Finanzielle Nachhaltigkeit RB Leipzig Saison 2023/2024

Im Profifußball spielt Geld eine immer größere Rolle. Daher geht es in diesem Blogplost um die finanzielle Nachhaltigkeit des Gasts von Mainz 05 heute Nachmittag: RB Leipzig.

Einleitung
Vergleich der KPIs vom RB Leipzig und Mainz 05
Analyse: Finanzielle Nachhaltigkeit von RB Leipzig
Fazit: Finanzielle Nachhaltigkeit von RB Leipzig

RB Leipzig vs. Mainz 05 in der Saison 2018/2019

Einleitung

Im Mai 2019 veröffentlichte die Deutsche Fußball Liga (DFL) erstmals die Finanzkennzahlen der Bundesliga-Vereine. Seither erstelle ich jährlich eine „Finanz-Bundesliga-Tabelle“. Mit Hilfe dieser Kennzahlen lassen sich so genannte Key Performance Indicators, kurz KPIs, ermitteln, die klar herausstellen, welche Vereine finanziell nachhaltig agieren.

Die DFL hat in ihren Lizenzierungskriterien zum Thema Finanzen leider keine dieser KPIs verankert. Würde man die KPIs:

  • Anlagendeckungsgrad (> 60 Prozent)
  • Eigenkapitalquote (> 20 Prozent)
  • Personalaufwandsquote (< 70 Prozent)
  • Verschuldungsgrad (< 200 Prozent)

als Linzenkriterien einführen, wäre es ein großer Schritt in Richtung Financial Fairplay getan, wenn gleichzeitig die jährliche Alimentierung bei der TSG Hoffenheim, bei Bayer 04 Leverkusen und dem VfL Wolfsburg beendet werden würde – genauso wie die österreichische Brause-Alimentierung in Leipzig.

Vergleich der KPIs von RB Leipzig und Mainz 05

Anlagendeckungsgrad (Eigenkapital zu Anlagevermögen)

Je höher der Deckungsgrad, desto besser steht es um die Finanzierung des Clubs:

20182019202020212022
RB Leipzig13%52%43%34%38%
Mainz 0586%79%74%88%127%

Entwicklung des Anlagendeckungsgrads 2018-2022

Eigenkapitalquote (Eigenkapital zu Bilanzsumme)

Je höher die Eigenkapitalquote desto mehr finanzielles Engagement bringt der eigene Club auf, sprich desto mehr finanziert sich der Verein selber und desto geringer ist die Chance, dass der Verein pleite geht.

20182019202020212022
RB Leipzig11%40%34%28%31%
Mainz 0544%50%45%51%60%

Entwicktlung der Eigenkapitalquote 2018-2022

Personalaufwandsquote (Personalaufwand/Umsatz)

Je niedriger die Personalaufwandsquote, desto besser wirtschaftet der Club.

20182019202020212022
RB Leipzig43%46%45%45%47%
Mainz 0539%34%46%50%46%

Entwicklung der Personalaufwandsquote 2018-2022


Verschuldungsgrad (Fremdkapital zu Eigenkapital)

Je höher der Verschuldungsgrad ist, desto abhängiger ist das Unternehmen von externen Gläubigern und desto riskanter agiert dieses Unternehmen.

20182019202020212022
RB Leipzig608%115%166%230%220%
Mainz 0598%84%97%64%41%

Entwicklung des Verschuldungsgrads 2018-2022

Quelle: DFL

Weitere Finanzkennzahlen können bei der DFL eingesehen werden. Mit Hilfe dieser lassen sich Leistungskennzahlen ermitteln, die in die Finanz-Bundesliga-Tabelle 2022/2023 einfließen. Pro Leistungskennzahl ist die jeweilige Platzierung im 18er-Feld der Clubs der Saison 2022/2023 angegeben.

