Antillen 2001 Teil 5

Anscheinend lässt sich ja neuerdings auch mal wieder die liebe Sonne bei Euch blicken. Das gönne ich Euch wirklich von Herzen, da ich gerne alles teile. So würde ich auch gerne meinen Sonnenbrand aus dem Überfluss an Sonnenstrahlen mit Euch teilen. Wie Ihr seht, seid Ihr in gar keiner so misslichen Lage: Ihr bekommt bestimmt keinen Sonnenbrand zur Zeit in Deutschland. Die permanente Sonneneinstrahlung ist auf den häufigen Gebrauch von Booten als Transportmittel zurückzuführen.

Von St. Vincent bin ich mit einem Post-Fracht- Passagier-Boot durch die Grenadines von Inselchen zu Inselchen getuckert. Manche Inselchen hatten keine Straßen geschweige denn einen Hafen. Da musste die Fracht dann auf kleinere Boote umgeladen und an Land transportiert werden. Das gestörte an den Grenadines ist, dass auf der einen Insel überhaupt keine Infrastruktur vorzufinden ist, die nächste aber eine Privatinsel von Mick Jagger und Co. mit wahrscheinlich allem erdenklichen Luxus darstellt. Diese Insel wurde aber natürlich von dem Boot nicht angefahren, da Mr. Jagger dort mit dem Privatjet landen kann! Irgendwie sind diese Rockstars echt total abgehoben, im wortwörtlichen Sinn!

Na ja, ich hatte bei der Ankunft auf der südlichsten Insel der Grenadines andere Probleme. Ich wusste dank meines ätzenden Reiseführers nicht, wie ich von dort wieder wegkomme, da die in dem Buch angegebenen Flüge gar nicht existierten. Es gab zwar 2-mal die Woche ein kleines Boot das nach Carriacou übersetzte, aber dummerweise war es gerade am selben Morgen, an dem ich ankam, weggefahren. Also musste ich mal wieder Riesenglück haben, indem die „No Problem“-Einheimischen mir aus der Patsche halfen. Irgendjemand wusste, dass freitags irgendeine andere Person meistens nach Carriacou mit dem Boot fährt, um Gasflaschen aufzufüllen. Nun gut und da könnte ich doch sicher mitfahren. Schnell wurde jemand losgeschickt, um den Kapitän ausfindig zu machen, und nach noch nicht mal 10 Minuten kam die Person zurück und meinte ich sollte morgen bei Sonnenaufgang im Nachbardorf am „Hafen“ sein, und ich würde schon mitkommen.

Gesagt getan… das frühe Aufstehen war ich mittlerweile gewohnt, da die Menschen hier mit der Sonne so gegen halb sechs oder sechs Uhr aufstehen und nach Sonnenuntergang nicht mehr sehr viel geht. Bei Sonnenaufgang war ich an der Mole, wo zwei kleine hölzerne Segelboote etwa so lang wie ein VW-Bus ankerten. Und tatsächlich kam auf einmal ein alter Rastafarian mit grauen Rastahaaren und machte das Segelboot klar Schiff. Zusammen luden wir Colakästen und Gasflaschen ein und nachdem er mit dem zweiten Matrosen noch schnell etwas geraucht hatte, wurde noch der Kapitän schnell aufgegabelt, und so reiste ich in Richtung Grenada! Auf Union Island, der Insel von der ich abfuhr, sah es übrigens so aus wie früher in Deutschland: Überall wimmelt es von GIs, unseren „Beschützern“ aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Ihre Aufgabe ist es, den Drogenschmuggel von Südamerika zu unterbinden. Dass sie damit nur mäßig Erfolg haben, zeigten ja die beiden Matrosen meines Segelbootes!

Die Überfahrt auf dem Segelboot verlief unspektakulär, nur die reichen Yachtbesitzer, die durch die Karibik segelten, staunten ein bisschen, dass da ein Weißer auf dem Holzschiffchen durch die Gegend segelte. In Carriacou angekommen, machte ich dann das was hier die meisten Leute in der Karibik machen, und auch von einigen von Euch mir empfohlen wurde: Liming d. h. nix tun, den weißen Strand, den Schatten unter den Palmen, das türkisblaue Wasser und den blauen Himmel mit der lächelnden Sonne genießen. Leider musste ich schon am nächsten Tag Carriacou in Richtung Grenadas Hauptinsel mit dem selben Namen verlassen, da ich ja irgendwann einmal nach Caracas kommen muss, um irgendwann einmal wieder die Kohle zu verdienen, die mir hier wie Eiswürfel weg schmilzt.

