Geschichten von unterwegs: Impfung

„Impfung“  – um dieses Wort drehen sich am Jahresanfang 2021 Mitten in der Pandemie viele Diskussionen. Insbesondere für Reisende sind Impfungen seit jeher Routine – so wie es zum Beispiel für Asienbegeisterte Masken schon immer waren oder für die meisten Fernreisenden eine gründliche Handhygiene, zumindest wenn man Durchfallerkrankungen vermeiden wollte. Mit diesen Themen hatte ich mich am Anfang der Pandemie in den beiden Artikeln zu Masken und Händewaschen beschäftigt. Da sich aktuell so viel um das Thema „Impfung“ dreht, möchte ich dieses anhand von fünf Geschichten beleuchten, die ich auf Reisen durch Südamerika, Afrika und Asien erlebt habe.

Impfungen werden außerhalb Europas meist sehr dankbar entgegengenommen.
  • Impfpflicht in einem EU-Territorium

Verpflichtende Impfungen, wie sie aktuell debattiert werden, gibt es schon seit sehr langer Zeit – zumindest seitdem ich 1992 angefangen habe, außerhalb Europas ohne meine Eltern zu reisen. Ich denke da gar nicht an die bei uns im März 2020 eingeführte Masern-Impfpflicht, die ja nur für Menschen in Gemeinschafts- und Gesundheitseinrichtungen gilt. Bereits seit Jahrzehnten existiert eine Gelbfieber-Impfpflicht für ein EU-Territorium und niemand hat sich bisher darüber aufgeregt. Ohne den entsprechenden Nachweis im gelben Impfausweis, ist eine Einreise nach Französisch-Guayana nicht möglich. Dieses französische Überseedepartement liegt in Südamerika, gehört aber zur „Grande Nation“ und zur EU. Die Flugzeit auf diesem innerfranzösischen Flug ab Paris beträgt mehr als acht Stunden und bei meinem Besuch 2002 wurde tatsächlich geprüft, ob ich die Gelbfieber-Impfung mindestens 10 Tage zuvor habe machen lassen. Ohne Impfung keine Reise in die Hauptstadt Cayenne – so einfach war das, da dieses Territorium nördlich von Brasilien zum Gelbfieber-Infektionsgebiet gehört. Fakt ist auch, dass viele Länder Reisende, die sich unmittelbar vor der Reise in einem Gelbfieber-Infektionsgebiet aufgehalten haben, nur mit entsprechender Impfung ins Land lassen. Ebenfalls Fakt ist, dass es (bisher) nicht die Airlines sind, die solche Impfpflichten aufstellen, sondern die Länder, in die die Airlines die Menschen befördern. Daher ist es natürlich gut, dass das vor dem Abflug geprüft wird.

Tropisches Frankreich: Französisch Guayana, 2002 bereist und ein EU-Territorium mit Gelbfieber-Impfpflicht
  • Wer kann sich schon das Geld für eine Spritze leisten?

Es gibt auch Länder, die führen aufgrund besonderer Ereignisse eine zeitweilige Impfpflicht ein: so geschehen beispielsweise 1998 in Burkina Faso. Dort fand der Afrika-Fußball-Cup statt. Das Land rechnete mit erhöhtem Reiseverkehr aus allen Staaten des Kontinents und führte daher eine Impfpflicht gegen Meningokokken ein. Darüber wusste ich gar nicht Bescheid, bekam die Impfung allerdings vor meiner Abreise nach eingehender Beratung im Impfzentrum Mainz verabreicht. Anders erging es meiner Mitreisenden, die eine Abneigung gegen Spritzen hatte. Sie hatte eine Art Phobie und sich daher vor der Abreise in Deutschland nicht impfen lassen. An der Grenze zwischen Mali und Burkina Faso angekommen, wurde sie vor die Wahl gestellt, wieder nach Mali zurückzukehren oder sich impfen zu lassen. Die Impffläschchen wurden in einer Kühltasche gelagert und die Kühlakkus sollten für die notwendige Kälte sorgen. Geimpft wurde im Lichtschein einer Öllampe, da wir erst abends die Grenze erreichten. Das waren weitaus unangenehmere Voraussetzungen als der Besuch im Impfzentrum in der Mainzer Uniklinik. Der Impfstoff an der Grenze war gratis. Jedoch musste für die Spritze bezahlt werden. Diese 0,20 Euro konnten sich viele Einreisende nicht leisten – so wurden sie vor Meningokokken geschützt, haben sich aber durch die Mehrfachnutzung der Spritze womöglich mit HIV oder anderen Krankheiten angesteckt – vor denen sogar auf großen Werbetafeln direkt an der Grenze gewarnt wurde. Eine wahrlich schlimme Szene, die so beispielhaft für so viele Dramen auf unserer Erde steht, von denen wir aber in der heimeligen Wohnung nichts mitbekommen, weil sie zu unbedeutend für die täglichen Nachrichten sind.  