Analyse: Finanzielle Nachhaltigkeit von RB Leipzig

RB Leipzig würde zwei von vier Kriterien erfüllen, wenn die DFL ihr Nachhaltigkeitsbekenntnis ernst nehmen würde und dieses auf die finanzielle Nachhaltigkeit anwenden würde. Die Personalaufwandsquote ist mit 47 Prozent durchaus in Ordnung. Dieser Wert wurde auch in den letzten Jahren immer mehr oder weniger erreicht. Das lässt darauf schließen, dass das Geld, das RB zur Verfügung hat, gut angelegt wird. Der sportliche Erfolg gibt dem Konstrukt ja auch durchaus Recht. Dass Geld zur Verfügung haben, nicht automatisch sportlichen Erfolg bedeutet, ist ebenfalls hinlänglich bekannt.

Die Eigenkapitalquote liegt mit 31 Prozent deutlich über den geforderten 20 Prozent. Das war allerdings nicht immer der Fall. 2018 lag sie noch bei mickrigen 11 Prozent. Im Jahr darauf aber plötzlich bei sagenhaften 40 Prozent. Innerhalb eines Jahres diese Quote zu vervierfachen, deutet schon darauf hin, dass hier etwas unnatürlich ist. Entweder ist RB innerhalb eines Jahres massiv geschrumpft und die Bilanzsumme entsprechend gesunken oder das Eigenkapital ist massiv gestiegen. Dazu später mehr.

Der Anlagendeckungsgrad in Höhe von 38 Prozent liegt deutlich unter den geforderten 60 Prozent. Das heißt die Finanzierung des Konstrukts ist fragwürdig, zumal der Anlagendeckungsgrad 2018 sogar bei mickrigen 13 Prozent lag. Ein Jahr später lag er plötzlich bei 52 Prozent. Dass das Anlagevermögen (Spielerwerte, Stadion etc.) massiv gesunken ist, klingt auf jeden Fall nicht so plausibel. Eher schon, dass das Eigenkapital Flügel bekam. Wie das passieren konnte – auch hierzu mehr im Fazit.

Der Verschuldungsgrad in Höhe von 220 Prozent liegt 10 Prozent über dem vertretbaren Level von 200 Prozent, sprich das Fremdkapital ist im Vergleich zum Eigenkapital zu hoch. Wenn man sich die absoluten Werte anschaut, dann toppt RB Leipzig 2022 mit 303 Mio. €sogar Schalke 04, was das Fremdkapital angeht. Während in Gelsenkirchen 195 Mio. € Fremdkapital in der Bilanz stehen, sind es bei Clubs, denen RB auf Augenhöhe begegnet, nur 146 Mio. € (FC Bayern) bzw. 155 Mio. € (BVB).

Fazit: Finanzielle Nachhaltigkeit von RB Leipzig

Zahlen lügen nicht. Und wenn jemand Argumente braucht, um zu sehen, wie sich das Konstrukt RB Leipzig in Bezug auf die finanzielle Nachhaltigkeit entwickelt, sollte einfach auf die Finanzkennzahlen schauen, die die DFL seit 2019 jährlich veröffentlicht.

Die finanzielle Entwicklung bei RB Leipzig gleicht tatsächlich einer Achterbahnfahrt – sie ist zwar nicht so dramatisch wie die bei der Hertha oder bei Schalke 04, aber im Grunde genommen ist sie noch weitaus spektakulärer, weil RB im Gegensatz zu den beiden anderen Clubs eigentlich keine Konsequenzen fürchten muss und schön Jahr für Jahr Champions League Millionen scheffeln kann.

Der bizarre Sprung beim Anlagendeckungsgrad und bei der Eigenkapitalquote zwischen 2018 und 2019 ist darauf zurückzuführen, dass das Eigenkapital von 27 Mio. € auf 126 Mio. € hochgegangen ist. Dies kann theoretisch durch einen Jahresüberschuss von 99 Mio. € zustande gekommen sein. In der Bilanz 2019 steht allerdings nur ein Jahresüberschuss von 4 Mio. €. Was ist passiert? Es gab einen warmen Geldregen in Leipzig – die Wolke, aus der der Regen stammt, ist hinlänglich bekannt.