Grenada ist noch very British. Die Menschen sind hier noch höflicher als auf anderen Inseln, man trinkt Tea und isst Pie. Hier konnte ich nun das letzte Mal noch mal eine Tour durch den Urwald in den Bergen unternehmen, da es tatsächlich Wanderwege mit Markierungen und Schildern gibt, die noch dazu nicht abgeschlossen sind! Ein anderes Wort für Urwald lautet Regenwald. Dies spürte ich auf diesem Hike besonders. Schon nach wenigen Schritten befand ich mich nicht mehr auf einem Weg, sondern ich kam mir vor, als ob ich auf einem Acker in Deutschland nach drei Wochen Regen herumspaziere. Die Taktik, nicht in die Schlammlöcher zu treten, hatten die Wanderer vor mir schon versucht und sind damit, den Spuren nach zu urteilen, kläglich gescheitert, da alle Abdrücke in die Löcher führten. Ich konnte mir vorstellen wie die Schuhe der Wanderer danach aussahen. Da es nun noch anfing zu regnen, kam ich mir vor, wie in der Waschanlage, als damals bei meinem ersten Auto der elektrischen Fensterheber nicht mehr funktionierte und ich eine unfreiwillige Innenreinigung des Auto gratis dazu bekam.

Bald darauf sah ich aus, als ob ich einen Kampf im Schlammcatchen verloren hätte. Trotzdem war die Tour lustig, da in diesen Breiten bei Regen nicht gleich auch die Temperatur fällt, und ich somit nur eine kostenlose Schlammpackung erhielt und keine Erkältung. Dieses Wetter verstärkte meinen Eindruck, das Grenada very British ist. Die Menschen hier sind, was Weiße anbetrifft, anscheinend gespalten. Viele waren auch zu mir wieder sehr nett, aber manche schimpften auch grundlos auf mich ein. (White M.F.!) Dies liegt sicherlich noch an der Besetzung Grenadas 1983 durch die USA, die hier z. B. wieder einmal statt des Militärforts ein Hospital bombardierten, dessen Reste man heute noch „besichtigen“ kann. Zum Glück dauerte die Besatzungszeit nur ein paar Wochen und seit dem ist hier wieder fast alles friedlich.

Gestern bin ich nun nach Trinidad und Tobago geflogen. Da ich z. Zt. noch nicht weiß, wie meine Tour nun weitergeht, da mein Boot nach Venezuela kaputt ist, habe ich gerade Zeit, in der Hauptstadt Port of Spain (POS) Euch meine Geschichten zu erzählen. In Trinidad gibt es praktisch gar keine Touristen, da dies eher ein industrialisiertes Schwellenland mit reichen Ölvorkommen ist. Seit mehr als 3 Wochen sehe ich das erste Mal Häuser, die höher sind als Palmen, rieche Smog und treffe auf hektisch agierende Menschen. Trotzdem ist die Stadt eine Reise wert, da hier außerhalb von Rio (und Mainz) der wohl am heftigsten gefeierte Karneval (Fastnacht) gefeiert wird. Überall proben die Steelbands in den Straßen ihren Auftritt für Ende Februar. Die Steelbands sind Gruppen mit riesigen umgedrehten Ölfässern, die einen superrhythmischen Sound produzieren, so dass man einfach abtanzen muss.

POS ist die 1. Stadt meiner Tour, wo man von Nightlife sprechen kann. Auf den anderen Inseln war nach einem oder mehren Drinks an der Beach Bar gegen acht Uhr abends Ende-Gelände-Aus-Die-Maus! Hier fing alles erst nach neun Uhr abends an. Trinidad hat neben Fastnacht aber auch einen Artenreichtum an Fauna und Flora, das die anderen Inseln nicht bieten können. Trinidad liegt nur 11km von Südamerika entfernt (und es gibt keine Möglichkeit per Schiff dorthin zu gelangen!). In dieser Nähe ist diese Vielfalt begründet. Gestern Abend besuchte ich die Mangrovensümpfe südlich von POS. Mit einem Boot tuckerten wir die Kanäle entlang und genossen die Ruhe abseits des Chaos in POS. Die Bäume über uns schlossen sich zu einem Geäst zusammen, so dass man wie durch einen Tunnel fuhr. Und über uns saßen nicht nur Vögel, wie wir plötzlich sahen. Sondern Wesen, die richtig Hunger auf diese Vögel hatten: Mehrere Mangroven-Boas ruhten zusammengeringelt auf den Bäumen und warteten ab, bis es die Dämmerung herein brach, um auf Nahrungssuche zu gehen. Deshalb suchen auch die Vögel möglichst Inselchen auf, wo sie vor den Boas sicher sind. Allerdings droht auch von unten Gefahr, als ich die Alligatoren im Gebüsch sah!

