Die Finanz-Bundesliga-Tabelle 2019/20 – Teil 2

Im Mai 2019 veröffentlichte die DFL nach dem Beschluss der Mitgliederversammlung Ende 2018 erstmals die Finanzkennzahlen der Bundesliga-Vereine. Da wir bei der Bundesliga nicht erst seit den Geisterspielen wissen, dass es nur ums Geschäft geht, hatte ich im letzten Jahr die „Finanz-Bundesliga-Tabelle 2018/19“ veröffentlicht. In dieser habe ich die Finanzkennzahlen, die die DFL pro Verein veröffentlicht hat, mit Hilfe von Leistungskennzahlen, so genannten „Key Performance Indicators“, kurz KPIs, analysiert. Daraus ergaben sich für die einzelnen Vereine viele interessante Ergebnisse. Da sich die Vereine untereinander in einem Wettbewerb befinden, war es bereits letztes Jahr extrem spannend zu sehen, wie es tatsächlich um „Financial Fairplay“ bestellt ist. In diesem Jahr wurde es noch einen Tick interessanter, weil es erstmals möglich war, Veränderungen im Vergleich zum vorangegangen Geschäftsjahr zu ermitteln. Bilanzstichtag war der 30. Juni 2019 (bei Eintracht Frankfurt, Bayer 04 Leverkusen, Borussia Mönchengladbach und dem FC Schalke 04 der 31. Dezember 2019). Zu diesem Zeitraum spielten der SC Paderborn, der 1. FC Köln und Union Berlin in der 2. Liga. Im vorangegangen Jahr (Bilanzstichtag 30. Juni oder 31. Dezember 2018) spielten Union Berlin und Fortuna Düsseldorf in der 2. Liga und der SC Paderborn in der 3. Liga.

Da sich letztes Jahr Fans zahlreicher anderer Vereine für diese Tabelle interessiert haben, gehe ich dieses Jahr auf alle 18 Erstligisten der Saison 2019/20 ein. Dadurch wird der Umfang dieser Analyse deutlich erweitert. Aus diesem Grund macht es meiner Meinung nach Sinn, dieses Thema in Abschnitte zu unterteilen:

Teil 1: Einführung und die KPIs Anlagendeckungsgrad und Eigenkapitalquote
Teil 2: Die KPIs Eigenkapitalrendite und Umsatzrentabilität
Teil 3: Die KPIs Personalaufwandsquote und Verschuldungsgrad
Teil 4: Die Finanz-Bundesliga-Abschlusstabelle 2019/20
Teil 5: Kurz-Analyse pro Verein – die Kellerkinder
Teil 6: Kurz-Analyse pro Verein – das Mittelmaß
Teil 7: Kurz-Analyse pro Verein – die High-Performer

In Teil 1 ging es einerseits um die „Größe“ und die „Steine“ eines Vereins und darum, wieviel Geld der eigene Club eigentlich mitbringt (oder sich durch Investoren mitbringen lässt), um Bundesliga spielen zu können. Daraus ließen sich die KPIs Anlagendeckungsgrad und Eigenkapitalquote ermitteln, die zwei von sechs Kriterien für die „Finanz-Bundesliga-Tabelle“ 2019/20 bilden. Auch im zweiten Teil spielt dieses Eigenkapital eine entscheidende Rolle. Diesmal geht es aber auch um den Jahresüberschuss, sprich darum, ob der Verein einen Gewinn oder Verlust erwirtschaftet und um Umsatz, sprich die Verkaufserlöse eines Vereins. Mit diesen Kennzahlen lassen sich zwei weitere KPIs für die „Finanz-Bundesliga-Tabelle“ 2019/20 ermitteln: Die Eigenkapitalrendite und die Umsatzrentabilität.

3. Eigenkapitalrendite (Jahresüberschuss zu Eigenkapital)

Die Eigenkapitalrendite klärt, ob es sich für den Club finanziell lohnt, den Spielbetrieb aufrecht zu erhalten, sprich, ob das eingesetzte Geld überhaupt Früchte trägt. Letztes Jahr hatte Schalke den größten Jahresüberschuss mit fast 40 Mio. Euro zu verzeichnen bei relativ wenig eingesetztem eigenen Geld. Ein Jahr später schaffte Schalke wieder einen Rekord hinzubekommen: den auf dem Papier größten Jahresfehlbetrag mit 27 Mio. Euro. Gleichzeitig ist das Eigenkapital ins Negative gerutscht. Das ist finanziell der Supergau! Dieser drückt sich auch in den jeweiligen Platzierungen (vorher Platz 1, jetzt Platz 18) aus.