Auch beim Fremdkapital gab es einen riesigen Sprung. Lag es 2019 noch bei 145 Mio. € – also auf dem Niveau des FC Bayern und vom BVB, lag es 2020 schon bei 218 Mio. € und 2021 dann bei 303 Mio. €. Das heißt das Konstrukt dopt sich mit Kapital von außen. Während „normale“ Clubs, sich das Geld am Kapitalmarkt besorgen und dafür Zinsen zahlen müssen, läuft das in Leipzig anders. Dort wird das Kapital quasi intern bereitgestellt – von einer RB Bank.

Financial Fairplay in Leipzig ist etwas so weit verbreitet wie ein lebhaftes Vereinsleben. Es ist alles künstlich mit viel Geld erschaffen worden, so wie das Vereinskonstrukt, das von den Fußballverbänden so durchgewunken wurde. Das ist zwar alles legal, aber im Grunde genommen wird mit Kniffen hier tatsächlich dem Fußball nochmal so richtig in den Hintern getreten, als ob nicht schon die Werkclubs und Mäzen-Vereine genug das Financial Fairplay mit Füßen getreten haben. Interessanterweise müssen diese kleinen Veränderungen vornehmen, um als 50+1-konform zu gelten. Das Konstrukt wurde so geschickt entwickelt, dass es auf dem Papier sogar als 50+1-konform gilt – was zynischer nicht sein kann.

Rot-weiße Grüße,

Christoph – Meenzer on Tour

Quelle: https://www.kicker.de/101-millionen-euro-verbindlichkeiten-wie-das-system-red-bull-funktioniert-960242/artikel

Finanzielle Nachhaltigkeit RB Leipzig 2022/2023

Eigenkapital 2021
132 Mio. Euro (Vorsaison: 131 Mio. Euro)
im Vergleich Mainz 05: 37 Mio. Euro (Vorsaison: 47 Mio. Euro)

Jahresüberschuss 2021:
3 Mio. Euro (Vorsaison: 9 Mio. Euro)
im Vergleich Mainz 05: -10 Mio Euro (Vorsaison: -2 Mio. Euro)

Weitere Finanzkennzahlen können bei der DFL eingesehen werden. Mit Hilfe dieser lassen sich Leistungskennzahlen ermitteln, die in die Finanz-Bundesliga-Tabelle 2021/2022 einfließen, die auf Meenzer on Tour publiziert werden. Pro Leistungskennzahl ist die jeweilige Platzierung im 18er-Feld der Clubs der Saison 2021/2022 angegeben.

  1. Anlagendeckungsgrad (Eigenkapital zu Anlagevermögen)
    Je höher der Deckungsgrad, desto besser steht es um die Finanzierung des Clubs.
    0,34 (Platz 12 – Vorsaison Platz 9)
    im Vergleich Mainz 05:
    0,88 (Platz 5 – Vorsaison Platz 5)
  2. Eigenkapitalquote (Eigenkapital zu Bilanzsumme)
    Je höher die Eigenkapitalquote desto mehr finanzielles Engagement bringt der eigene Club auf, sprich desto mehr finanziert sich der Verein selber und desto geringer ist die Chance, dass der Verein pleite geht.
    0,28 (Platz 10 – Vorsaison Platz 9)
    im Vergleich Mainz 05:
    0,51 (Platz 6 – Vorsaison Platz 6)
  3. Eigenkapitalrendite (Jahresüberschuss zu Eigenkapital)
    Die Eigenkapitalrendite klärt, ob es sich für den Club finanziell lohnt, den Spielbetrieb aufrecht zu erhalten, sprich, ob das eingesetzte Geld überhaupt Früchte trägt.
    0,221 (Platz 2 – Vorsaison Platz 1)
    im Vergleich Mainz 05:
    -0,274 (Platz 11- Vorsaison Platz 8)
  4. Umsatzrentabilität (Jahresüberschuss zu Umsatz)
    Die Zahl sagt aus, wieviel Prozent des Umsatzes als Gewinn verbleiben, sprich wie effizient der Club in der Saison gewirtschaftet hat. Das Rohergebnis wurde hierfür mit dem Umsatz gleichgesetzt.
    0,007 (Platz 2 – Vorsaison Platz 1)
    im Vergleich Mainz 05:
    -0,106 (Platz 13 – Vorsaison Platz 8)
  5. Personalaufwandsquote (Personalaufwand/Umsatz)
    Je niedriger die Personalaufwandsquote, desto besser wirtschaftet der Club.
    0,45 (Platz 1 – Vorsaison Platz 2)
    im Vergleich Mainz 05:
    0,50 (Platz 3 – Vorsaison Platz 4)
  6. Verschuldungsgrad (Fremdkapital zu Eigenkapital)
    Je höher der Verschuldungsgrad ist, desto abhängiger ist das Unternehmen von externen Gläubigern und desto riskanter agiert dieses Unternehmen.
    2,30 (Platz 10– Vorsaison Platz 9)
    im Vergleich Mainz 05:
    0,64 (Platz 4 – Vorsaison Platz 6)

