Spätlese VfB Stuttgart Saison 2023/2024

Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!

01 Hin und weg
02 (N)immer nuff
03 Kon-Trolle
04 Kampf um den Mampf
05 Käfighaltung

Mainz 05-Fans im Gästeblock des Neckarstadions – Foto: RoLF

01 Hin und weg:

Fastnachtsspiele gehören für mich persönlich wie die Erstrunden-Partien im DFB-Pokal zu den absoluten Höhepunkten der Saison. Letztere weniger wegen der Ergebnisse als wegen der zu besuchenden Stadien, erstere wegen der goldisch Meenzer Fassenacht. Fastnachtsspiele sind einfach besonders. Verkleidete Fans, Fastnachtslieder und vierfarbbunt statt Rot und Weiß – eine besondere Atmosphäre halt – die es so vielleicht noch nicht einmal beim Effzeh oder der Fortuna gibt. Leider nimmt die DFL oft bei der Spieltags-Ansetzung keine Rücksicht auf den höchsten Mainzer Feiertag. Das letzte Heimspiel an Fastnacht liegt jetzt fast 15 Jahre zurück (20. Februar 2009 gegen Hansa). Wenigstens haben die Fanproteste der letzten Jahre dafür gesorgt, dass es kein Spiel mehr an Rosenmontag geben wird. Das war zuletzt am 11. Februar 2002 der Fall, als wir bei Hannover 96 antreten mussten (und verloren und nicht aufgestiegen sind usw.).

Diesmal hatten wir wirklich Glück. Zwar ging es wie letztes Jahr sonntags raus aus der Stadt, aber wenigstens mussten wir nicht um 19.30 Uhr spielen (diese Uhrzeit war ja die Kompensation für montags) und nach Stuttgart kommt man ja sonntags nachmittags problemlos hin – auch mit der Deutschen Bahn.   

02 (N)immer nuff:

Zugegeben ich war schon länger nicht mehr in der Landeshauptstadt Baden-Württembergs zu Gast. Dass das Großprojekt Stuttgart 21 sich trotzdem nicht groß verändert hat und die Stadt immer noch den Charakter einer riesigen Bauruine hat, ist nicht weiter verwunderlich. Dass man aber gefühlt vom Fernbahnsteig zum S-Bahn-Gleis länger unterwegs ist, als mit dem ICE von Mannheim nach Stuttgart hätte ich nicht erwartet und meine Pläne wären fast durchkreuzt gewesen. Schließlich ist es angenehm, mit der S-Bahn direkt zur Haltestelle Neckarpark zu düsen, statt in Bad Cannstatt auszusteigen oder mit der U-Bahn anzureisen.  Vom S-Bahnhof Neckarpark ist man innerhalb von fünf Minuten am Gästeblock, während die Alternativen sehr lange Fußwege nach sich ziehen.

Ankunft in Stuttgart-Hauptbahnhof

03 Kon-Trolle

Auch in Stuttgart wurde mal wieder das „Print@Home“-Ticket in der ausgedruckten Variante verlangt, obwohl der QR-Code auf dem Smartphone lesbar war und ich auch ohne Papier durchs Drehkreuz gelangte. Dieser Papiermüllberg, den die Vereine da produzieren, könnte man direkt als nächstes Utensil für Proteste gegen den Investor nutzen. Die Liga will sich international mit Hilfe eines Investors besser aufstellen und bekommt die einfachsten Dinge nicht vereinheitlicht. Warum muss das „Print@Home“-Ticket in Berlin, Dortmund oder Köln nicht ausgedruckt werden, in Mainz, Stuttgart oder Bochum aber schon?

Wesentlich souveräner agierte die Security bei der Kontrolle und ließ die verkleideten Nullfünfer*innen relativ easy passieren. Dafür ein großes Dankeschön.

Grombira-Küchle im Gästeblock

04 Kampf um den Mampf

Auch beim Catering wird beim VfB im Gästeblock unnötig Müll produziert. Wer nur etwas zu trinken erstehen wollte, der konnte bei fliegenden Händlern Cola und Bier kaufen. Dafür mussten 0,20 € zusätzlich berappt werden. Dafür bekam man einen Plastikdeckel auf den Becher – welch ein nachhaltiger toller Deal, den man da im Ländle eingehen kann. Auch sonst ist die Preisgestaltung beim VfB nicht ok. Dass das einzige vegetarische Angebot 15 Prozent teurer ist als die beiden Wurst-Varianten ist einfach nur hinterwäldlerisch. Zugegeben, das Grombiraküchle, auf Hochdeutsch „Reibekuchen im Brötchen mit Salat und Soße aufgehübscht“ war sehr lecker und definitiv kreativer als eine Riesenbrezel, die es sonst so im Gästeblock gibt. Aber 0,60 € mehr dafür zu verlangen als für eine Wurst? Sorry, VfB – ihr könnt zwar gut Fußball spielen, aber in Sachen Nachhaltigkeit habt ihr was Müll und Futter angeht echt Nachholbedarf.