In beiden Geschäftsjahren schafften es weder der SC Paderborn noch Hertha BSC Berlin, einen Gewinn zu erwirtschaften. Das findet ebenfalls ein Abbild in den Platzierungen (beide Male 16. bzw. 17. und 18. im Vorjahr). Dabei bekam es die Hertha sogar noch hin, den Verlust zu vervierfachen. Paderborn konnte den Verlust immerhin halbieren. Es darf nicht vergessen werden, dass Paderborn im Vergleichszeitraum in der 3. bzw. 2. Liga kickte. Der 1. FC Köln spielte in den Vergleichszeiträumen erst in der 1. Liga, dann in der 2. Liga und machte dennoch jeweils Gewinn – Respekt! Allerdings rutschte der Club von Rang 2 auf 11 ab – das war dem sportlichen Abstieg geschuldet. Respekt auch für Borussia Mönchengladbach. Die Fohlen fuhren Vorjahr noch einen Verlust von 3 Mio. Euro ein. Diesmal konnte die Borussia einen soliden Gewinn mit 12 Mio. Euro verbuchen. Das führte sie vom Relegationsplatz 16 auf 6. Den Gewinn versiebenfacht hat Werder Bremen, jedoch auf sehr niedrigem Niveau (0,5 Mio zu 3,5 Mio.). Das reichte aber für Platz 2 (statt 10).  Im Gleichschritt geht es für Eintracht Frankfurt und Mainz 05 nach oben – beide haben sehr positive Veränderungen beim Gewinn zu verzeichnen (5- fach bzw. 4-fach). Damit holt die SGE den Eigenkapitalrendite-Titel und Mainz 05 landet auf Platz 3 (Vorjahr Platz 5 bzw. 8).   

Aus der Bankenstadt Frankfurt am Main kommt der Meister der Eigenkapital- und Umsatzrendite – was sicherlich auch auf die erfolgreiche Europapokal-Teilnahme in der Spielzeit 2018/19 zurückzuführen ist.

Fast interessanter in Bezug auf „Financial Fairplay“ sind wie im letzten Jahr die Jahresüberschüsse von 0 Euro auf dem Papier von Bayer 04 Leverkusen und dem VfL Wolfsburg. Während die knapp 0,7 Mio (Vorjahr: 18 Mio.) Überschuss von Bayer 04 an so genannte „andere Gesellschafter“ gewandert sind, haben diese „anderen Gesellschafter“ beim VfL Wolfsburg den Rekord-Verlust von 45 Mio. (Vorjahr: 19 Mio.) Euro einfach ausgeglichen. Wir erinnern uns: Schalke hat ein desaströses Minus von 27 Mio. Euro abgeliefert. Die Wölfe haben das aber nochmals mehr als getoppt!

Ebenfalls sehr interessant auch die „Ergebnisabführung an atypisch stillen Gesellschafter“ bei der TSG Hoffenheim in Höhe von 18 Mio. (Vorjahr 27 Mio.) Euro. Dieser atypisch stille Gesellschafter hat übrigens laut N-TV in den Jahren 2012 bis 2015 insgesamt 56 Mio. Euro „in den Verein gepumpt, um Finanzlöcher auszugleichen“. Ganz offiziell darf gesungen werden: „Dietmar H, du atypisch stiller Gesellschafter!“ Egal ob Wolfsburg, Leverkusen oder Hoffenheim gilt: Machen die Vereine Verluste, wird das Scheckbuch gezückt und der Verlust übernommen. Springt ein Gewinn raus, wird dieser abgedrückt. Finanzielle Unabhängigkeit in Bezug auf „50 plus 1“ sieht anders aus – von „Financial Fairplay“ ganz zu schweigen.

Quellen:
Wegen Hopps Millionen: TSG Hoffenheim drohen Uefa-Sanktionen – n-tv.de
Liga-Schlusslicht: Wolfsburger Verlust beträgt 45 Millionen Euro – kicker

Es ergibt sich die Eigenkapitalrendite-Tabelle (in Klammern das Ergebnis vom Vorjahr)

1. Eintracht Frankfurt (5.)
2. SV Werder Bremen (10.)
3. 1. FSV Mainz 05 (8.)
4. Fortuna Düsseldorf (3.)
5. FC Augsburg (4.)
6. Borussia Mönchengladbach (16.)
7. FC Bayern München (11.)
8. SC Freiburg (7.)
9. Borussia Dortmund (9.)
10. RB Leipzig (6.)
11. 1. FC Köln (2.)
12. TSG Hoffenheim (12.)
13. Bayer 04 Leverkusen (13.)
14. VfL Wolfsburg (14.)
15. FC Union Berlin (15.)
16. SC Paderborn (16.)
17. Hertha BSC Berlin (18.)
18. FC Schalke 04 (1.)