Finanzbundesliga-Abschlusstabelle 2021/2022: Platz 5 (Vorjahr Platz 7)
im Vergleich Mainz 05 Platz 4 (Vorjahr Platz 5)

2018 hatte RB Leipzig mit 27 Mio. Euro Eigenkapital 6 Mio. Euro weniger als Mainz 05. Damit war der Betrag sogar geringer als die 29 Mio. Euro, die RB jährlich als Investitionszuschuss (wahrscheinlich fürs Stadion) erhält (Mainz 05 bekommt 2 Mio. jährlich). Das Jahr 2019 änderte alles, denn plötzlich fanden sich in der Bilanz von RB 100 Mio. Euro mehr Eigenkapital. Dieses stammt vermutlich vom Brausekonzern. Es hatte wirklich Flügel bekommen! Seither stagniert es allerdings bei um die 133 Mio. Euro.

Auch beim Anlagevermögen (Steine statt Beine) legte RB um fast 100 Prozent zu, von 217 Mio. Euro auf 391 Mio. Euro. Im gleichen Zeitraum stieg es bei den Bayern lediglich um 20 Mio. Euro. Dementsprechend klettert RB beim Anlagungsdeckungsgrad von einem Abstiegsplatz tendenziell nach oben. Schaut man auf die Bilanzsumme (die Größe eines Vereins) legte RB zwischen 2018 und 2021 ebenfalls um bald 100 Prozent zu. Bei der Eigenkapitalquote kletterte RB ebenfalls aus dem Abstiegskeller raus ins Mittelfeld.

Schaut man auf die Jahresüberschüsse, dann muss man RB zugute halten, dass sie seit 2018 nie einen Fehlbetrag generiert haben – auch nicht während den Pandemiejahren. Das gelang in 2021 lediglich 3 Clubs (daneben sind es die Bayern und Freiburg). Dementsprechend konnte RB in den Pandemiejahren bei der Eigenkapitalrentabilität und der Umsatzrentablität Spitzenplätze einnehmen. Damit ist RB das Gegenbeispiel zur Hertha, deren Eigenkapital und Anlagevermögen auch „plötzlich“ explodiert ist. Allerdings konnte die Hertha mit dem Geld nicht so wirtschaften wie RB und produzierte weiter Fehlbeträge.

Die Personalkosten sind in den beiden Pandemiejahren bei RB um seit 2018 um 50 Prozent gestiegen – von Krise oder Pandemieauswirkungen keine Spur. Da auch der Umsatz sogar noch innerhalb der Pandemie von 2020 bis 2021 um 16 Prozent kletterte, legt RB eine vergleichweise gute Personalaufwandsquote hin. Da aber das Fremdkapital bei RB ebenfalls massiv gestiegen ist (allerdings weniger als das Eigenkapital) liegt RB beim Verschuldungsgrad nur im Mittelfeld.

Ohne den Brausekonzern würde RB nie und nimmer so schnell finanziell (und sportlich) zu den Bayern aufschließen. Dass sie bei der Schnelligkeit ihres Wachstums es nicht hinbekommen, nachhaltig seriös zu wachsen wie beispielweise Freiburg oder die Bayern zeigt die Ungeduld von RB, möglichst schnell möglichst große Flügel zu bekommen.

