in gewisse Positionen zu kommen. Und sicherlich wurmt es gerade sehr viele Alphamännchen, dass sie auch wegen ein paar Tennisbällen ihren puren Machtwillen gerade nicht dursetzen konnten.

Financial Fairplay, richtig angewendet, würde hingegen dafür sorgen, dass die Clubs nicht mehr ausgeben können als sie einnehmen. Damit wäre es auch möglich, in die Digitalisierung und die Auslandsvermarktung selbst zu investieren. Aber da würden dann ja so sportlich tolle Entwicklungen wie die von Union, die alles auf Schulden aufgebaut haben, der Vergangenheit angehören. Und man könnte nicht mehr vom Fußballmärchen sprechen. Irgendwie haben wir da als Mainz 05 die Dauerkarte als Depp gebucht. Man hat den Boppes in der Hose und stellt einen Spieler frei, der sich mit den Werten des Vereins nicht identifizieren kann. Man wirtschaftet (zumindest bis 2022) seriös und steigt womöglich ab, weil man nicht mehr ausgibt als man einnimmt.

Aber, das war nach dem Schlusspfiff erstmal alles sekundär. Die Kurve ließ sich nicht hängen und baute Robin mit Sprechchören wieder auf. Und das ist gut so.

Unterstützung für Robin Zentner nach Abpfliff

Fazit: Der Jahrgang 2023/2024 zeigt, wie meisterlich es Leverkusen hinbekommt, einem den Stadionbesuch angenehm zu gestalten. Wenn da nicht der Bruch von 50+1 wäre.

Rot-weiße Grüße,

Christoph – Meenzer on Tour

Quellen:

WDR – „Bayer will zahlreiche Stellen in Deutschland streichen“

Transfermarkt: „Carro: Leverkusen zu 100 Prozent ein Traditionsklub – 50+1-Lockerung „würde guttun““

DAZN: Bayer CEO Carro exklusiv „Erfolg! Alles andere interessiert mich nicht“

Spätlese VfB Stuttgart Saison 2023/2024

Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!

01 Hin und weg
02 (N)immer nuff
03 Kon-Trolle
04 Kampf um den Mampf
05 Käfighaltung

Mainz 05-Fans im Gästeblock des Neckarstadions – Foto: RoLF

01 Hin und weg:

Fastnachtsspiele gehören für mich persönlich wie die Erstrunden-Partien im DFB-Pokal zu den absoluten Höhepunkten der Saison. Letztere weniger wegen der Ergebnisse als wegen der zu besuchenden Stadien, erstere wegen der goldisch Meenzer Fassenacht. Fastnachtsspiele sind einfach besonders. Verkleidete Fans, Fastnachtslieder und vierfarbbunt statt Rot und Weiß – eine besondere Atmosphäre halt – die es so vielleicht noch nicht einmal beim Effzeh oder der Fortuna gibt. Leider nimmt die DFL oft bei der Spieltags-Ansetzung keine Rücksicht auf den höchsten Mainzer Feiertag. Das letzte Heimspiel an Fastnacht liegt jetzt fast 15 Jahre zurück (20. Februar 2009 gegen Hansa). Wenigstens haben die Fanproteste der letzten Jahre dafür gesorgt, dass es kein Spiel mehr an Rosenmontag geben wird. Das war zuletzt am 11. Februar 2002 der Fall, als wir bei Hannover 96 antreten mussten (und verloren und nicht aufgestiegen sind usw.).

Diesmal hatten wir wirklich Glück. Zwar ging es wie letztes Jahr sonntags raus aus der Stadt, aber wenigstens mussten wir nicht um 19.30 Uhr spielen (diese Uhrzeit war ja die Kompensation für montags) und nach Stuttgart kommt man ja sonntags nachmittags problemlos hin – auch mit der Deutschen Bahn.   