4. Umsatzrentabilität (Jahresüberschuss zu Umsatz)

Die Zahl sagt aus, wieviel Prozent des Umsatzes als Gewinn verbleiben, sprich wie effizient der Club in der Saison gewirtschaftet hat. Die größte Effizienzsteigerung kann der SC Paderborn verzeichnen. Sie hilft jedoch nur bedingt, da trotzdem kein Gewinn erwirtschaftet wurde und damit nur die rote Laterne an Hertha BSC weitergereicht wurde und Platz 17 rausspringt. Effizienz hat schließlich nichts mit der Ligazugehörigkeit zu tun, da Paderborn im Vorjahr in Liga 3 und im aktuell betrachteten Zeitraum in Liga 2 kickte. Die Hertha hat wie Paderborn in beiden Jahren eine negative Umsatzrentabilität zu verzeichnen. Am anderen Ende der Tabelle: Eintracht Frankfurt und Mainz 05 mal wieder! Sie haben im Gleichschritt mit Borussia Mönchengladbach die größten Effizienzsteigerungen bei gleichzeitigem Jahresüberschuss zu verzeichnen. Das reicht für die Vereine aus dem Rhein-Main-Gebiet für Platz 1 und 2 (vormals 8 und 9) bzw. 6 (statt 16). Den größten Verlust an Effizienz muss der FC Schalke 04 verkraften. Das Ergebnis: Der Absturz hier von Platz 1 auf 16. Einen relativ starken Verlust an Umsatzrentabilität hat auch der 1. FC Köln zu verzeichnen, was sicherlich mit dem Abstieg in die 2. Liga und dem bundesliga-tauglichen Kader (aus finanzieller und sportlicher Sicht) zurückzuführen ist.

Es ergibt sich die Umsatzrentabilitäts-Tabelle (in Klammern das Ergebnis vom Vorjahr)

1. Eintracht Frankfurt (8.)
2. 1. FSV Mainz 05 (9.)
3. FC Augsburg (3.)
4. SC Freiburg (2.)
5. FC Bayern München (6.)
6. Borussia Mönchengladbach (16.)
7. Borussia Dortmund (5.)
8. Fortuna Düsseldorf (7.)
9. SV Werder Bremen (12.)
10. RB Leipzig (10.)
11. 1. FC Köln (4.)
12. FC Union Berlin (11.)
13. TSG Hoffenheim (13.)
14. Bayer 04 Leverkusen (14.)
15. VfL Wolfsburg (15.)
16. FC Schalke 04 (1.)
17. SC Paderborn (18.)
18. Hertha BSC Berlin (17.)

Zusammenfassung: Im ersten Teil, in dem es um die KPIs Anlagendeckungsgrad und Eigenkapitalquote ging, dominierten die badischen Vereine aus Freiburg und Hoffenheim. Im zweiten Teil, der sich mit den KPIs Eigenkapitalrendite und Umsatzrentabilität beschäftigte, führt das Rhein-Main-Gebiet mit Eintracht Frankfurt und dem 1. FSV Mainz 05 die Tabelle an. Im dritten und letzten Teil geht es schließlich um die KPIs Personalaufwandsquote und Verschuldungsgrad und die Frage ob Geld Tore schießt und ob „No financial risk, no fun“ in der Bundesliga von einigen Vereinen als der wahre Claim ausgegeben wird.

Die Finanz-Bundesliga-Tabelle 2019/20 – Teil 1

Im Mai 2019 veröffentlichte die DFL nach dem Beschluss der Mitgliederversammlung Ende 2018 erstmals die Finanzkennzahlen der Bundesliga-Vereine. Da wir bei der Bundesliga nicht erst seit den Geisterspielen wissen, dass es nur ums Geschäft geht, hatte ich im letzten Jahr die „Finanz-Bundesliga-Tabelle 2018/19“ veröffentlicht. In dieser habe ich die Finanzkennzahlen, die die DFL pro Verein veröffentlicht hat, mit Hilfe von Leistungskennzahlen, so genannten „Key Performance Indicators“, kurz KPIs, analysiert. Daraus ergaben sich für die einzelnen Vereine viele interessante Ergebnisse. Da sich die Vereine untereinander in einem Wettbewerb befinden, war es bereits letztes Jahr extrem spannend zu sehen, wie es tatsächlich um „Financial Fairplay“ bestellt ist. In diesem Jahr wurde es noch einen Tick interessanter, weil es erstmals möglich war, Veränderungen im Vergleich zum vorangegangen Geschäftsjahr zu ermitteln. Bilanzstichtag war der 30. Juni 2019 (bei Eintracht Frankfurt, Bayer 04 Leverkusen, Borussia Mönchengladbach und dem FC Schalke 04 der 31. Dezember 2019). Zu diesem Zeitraum spielten der SC Paderborn, der 1. FC Köln und Union Berlin in der 2. Liga. Im vorangegangen Jahr (Bilanzstichtag 30. Juni oder 31. Dezember 2018) spielten Union Berlin und Fortuna Düsseldorf in der 2. Liga und der SC Paderborn in der 3. Liga.