Zum Archiv der finanziellen Nachhaltigkeit der Saison 2022/2023:

Hertha BSC Berlin
Bayer 04 Leverkusen
Union Berlin

Die Finanz-Bundesliga-Tabelle 2021/2022 Teil 4

Im Mai 2019 veröffentlichte die Deutsche Fußball Liga (DFL) nach dem Beschluss der Mitgliederversammlung Ende 2018 erstmals die Finanzkennzahlen der Bundesliga-Vereine. So war es vor drei Jahren erstmals möglich, eine „Finanz-Bundesliga-Tabelle 2018/19“ zu erstellen. In dieser habe ich die Finanzkennzahlen, die die DFL pro Verein veröffentlicht hat, mit Hilfe von Leistungskennzahlen, so genannten „Key Performance Indicators“, kurz KPIs, analysiert. Daraus ergaben sich für die einzelnen Vereine viele interessante Ergebnisse. Da sich die Vereine untereinander in einem Wettbewerb befinden, war es bereits 2019 extrem spannend zu sehen, wie es tatsächlich um „Financial Fairplay“ bestellt ist. 2020 wurde es noch einen Tick interessanter, weil es erstmals möglich war, Veränderungen im Vergleich zum vorangegangen Geschäftsjahr zu ermitteln . 2021 war das erste Jahr, in dem alle Vereine finanziell von der Pandemie betroffen waren, da der Bilanzstichtag der meisten Vereine der 30. Juni ist. Allerding bilanzieren Eintracht Frankfurt, Bayer 04 Leverkusen, Borussia Mönchengladbach, der VfB Stuttgart und der damalige Absteiger FC Schalke 04 zum 31. Dezember. Dadurch waren die Ergebnisse im letzten Jahr verzerrt, da diese fünf Clubs 10 statt 4 Monate Corona in der Bilanz zu verarbeiten hatten. Somit sind die Ergebnisse dieses Mal wesentlich aussagekräfter, da bei allen Clubs die Pandemie durchschlägt – allerdings profitieren nun die fünf Clubs ein wenig vom abweichenden Bilanzstichtag, da sie weniger Geisterspiele zu verkraften hatten. Schließlich waren von August bis Dezember 2021 in den meisten Stadien wieder Zuschauende zugelassen. Die anderen Clubs konnten im Sommer/Herbst 2020 nur ein bis zwei Spiele mit Zuschauern austragen. Während in den vergangenen Jahren der Vergleich mit dem Vorjahr gesucht wurde, lohnt es sich diesmal auf die Zeiten vor der Pandemie zu schauen, um zu sehen, was die Corona mit der Bundesliga finanziell angestellt hat. Daher gibt es an einigen Stellen Vergleiche mit dem Bilanzierungszeitraum 1. Juli 2018 bis 30. Juni 2019 (bzw. 1. Januar 2019 bis 31. Dezember 2019) dem letzten Jahr, ohne Geisterspiele.

Im Bilanzzeitraum 1. Juli 2020 bis 30. Juni 2021 spielte der VfL Bochum und Absteiger Greuter Fürth in der 2. Liga, Aufsteiger FC Schalke 04 spielte die Hälfte seines Geschäftsjahres in der 2. Liga (vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2021). Im vorangegangen Jahr (Bilanzstichtag 30. Juni 2020) spielte Absteiger Arminia Bielefeld in der 2. Liga, der VfB Stutgart spielte die Hälfte seines Geschäftsjahres in der 2. Liga (bis zum 30. Juni 2020).

