Say no to Dummgebabbel

Kennt Ihr die Seite „FUMS“? Die Abkürzung steht für „Fußball macht Spaß“ und die zitiert oft Sportreporter, die Spiele kommentieren. Gestern ist laut „FUMS“ der Spruch gefallen „Mehr Kongolosen bei den Mainzern als Rheinland-Pfälzer“. Ob nach so einem Spruch einem der Fußball noch Spaß macht, sei dahingestellt. 

Das Netz ist seit gestern Abend auf jeden Fall mal wieder gespalten. Die einen finden diesen Spruch rassistisch, die anderen finden ihn lustig und über die Meinung der schweigenden Mehrheit kann wieder nur spekuliert werden. Darüber jedenfalls, ob der Spruch stimmt, brauchen wir jedenfalls nicht zu spekulieren. Der Vergleich hinkt schon alleine deshalb, weil eine vermeintliche Staatsangehörigkeit mit einem Bundesland in Verbindung gebracht wird. Man kann als vermeintlicher Kongolese in Rheinland-Pfalz leben. Dann wäre man schlichtweg beides. Denn eine Rheinland-Pfälzische Bundeslandangehörigkeit gibt es nicht. Setzt man Rheinland-Pfalz mit der deutschen Staatsangehörigkeit gleich, wird der Vergleich auch nicht richtig, da niemand in der gestrigen Startelf die kongolesische Staatsangehörigkeit besitzen konnte – dazu unten mehr. Sprich der Spruch entbehrt jeder Grundlage.

Die Manschaft von Mainz 05 vor dem Q-Block im Stadion am Europakreisel.
Die Manschaft von Mainz 05 vor dem Q-Block im Stadion am Europakreisel.

Jetzt geht es bei dem diesem Spruch natürlich gar nicht um das Land „Kongo“ an sich. Denn dieses gibt es gar nicht. Es existieren die Republik Kongo und die Demokratische Republik Kongo. Folglich gibt es noch nicht einmal „die kongolesische Staatsangehörigkeit“ bzw. „die Kongolesen“. Bei über 50 Staaten Afrikas gibt es gerade mal zwei, die ähnlich klingen und bei der dieser Fehler gemacht werden konnte. Dumm gelaufen… Der einzige Bezug zu Mainz, den man vielleicht herstellen kann, ist der Fakt, dass die Hauptstädte der beiden Länder, Brazzaville und Kinshasa, sich ähnlich nah gegenüberliegen wie Mainz und Wiesbaden. Und sie sind durch einen Fluss getrennt. Und dieser Fluss heißt…Kongo! 

Wenn es nicht um den Kongo geht, dann um was? Es geht meiner Meinung nach um die Assoziationen, die bei diesem Spruch geweckt werden: Rheinland-Pfälzer sind weiß. So genannte Kongolesen sind schwarz. Menschen über ihre Hautfarbe einem Land oder einem Kontinent zuzuordnen, klappt aber schon länger nicht mehr. Denn in Simbabwe zum Beispiel leben viele Afrikaner, die weiß sind. Ende des 19. Jahrhunderts sind deren Vorfahren nach Afrika gegangen, weil sie dort größere Chancen sahen, ihr Leben zu verbessern (!) als in Europa. Und dann wäre da noch Südafrika, das wir sicherlich alle kennen. Dieses Land hat mit Rassismus schlimmste Erfahrungen gemacht. 1994, nach dem Ende der Apartheid und den ersten freien demokratischen Wahlen, sprach Bischof Desmond Tutu von der „Rainbow Nation“, der Regenbogen-Nation, die sich nicht mehr über Hautfarben definiert. 