Da sich letztes Jahr Fans zahlreicher anderer Vereine für diese Tabelle interessiert haben, gehe ich dieses Jahr auf alle 18 Erstligisten der Saison 2019/20 ein. Dadurch wird der Umfang dieser Analyse deutlich erweitert. Aus diesem Grund macht es meiner Meinung nach Sinn, dieses Thema in Abschnitte zu unterteilen:

Teil 1: Einführung und die KPIs Anlagendeckungsgrad und Eigenkapitalquote
Teil 2: Die KPIs Eigenkapitalrendite und Umsatzrentabilität
Teil 3: Die KPIs Personalaufwandsquote und Verschuldungsgrad
Teil 4: Die Finanz-Bundesliga-Abschlusstabelle 2019/20
Teil 5: Kurz-Analyse pro Verein – die Kellerkinder
Teil 6: Kurz-Analyse pro Verein – das Mittelmaß
Teil 7: Kurz-Analyse pro Verein – die High-Performer

Aus den folgenden von der DFL veröffentlichten Kennzahlen habe ich die unten stehenden Unternehmenskennzahlen hergeleitet:

  • Anlagevermögen
  • Eigenkapital
  • Verbindlichkeiten + Rückstellungen (=Fremdkapital)
  • Bilanzsumme
  • Jahresüberschuss
  • Personalkosten
  • Rohergebnis (als Umsatz genutzt)

Daraus habe ich die folgenden Leistungskennzahlen hergeleitet:

  • Anlagendeckungsgrad
  • Eigenkapitalquote
  • Eigenkapitalrendite
  • Umsatzrentabilität
  • Personalaufwandsquote
  • Verschuldungsgrad

Anmerkung in eigener Sache: Unter den Leser*innen dieses Blogs gibt es sicherlich versiertere „Bilanzbuchhalter*innen“ als ich es bin. Man hätte zum Beispiel die passiven Rechnungsabgrenzungsposten dem Fremdkapital hinzurechnen können. Dazu hätte ich dann allerdings auch wissen müssen, um was es sich da tatsächlich handelt. Ziel dieser Analyse ist es daher nicht, für 18 Vereine wasserdichte Finanzgutachten zu erstellen. Vielmehr soll sie den Fußballfans dazu dienen, sich ein grobes Bild seines Vereins in Bezug auf die finanzielle Situation zu machen – im Vergleich zum „verhassten“ Konkurrenten genauso wie zum Vorjahr. Und wie bei vielen „Fan-Aktionen“ ist auch dieser Artikel in der Freizeit entstanden, ohne finanzielle oder sonstige Kompensation. Eine noch detaillierte Aufstellung hätte den zeitlichen Aufwand deutlich gesprengt.

Führend beim Anlagendeckungsgrad und nie um eine klare Meinung verlegen: Der Verein und seine Mitlieder des SC Freiburgs

1. Anlagendeckungsgrad (Eigenkapital zu Anlagevermögen)

Je höher der Deckungsgrad, desto besser steht es um die Finanzierung des Clubs. Wie im vergangenen Jahr gibt es wieder Clubs mit negativem Eigenkapital, sprich diese Clubs sind bilanziell überschuldet. Das Vermögen des Vereins deckt nicht mehr die Schulden. Im Vorjahr waren es Hertha BSC Berlin, der SC Paderborn und Union Berlin. Die beiden Erstgenannten haben die Kurve gekriegt (Hertha dank eines Investors, siehe weiter unten) und haben nun wieder positives Eigenkapital vorzuweisen. Dafür hängt jetzt der FC Schalke 04 tief drin im Schlamassel mit negativem Eigenkapital. Der FC Augsburg (17 Mio. Euro), RB Leipzig (36 Mio. Euro) und der 1. FSV Mainz 05 (3 Mio. Euro) haben wie im Vorjahr Investitionszuschüsse (wahrscheinlich für das jeweilige Stadion) erhalten, die man dem Eigenkapital zurechnen kann. Ich habe diese Zuschüsse weggelassen, um eine bessere Vergleichbarkeit zu erzielen. Letztes Jahr war dieser Zuschuss bei RB Leipzig größer ist als das eigentliche Eigenkapital in Höhe von 27 Mio Euro. Plötzlich stehen in der Bilanz von RB einfach 100 Mio. Euro mehr Eigenkapital. Diesem sind wahrlich Flügel gewachsen!