Da sich Fans zahlreicher anderer Vereine für diese Tabelle interessieren, gehe ich auf alle 18 Erstligisten der Saison 2021/2022 ein und beleuchte wie letztes Jahr die Aufsteiger also Schalke und Werder. Dadurch macht es meiner Meinung nach Sinn, dieses Thema wie in den vorangegangen Jahren in Abschnitte zu unterteilen:

Teil 1: Einführung und die KPIs Anlagendeckungsgrad und Eigenkapitalquote
Teil 2: Die KPIs Eigenkapitalrendite und Umsatzrentabilität
Teil 3: Die KPIs Personalaufwandsquote und Verschuldungsgrad
Teil 4: Die Finanz-Bundesliga-Abschlusstabelle 2021/22

In den ersten drei Teilen habe ich die 18 Erstligisten und die zwei Aufsteiger mit Hilfe von insgesamt sechs KPIs analysiert und für jeden KPI eine Tabelle erstellt. In diesem Teil habe ich nun pro KPI pro Verein zwischen 0 und 3 Punkten vergeben. Ich hätte natürlich auch nach Tabellenplatz bewerten können. Doch sagt ein Platz in der Tabelle nicht wirklich etwas über den finanziellen Zustand des Clubs aus. Deshalb habe ich die Bewertung in jeder Kategorie nach Punkten durchgeführt und jede Kategorie gleich gewichtet. Natürlich ist das rein subjektiv. Doch letztlich ergibt sich ein gutes Bild, wie es um das finanzielle Gebaren der Clubs untereinander aussieht, wer gut wirtschaftet, wer mit Geld zugeschüttet wird und wer, zumindest in Zeiten außerhalb der Pandemie, sogar Geld abdrücken muss, weil er vorher jahrelang sehr großzügig alimentiert wurde – und ist es auch möglich, Vergleiche zwischen dem aktuellen Geschäftsjahr und dem Vorjahr herzustellen, und so die Auswirkungen der Pandemie auf den Fußball aus finanzieller Sicht zu erkennen.

Die Punkteverteilung im Überblick für die Nerds (in Klammern die Punkte des Vorjahres):

Anlagendeckungsgrad (Eigenkapital zu Anlagevermögen) – Finanzierung des Vereins
> 1 3 Punkte für: TSG, SCF, FCB (alle 3)
> 0,5 2 Punkte für: BSC (1), M05, B04, SGF, FCA, BVB ( alle 2)
>0 1 Punkt für: BMG, SGE, RBL, WOB, VFB, KOE (alle 1)
<0 0 Punkte für: BOC, SVW, FCU, DSC, S04 (alle 0)

Eigenkapitalquote (Eigenkapital zu Bilanzsumme) – Chance auf Pleite des Vereins
> 0,66 3 Punkte für: TSG, FCB, SCF (alle 3)
> 0,33 2 Punkte für: BSC (1), BVB, B04, M05, FCA, BMG (alle 2)
> 0 1 Punkt für: RBL, SGF (beide 2), SGE, WOB , VFB, KOE (alle 1)
< 0 0 Punkte für: BOC, SVW, DSC, FCU, S04 (alle 0)

Eigenkapitalrendite (Jahresüberschuss zu Eigenkapital)- Macht der Spielbetrieb finanziell Sinn?
> 0,5 3 Punkte für: –
> 0,1 2 Punkte für: SCF (1)
> 0 1 Punkte für: RBL, FCB (beide 1)
< 0 oder nicht berechenbar 0 Punkte für: TSG, FCA (beide 1), SGF, BOC, BSC, FCU, DSC, BVB, SGE, KOE. B04, M05, BMG, VFB, WOB, SVW, S04 (alle 0)

2019 Jahr gab es die 3 Punkte erst bei einer Eigenkapitalrendite von > 1. Schalke hatte damals (in seinen besseren Zeiten) den sagenhaften Wert 5,23 erzielt. Das beste Ergebnis erzielte im vorletzten betrachteten Geschäftsjahr Eintracht Frankfurt mit 0,54. Der Zweite SV Werder Bremen erzielte damals 0,33. Damit war genügend Abstand vorhanden, um 3 Punkte an die SGE zu verteilen. Letztes Jahr waren die Ergebnisse pandemiebedingt alle sehr schlecht. Daher gab es 2021 nur 1 und 0 Punkte. Natürlich hätte ich das auch anpassen können – aber damit wäre der Vergleich zum vorherigen Geschäftsjahr verwässert worden. Dieses Jahr bekommt mit dem SCF wieder ein Club 2 Punkte.