02 (N)immer nuff:

Zugegeben ich war schon länger nicht mehr in der Landeshauptstadt Baden-Württembergs zu Gast. Dass das Großprojekt Stuttgart 21 sich trotzdem nicht groß verändert hat und die Stadt immer noch den Charakter einer riesigen Bauruine hat, ist nicht weiter verwunderlich. Dass man aber gefühlt vom Fernbahnsteig zum S-Bahn-Gleis länger unterwegs ist, als mit dem ICE von Mannheim nach Stuttgart hätte ich nicht erwartet und meine Pläne wären fast durchkreuzt gewesen. Schließlich ist es angenehm, mit der S-Bahn direkt zur Haltestelle Neckarpark zu düsen, statt in Bad Cannstatt auszusteigen oder mit der U-Bahn anzureisen.  Vom S-Bahnhof Neckarpark ist man innerhalb von fünf Minuten am Gästeblock, während die Alternativen sehr lange Fußwege nach sich ziehen.

Ankunft in Stuttgart-Hauptbahnhof

03 Kon-Trolle

Auch in Stuttgart wurde mal wieder das „Print@Home“-Ticket in der ausgedruckten Variante verlangt, obwohl der QR-Code auf dem Smartphone lesbar war und ich auch ohne Papier durchs Drehkreuz gelangte. Dieser Papiermüllberg, den die Vereine da produzieren, könnte man direkt als nächstes Utensil für Proteste gegen den Investor nutzen. Die Liga will sich international mit Hilfe eines Investors besser aufstellen und bekommt die einfachsten Dinge nicht vereinheitlicht. Warum muss das „Print@Home“-Ticket in Berlin, Dortmund oder Köln nicht ausgedruckt werden, in Mainz, Stuttgart oder Bochum aber schon?

Wesentlich souveräner agierte die Security bei der Kontrolle und ließ die verkleideten Nullfünfer*innen relativ easy passieren. Dafür ein großes Dankeschön.

Grombira-Küchle im Gästeblock

04 Kampf um den Mampf

Auch beim Catering wird beim VfB im Gästeblock unnötig Müll produziert. Wer nur etwas zu trinken erstehen wollte, der konnte bei fliegenden Händlern Cola und Bier kaufen. Dafür mussten 0,20 € zusätzlich berappt werden. Dafür bekam man einen Plastikdeckel auf den Becher – welch ein nachhaltiger toller Deal, den man da im Ländle eingehen kann. Auch sonst ist die Preisgestaltung beim VfB nicht ok. Dass das einzige vegetarische Angebot 15 Prozent teurer ist als die beiden Wurst-Varianten ist einfach nur hinterwäldlerisch. Zugegeben, das Grombiraküchle, auf Hochdeutsch „Reibekuchen im Brötchen mit Salat und Soße aufgehübscht“ war sehr lecker und definitiv kreativer als eine Riesenbrezel, die es sonst so im Gästeblock gibt. Aber 0,60 € mehr dafür zu verlangen als für eine Wurst? Sorry, VfB – ihr könnt zwar gut Fußball spielen, aber in Sachen Nachhaltigkeit habt ihr was Müll und Futter angeht echt Nachholbedarf.

Fanprotest in der Cannstatter-Kurve

    

05 Käfighaltung

Glücklicherweise reiste ich dieses Mal mit einem Flexpreis der Deutschen Bahn. Schließlich weiß man ja heutzutage gar nicht mehr, mit wieviel Verspätung die Exklusivspiele der DFL am Ende abgepfiffen werden. Gut und richtig, dass die Fans des VfB weiterhin gegen den Investoren-Deal der DFL protestieren. Und leider muss Protest nerven, denn ansonsten sind Streiks oder Proteste relativ wirkungslos. Ob ohne Protest der Spielverlauf ein anderer gewesen wäre, ist hypothetisch.