Gästefans aus Kamerun in Burkina Faso 1998 – Grund eine temporäre Impfpflicht gegen Meningokokken einzuführen.
  • Impfgeschirr als Mittel zur Korruptionsbekämpfung

Eine Impfpflicht lädt korrupte Beamte auch immer zu einem Nebenerwerb ein. So eine Gestalt ist meinen beiden Mainzer Freunden und mir 1995 auf dem Weg von Mainz nach Kapstadt bei der Einreise in ein Land ebenfalls begegnet. Damals war die Cholera-Impfung in vielen Ländern noch Pflicht. Beim Studieren meines Impfausweises sagte der Beamte, die Impfung sei ungültig, da der Stempel meines Mainzer Arztes größer als das davor vorgesehene Stempelfeld sei. Wir müssten die Impfung an Ort und Stelle wiederholen, es gäbe aber nur eine Spritze für alle. Bei der Vorbereitung auf diese Reise wurde uns empfohlen, Spritzen mitzunehmen, da diese in manchen Ländern Mangelware sind. So entgegneten wir dem Beamten, wir hätten überhaupt kein Problem damit, uns nochmals impfen zu lassen, da wir Spritzen dabei hätten. Völlig verdutzt entgegnete er uns nur noch „Go away“ und schon waren wir in das Land eingereist.

  • Gratis-Impfung auf Polizeibefehl

Ganz anders erging es mir mit Beamten in Malaysia 20003 auf meiner einjährigen Weltreise von Mainz Hauptbahnhof nach Mainz Süd. Ich hatte mich im Dschungel für drei Tage verlaufen und mich mit Hilfe meines Kompasses aus dieser Bredouille selbst befreien können. Da ich im Dickicht bereits am ersten Tag auf einen Österreicher traf, dessen Familie im Dorf auf ihn vergeblich wartete, verständigte diese die Polizei. Die 16 Beamten fanden uns zwar nicht, aber als wir wieder im Dorf ankamen, mussten wir zum Polizeichef. Dieser sah die Schrammen auf unseren Armen und Beinen und meine völlig zerrissene Wanderhose. Schließlich ging es zuvor durch sehr viel dornige Büsche raus aus der Natur zurück in die Zivilisation. Er schickte uns ins Dorfkrankenhaus. Dort erhielten wir eine Auffrischung der Tetanus-Impfung, da aufgrund der vielen Schrammen nicht auszuschließen war, dass der eigentlich noch wirksame Impfschutz eventuell nicht mehr gegeben sei. Die Impfung war für uns kostenlos, da in Malaysia das Gesetz besagt, dass Patienten, die von der Polizei eingewiesen werden, gratis zu behandeln sind. 

Im Dschungel hinter den Teeplantagen lag der Grund, warum ich in Malaysia eine Tetanus-Impfung gratis bekam
  • Tollwut – (k)eine Impfung vorhanden

Eine ganz andere Problematik erlebten wir bereits zweimal mit der Tollwut-Impfung. Es gibt Regionen auf der Welt, die tollwutfrei sind, zum Beispiel Singapur. Daher konnten wir dort 2012 keine Tollwut-Impfung auftreiben. Tags zuvor waren wir von einer Katze auf Bali kurz vor Abflug nach Singapur gekratzt worden. Die indonesische Insel gehört zum Verbreitungsgebiet von Tollwut.  Bei Tollwut wird immer lieber einmal zu viel als einmal zu wenig geimpft, da diese Krankheit nahezu immer tödlich verläuft, wenn die Krankheit einmal ausgebrochen ist – es gibt kein Medikament dagegen. Daher flogen wir relativ schnell zurück nach Deutschland und holten dort die Auffrischung im Impfzentrum Mainz nach, da auch hier der behandelnde Arzt auf Nummer sicher gehen wollte. Sieben Jahre später eine ähnliche Situation im Oman 2019. Eine kratzende Katze und die Frage, wo wir die Impfung herbekommen sollten, da auch im Oman Tollwut noch grassiert. Im Krankenhaus der nächst größeren Stadt wurde uns ein Impfplan erstellt, da beim Wirkstoff, der im Oman verwendet wird, eine 3-fach Impfung notwendig ist, bei der alle 3-4 Tage geimpft werden soll. So lernten wir die Krankenhäuser des Landes ganz gut kennen – und das alles wieder gratis, da es ein Initiative der omanischen Gesundheitsbehörden gibt, um den Erreger der Tollwut zu bekämpfen. Bei dieser Initiative wird nicht nach Pass oder Herkunft entschieden, ob sie Anwendung findet. Sie gilt für alle Menschen, egal ob Touri oder Omani – schließlich macht auch der Tollwut-Erreger da keine Unterschiede. Übrigens hätte unsere Auslandskrankenversicherung die Impfungen alle übernommen, im Oman genauso wie in Malaysia oder Burkina Faso. Viele gesetzliche Krankenversicherungen übernehmen mittlerweile auch die Kosten für die Impfungen, die man vorab für eine Reise bekommt – inklusive der Kosten für die Impfberatung.

Auch Bali gilt als Tollwut-Risikogebiet, in dem nach einem Kratzer oder Biss durch eine Katze eine Impfung ratsam ist.

