1. Mai – Gefällt mir!

Viele von uns haben heute frei. Heute vor genau 100 Jahren ist das in Deutschland zum ersten Mal passiert. Die Nationalversammlung der Weimarer Republik erklärte einmalig den ersten Tag im Mai zum gesetzlichen Feiertag. Der 1. Mai war schon länger ein Kampftag für Arbeitszeitverkürzungen, der seinen Ursprung in den USA nahm. Ende des 19. Jahrhunderts kämpften amerikanische Gewerkschaften für einen 8-Stunden-Tag. Auch in Europa wurde hierfür gekämpft und für den 1. Mai 1890 ein Streiktag avisiert. Unternehmerverbände drohten im Gegenzug mit Entlassungen. Es gab aber auch Unternehmer mit Weitsicht wie z.B. Ernst Abbe bei Zeiss in Jena, der den 1. Mai als Feiertag bei sich im Betrieb einführte. Noch heute heißt das Stadion in Jena Ernst Abbe Sportfeld.

Blick auf das Ernst-Abbe-Sportfeld nach dem Spiel von Mainz 05 bei Carl-Zeiss-Jena.

Blick auf das Ernst-Abbe-Sportfeld nach dem Spiel von Mainz 05 bei Carl-Zeiss-Jena.

Wenn wir heute von Streiks hören, sind wir oft genervt. Natürlich ist es ätzend, wenn der Flieger nicht geht, der Zug ausfällt oder sonst etwas in unserem durchgeplanten Leben mal wieder nicht so funktioniert, wie wir das vorher allzu knapp einkalkuliert hatten. Aber ein Streik muss halt weh tun. Er ist das legitime Mittel der Arbeitnehmer, ihren Forderungen Ausdruck zu verleihen. Das Streikrecht ist eine große Errungenschaft in Deutschland und viele Arbeitnehmerrechte, die für uns heute selbstverständlich sind, wurden durch engagierte Gewerkschafter*innen hart erkämpft.

Überhaupt machen wir uns sicherlich über viele Dinge rund um die Arbeit, die uns so im Alltag begleiten, keine großen Gedanken, da diese nicht wie eine Push-Mitteilung aufblinken. Gleichzeitig reden heute viele von Nachhaltigkeit. Oft geht es da um ökologische Nachhaltigkeit. Aber zu diesem Begriff gehört auch die soziale Nachhaltigkeit. Ich persönlich gebe lieber mein Geld für Produkte aus, bei denen ich das Gefühl habe, dass die Leute, die sie hergestellt haben, fair behandelt werden.

Teeplantage Sri Lanka
Teepflückerinnen in Sri Lanka – Toiletten sind dort nicht unbedingt Standard

In vielen Ländern außerhalb der westlichen Industrieländer sind Acht-Stundentage noch kein Normalzustand. Selbst Toiletten gehören manchmal nicht zum Standard. Als ich letztes Jahr durch die Teeplantagen Sri Lankas gewandert bin, sah ich im Feld ein kleines weißes Häuschen, auf das das Fairtrade-Logo drauf gemalt war. Es handelte sich um eine Toilette für die Teepflückerinnen. Bei konventionellen Plantagen sei eine Toilette kein Standard, wie mir unser Guide erklärte.

Das Fairtrade-Logo finden wir auch bei vielen tropischen Obstsorten z.B. bei Bananen, bei Kaffee und Wein z.B. aus Südafrika. Oft kosten uns diese Produkte gar nicht mehr Geld, aber es kommt mehr Geld bei den Produzenten vor Ort an und der Zwischenhändler oder der Discounter/Supermarkt um die Ecke streicht einen Tick weit weniger ein. Auch fair gehandelte Kleidung kann man mittlerweile an Siegeln der Fair Wear Foundation oder am GOTS-Logo erkennen. Auf der Seite „Der nachhaltige Warenkorb“ findest Du alle Siegel, die aktuell existieren, auch zu Bio-Produkten und Energieklassen.

Aber auch bei uns direkt vor der Haustür kann man etwas bewusster durch die (Arbeits)-Welt streifen. Die Artikel, die wir lesen, die Podcasts die wir hören, die Bilder, die wir anschauen, können wir, wenn sie uns gefallen, mit einem Like versehen und soweit möglich vielleicht auch teilen. Viele Unternehmen schauen gerade in der Online-Welt auf Klicks, Seitenbesuche etc. Die Kreativen stehen dadurch unter einer besonderen Beobachtung. Über Blogs und Rubriken, die keine Likes einbringen, schwebt ein Damoklesschwert. Dabei lesen wir vielleicht viele Beiträge sehr gerne, möchten uns gleichzeitig nicht outen, dass uns etwas gefällt. Am Ende sind dann alle die Dummen: Die Kreativen erhalten keine Möglichkeit mehr, mit ihrer Arbeit Geld zu verdienen und wir keine Beiträge mehr, die uns doch eigentlich so gut gefallen haben.