Das sollten wir uns alle mal zu Herzen nehmen. Und vielleicht erst nachdenken und dann Sprüche raushauen. Auch wenn man dann vielleicht den einen oder anderen Lacher weniger verbuchen kann. Denn auf manche Lacher sollte man meiner Meinung nach lieber verzichten: „Say no to Dummgebabbel!“

„Im Schatten der Arena“ von Mara Pfeiffer

Krimis und Mainz, das passte bislang so gut zusammen wie Montagsspiele und Faninteressen. Ich denke da nur an den Mainz-Tatort, Folge 1053, der neulich in der ARD lief. Der Regisseur hätte Heike Makatsch durch jede beliebige Stadt rennen lassen können, so einfallslos und banal war das Skript. Der Vorgänger-Tatort aus Mainz, Folge 109, lagert seit seiner Erstausstrahlung 1980 im Archiv des SWR, obwohl in dieser Folge, dem Klischee entsprechend, die Fastnacht eine große Rolle spielte. Fast ganz ohne Fastnacht, aber dafür mit sehr detailverliebter Beschreibung der Mainzer Neustadt, kommt „Im Schatten der Arena“ aus, ein Mainz (05) Krimi, der so nur in der goldenen Stadt am Rhein handeln kann und nicht in Bielefeld oder Bitterfeld.

Ein Werk von Mara in der Masai Mara
Ein Werk von Mara in der Masai Mara

Die Handlung an sich ist recht schnell erzählt: Jo, eine alleinerziehende Journalistin der Lokalzeitung findet sich mit dem vermeintlichen Unfalltod ihres Kollegen nicht ab. Daher versucht sie zu recherchieren, an welchen Themen er vor seinem Unglück dran war, und wer gegebenenfalls ein Motiv hatte, den Sportreporter umzubringen.

Mara gelingt es, Kapitel um Kapitel eine Spannung aufzubauen. Durch die bildhafte Schilderung jeder Handlung aller Figuren an Plätzen, die viele Mainzer*innen sicherlich kennen, konnte ich mich sehr gut in die einzelnen Szenen hineinversetzen. Als positiver Nebeneffekt erhalten die Leser*innen einen kleinen Einblick in den Alltag von Zeitungsredaktionen und in die Ermittlungsarbeit der Polizei. Hört man bei Fernsehkrimis oft, dass die abgedrehten Szenen nicht viel mit der täglichen Arbeit von Kriminalist*innen gemein haben, ist bei diesem Werk anzunehmen, dass die geschilderten Abläufe recht realistisch geschildert werden, schließlich spielt sogar der Mainzer Polizeisprecher mit Klarnamen mit. 

Dem interessierten Fußballfan mögen manche Passagen erklärend bis aufklärerisch vorkommen, aber wir dürfen nicht vergessen, dass nicht alle Krimi-Leser*innen gleichzeitig versierte Fußballkultur-Expert*innen sind. Das Buch liefert einen gelungenen zeitgeschichtlichen Abriss der letzten Jahre, was Mainz 05 im Speziellen aber auch Fußballdeutschland im Allgemeinen betrifft. Als Leser*in merkt man im Verlauf der Handlung unweigerlich, dass Fußball politisch ist, auch wenn es da einige besorgte, meist männliche, Mitbürger gibt, die diesen Zusammenhang da immer noch nicht sehen wollen.

Mara ist mit ihrem Werk meiner Meinung nach ein großer Wurf gelungen, der es letztlich „verschmerzen“ lässt, dass ihre Hommage an die Mainzer Neustadt zu großen Teilen auf der „falschen“ Rheinseite entstanden ist. Eine Fortsetzung wäre wünschenswert – auch gerne ohne 05-Bezug, denn der Bibelturm, bietet sicherlich immer noch so viel Konfliktpotenzial, so dass die Journalistin Jo schon bald wieder aktiv werden muss. Vielleicht gelingt Mara ja sogar das, was der Drehbuchautor des Tatorts 1980 nicht vollbrachte – einen Fastnachtskrimi zu schreiben, den man sich auch Jahre später nochmals gerne gibt – das ist ihr mit dem Fußballkrimi „Im Schatten der Arena“ meiner Meinung nach auf jeden Fall gelungen.