All diese Beispiele zeigen, um welche wichtigen Fragen es beim Impfen tatsächlich geht, sprich oft um Leben oder Tod. Das trifft auf die Tollwut-Impfung auf jeden Fall zu. Es geht auch um gesetzlich vorgeschriebene Solidarität bei der Gelbfieber-Impfung, denn natürlich gibt es Menschen, die diese Impfung tatsächlich nicht vertragen. Diese Menschen sollen durch geimpfte Menschen geschützt werden, um das Virus im Zaum zu halten. Es geht auch immer um die Menge der Viren/Bakterien, die man abbekommt, wie das Beispiel Tetanus in Malaysia zeigt. Es dreht sich auch immer um das Thema Angst, mit dem zum Beispiel der korrupte Beamte Geld erpressen wollte, denn es war schon klar, dass ein überdimensionierter Stempel den Impfschutz nicht beeinflusst und viele Menschen haben tatsächlich eine Phobie vor Spritzen. Und es geht um das Thema Geld, wie das dramatische Beispiel der 0,20 Euro für die Spritzen in Burkina Faso zeigt.

All diese Beispiele verdeutlichen auch, worum es nicht geht: Um das Anzweifeln von wissenschaftlichen Ergebnissen. Diese Ergebnisse sind Voraussetzungen dafür, dass Impfungen überhaupt zugelassen werden. Nein, niemand muss gutgläubig alles „schlucken“ (oder sich eine Spritze setzen lassen), aber Vertrauen in Experten sind Basis für ein Gemeinwohl. Das Internet bietet für jede Meinung einen Beleg. Wichtig sind aber die Fakten, die anhand von seriösen Quellen nachvollzogen werden können. Die meisten Menschen außerhalb Mitteleuropas haben gar nicht die Zeit, sich stundenlang mit irgendwelchen Theorien auseinanderzusetzen, da sie sich im Alltag mit dem Überleben „beschäftigen“ müssen. Und manche dieser Menschen haben sogar an Studien teilgenommen, die Voraussetzung dafür sind, dass Impfungen von Biontech, Moderna und Co. so schnell nach Ausbruch der Pandemie verfügbar waren. Und warum das alles so schnell ging, kann man auf der Seite „Zusammen gegen Corona“ des Bundesministeriums für Gesundheit nachlesen.

Bis den meisten von uns ein Impfangebot gegen Corona unterbreitet wird, haben wir also genügend Zeit, seriöse Quellen zu studieren und uns wieder anmal daran zu erinnern, welche Privilegien wir hier in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern genießen, wenn es um das Thema Impfen geht.

Bildnachweis: Christoph Kessel, Pixabay

Before last Christmas – Als wir alle noch einen an der Waffel hatten und hoffentlich bald wieder haben werden

Überschriften können lang und kompliziert sein, so wie die aktuelle Lage bei unserem Verein aus der goldenen Stadt am Rhein. Da ich für verbale Schnellschüsse im Internet viel zu langsam bin, beschäftige ich mich heute lieber mit dem, was ich hoffe, besser beurteilen zu können. Und mit „Hoffe“ meine ich nicht das Maskottchen aus dem Vorort von Sinsheim, sondern genau eben jenen Ort.

Hoffenheim zählt nicht wirklich zu den traditionellen Fußball-Standorten in Deutschland. Dennoch verbinde ich mit dem Stadion an der Autobahnausfahrt sehr viele Erinnerungen. Nein, wie bei Mainz 05 auch, war es nicht immer schön in der Rhein-Neckar-Arena, aber in den wenigen Jahren ihres Bestehens haben sich da Momente in meinem Kopf festgesetzt, die bleiben für immer.

Zum Beispiel werde ich den heutigen 23. Dezember immer mit „Last Christmas“ verbinden. Das Spiel, ich weiß jetzt gerade gar nicht mehr genau wie es ausgegangen ist, plätscherte dahin und der Gästeblock stimmte plötzlich den Klassiker von „Wham!“ an. Smartphones wurden hochgereckt, nicht um Bilder zu machen, sondern um dem Gesang einen passenden visuellen Rahmen zu geben. Es entstand eine ganz besondere, besinnliche Stimmung, die sicherlich viele der Auswärtsfahrer*innen mit zurück nach Mainz in die Weihnachtsfeiertage nahmen.

„Last Christmas“ 2018 in Hoffenheim

Ein paar Jahre zuvor, es war Fastnachtfreitag, auch wieder ein relativ unspektakuläres Unentschieden – denn ich bilde mir gerade ein, dass wir vor zwei Jahren in Hoffenheim auch einen Punkt geholt haben… Jedenfalls ging es an diesem Abend statt zu „Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht“, wie es damals noch hieß und hoffentlich 2022 wieder heißen darf, ebenfalls nach Sinsheim – natürlich verkleidet – als Scheichs! Das war ein gelungener subtiler Protest gegen das Mäzenatentum des Scheichs von Sinsheim. Dennoch gab es wegen der Kostümierung wenig Probleme mit den Ordnern beim Einlass. Wir konnten Fastnachtslieder singen und es war eine grandiose Auswärtsfahrt und wir konnten die höchsten Mainzer Feiertage danach, was den Verein angeht, sorgenfrei zelebrieren.