Ein wunderschönes Schauspiel kann man an einer bestimmten Insel dort beobachten. Kurz vor Sonnenuntergang kommen hunderte von roten Ibisen auf eine Insel, um Schlafen zu gehen. Dabei wird die vorher grüne Insel mehr und mehr rot gefärbt. Es war beeindruckend zu sehen, wie diese Massenveranstaltung ohne jegliche Geräusche vor sich ging. Den einzigen Krach machten die brabbelnden Einheimischen bei mir im Boot. Der rote Ibis bekommt seine typische Färbung erst nach drei Jahren, da er durch seinen Speiseplan (Krebse und Shrimps) so viel Karotin bekommt, dass er sich rot färbt. Die jungen Vögel schlüpfen noch grauweiß. Auf der Insel konnte man nun beobachten, dass in den Wipfeln alles grauweiß war und unten alles rot. D. h. die Jungen wurden in die geschützten Flächen gesetzt, die Alten drumherum. Ein tolles Sozialverhalten wie ich finde. So jetzt muss ich mal meine Weiterfahrt organisieren. 

Antillen 2001 Teil 3

Zuallererst möchte ich mich mal bei Euch für die vielen netten Mails bedanken. Nun ja, es wird doch nicht immer alles schlechter, sondern dank der neuen Medien auch vieles viel lustiger und angenehmer! Ich sitze immer noch auf Dominica und bin noch nicht vom japanischen Europa-In-Drei-Tagen-Virus befallen wie einige von Euch meinten.

Dominica heißt übrigens so, weil einer meiner Vorbilder C.K. der 1. also Christoph Kolumbus diese Insel an einem Sonntag (italienisch Domenica) entdeckt hat. Der Name wird hier Do-mi-niiiiiie-ca ausgesprochen und unterscheidet sich damit noch ein bisschen mehr von „DomRep“! Diese Insel hat es mir wirklich angetan. Hörte ich bisher fast den ganzen Tag über Reggae, also auf der Strasse, im Minibus, im Flughafen, im Restaurant, im Hotelzimmer und irgendwo in der Pampa, so hört man hier eigentlich nur das Rauschen der vielen Bäche und Flüsse und den Wind der durch die Baumwipfel pfeift sowie natürlich das Zwitschern der Vögel, die überall herumfliegen. Ich war jetzt 4 Tage lang praktisch immer im Regenwald und habe diese einzigartige Schönheit und das Bizarre dieser Insel genossen. Da Dominica wie fast alle Inseln der kleinen Antillen vulkanischen Ursprung ist, gibt es zahlreiche vulkanische Kuriositäten. Zum Beispiel bin ich zum „Boiling Lake“ gewandert. Der See sieht aus wie ein riesiger Topf voll mit Spaghettiwasser. Überall kocht und sprudelt es. Natürlich ist man gleich von einer riesigen Dampfwolke umgeben und man sieht nichts mehr – vor allem als Brillenträger!

Der Weg dorthin führte zunächst durch tropischen Regenwald mit total kunterbunten Blumen, die ich noch nie zuvor gesehen hatte. Anschließend erreichte ich das „Valley of Desolation“. Dieses Tal ist vor hundert Jahren nach einem Vulkanausbruch praktisch zu einer Wüste im Regenwald verwandelt worden. Überall stinkt es dank der Schwefelsäure wie auf nicht gereinigten Bahnhofstoiletten. Die Erde ist kunterbunt gefärbt von Schwarz über Rostbraun und Gelb bis Weiß aufgrund der verschiedenen Mineralien, die sich angelagert haben. Aus allen Löchern blubberte der kochende Schlamm durch die Gegend und der kleine Bach bestand auch nur aus kochendem Wasser. Hier könnte man eine coole Party ohne extra Nebelmaschine ausrichten, denn oft sah man gar nichts mehr vor seiner Nase. Da diese Tour fast einem Tagesmarsch entspricht, kommen nur sehr wenige Touristen hinauf, und man kann diese Einöde so richtig genießen. Ich war mit einem einheimischen Guide dorthin gewandert, und so lernte ich noch ein bisschen etwas über das Leben in Dominica.