Aber auch der Eigenkapitalzuwachs bei Hertha BSC in Höhe von 70 Mio. Euro ist nicht „normal“ – dem Investor sei Dank! Wer immer über die Bayern schimpft…deren Eigenkapital ist im selben Zeitraum um vergleichsweise „geringe“ 40 Mio. Euro gestiegen. Prozentual ist das Eigenkapital auch bei Eintracht Frankfurt durch die Decke gegangen. Es hat sich mehr als verdoppelt – dem Europapokal sei Dank? Mainz 05 hat 47 Prozent mehr Eigenkapital vorzuweisen – ein toller Wert für den Verein. Der FC Schalke 04 hingegen hat Eigenkapital verloren (-25 Mio. Euro) – als einziger Verein überhaupt. Selbst das Eigenkapitalkellerkind Union Berlin hat 0,3 Mio. Euro weniger negatives Eigenkapital vorzuweisen als im Vorjahr.

Das Anlagevermögen sind die so genannten Steine eines Vereins, sprich diese sollen dem Verein dauerhaft dazu dienen, den Spielbetrieb durchzuführen. Dieses hat sich beim SC Paderborn verzehnfacht und sich bei der Eintracht immerhin noch verdoppelt, bei Mainz 05 um gute 60 Prozent. Um fast ein Drittel ist es bei Hertha BSC hingegen gesunken, bei Schalke um 10 Prozent. Auch bei Union ist es leicht gesunken, aber Union hat mittlerweile ein um 50 Prozent höheres Anlagevermögen als die „Alte Dame“! (32 Mio. zu 20 Mio. Euro).

Quelle zu den Entwicklungen beim Eigenkapital bei RB Leipzig und bei Hertha BSC Berlin:

Fußball – Leipzig – 100-Millionen-Transaktion: Leipzig stärkt Eigenkapital – Sport – SZ.de:

Hertha BSC verfünffacht Eigenkapital – rbb24.de

Es ergibt sich die Anlagendeckungsgrad-Tabelle 2019/20 (in Klammern das Ergebnis vom Vorjahr)

1. SC Freiburg (1.)
2. TSG Hoffenheim (2.)
3. FC Bayern München (4.)
4. Borussia Dortmund (3.)
5. Bayer 04 Leverkusen (5.)
6. 1. FSV Mainz 05 (6.)
7. FC Augsburg (7.)
8. Eintracht Frankfurt (8.)
9. 1. FC Köln (9.)
10. RB Leipzig (14.)
11. Borussia Mönchengladbach (11.)
12. Fortuna Düsseldorf (10.)
13. Hertha BSC Berlin (17.)
14. SC Paderborn (18.)
15. VfL Wolfsburg (12.)
16. SV Werder Bremen (13.)
17. FC Schalke 04 (15.)
18. FC Union Berlin (16.)

Top-Location zum „Last Christmas“ singen und Top-Platzierung bei der Eigenkapitalquote: TSG Hoffenheim

2. Eigenkapitalquote (Eigenkapital zu Bilanzsumme)

Je höher die Quote desto mehr finanzielles Engagement bringt der eigene Club auf, sprich desto mehr finanziert sich der Verein selber und desto geringer ist die Chance, dass der Verein pleite geht. Das sind die Rücklagen, die von den Clubs in Bezug auf die Pandemie gefordert wurden, um Krisenzeiten länger als ein paar Wochen durchzustehen. Die 100 Mio. Euro die RB Leipzig plötzlich mehr an Eigenkapital aufweist führen zu einem Sprung von Platz 14 auf 9 im Vorjahr. Trotz des erhöhten Eigenkapitals bei der Hertha dümpelt der Club immer noch im Eigenkapitalquoten-Tabellenkeller herum. Dies zeigt die finanzielle Dramatik, die bei Hertha BSC im Jahr 2019 geherrscht hat.