Blicken wir aus Fußballfan-Sicht auf das Jahr 2020 zurück, dann springt mir der Gästeblock in Hoffenheim erneut ins Auge. Beim Gastspiel des FC Bayern wurden beleidigende Plakate gegen den Scheich gezeigt. Es kam zu einer Spielunterbrechung und nach Wiederaufnahme des Spiels kickten sich die Spieler der TSG und der Bayern den Ball nur noch gegenseitig zu – hauptsächlich wegen des eindeutigen Zwischenstands zugunsten der Bayern – aber diese günstige Gelegenheit ein ach so eindeutiges Zeichen als Protest gegen das Verhalten der Fans zu zeigen ließ man sich nicht nehmen. Es ging tatsächlich bei so manchen Multiplikatoren als solches durch . Nach Spielschluss sah man die Vorstände beider Vereine gemeinsam auf dem Platz mit den Spielern beider Mannschaften innig grimmig vor dem Gästeblock stehen.

Fastnacht-Freitag 2012 in Hoffenheim

Dieses Bild sagt im Nachhinein so viel mehr aus, als das ganze Geistespielszenario, das wenige Wochen später aufgrund der Pandemie seinen Lauf nahm. Wir, die Spieler und Offiziellen der Bundesliga-Vereine, gegen Euch, die Fans. Damals wurde visuell belegt, dass Zuschauer aus Sicht der Profis nur Beiwerk sind, die im ungünstigsten Fall nur stören, im besten Fall ihr Geld für das Ticket und die Fanartikel zahlen und ihre Verbundenheit mit dem Club durch traditionelle Gesänge und beeindruckende Choreos kundtun, mit denen es sich wunderbar bei Sponsoren werben lässt.

Es hätte Corona gar nicht gebraucht, um diese Spaltung im Vorfrühling 2020 zu zeigen. Allerdings haben die Pandemie-Monate danach für mich für eine interessante Entwicklung gesorgt.

Reflexartig wurden Änderungen im Profifußball von allen Beteiligten versprochen. Herausgekommen ist dabei überhaupt nichts. Die Fans wurden wieder einmal vor den Kopf gestoßen. Der Großteil der Clubs möchte gar keine Veränderungen. Kleine Vereine wie Mainz 05, die für eine Neuverteilung der TV-Gelder standen, wurden isoliert und praktisch öffentlich gemobbt. Dass sich da unser Verein quergestellt hat, wurde in den letzten Monaten gar nicht wirklich gewürdigt – viel zu schnell hat sich das Karussell an Ereignissen rund um den Bruchweg gedreht und ein Geisterspiel jagte das nächste Geisterspiel.

Ein Teil der im Internet aktiven Fußballfans hat sich mit Geisterspielen arrangiert – zumindest der Teil, der permanent seine Emotionen und Meinungen kundtun muss. Er beschäftigt sich tagaus tagein wieder mit dem eigenen Verein und dem Profifußball an sich. Es ist halt Pandemie, das eigene Land ist ein Risikogebiet, viele Branchen liegen brach, Kurzarbeit ist oft der Standard, Homeschooling ist angesagt, die Krankenhäuser füllen sich, das Personal dort ist vollkommen überlastet und es wird wie immer über das letzte oder das nächste Spiel im Netz debattiert – so wie in einer Parallelwelt, die man selbst gerne den Macher*innen in den Clubs vorwirft.

Interessanterweise besteht dieser Teil nach meinem Empfinden hauptsächlich aus Fans, die vor der Pandemie nicht unbedingt auswärts mitgefahren sind, sprich die solche Fahrten nach Hoffenheim wahrscheinlich nur vom heimischen TV-Gerät her kennen und auch jetzt, wenn die Videos im Netz kursieren wieder kräftig Likes verteilen. Für diese Fans hat sich im Grunde genommen zumindest bei Auswärtsspielen nicht wirklich etwas verändert. Man schaltet kurz vor Spielbeginn die Glotze an, kotzt sich bereits während das Spiel läuft 90 plus 3 Minuten über das Spielgeschehen im Internet aus und widmet sich den Rest des Abends dann der Analyse oder einem anderen Hobby.

Sportlich gesehen läuft es bei Mainz 05 seit Beginn der Geisterspiele mehr schlecht als recht. Das ist ein gefundenes Fressen für die Internet-Fans bei Twitter und Facebook. Da spätestens seit November ohnehin alles was Spaß macht, verboten ist, lässt sich wunderbar von zu Hause aus dozieren, dass Mainz 05 stirbt, alle rauszuwerfen sind und sich die Spieler tatsächlich noch im Streik befänden. Ich frage mich dabei eigentlich nur, ob es nicht auch eine Nummer kleiner geht?