Sich allerdings zum zweiten Mal innerhalb von vier Monaten das letzte Spiel eines Übungsleiters von 05 anschauen zu müssen, macht mich schon irgendwie traurig. Welche Euphorie gab es nach dem Punktgewinn in Dortmund als der Block „Jan Siewert“ rief und die Mannschaft applaudierte. Das ist noch nicht einmal zwei Monate her.

Natürlich sorgte der Spielverlauf nicht wirklich dafür, dass die Stimmung im Block fastnachtswürdig wurde. Trotzdem möchte ich an dieser Stelle einmal die aktive Fanszene dafür loben, dass sie für ein Spiel im Jahr, das gesamte Tifo-Material vierfarbbunt spiegelt und so dem Rest des Landes zeigt, dass der Fassenachtsverein vielleicht weniger Punkte auf dem Konto hat als der Großteil der Liga – aber was ist das schon im Gegensatz zu einer Jahreszeit mehr im Kalendarium? HELAU 🙂

Vierfarbbunter Gästeblock in Stuttgart

Fazit: Der Jahrgang 2023/2024 zeigt, wie schön es ist, eine Jahreszeit mehr zu haben als der große Rest der Liga.

Rot-weiße Grüße,

Christoph – Meenzer on Tour

Spätlese Hertha BSC Berlin Saison 2023/2024

Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!

01 Hin und weg
02 (N)immer nuff
03 Kon-Trolle
04 Kampf um den Mampf
05 Käfighaltung

Mainz 05-Fans erlebten im Olympiastadion ihr blaues Wunder

01 Hin und weg:

Während in der ersten Runde des DFB-Pokals der Großteil der Auswärtsfahrenden sich für die Reise ins Saarland entschied, ging es für mich damals an dem August-Wochenende in die entgegengesetzte Richtung nach Erfurt zum Pokal-Auftritt der Nullfünferinnen zum ersten Spiel einer Frauenfußball-Mannschaft von Mainz 05 seit 50 Jahren. Während die Frauen schon die zweite Runde überstanden hatten (und später gegen den MSV rausflogen), stieg ich dieses Jahr erst jetzt in den Pokalwettbewerb der Männer ein. Über das Los freute ich sehr, denn ein Flutlichtspiel im Olympiastadion hatte ich noch nie mitgemacht und Berlin ist immer eine Reise wert – gerade auch, wenn die Bahn mitspielt und mich pünktlich in die Hauptstadt bringt.

Abfahrt am Berliner Hauptbahnhof mit dem Call-a-Bike-Radsharing der Deutschen Bahn

02 (N)immer nuff:

Somit hatte ich genügend Zeit, wieder mit dem Leihrad der Bahn durch das Berliner Stadtzentrum zu fahren und vor dem Spiel einen Moment innezuhalten. Es ist traurig zu sehen, dass anscheinend das Denkmal für die in Europa ermordeten Juden Polizeischutz benötigt. Und es zeigt, dass es wichtig ist, so ein Denkmal sichtbar mitten in die Hauptstadt zu setzen und ein entsprechendes Zeichen zu setzen, dass das, was damals geschehen ist, nie wieder passieren darf. Mit einem beklemmenden Gefühl radelte ich weiter durch den Berliner Westen, um an einer S-Bahnstation nochmal das Verkehrsmittel zu wechseln, um das Stadion zu erreichen.