Um die „Größe“ der Clubs miteinander zu vergleichen eignet sich die Bilanzsumme ganz gut. Sie zeigt das Gesamtvermögen eines Unternehmens auf – und gleichzeitig auch das Gesamtkapital, das notwendig ist, um den Laden am Laufen zu halten. Das Verhältnis der Clubs untereinander, das sich unter anderem aus dem finanziellen Gebaren der Vorjahre herleitet, ist auch ganz interessant zu betrachten. Der größte Verein (FC Bayern) ist 41-mal größer als der kleinste Verein (SC Paderborn). Dieses Verhältnis ist innerhalb eines Jahres allerdings massiv geschrumpft. Es lag im Jahr zuvor bei 176! Damals war der Verein allerdings noch Drittligist. Der SC Paderborn hat sich innerhalb eines Jahres vervierfacht, die Hertha nahezu verdreifacht, Eintracht Frankfurt verdoppelt und auch Fortuna Düsseldorf ist fast doppelt so groß, im Vergleich zum Vorjahr. Am meisten geschrumpft ist Schalke 04 um zirka 20 Prozent und damit von Platz 4 auf Platz 8 abgesackt. Leicht geschrumpft ist der VfL Wolfsburg, der damit von Platz 5 auf Platz 6 gefallen ist. Mainz 05 ist um ein Drittel gewachsen und liegt unverändert auf Platz 13 und ist damit der kleinste Verein der so genannten drei sympathisch wirtschaftenden Vereine zu denen auch der SC Freiburg (12. vorher 11.) und der FC Augsburg (10. vorher 9.) gezählt werden. Der FCA ist „nur“ um 11 Prozent, der Sportclub „nur“ um 7 Prozent gewachsen. Das heißt im Klartext: Um den Platz zu halten ist tatsächlich ein Wachstum wie bei Mainz 05 um ein Drittel notwendig – zumindest bei den „Mittelklasse-Clubs“. RB Leipzig verliehen die 27 Prozent Wachstum Flügel und das Konstrukt hob von Platz 7 ab und landete auf 3. Der ehemalige Champions-League Teilnehmer SV Werder Bremen sackt weiter ab von 14 auf 15. Hinter dem unangefochtenen Spitzenduo aus München und Dortmund liegen mit RB Leipzig, Bayer 04, der TSG Hoffenheim und dem VfL Wolfsburg mittlerweile vier Vereine, die sich „traditionell“ auf bekannte Geldgeber stützen können.

Interessant auch, dass diese Tabelle der „wahren Tabelle“ sehr ähnelt. Die ersten drei Teams und die Absteiger sind identisch. Sportlich wesentlich besser sieht es bei Borussia Mönchengladbach (Patz 4 statt 7), dem SC Freiburg (Patz 8 statt 12) und bei Union Berlin (Platz 11 statt 16) aus. Die Eintracht und Mainz 05 stehen wieder exakt da, wo sie auch bei der „Größe“ stehen (Platz 9 bzw. 13). Gleiches gilt für den 1. FC Köln, der allerdings im untersuchten Zeitraum in Liga 2 kickte. Eine schlechte Performance legten demnach der FC Schalke 04 (Platz 12 statt 8) und der FC Augsburg (Platz 15 statt 10) hin. Noch schlimmer stellt sich die Lage für Schalke da, wenn man wie oben bereits erwähnt, dass man im Vorjahr in der Bilanzsumme noch Platz 4 einnahm. Der Sturz von Werder auf Platz 16 im sportlichen Geschehen verwundert dann nicht mehr allzu sehr, da sich der Verein in beiden Jahren von der Bilanzsumme her gesehen auf Platz 14 und 15 befand.

Die Bilanzsummen-Tabelle 2019/20 (in Klammern das Ergebnis vom Vorjahr)

  1. FC Bayern München (1.)
  2. Borussia Dortmund (2.)
  3. RB Leipzig (7.)
  4. Bayer 04 Leverkusen (3.)
  5. TSG Hoffenheim  (6.)
  6. VfL Wolfsburg (5.)
  7. Borussia Mönchengladbach (8.)
  8. FC Schalke 04 (4.)
  9. Eintracht Frankfurt (10.)
  10. FC Augsburg (9.)
  11. Hertha BSC Berlin (15.)
  12. SC Freiburg (11.)
  13. 1. FSV Mainz 05 (13.)
  14. 1. FC Köln (12.)
  15. SV Werder Bremen (14.)
  16. FC Union Berlin (16.)
  17. Fortuna Düsseldorf (17.)
  18. SC Paderborn (18.)