Mainz 05 spielt immer noch in der 1. Liga und steigt vielleicht im nächsten Jahr ab. Es gab schon andere Clubs, denen das passiert ist. Klar ist das eine suboptimale Aussicht, gerade auch weil Rouven Schröder hingeworfen hat. Aber wer sind wir? Und welche Messlatte legen wir an den Tag, wenn Brauseclaubs, Sinsheim-Scheichs und Konsorten immer mehr das Bild der Liga prägen? Eine Dauerkarte für Nullfünf in der 1. Liga? Und wie ergeht es einem Club auf Augenhöhe wie Freiburg? Der war auch schon zwischenzeitlich mal abgestiegen – und hat noch nicht mal Christian Streich gestrichen. Von Vereinen wie Darmstadt, Düsseldorf, Bielefeld mal ganz zu schweigen, die sogar bis in die 3. oder 4. Liga durchgereicht wurden und bekanntlich auch noch am Leben sind.

Mal ganz ehrlich, was hatte ich persönlich eigentlich davon, dass Mainz 05 2009 aus der 2. Liga aufgestiegen ist – außer einem dicken Kopp am nächsten Morgen vielleicht? Ich kann mich nicht mehr so genau daran erinnern… Erstliga-Fan Christoph? Klar, es ging plötzlich wieder gegen die Bayern und Dortmund und ja, die Terminierung der Spiele war eindeutig angenehmer. Dennoch fuhren immer weniger auswärts mit in den letzten Jahren – vor einem Jahr nach Bremen noch zirka 200 Mädels und Jungs – waren wir da schon scheintot? Dafür ging es aber im Block noch ganz schön lebendig ab beim gesungenen Ergebnisdienst à la „Nullfünf, nullfünf, nullfünf, nullfünf“.

Aber gut, nun vielleicht 2. Liga 2021: Ich kann mich noch an einen Montagabend im Dezember in Aachen erinnern – Dauerregen ohne Dach im Tivoli und ein drei zu null Auswärtssieg durch den Maskenmann. Damals gab es noch keine Fußballblogs, die sich mit  Mainz 05 beschäftigten, geschweige denn Podcasts. Es gab das Kigges-Forum und sonst recht wenig Austausch im Internet.

Viele User*innen des Forums kannte man persönlich und wir trafen uns im Stadion. Die Wortwahl nach vergeigten Spielen war sicherlich ähnlich wie heute im Netz – nur hat es halt damals nicht die halbe Welt mitbekommen. Nun werden viele sagen, so eine Zeit kommt nie wieder. Wirklich nicht?

Vor ein paar Tagen hatte ich so ein Gefühl, dass an der aktuellen Lage nicht alles schlecht ist: Die Supporters Mainz haben zur Mitgliederversammlung eingeladen – natürlich per Zoom, aber es trafen sich viele Mitglieder, die nicht mal unbedingt alle in Mainz saßen – sogar aus Uruguay wurde sich zugeschaltet. Eigentlich wäre es das Territorium der vielen Internet-Fans gewesen – aber da hätte man sich ja in die Augen schauen müssen – zumindest optional… Und Freitagabend? Da bin ich doch in der Kneipe, im Theater, im Restaurant, im Stadion…nicht. Jedenfalls war von diesen Fans niemand im virtuellen Raum anwesend – wieso auch? Bei Twitter und Facebook muss man noch nicht mal für die Mitgliedschaft zahlen, um seine Meinung hinauszuposaunen.

Wie bei jeder deutschen Vereinsmeierei war die Supporters-Tagesordnung der heilige Gral – aber die Inhalte haben mir das Gefühl gegeben, dass wir weiterhin auf dem richtigen Weg sind. Da wäre zum Beispiel die Gänsje-Aktion mit ihren beiden Teilen zu nennen, die sogar neben den Supporters noch mehrere andere Gruppen gemeinsam organisierten. Ferner möchten sich die Supporters mit dem Fanprojekt weiter vernetzen, um im Fanhaus einen Stammtisch zu etablieren. Sie sorgen in besseren Zeiten mit legendären Sonderzugfahrten für noch tollere Auswärtsfahrten und mussten in der Pandemie nun die finanziellen Rückabwicklung des geplanten Zugs zur alten Försterei durchziehen. Und es sind die Supporters, die sich in fanübergreifenden Bündnissen engagieren und wenigstens den Versuch unternehmen, etwas im Profifußball zu verändern – statt nur virtuell dauerzumotzen. Übrigens ist so eine Supporters-Mitgliedschaft auch möglich, wenn man kein Mainz 05-Mitglied ist, so wie es umgekehrt Voraussetzung ist, für die Mitgliedschaft in der Fanabteilung von Nullfünf, die übrigens in diesem Jahr auch sehr viele soziale Projekte auf den Weg gebracht hat. Und dann gäbe es auch noch die Mitgliedschaft im Förderverein des Fanprojekts, das im Sommer trotz Corona viele Sprechstunden zum Beispiel am Rheinufer für die jüngeren unter uns angeboten hat und jetzt auch virtuell für alle, die Gesprächsbedarf haben, da ist.