Fanprotest in der Cannstatter-Kurve

    

05 Käfighaltung

Glücklicherweise reiste ich dieses Mal mit einem Flexpreis der Deutschen Bahn. Schließlich weiß man ja heutzutage gar nicht mehr, mit wieviel Verspätung die Exklusivspiele der DFL am Ende abgepfiffen werden. Gut und richtig, dass die Fans des VfB weiterhin gegen den Investoren-Deal der DFL protestieren. Und leider muss Protest nerven, denn ansonsten sind Streiks oder Proteste relativ wirkungslos. Ob ohne Protest der Spielverlauf ein anderer gewesen wäre, ist hypothetisch.

Sich allerdings zum zweiten Mal innerhalb von vier Monaten das letzte Spiel eines Übungsleiters von 05 anschauen zu müssen, macht mich schon irgendwie traurig. Welche Euphorie gab es nach dem Punktgewinn in Dortmund als der Block „Jan Siewert“ rief und die Mannschaft applaudierte. Das ist noch nicht einmal zwei Monate her.

Natürlich sorgte der Spielverlauf nicht wirklich dafür, dass die Stimmung im Block fastnachtswürdig wurde. Trotzdem möchte ich an dieser Stelle einmal die aktive Fanszene dafür loben, dass sie für ein Spiel im Jahr, das gesamte Tifo-Material vierfarbbunt spiegelt und so dem Rest des Landes zeigt, dass der Fassenachtsverein vielleicht weniger Punkte auf dem Konto hat als der Großteil der Liga – aber was ist das schon im Gegensatz zu einer Jahreszeit mehr im Kalendarium? HELAU 🙂

Vierfarbbunter Gästeblock in Stuttgart

Fazit: Der Jahrgang 2023/2024 zeigt, wie schön es ist, eine Jahreszeit mehr zu haben als der große Rest der Liga.

Rot-weiße Grüße,

Christoph – Meenzer on Tour

Finanzielle Nachhaltigkeit VfB Stuttgart Saison 2023/2024

Im Profifußball spielt Geld eine immer größere Rolle. Daher geht es in diesem Blogplost um die finanzielle Nachhaltigkeit des Gasts von Mainz 05 am Samstag: VfB Stuttgart*.

Einleitung
Vergleich der KPIs vom VfB Stuttgart und Mainz 05
Analyse: Finanzielle Nachhaltigkeit vom VfB Stuttgart
Fazit: Finanzielle Nachhaltigkeit vom VfB Stuttgart

VfB Stuttgart vs. Mainz 05 in der Saison 2017/2018

Einleitung

Im Mai 2019 veröffentlichte die Deutsche Fußball Liga (DFL) erstmals die Finanzkennzahlen der Bundesliga-Vereine. Seither erstelle ich jährlich eine „Finanz-Bundesliga-Tabelle“. Mit Hilfe dieser Kennzahlen lassen sich so genannte Key Performance Indicators, kurz KPIs, ermitteln, die klar herausstellen, welche Vereine finanziell nachhaltig agieren.

Die DFL hat in ihren Lizenzierungskriterien zum Thema Finanzen leider keine dieser KPIs verankert. Würde man die KPIs:

  • Anlagendeckungsgrad (> 60 Prozent)
  • Eigenkapitalquote (> 20 Prozent)
  • Personalaufwandsquote (< 70 Prozent)
  • Verschuldungsgrad (< 200 Prozent)

als Linzenkriterien einführen, wäre es ein großer Schritt in Richtung Financial Fairplay getan, wenn gleichzeitig die jährliche Alimentierung bei der TSG Hoffenheim, bei Bayer 04 Leverkusen und dem VfL Wolfsburg beendet werden würde – genauso wie die österreichische Brause-Alimentierung in Leipzig.

Vergleich der KPIs vom VfB Stuttgart und Mainz 05

Anlagendeckungsgrad (Eigenkapital zu Anlagevermögen)

Je höher der Deckungsgrad, desto besser steht es um die Finanzierung des Clubs:

20182019202020212022
VfB Stuttgart42%22%21%11%
Mainz 0586%79%74%88%127%
Entwicklung des Anlagendeckungsgrads 2018-2022

Eigenkapitalquote (Eigenkapital zu Bilanzsumme)

Je höher die Eigenkapitalquote desto mehr finanzielles Engagement bringt der eigene Club auf, sprich desto mehr finanziert sich der Verein selber und desto geringer ist die Chance, dass der Verein pleite geht.