Anmerkung: Bei der Bilanzsumme handelt es sich nicht um eine Finanzkennzahl, die ich erst kalkulieren musste. Sie steht auf der Seite der DFL zu Verfügung. Sie bildet nur die die Basis, um die Eigenkapitalquote zu ermitteln. Groß bedeutet nicht stark, solide oder solvent. Wenn das so einfach zu ermitteln wäre, dann könnte man sich die Analyse der Kennzahlen mit KPIs auch sparen. Daher fließt die Bilanzsumme als solche nicht in die in Teil 4 zu erstellende Finanz-Bundesliga-Tabelle direkt ein, sondern nur über die Eigenkapitalquote.

Es ergibt sich die Eigenkapitalquote-Tabelle (in Klammern das Ergebnis vom Vorjahr)

1. TSG Hoffenheim (1.)
2. SC Freiburg (2.)
3. Borussia Dortmund (3.)
4. Bayern München ( 5.)
5. Bayer 04 Leverkusen (4.)
6. 1. FSV Mainz 05 (6.)
7. Borussia Mönchengladbach (7.)
8. 1. FC Köln (8.)
9. RB Leipzig (14.)
10. FC Augsburg (9.)
11. Eintracht Frankfurt (10.)
12. Fortuna Düsseldorf (11.)
13. SV Werder Bremen (12.)
14. VfL Wolfsburg (13.)
15. SC Paderborn (18.)
16. Hertha BSC Berlin (17.)
17. FC Schalke 04 (15.)
18. FC Union Berlin (16.)

Wie beim Anlagendeckungsgrad dominiert Baden die Liga auch bei der Eigenkapitalquote. Der SC Freiburg und die TSG Hoffenheim sind finanziell gut aufgestellt und investieren in Steine und vielleicht einen Tick weniger in Beine. Trotz der Erhöhung des Eigenkapitals steht die Hertha immer noch extrem schlecht da. Bei RB Leipzig hat die Erhöhung des Eigenkapitals zu einem Sprung von 14 auf 9 geführt. Die Tabelle der Eigenkapitalquote gibt wohl am ehesten Auskunft auf die Frage, bei welchen Vereinen die Wahrscheinlichkeit am höchsten ist, dass sie eine neue Einstellung des Spielbetriebs wegen Corona überleben könnten.

Im zweiten Teil der Finanz-Bundesliga-Tabelle 2019/20 wird es unter anderem um die Eigenkapitalrendite (Jahresüberschuss zu Eigenkapital) gehen. Dort werden wir einen sagenhaften Absturz eines Vereins miterleben. Außerdem lernen wir, wie wir Dietmar H. aus H. bilanziell nennen dürfen. Ob dies eine Beleidigung darstellt, müssen die Finanzbehörden in Sinsheim entscheiden. Dann müsste allerdings auch die DFL juristisch belangt werden, schließlich hat sie diesen Begriff selbst in den Finanzkennzahlen veröffentlicht 😉

Spätlese Leipzig 2019/2020

Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!

01 Hin und weg:

Dass es für mich mit der Bahn aufs Auswärtsspiel ging, ist ja mittlerweile keine wirkliche Überraschung mehr. Dass die Fahrt problemlos ablief auch nicht – zumindest für Vielfahrer*innen. Schließlich ist das Fahren mit der Bahn im Durchschnitt wesentlich angenehmer als das mit dem Auto oder dem Bus. Denn im Zug kann man z.B. wie letztes Mal Podcasts zur OB-Wahl hören. Nach der OB-Stichwahl am kommenden Sonntag steht direkt das nächste Ereignis an. Klar, der 11.11.! Aber auch der 15.11. ist mittlerweile ein wichtiger Tag in der Stadt des Buchdrucks: der bundesweite Vorlesetag, der bei uns unter dem Motto „Mainz liest bunt“ und dem diesjährigen Thema „Geschichten von unterwegs“ steht.

Vorbereitung der "Mainz liest bunt" Lesungen im Zug nach Leipzig
Vorbereitung der „Mainz liest bunt“ Lesungen im Zug nach Leipzig

Da ich ja das eine oder andere Mal unsere Stadt auch dann verlasse, wenn es nicht gerade zum nächsten 05er-Auswärtsspiel geht, darf ich in diesem Jahr sowohl bei den „05er Classics“ als auch auf der Mainzer Büchermesse aus meinen beiden Büchern vorlesen. Hier kommt nun wieder die Bahn ins Spiel, denn solche Lesungen müssen natürlich  vorbereitet werden. Da bot sich die Bahnfahrt nach Leipzig perfekt an, denn anders als im Auto kann man normalerweise beim Bahnfahren gut an Präsentationen feilen. Ob sich das Ergebnis sehen lassen kann, sollen die Gäste beurteilen, die auf meinen beiden Lesungen vorbeischauen. Vielleicht sehen wir uns ja – es würde mich sehr freuen.  