Auch jenseits der offiziellen Beteiligungsmöglichkeiten für Fans sind es die Fans des FSV, die diesen ziemlich lebhaft durch die Pandemie bringen. Der „Q-Block“ hängt wohl mit Duldung des Vereins Plakate an den Bruchweg, die zeigen, was wohl die große Mehrheit der Menschen außerhalb des Netzes denkt. Die „Chaos Boys“ gehen für Risikogruppen einkaufen und gründen die Initiative „Solidarisch für Mainz“. Es gibt weiterhin tolle Fanzines mit dem „Mate Mann“, der „Sektion Bummskick“ und der „Golden Times“. Auch das Team der „Blockbildung“ legt eine Sonderausgabe nach der anderen auf und liefert sie sogar noch gratis aus. Es wurde sogar ein Fanzine-Almanach produziert. Die „Flagrantia Moguntia“ sammelte mehr als 6.000 Euro, die ansonsten in Glühwein auf den Weihnachtsmärkten in Mainz und Rheinhessen geflossen wären. Sie hat damit mehr als 100 Wünsche von Kindern aus armen Verhältnissen erfüllt. Ferner hat sie mehr als vier Dutzend Care-Beutel für Wohnsitzlose unserer Stadt gepackt. Es ist anzunehmen, dass die „Meenzer Metzger“ auch wieder an Heiligabend bei der Pfarrer Landvogt Hilfe ehrenamtlich kochen, sofern das unter Pandemie-Bedingungen möglich ist. Wahrscheinlich habe ich ein paar ganz tolle Initiativen sogar vergessen aufzuzählen.

Fastnacht-Samstag 2018 in Hoffenheim

Diese ganzen Aktionen finden trotz oder wegen Corona statt bzw. werden während der Pandemie für die Zeit danach geplant. Sie haben eines gemeinsam: Durch die Existenz des Vereins Mainz 05 haben Menschen zusammengefunden, die etwas gemeinsames auf die Beine stellen wollen. Der Verein ist hier nicht gleichzusetzen mit den aktuell handelnden oder flüchtenden Personen innerhalb des Vereins – auch nicht mit einem „Heilsbringer“, der diesmal nicht aus dem Morgenland sondern aus Mallorca einfliegen könnte. Diese Personen kommen und gehen, genauso wie die Spieler. Von den Spielern mehr Identifikation zu verlangen ist natürlich in Ordnung. Aber wenn sie liefern, sieht man ihnen fast alles nach, und wenn es sportlich nicht klappt, hauen viele verbal auf sie drauf. Aber die Spieler sind, egal welche Leistung sie bringen, doch nicht das Herz des Vereins, das dafür sorgt, dass der Verein lebt. Der Verein lebt durch seine Fans und Mitglieder*innen.

Und dass es sportlich nicht so wirklich läuft… auch das hatten wir schon in Hoffenheim erlebt – natürlich an Fastnacht ein paar Monate vor dem „Last Christmas“ Auftritt im Kraichgau. Damals hatte der Verein in der Fastenzeit sogar sportlich noch die Kurve bekommen, damit wir an dem besagten 23. Dezember 2018 dort überhaupt erstklassig singen konnten. Hoffen wir das Beste für das nächste Jahr, gesundheitlich, sportlich aber auch menschlich – Mainz 05 wird niemals untergehn – weil wir immer einen an der Waffel ham!

Raus aus der Deutschland-Blase

„Was? Jetzt auf Reisen gehen?“ „Ist das nicht verboten?“ – das war das Feedback, das wir im November erhielten, als wir unserem Umfeld mitteilten, dass wir tatsächlich für das Jahr 2020 noch Reisepläne hatten.

Während das Reisen für manche von uns schlicht Urlaub bedeutet, sind andere Menschen aufgrund ihres Berufs teilweise gezwungen, geschäftlich zu reisen. Wieder andere Menschen haben Verwandte in anderen Regionen Deutschlands, im Ausland oder sogar auf einem anderen Erdteil sitzen. Weder Geschäftsreisen noch Verwandtenbesuche fallen somit in die „Spaß-Kategorie“, in die eine Urlaubsreise natürlich hineingehört. Und in Zeiten der Pandemie wird in solchen Kategorien gedacht.

Das Robert-Koch-Institut nimmt zum Thema „Reisen“ in seiner „Strategie-Ergänzung“ Stellung.

Aufgrund der Tatsache, dass bei uns seit Anfang November alle Bereiche, die der „Spaß-Kategorie“ zuzuordnen sind, geschlossen sind, liegt natürlich die Schlussfolgerung nahe, dass auch Reisen an sich verboten sind. Allerdings gilt dies nur für touristische Reisen, die, wie bereits erwähnt, der „Spaß-Kategorie“ zuzuordnen sind. Gleichzeitig gilt dieses Verbot nur für das Inland. Denn, anders als es manche Zeitgenossen behaupten, haben wir Deutsche immer noch die Freiheit uns zu bewegen – natürlich auch ins Ausland. Gerade im Ausland schreibt uns der deutsche Staat überhaupt nicht vor, wie wir uns verhalten sollen. Allerdings gibt es natürlich Vorgaben des Gastlands, die teilweise härter sind als in Deutschland, was Masken-Verweiger*innen hart treffen kann.