Am nächsten Tag krabbelte ich durch den Regenwald auf der Suche nach Papageien, die es hier noch in freier Wildbahn geben soll. Nach 4 Stunden rumsuchen und rumlaufen, fand ich dann 5 Meter vor mir in einem Baum das Wappentier Dominicas, den Imperial Parrot. Glücklicherweise fühlte er sich nicht durch mich bedroht und schaute mich nur schräg an, und dachte sich wohl, was für ein komisches Wesen, das mich da anglotzt. Diese Papageien werden bis zu 50 cm groß und sind fast ausschließlich grün gefiedert mit Ausnahme der lila Brust.

Später bin ich in den Mangroven mit einem Einheimischen im Ruderboot durch das Land des Indian River gefahren. Der Name kommt von den indigenen Einwohnern, die es in Dominica noch tatsächlich gibt. Diese sind Nachfahren der Carib-Indianer. Sie gaben der ganzen Region Karibik ihren Namen – und einem guten Bier schließlich auch. Leider sieht man kaum noch diese Menschen, da sie in ihrem eigenem Territorium leben. Ich wollte nicht diese Leute wie im Zoo bestaunen.

Heute war dann Wasserfallbestauntag angesagt. Wieder ging es auf ziemlich krassen Pfaden durch den Regenwald zu mehreren Wasserfällen, die bis zu 100 Meter empor ragten. Stundenlang sah ich keine Menschenseele, aber der Weg war sogar wie in Europa z. T. markiert, so dass ich mich nicht verlaufen konnte. An einer Wegkreuzung sollte laut Touristen-Info eine Boa Constrictor leben. Diese hatte aber heute anscheinend ihren freien Tag, so dass ich mit einigen gereizten Krabben, die mich ständig angriffen, mich zufrieden geben musste. Aber einige andere ebenfalls ungiftige Schlangen lagen schon mal auf dem Weg. Nicht nur die Leute sind hier ziemlich relaxed, auch die Tiere. Die Schlangen hatten nämlich überhaupt keinen Bock, mir mal Platz zu machen…

Dadurch, dass ich mich nun nicht in der „DomRep“ befinde, sind die Abende eher als ruhig zu bezeichnen, wenn nicht gerade wieder jemand mit seiner Proletenschüssel durch die Strasse rauscht und die Bässe die Klapperschüssel fast zerlegen. Die Mucke erinnert hier schon viel an Calypso als an Reggae, was sich aber ähnlich anhört. Die Experten werden es mirhoffentlich  verzeihen. Noch komm ich mit der Musik klar…sie hängt mir noch nicht zum Hals raus. Trotz fehlender Party kann man aber den Einheimischen Suff genießen: Ich gehe jetzt gleich wieder Erdnuss-Punsch trinken, oder den Bush-Rum. Das ist Rum mit irgendwelchen Kräutern gemischt. Schmeckt echt bizarr aber gut, und kostet nur halb soviel wie das Kubuli-Bier! In diesem Sinne CHEERS!  

Antillen 2001 Teil 4

Ich denke, nachdem nun auch noch die Schweine bei Euch nicht mehr genießbar sind werdet Ihr sicherlich nun endgültig zu Vegetariern mutieren. Obwohl hier anscheinend die Viecher noch nicht total behämmert sind, außer dass es hier Kühe im tropischen Regenwald gibt, ist Fleisch dank des schwachen Euros total unbezahlbar. Aber das kulinarische Vergnügen kommt trotzdem nicht zu kurz. Zum Frühstück gibt es Bananenbrot und Kokosnussbrötchen, was meistens dermaßen satt macht, dass mittags nur Papaya, Banänchen usw. angesagt sind. Das beste Naturprodukt, das sowohl satt macht als auch den Durst löscht, sind allerdings die Kokosnüsse. Diese sind nicht vom Typ „harte Schale und dann nix drin“, wie sooft in Deutschland. Die Kokosnüsse in der Karibik sind große unförmige grünlich bis gelbe Klumpen. Der Verkäufer hat solange mit der Machete die Schale ab, bis ein Loch entstanden ist und man die Flüssigkeit trinken kann. Dies ist meist mehr als ein halber Liter und schmeckt nur leicht nach Kokosnuss. Ist die Nuss dann leer, haut der Verkäufer sie in zwei Hälften und macht noch eine Kerbe hinein. Die Kerbe reißt man dann heraus und löffelt danach das Kobra aus der Nuss heraus. Die ganze Prozedur dauert natürlich seine Zeit, aber die hat man ja zur Genüge. Abends gibt’s dann wenn schon Fleisch, dann Chicken mit Chips (Brotfruchtchips oder French Fries) oder frittierte Kochbananen, deren Schalen nicht gelb sondern rot sind.