Die meisten Kreativen sind darüber hinaus Freiberufler*innen, die keinen Acht-Stunden-Tag, keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und keinen bezahlten Urlaub haben. Einige wenige können sehr gut von ihrer Arbeit leben. Für viele aber geht es ständig darum, den nächsten (bezahlten) Job zu erhalten. Da sollte es doch für uns alle möglich sein, uns die Arbeit zu machen und Likes zu verteilen…und das nicht nur am Tag der Arbeit.

Zeichen setzen

Bali, Berlin, Nairobi, New York, Paris… was sich wie eine Tournee-Auflistung liest, ist leider die Anreihung der Orte, die ich besucht habe, nachdem dort ein Terroranschlag stattgefunden hatte. Berlin und Paris haben sicherlich viele von Euch auch nach 2015 bzw. 2016 aufgesucht. Vielleicht wohnt die eine oder der andere ja auch in einem dieser Orte. Gemeinsam mit New York sind diese Plätze nicht unbedingt auf den Tourismus angewiesen. Nairobi selbst ist auch nicht wirklich ein Touristenmagnet und eher wegen der seit Jahrzehnten vergleichsweise hohen Kriminalitätsrate unter Reisenden ohnehin nicht sonderlich beliebt, aber der Ausgangspunkt zu vielen Naturschönheiten Kenias.

Tee-Plantagen im Zentrum von Sir Lanka
Tee-Plantagen im Zentrum von Sir Lanka

Bei Bali sieht die Sache hingegen vollkommen anders aus. Nachdem im Oktober 2002 ein Bombenanschlag im von (Party)-Touristen besonders beliebten Kuta verübt worden war, trauten sich die Massen plötzlich nicht mehr in das „Malle“ der Australier. Als ich im Rahmen meiner Weltreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Mai 2003 erstmals nach Bali kam, war die Insel nicht ausgestorben, denn übervölkert war sie auch damals schon. Aber Fremde gab es fast keine. „Come back to Bali – don’t let the terrorists win“ stand auf vielen Schildern geschrieben. Ich hatte 2003 eine gute Zeit auf Bali, fühlte mich sicher und die Menschen waren dankbar, dass ich ein wenig Geld bei ihnen ließ. Ganze Familienexistenzen standen damals auf dem Spiel.

Mit der Eisenbahn geht es wunderbar durch die Berge von Sri Lanka
Mit der Eisenbahn geht es wunderbar durch die Berge von Sri Lanka

Aktuell wird auf Touristen sehr viel geschimpft. Es kommt zum so genanntem „Overtourism“, z.B. an den Grachten von Amsterdam oder an der Lagune von Venedig. Globale Ferienwohnungsvermietungsplattformen wird vorgeworfen, Mietwohnungen den Einheimischen wegzunehmen. Aber Touristen können auch Zeichen setzen, z.B. in dem sie gerade jetzt ihre nächste Fernreise nach Sri Lanka statt ins mittlerweile wieder recht populäre Bali planen. Sri Lanka machte bis 2009 einen jahrzehntelangen Bürgerkrieg zwischen hinduistischen Tamilen und buddhistischen Singalesen mit. Die letzten 10 Jahre ging es in Sir Lanka bergauf und Probleme zwischen Christen und Moslems, die jeweils weit unter 10 % der Bevölkerung stellen, gab es nicht. In meinem Buch „Zu Gast – In vielen Ecken dieser Welt“ setze ich das Land mit einer Trauminsel gleich. Dies galt bis zum Ostersonntag. Ich bin mir sicher, dass dies, wie auf Bali auch, in Zukunft auch wieder der Fall ist. Selbst das Auswärtige Amt hat keine Reisewarnung für das Land ausgesprochen. Ich denke, wir müssen einfach akzeptieren, dass wir nirgends auf diesem eigentlich wunderschönen Planeten sicher sind.

Elefanten im Udawalawe Nationalpark im Süden von Sri Lanka
Elefanten im Udawalawe Nationalpark im Süden von Sri Lanka

Den Menschen in Sri Lanka wäre es auf jeden Fall zu wünschen, wenn im Herbst, wenn die Hauptsaison wieder beginnt, möglichst wieder viele Fremde ihre Insel  besuchen, eine gute Zeit dort haben und die Einheimischen durch ihre Präsenz unterstützen.