20182019202020212022
VfB Stuttgart38%17%14%7%
Mainz 0544%50%45%51%60%
Entwicktlung der Eigenkapitalquote 2018-2022

Personalaufwandsquote (Personalaufwand/Umsatz)

Je niedriger die Personalaufwandsquote, desto besser wirtschaftet der Club.

20182019202020212022
VfB Stuttgart46%75%58%62%
Mainz 0539%34%46%50%46%
Entwicklung der Personalaufwandsquote 2018-2022


Verschuldungsgrad (Fremdkapital zu Eigenkapital)

Je höher der Verschuldungsgrad ist, desto abhängiger ist das Unternehmen von externen Gläubigern und desto riskanter agiert dieses Unternehmen.

20182019202020212022
VfB Stuttgart111%410%465%1069%
Mainz 0598%84%97%64%41%
Entwicklung des Verschuldungsgrads 2018-2022

* Der VfB Stuttgart bilanziert zum 31. Dezember statt wie die meisten Clubs zum 30. Juni, daher beziehen sich die Zahlen auf den Bilanzstichtag 31. Dezember 2022.

Quelle: DFL

Weitere Finanzkennzahlen können bei der DFL eingesehen werden. Mit Hilfe dieser lassen sich Leistungskennzahlen ermitteln, die in die Finanz-Bundesliga-Tabelle 2022/2023 einfließen. Pro Leistungskennzahl ist die jeweilige Platzierung im 18er-Feld der Clubs der Saison 2022/2023 angegeben.

Analyse: Finanzielle Nachhaltigkeit vom VfB Stuttgart

Der VfB würde eines von vier Kriterien erfüllen, wenn die DFL ihr Nachhaltigkeitsbekenntnis ernst nehmen würde und dieses auf die finanzielle Nachhaltigkeit anwenden würde. Die Personalaufwandsquote von 62 Prozent ist allerdings auch nicht sonderlich gut. Im Vergleich mit den anderen Bundesligisten gibt es nur zwei andere die noch schlechtere Werte haben, wobei der eine mittlerweile in der 2. Liga spielt.

Bei den anderen drei KPIs sieht finanzielle Nachhaltigkeit vom VfB Stuttgart von den Zahlen her noch schlechter aus.

Der Anlagendeckungsgrad von 11 Prozent ist sehr gering. Er ist aber wenigstens positiv, denn aktuell gibt es in der Liga zwei Clubs, die aufgrund von Überschuldung sogar einen negativen Anlagendeckungsgrad erzielen. Ein Anlagendeckungsgrad von 60 Prozent und mehr steht für finanzielle Stabilität und eine relative Unabhängigkeit von externen Geldgebern. Dies erreichen momentan sechs Vereine. Hieran sollte der VfB in den nächsten Jahren arbeiten: Das Eigenkapital steigern (z.B. durch den Einstieg von Porsche oder eine weitere Zuwendung von Mercedes).

Die Eigenkapitalquote in Höhe von 7 Prozent ist ebenfalls sehr gering. Eine geringe Eigenkapitalquote führt dazu, dass die Kreditwürdigkeit angezweifelt wird. Daher ist VfB Stuttgart darauf angewiesen, einen stabilen Umsatz hinzulegen. Dies ist dem VfB mit einer Steigerung von 3 Prozent im Geschäftsjahr 2022 im Vergleich zu 2021 gelungen, so dass die Situation wenigstens nicht noch schlimmer wurde als sie ohnehin schon ist.

Der Verschuldungsgrad vom VfB Stuttgartt ist mit über 1000 Prozent viel zu hoch. Da die Niedrigzinsphase aktuell zu Ende ist, bedeutet ein hoher Verschuldungsgrad, dass der VfB Stuttgart sehr hohe Zinsen zahlen muss, um an Geld zu kommen. Ähnlich ergeht es neun anderen Clubs der ersten Liga.

Fazit: Finanzielle Nachhaltigkeit vom VfB Stuttgart

Die Pandemie hat den VfB finanziell gesehen arg gebeutelt. Die Entwicklung von 2019 bis 2022 ist dramatisch. Durch den Einstieg von Porsche bei gleichzeitigem Verbleib von Mercedes sollte sich die Situation mittelfristig zum Besseren ändern. Jedenfalls hat der VfB jetzt eigentlich gute Voraussetzungen den Turnaround zu schaffen, zumal ja die Jugendarbeit ebenfalls vorbildlich ist und hier womöglich Transfererlöse die finanzielle Gesundung voranbringen.