Das Denkmal an die ermordeten Juden in Europa

03 Kon-Trolle

Während ich es in Bochum aufgrund der schieren Anzahl an Fans des FSV nicht testen wollte, ob das Print@Home-Ticket auch auf dem Smartphone funktioniert und entsprechend mehr Zeit beansprucht hätte, ging ich bei der Hertha wieder voll aufs Ganze und reiste ohne ausgedrucktes Ticket an – schließlich stand auf dem Ticket auch nicht drauf, dass man es ausdrucken musste. Und siehe da! Es funktionierte einwandfrei. Da frage ich mich dann schon, warum es bei manchen Clubs klappt und bei anderen nicht. Wenn man nachhaltiger unterwegs sein möchte, geht es nie darum, den einen großen Hebel umzulegen, sondern immer darum, kleine Schritte zu gehen. Gerade so sinnbefreites Ausdrucken von Eintrittskarten für ein Fußballspiel auf DIN A4 ist so ein kleiner Schritt, den wir theoretisch alle gehen könnten, wenn die Technik bei allen Clubs, die Print@Home anbieten, den papierlosen Zutritt ermöglichen würden beziehungsweise die Clubs den Willen aufbringen, papierlos zu arbeiten. Denn Papier ist alles andere als ein umweltfreundlicher Rohstoff, wenn es sich nicht um Recycling-Papier handelt. Im Vergleich zu Frischfaserpapier spart Recyclingpapier durchschnittlich: 78 Prozent Wasser, 68 Prozent Energie 15 Prozent CO2. Nur weiß das fast niemand und es ist einfach eine vollkommen sinnbefreite Ressourcenvergeudung, sein Ticket auf Papier auszudrucken, wenn es auch digital geht.

Blick in das weite Rund des Olympiastadions

04 Kampf um den Mampf

Dass die 4 €-Brezel von Bochum noch getoppt wird, hätte ich ehrlich gesagt nicht erwartet. Im Olympiastadion wurden sogar 4,50 € aufgerufen. Die vegane Wurst, die es letzte Saison noch gab, hatte wohl nur einen gültigen Vertrag für Liga 1, denn sie war von der Speisekarte verschwunden. Dafür gab es im Außenrund des Stadions wenigstens Pommes für 4 €, was mich wieder mit der Hertha versöhnt hat.

05 Käfighaltung

Light-Shows gehören mittlerweile zum Fußball dazu. Das ist selbstverständlich Geschmackssache. Ich fand das bläuliche Licht, in das das Olympiastadion getaucht wurde, eigentlich ganz schick und es ist mir deutlich lieber als ein Investor oder ein zwielichtiger Sponsor oder sonstige Konstrukte, die der Fußball so anzieht.

Dass es das letzte Pflichtspiel für Bo sein würde, hätte ich an diesem Mittwochabend nicht gedacht. Einziges Zeichen, das für mich darauf hindeutete, war die Tatsache, dass er nach Spielschluss in die Kurve kam, wie vor ihm schon das gesamte Team. Da hätte es vielleicht klingeln müssen. Kurvengänge sah ich von Bo grundsätzlich wenige. An den einzigen vorher habe ich noch schöne Erinnerungen – damals in Fürth 2009 im orangenen Auswärtstrikot, als er mit dem noch jüngeren Niko Bungert auf dem Zaun saß, nach dem gefühlt ersten Auswärtssieg am Ronhof, der gleichbedeutend war, dass der Aufstieg zum Greifen nah war und auch eine Woche später am Bruchweg gegen Oberhausen gelang.

Ein letzter Gang von Bo in die Kurve nach dem Spiel gegen die Hertha

Und jetzt war es das mit der Ära Bo bei Mainz 05. Wie oft Bo in seiner Abschiedsrede allerdings das Wort „wir“ benutzt hat, sieht es für mich so aus, als würde er gar nicht wirklich aus dem Verein ausscheiden, sondern nur sein Traineramt aufgeben – eine Mitgliedschaft wäre tatsächlich davon ja nicht betroffen – und dass ehemalige Spieler und Trainer tatsächlich Mitglied beim eingetragenen Fußballsportverein wurden, ist ja kein Geheimnis. Freuen würde ich mich darüber auf jeden Fall sehr.

Fazit: Der Jahrgang 2023/2024 zeigt dass, der Besuch der alten Dame immer eine Reise wert ist – um innezuhalten oder auch, um Abschied zu nehmen.

Rot-weiße Grüße,

Christoph – Meenzer on Tour