Umsatzrentabilität (Jahresüberschuss zu Umsatz) – Effizienz des Vereins
> 0,1 3 Punkte für: –
> 0,01 2 Punkte für: SCF (1)
> 0 1 Punkt für: RBL, FCB (beide 1)
< 0 0 Punkte für: TSG, FCA (beide 1), BSC, FCU, DSC, BVB, SGE, KOE, B04, M05, BMG, VFB, WOB, SVW, S04, SGF, BOC (alle 0)

Personalaufwandsquote (Personalaufwand zu Umsatz) – Arbeitsintensität des Vereins
< 0,4 3 Punkte für: –
< 0,5 2 Punkte für: S04 (0), RBL (2), SGE (1)
< 0,6 1 Punkte für: M05, FCA (beide 2), SCF, B04, SGF, FCU (alle 1), VFB (0)
>  0,6 0 Punkte für:  FCB, BOC, WOB (alle 1), BVB (2), TSG 3), SVW, BMG, DSC, KOE, BSC (alle 0)

Verschuldungsgrad (Fremdkapital zu Eigenkapital) – Abhängigkeit des Vereins
< 0.33 3 Punke für: TSG (3), FCB (2)
< 0.66 2 Punkte für: SCF (3), M05 (1)
< 1 1 Punkt für: FCA (0), BVB, B04 (beide 1)
> 1 bzw. negativ 0 Punkte für: SGF, BOC, BSC, FCU, DSC, SGE, KOE, RBL, BMG, VFB, WOB, SVW, S04 (alle 0)

 Meister in der KPI-Bundesliga-Tabelle ist damit wie 2019 und 2020 der SC Freiburg

KPI-Bundesliga-Abschlusstabelle 2021/22 – in Klammer jeweils die Platzierung und die erzielten Punkt im Vorjahr.

1. SC Freiburg (2.) 13 Punkte (12)
2. FC Bayern München (3.) 11 Punkte (11)
3. TSG Hoffenheim (1.) 9 Punkte (14)
4. 1. FSV Mainz 05 (5.) 7 Punkte (7)
5. FC Augsburg (4.) 6 Punkte (8)
5. RB Leipzig (5.) 6 Punkte (7)
5. Bayer 04 Leverkusen* (8.) 6 Punkte (6)
8. Borussia Dortmund (5.) 5 Punkte (7)
9. Eintracht Frankfurt* (9.) 4 Punkte (3)
9. Hertha BSC Berlin (12.) 4 Punkte (2)
9. SpVgg Greuther Fürth(neu) 4 Punkte (5)
12. Borussia Mönchengladbach* (9.) 3 Punkte (3)
12. VfB Stuttgart* (12.) 3 Punkte (2)
14. VfL Wolfsburg (9.) 2 Punkte (3)
14. 1. FC Köln (12.)2 Punkte (2)
16. FC Union Berlin (15.) 1 Punkt (1)
17. VfL Bochum (neu) 0 Punkte (1)
17. Arminia Bielefeld (16.) 0 Punkte (0) 
* Bilanzstichtag 31. Dezember statt 30. Juni

Fazit: Nachdem letztes Jahr noch die TSG Hoffenheim den „Serienmeister“ SC Freiburg ablösen konnte, holten sich die Südbadener wie schon 2019 und 2020 wieder den Titel zurück. Während 2019 noch 16 Punkte und 2020 und 2021 noch 14 Punkte für den Titel erzielt werden mussten, reichten diesmal 13 von maximal 18 möglichen Punkten zum Sieg. Das zeigt, welchen Einfluss die Pandemie auf die Bilanzen aller Clubs hat. Am anderen Ende der Tabelle gibt es allerdings nur noch zwei Clubs mit 0 Punkten. Letztes Jahr waren es derer noch drei (Arminia sowie die damaligen Absteiger Werder und Schalke 04). Während Werder wieder nur 0 Punkte erzielen würde, hätte Schalke 2 statt 0 Punkten erhalten – ein deutliches Zeichen der Konsolidierung bei den Knappen.