Von Dominica bin ich mit dem Boot nach Fort-de-France, der Hauptstadt Martiniques getuckert. Damit war ich wieder in der EU, da Martinique ein französischens Überseedepartement ist. Den kurzen Aufenthalt von 2 Tagen habe ich auch kulinarisch genossen. Da die nördlicheren Inseln die oben erwähnten Genüsse nicht boten, befand ich mich auf Martinique natürlich im Paradies, da hier die franz. Küche mit den Annehmlichkeiten eines europäischen Supermarkts (Käse, Südmilch Joghurt) kombiniert wurde. Auf Martinique besuchte ich das „Pompeji der Karibik“ die alte Hauptstadt St. Pierre, die 1902 durch den Vulkan Mont Pelée verschüttet wurde. Es war schon ein komisches Gefühl, in den Häuserruinen herumzulaufen und im Hintergrund den immer noch aktiven Vulkan lauern zu sehen. Allerdings wurde, anders als auf Montserrat, die Zone um den Vulkan nicht gesperrt. Vielmehr fing 1904 schon wieder die Besiedlung an. Dadurch stehen die Ruinen nun mitten in der neuen Stadt, die einem Mittelmeerstädtchen ähnelt. Dieses Bild war wirklich sehr bizarr.

Von Martinique hüpfte ich per Fähre weiter nach St. Lucia. Dort versucht man ein bisschen Dominica mit dem Ecotourismus nachzuahmen. Allerdings ist es ein bisschen überbürokratisch durchgeführt worden. Man legte im Gebirge Wanderwege an, auf die auch überall aufmerksam gemacht wird. Nun kommt der teutonische Touri Christoph K. dummerweise sonntags morgens auf die Idee, dort wandern zu gehen. Aber der Weg war abgeschlossen, da er ja 10 US-Dollar Eintritt kosten sollte. Am Anfang des Weges baute man einfach ein Tor, das man freitags nach 4 Uhr nachmittags einfach abschließt, egal ob da noch jemand drin ist oder nicht. Ich dachte mir, die kommen erst morgen wieder und kletterte um das Tor herum auf den Weg. Danach genoss ich in aller Ruhe die Aussicht, denn der Pfad führte auf einem Grat entlang. Auf dem Rückweg kurz vor Ende des Weges hörte ich plötzlich Stimmen und erinnerte mich daran, dass es ein „Verbrechen“ war unerlaubt hier einzutreten. Also flüchtete ich, in Indianer Jones Manier einen 10-Meter-Hang hinunter durch Lianen auf die Straße. Unten angekommen schauten mich die Einheimischen etwas verdutzt an, denn ich sah aus, als ob ich mich im Schlamm gesuhlt hätte.

St. Lucia hat dank des Ecotrips seiner Regierung wirklich schöne Wege zu bieten, die sogar manches Mal nicht abgeschlossen sind. Doch das Positivste an St. Lucia sind seine Menschen. Die Leute gehen schon untereinander sehr nett miteinander um. Im Straßenverkehr lassen die Autofahrer andere an sich vorbei oder gewähren unerwartet Vorfahrt. Auf Straßen auf denen kaum Busse fuhren wurde ich immer gefragt: „Do you want to have a ride?“ Dieser Ride war immer kostenlos. Die Menschen und ihre Lebensweise erinnern mich sehr stark an Afrika und die afroamerikansichen Bewohner sind immer sehr stolz auf ihre Wurzeln. Überall sind die Farben des schwarzen Kontinents grün, gelb, rot zu sehen, und die Umrisse des Kontinents sind als Aufkleber auf den Autos zu sehen. Die öffentlichen Verkehrsmittel werden,  je südlicher ich reiste, auch umso afrikanischer – vor allem was die Auslastung betrifft. Gingen in St. Kitts in den Bus 12 Passagiere, gehen nun in St. Vincent bis zu zwanzig in den gleichen Bus. Außerdem nimmt die Lautstärke der überall zu hörenden Musik deutlich zu. Hier in St. Vincent sollte man Ohropax dabeihaben, erstens wegen der Lautstärke und zweitens wegen Brittney Spears und den Backstreet Boys, die den Reggae eindeutig auf Platz drei noch hinter Gangsta-Rap verweisen.