Trotzdem appellieren viele Menschen aktuell daran, nicht zu reisen. Diese Appelle sind so lange vollkommen in Ordnung, so lange nicht irrtümlich behauptet wird, dass Reisen aktuell ja gar nicht möglich oder gar verboten sind. Das Robert-Koch-Institut bringt es in seiner „Strategie Ergänzung zu Die Pandemie in Deutschland in den nächsten Monaten – Ziele, Schwerpunktthemen und Instrumente für den Infektionsschutz“ auf den Punkt: „Hierbei ist es wesentlich zu betonen: erhöhte Mobilität (berufliche oder private Reisetätigkeit) bedeutet erweitertes Risiko; jedoch ist dieses Risiko nicht primär an den Ort der Reise oder ein spezifisches Gebiet gebunden, sondern hängt wesentlich von dem Verhalten des Einzelnen in einem Gebiet mit Virusübertragungen ab.“

Sprich, natürlich ist die beste Möglichkeit, sich und andere in der Pandemie zu schützen, sich abzusondern. Allerdings ist das in der Praxis unmöglich. Wir alle müssen einkaufen gehen – denn die Inanspruchnahme von Lieferdiensten ist für die meisten von uns über Monate hinweg schlicht nicht bezahlbar. Unentgeltliche Hilfe anzunehmen, z.B. durch Fußballfans, die so etwas in Mainz organisieren, sollte denjenigen vorbehalten bleiben, die zu einer Risikogruppe gehören. Also ist es zunächst einmal unmöglich, sich komplett zu isolieren. Auf die psychischen Folgen einer solchen Isolation gehe ich gar nicht erst ein. Und Homeoffice dürfen auch nicht alle machen.

Dennoch ist es gerade vollkommen hip, sich einzuigeln und davon vorzugsweise in den sozialen Netzwerken zu berichten: zu Hause, in der eigenen Stadt, in der eigenen Region, im eigenen Land. Natürlich ist es richtig, seine Kontakte zu reduzieren, wo immer das möglich ist, um Übertragungswege zu vermeiden. Natürlich ist es gut für die Umwelt, wenn wir regional einkaufen – dabei aber am besten zu Bio-Produkten zu greifen, die vegan sind. Gerade der letzte Punkt stößt bei vielen Menschen auf keine große Gegenliebe. Da sind wir bei einer Gabe angelangt, die viele Leute gerade in den sozialen Netzwerken in sich tragen: Das Missionieren. Ich halte davon sehr wenig, da sich Menschen nicht gerne vorschreiben lassen, was sie zu tun oder zu lassen haben. Vielmehr sollte sich eine innere Überzeugung entwickeln, gegebenenfalls sein Verhalten zu verändern. Natürlich muss es in einem Staat auch Sanktionen geben, aber gerade in der Pandemie ist es wichtig, dass man ein Verhalten an den Tag legt, von dem man überzeugt ist, dass es sinnvoll ist, sich und andere zu schützen.

Nimmt man nun die oben genannten Aussagen des Robert-Koch-Instituts und kombiniert diese damit, dass man selbst davon überzeugt ist, dass die AHA-Regeln (Abstand halten, Hygiene und Alltagsmasken) sinnvoll sind, steht meiner Meinung nach einer Reise zunächst nichts im Wege. Da touristische Reisen innerhalb Deutschlands verboten sind, ist es nur logisch, gegebenenfalls eine Reise ins Ausland anzutreten. Diese Entscheidung muss jede*r selbst treffen. Dass sich Menschen womöglich gegen eine touristische Reise raus aus Deutschland entscheiden, ist absolut verständlich. Wir können uns glücklich schätzen, dass bisher unser Gesundheitssystem nicht überlastet wurde, und es zu keiner Triage gekommen ist, bei der Ärzte entscheiden müssen, wem geholfen werden kann und wem nicht. Natürlich kann man sich im Ausland nicht sicher sein, dass man auf ein solch robustes Gesundheitssystem trifft. Und natürlich sollte man als Reisende dieses System auch erst gar nicht zusätzlich belasten. Aus diesem Grund eine Reise nicht anzutreten ist sehr honorig. Dieses Argument gilt jedoch auch in Zeiten außerhalb einer Pandemie.