Neben dem Meister aus Freiburg (1 Punkt) konnten sich auch Hertha BSC Berlin (2 Punkte), Eintracht Frankfurt und der VfB Stuttgart (je 1 Punkte) punktemäßig verbessern. Allerdings bilanzieren Schalke, die SGE und der VfB zum 31. Dezember und hatten somit weniger Geisterspiele zu verkraften, als die Clubs, die zum 30. Juni bilanzieren. Umgekehrt spielte Schalke 04 die Hälfte des Bilanzzeitraum in der 2. Liga.

Den größten Punktverklust musste die TSG Hoffenheim verkraften (-5). Jeweils 2 Punkte weniger erzielten der FC Augsburg und Borussia Dortmund. Einen Punkt weniger verbuchten RB Leipzig, Greuther Fürth, der VfL Wolfsburg und der VfL Bochum.

Vergleicht man die Punkteausbeute zwischen 2019 (vor der Pandemie) und 2021 erkennt man die finanziellen Schäden, die die Pandemie verursacht hat auf einen Blick. Es gibt keinen Club, der eine Punktesteigerung erzielen konnte. Hertha BSC und der VfL Wolfsburg (sowie Schalke 04) konnten die Punkte stabil halten. Die meisten Punkte (-9) hat in diesen zwei Jahren Eintracht Frankfurt verloren, gefolgt vom VfL Bochum (-8), Borussia Dortmund , Borussia Mönchengladbach, VfB Stuttgart, dem 1. FC Köln (jeweils -7). 6 Punkte haben Mainz 05, der FC Augsburg und Arminia Bielefeld verloren.

Die positive Überraschung sind diesmal vielleicht neben dem SC Freiburg auch der FC Augsburg und Mainz 05, die als vergleichsweise kleine Clubs in der Pandemie nicht komplett finanziell abgeschmiert sind. Reichten letztes Jahr 3 Punkte noch für Rang 9, landet die Borussia aus Mönchengladbach damit nun auf Platz 12. Anzunehmen, dass die finanzielle Talsohle mittlerweile durchschritten ist und es bei den meisten Clubs wieder finanziell bergauf geht.

Das nächste Jahr wird sicherlich spannend. Einerseits bereitet der 1. FC Köln ein wenig Sorgen, da dessen Eigenkapital so massiv geschrumpft ist. Was Eintracht Frankfurt mit dem Geld aus der Champions League anstellt wird spannend werden. Arminia Bielefeld und Greuther Fürth sind abgestiegen. Während Fürth finanziell vergleichsweise gut dasteht, bleibt abzuwarten, wie sich die Ostwestfalen in Liga 2 finanziell neu aufstellen. Von den überschuldeten Clubs aus Köpenik, Gelsenkirchen, Bremen und Bochum ist lediglich Schalke auf einem guten Weg.

Financial Fairplay ist weitrhin ein Fremdwort in der Bundesliga. Es gibt Vereine, die können das Geld zum Fenster rausschmeißen und das wird einfach durch Dritte ausgeglichen. Andere Vereine haben diese Möglichkeit nicht. Damit wird die Spaltung der Liga weiter verschärft und ein Wettbewerb kann so kaum noch stattfinden. Corona wirkte als Brandbeschleuniger, wenn man bedenkt, dass das Bundeskartellamt auf eine Einhaltung von 50 plus 1 drängt. Dazu hört man aber leider seitens der DFL aktuell nicht wirklich viel.

Es wird extrem spannend sein, wie die Clubs aus der Pandemie herauskommen. Vielleicht gibt es bei den Clubs, die ihr Geschäftsjahr zum 31. Dezember abschließen, bereits ein Licht am Ende des Pandemietunnels. Antworten darauf gibt es im nächstes Jahr im Sommer, wenn die DFL die Bilanzen der Clubs veröffentlicht hat und sich hoffentlich eindeutig zu 50 plus 1 positioniert hat.