Gestern bin ich in St. Vincent and the Grenadines angekommen. Da es keinen Nonstophüpfflug für die rund 30 Meilen zwischen St. Lucia und St. Vincent gibt, musste ich einen Umweg von 250 Meilen via Barbados fliegen. Diese Insel hat was ich sah, las und hörte außer Fish, Chips, Rum und liming nix zu bieten. Deshalb ging’s sofort weiter nach St. Vincent, wo ich heute den Höhepunkt der Tour erlebte: Den Cross Island Track mit Besteigung des aktiven Vulkans La Souffrière. Da ich nicht wusste, ob es überhaupt einen vernünftigen Weg gab, war diese Aktion etwas abenteuerlich. Am Anfang bekam ich mal wieder einen Ride auf der Ladefläche eines Pick-ups. Die Leute waren Arbeiter auf den vielen kleinen Bananenplantagen, die es auf den Inseln überall gibt. Dass die EU in der Agrarpolitik nicht nur Mist baut, sondern auch mal sinnvolles macht, zeigt sich hier: Sie kauft in erster Linie Bananen aus den CARICOM Staaten und den DOM von Frankreich. Dadurch erhalten die Plantagenbesitzer auf den Inseln eine garantierte Abnahme zu garantierten Preisen. Und die Plantagenbesitzer sind hier wirklich noch die kleinen Bauern, und nicht wie in Mittelamerika amerikanische Großkonzerne wie United Fruit oder Chiquita. Genug der antiamerikanistischen Polemik.

Der Weg hinauf zum Vulkan führte anfangs durch tropischen Regenwald, der aber relativ schnell verschwand. Oberhalb des Waldes war nur noch krautartiger Bewuchs zu sehen. Diese Region wurde vom letzten Ausbruch des Vulkans 1979 mit Lava zugedeckt; daher dieser Bewuchs. Mit zunehmender Höhe wurde es für hiesige Verhältnisse sehr kalt, d. h. es waren bestimmt nur noch 14 Grad, der Wind wehte um die Ohren, und plötzlich befand ich mich mitten in den Wolken. Hier sah es dann aus wie im schottischen Hochland. Ich kletterte weiter und weiter und auf einmal befand ich mich anscheinend vor einem riesigen Tal-Einschnitt. Wie sich später herausstellte war dies der Kraterrand. Die gegenüberliegende „Talseite“ war der Lava-Rest der im Krater verblieben war (ca. 150 Meter hoch). Nachdem es an dem Grad bergab statt bergauf ging raffte ich langsam, dass ich den Krater erreicht hatte. Und wenig später riss dann die Wolkendecke auf, und ich erkannte die riesigen Ausmaße des Kraters. Er hat etwa einen Durchmesser von einem Kilometer und ist etwa 200 bis 300 Meter tief. In der Mitte befindet sich der riesige Lava-Haufen der natürlich mittlerweile erkaltet ist. Dieses Panaroma mit der Karibik im Hintergrund werde ich sicher nicht vergessen. Leider musste ich schon bald wieder Abschied nehmen von diesem wunderschönen Platz, denn ich wollte ja die Insel durchqueren und auf einem anderen Weg hinab gehen in Richtung Karibik, da ich an der Atlantikküste startete . Der Weg hinab führte mich wieder vorbei an tropischen Regenwaldkühen, bunten Blumen mit Blüten von 50 cm Durchmesser, irgendwelchen Vögeln, die ich noch nie sah und einem einzigen Einheimischen, der sich auch freute mal wieder einen Mensch zu sehen. Unten an der Karibik angekommen, lag vor mir ein zwei km langer Strand, der menschenleer war. Wegen des vulkanischen Ursprungs der Insel war der Sand grau bis schwarz, also nicht ganz so wie man sich die Karibik vorstellt. Um wieder in die Zivilisation zurückzukehren, musste noch ein Fluss von 20 Metern Breite überquert werden. Das Wasser ging nur bis zu den Knien aber es war gar nicht so einfach da hindurch zu latschen, als es vorher den Anschein hatte. Am anderen Ufer angekommen, empfingen mich schon Einheimische, die mir sofort einen Ride ins nächste Dorf mit Busstation anboten. So landete ich auf der Ladefläche eines Lkws der voll mit Sand befüllt war. Aber ich war nicht lange alleine auf der Ladefläche. Am Ende waren es ein Dutzend „Passagiere“, die die Fahrt in 3 Metern Höhe genossen. Das einzige worauf man aufpassen musste, waren die Telefondrähte, die knapp über unseren Köpfen hingen, und man sich leicht verfangen hätte können.