Allerdings habe ich das Gefühl, dass wir uns gerade hauptsächlich mit uns selbst beschäftigen – mit uns selbst als Deutschland. Wir fokussieren uns in der Pandemie auf unsere Umgebung und unser Land. Das ist natürlich vollkommen in Ordnung. Aber der Begriff Pandemie drückt es ja schon aus. Diese betrifft nicht nur Deutschland, sondern auch unsere Nachbarländer und sogar andere Kontinente. Wir sind natürlich alle eingeschränkt. Manche von uns sogar extrem, was die wirtschaftliche Situation angeht, wenn man Solo-Selbständige*r ist. Aber es gibt sicherlich Menschen im Ausland, die die Pandemie härter trifft als die meisten von uns. Das wird aktuell in nahezu allen Diskussionen vergessen. Leider reicht manchmal der Blick der Empörten nur an den Rand des besagtenTellers – im besten Fall bis nach Moria, wo viele Flüchtlinge in noch größerem Elend leben, als vor dem Brand des Flüchtlingslagers im Oktober. Es ist gut, dass es bei uns so viele Menschen gibt, die sich für die Geflüchteten dort einsetzen. Aber ist es nicht auch gut, sich gegebenenfalls für Menschen einzusetzen, die sich eine Flucht erst gar nicht leisten können und in ihrer Heimat unter der Pandemie leiden?

„Risikogebiete“ im Ausland werden auf der Seite des Robert-Koch-Instituts ausgewiesen

Die Spendenbereitschaft ist aktuell unter den Bundesbürger*innen immer noch hoch – sie lag zumindest im Sommer laut Tagesschau sogar höher als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Dabei wird vor allem gerne für Projekte vor Ort gesammelt und gespendet, sei es für gemeinnützige Organisationen oder für die schwächsten der Gesellschaft. Schließlich bekommt man das Elend vor der eigenen Haustür direkter mit, als das von Menschen auf anderen Erdteilen. Dies korreliert auch mit entsprechender Empathie: Umstände, mit denen wir direkt konfrontiert werden, machen uns eher betroffen als die Not, die wir nur mit Hilfe von fundierten Beiträgen durch Journalisten, Blogger*innen, Freund*innen oder vom Hörensagen her mitbekommen. Und gleichzeitig kann diese Gabe in der Pandemie auch sehr gefährlich sein. Die Schwachen der Gesellschaft sind ein Teil unserer Gemeinschaft, genauso wie unsere Freunde, Kolleg*innen und Verwandte. Diese bekannten Kontakte stuft man unwillkürlich oft als ungefährlich ein. Das Virus unterscheidet aber nicht zwischen guten und schlechten oder bekannten und unbekannten Kontakten.

Daher bietet das Reisen sogar einen gewissen Selbstschutz: Alle sind fremd und man geht unwillkürlich auf Distanz. Im Kreise der Lieben ist es tatsächlich schwer, diese Distanz zu halten. Daher ist es auch so schwierig, die Ansteckungen aktuell zu reduzieren. Dadurch sind wir in Deutschland selbst zu einem so genannten „Risikogebiet“ geworden. Das Robert-Koch-Institut schreibt in seiner „Informationen zur Ausweisung internationaler Risikogebiete durch das Auswärtige Amt, BMG und BMI“ dazu: „Die Einstufung als Risikogebiet erfolgt nach gemeinsamer Analyse und Entscheidung durch das Bundesministerium für Gesundheit, das Auswärtige Amt und das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. Die Einstufung als Risikogebiet basiert auf einer zweistufigen Bewertung. Zunächst wird festgestellt, in welchen Staaten/Regionen es in den letzten sieben Tagen mehr als 50 Neuinfizierte pro 100.000 Einwohner gab. In einem zweiten Schritt wird nach qualitativen und weiteren Kriterien festgestellt, ob z.B. für Staaten/Regionen, die den genannten Grenzwert nominell über – oder unterschreiten, dennoch die Gefahr eines nicht erhöhten oder eines erhöhten Infektionsrisikos vorliegt.“.

In Deutschland lag der Wert Mitte Dezember bei mehr als 150 Neuinfizierten pro 100.000 Einwohner. Natürlich gibt es regionale Unterschiede in Deutschland, was diesen Wert anbetrifft, aber zumindest für meinen Wohnort Mainz trifft die Definition „Risikogebiet“ seit Wochen zu. Natürlich können die deutschen Behörden nicht für jedes Land der Welt eine regionale Abstufung vornehmen. Folglich werden Länder pauschal zu Risikogebieten erklärt, bei denen es natürlich Regionen geben kann, in denen die Fallzahlen teilweise geringer sind als in Deutschland. Um zu vermeiden, dass Reiserückkehrer*innen andere Menschen anstecken, müssen Reiserückkehrer*innen aus Risikogebieten seit November für zehn Tage in Quarantäne. Diese Maßnahme sorgt zusätzlich dafür, dass von Reisenden für Deutschland keine größere Gefährdung durch eine Ansteckung ausgeht. Somit laufen Parolen „Wir bleiben zu Hause“ ins leere, wenn sie Menschen, die ins Ausland reisen, entgegengehalten werden. In der Zeit, in der man sich im Ausland in einer Region mit niedrigeren Fallzahlen als zu Hause befindet, sich an die AHA-Regeln hält und Kontakte vermeidet, sorgt man dafür, das Ansteckungsrisiko zu vermindern. Dadurch zeigt man sich unweigerlich solidarisch mit der Gesellschaft zu Hause in Deutschland. Das mag nicht jeder und jedem Gefallen, aber sind es nicht am Ende die Fakten, die zählen sollten und nicht das pure Bauchgefühl?