Rot-weiße Grüße,

Christoph – Meenzer on Tour

„Wolfgang Frank – der Fußball-Revolutionär“ von Mara Pfeiffer

Warum hatte ich eigentlich nie ein Panini-Bild von Wolfgang Frank gehabt, fragte ich mich beim Lesen von Mara Pfeiffers Wolfgang-Frank-Biographie des Öfteren. Schließlich ließ die Autorin immer wieder ehemalige Mitspieler von Profifußballer und -trainer Wolfgang Frank wie zum Beispiel Reiner Hollmann, Rudi Kargus oder Thomas Brunner zu Wort kommen. Das waren allesamt Spieler, die ich nie live im Stadion sah, da Mainz 05 damals mit dem BTSV und dem FCN nicht mithalten konnte – aber deren Namen ich wegen meines Panini-Albums bis heute im Kopf habe.

„Wolfgang Frank – Der Fußball-Revolutionär“ ist eine perfekte Lektüre für lange Fußballreisen mit der Bahn

Das Buch ist gerade durch diese Erinnerungen von Zeitzeugen ein wunderbares Werk geworden. Zum einen wird dem fußballerischen Schaffen von Wolfgang Frank ein Denkmal gesetzt, zum anderen können wir Lesenden nochmals einen Blick in die „gute alte Zeit“ des Fußballs werfen, in der es aber auch schon damals spendable Mäzene gab, wie das Beispiel FSV Bad Windsheim zeigt. Sprich wir lernen nebenher, dass es auch damals schon oft ums liebe Geld ging – weniger bei Wolfgang Frank als bei vielen anderen Protagonisten des Fußballs der damaligen Zeit.

Der Untertitel des Werks „der Fußball-Revolutionär“ klingt vielleicht ein wenig abgegriffen. Neudeutsch würde wohl eher der Begriff „Fußball-Influencer“ passen. Schließlich ist es wirklich fast unglaublich, wieviele aktuelle Übungsleiter Frank mit seiner Art Fußballspielen zu lassen, aber auch Fußball zu leben, beeinflusst hat. Klopp, Wache, Schwarz, Lieberknecht – alleine diese Namen sollten Menschen, die es mit dem 1. FSV Mainz 05 halten, überzeugen, dieses Buch zu lesen. Schließlich kommen diese heute so erfolgreichen Trainer genauso zu Wort wie ehemalige Spieler wie Gustav Policella und Adrian Spyrka, die Frank darüber hinaus auch bei anderen Vereinen begegneten.  Deswegen kommen auch Fußballbegeisterte aus vielen weiteren Teilen des deutschsprachigen Mitteleuropas auf ihre Kosten, zum Beispiel aus dem Ruhrgebiet (Essen, Dortmund, Duisburg), Eupen in Belgien, der Deutsch-Schweiz und Wien. Es werden jeweils Facetten der Geschichte zahlreicher Traditionsvereine thematisiert. Und dass es in Leipzig durchaus möglich ist, etwas über Fußballtradition im Zentralsstadion zu erfahren, wird aufgrund von Franks Trainerstation beim FC Sachsen ebenfalls möglich.

Das Buch erzählt Geschichten aus 45 Jahren Männer-Profifußball von 1968 bis 2013. Auch seine beiden Trainerzeiten in der goldenen Stadt werden ausführlich thematisiert. Alleine Christian Heidel weiß von zahlreichen Anekdoten anschaulich zu berichten. Frank hat uns Mainz 05-Fans um 1996 herum die Augen geöffnet, dass es durchaus möglich sein könnte, mal 1. Liga zu spielen. Für mich als Fan damals ein Traum, der ziemlich illusorisch war. Aber Wolfgang Frank sollte Recht behalten. Der Werdegang von Mainz 05 ist allen bekannt – vielleicht aber nicht die Tatsache, dass es Frank leider verwehrt blieb, je ein Erstliga-Team zu trainieren. Jürgen Klopp sagte in seiner Trauerrede „Wolfgang war ein Bundesliga-Trainer. Er hat nur nie dort gearbeitet“. Von daher ist alles gesagt.

Über das Buch:

  • Titel: Wolfgang Frank – Der Fußball-Revolutionär
  • Autorin: Mara Pfeiffer
  • Verlag: Die Werkstatt GmbH
  • Hardcover / Softcover / Karten: 26,00 €
  • 255 Seiten
  • ISBN: 978-3730706022
  • Erscheinungstermin: 11. Mai 2022

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