02 (N)immer nuff:

Leipzig ist seit jeher Straßenbahnstadt. Mit zahlreichen Linien geht es in Richtung Zentralstadion. Anders als in Mainz hat jede Bahn einen Fahrkartenautomaten an Bord. An sich ist das eine gute Idee, aber leider nehmen die Dinger keine Scheine, keine EC- und keine Kreditkarte – nur eine Leipzig Card, ach so und Münzen natürlich auch. Wenn man allerdings ein 24-Stunden-Ticket für zwei Personen kaufen möchte, das an sich mit elf Euro irgendwas recht günstig ist, dann wird es etwas blöd, sofern man keinen Haufen Eurostücke dabei hat.

Freilaufende Bullen sind in Leipzig ok - Meinungsfreiheit nicht überall
Freilaufende Bullen sind in Leipzig ok – Meinungsfreiheit nicht überall

Da denke ich sehnsüchtig an Länder wie Kenia, in denen man mit dem Mobiltelefon so ziemlich alles bargeldlos kaufen kann. Aber gut, wir befinden uns halt nicht Mitten im innovativen Afrika, sondern in Mitteleuropa…

03 Kon-Trolle

Dass viele Fußball-Fans ein Problem mit RB haben, ist seit Jahren bekannt. Dass die so genannte Vereinsstruktur von RB, bei der nur eine Handvoll Menschen auserkorene „Mitglieder“ sind und die Geschehnisse rund um den „Verein“ bestimmen, ist ebenfalls kein Geheimnis. Nun kann RB wegen mir im Innenleben tun und lassen, was es möchte. Allerdings dreht sich zumindest außerhalb der RB-Welt nicht alles um die Brause und ihr Verständnis von Vielfältigkeit, Mitbestimmung und Demokratie. Daher müsste sich meiner Meinung nach RB an gewisse Mindeststandards halten, was Meinungsfreiheit angeht – nicht nur, aber gerade auch dann, wenn klar ersichtlich ist, dass es um Standpunkte geht, die mit RB gar nichts zu tun haben. Im konkreten Fall ging es am Samstagnachmittag um das „Videobeweis abschaffen“ Banner der Fanszene, das bei der Einlasskontrolle entdeckt wurde.

Zensur im Zentralstadion: Blick vom Stadionwall hinunter auf die Einlasskontrollen
Zensur im Zentralstadion: Blick vom Stadionwall hinunter auf die Einlasskontrollen

Dieses Banner durfte nicht mit ins Stadion genommen werden. Es gab noch weitere Schikanen, die in anderen Stadien so nicht Alltag sind, aber das nur am Rande. Natürlich haben RB und die Stadt Leipzig nicht wirklich etwas gemeinsam, denn der Standort „Leipzig“ wurde aus rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten gewählt – so wie es bei jeder  Firma Usus ist. Trotzdem sollte man sich bei RB der Tradition der Stadt Leipzig bewusst sein, für die die Stadt seit 30 Jahren steht. In vielen Ecken der Stadt wird an die „Friedliche Revolution“ 1989 erinnert. Damals ging es auch um Meinungsfreiheit. Diese wurde am Samstag mit Füßen getreten.

 Das Buch schaffte es ins Zentralstadion - das "Videobeweis abschaffen" Banner leider nicht.
Das Buch schaffte es ins Zentralstadion – das „Videobeweis abschaffen“ Banner leider nicht.

Anders ist es mir als Einzelperson ergangen. Mein Buch „Zu Gast – In vielen Ecken dieser Welt“ durfte ich mit ins Stadion nehmen, um es einem interessierten Fan dort zu übergeben. Hier fiel mir nachkicks ein, dass ich eigentlich wie 1995 bei der Einreise nach Malawi Angst hätte haben müssen, als damals mein Lonely Planet „Africa on a shoestring“ von den Zöllnern bei der Einreise konfisziert hätte werden können, da in diesem Reisebuch der damalige Autokrat massiv von den Autoren kritisiert wurde und das Buch deshalb auf dem Index stand. In meinem zweiten Buch geht es zwar hauptsächlich um Reisen ohne Fußball, aber die Auswärtsfahrt mit unserer U23 zum 1. FC Magdeburg schaffte es hinein. Und wegen der geographischen Nähe Magdeburgs zu Leipzig und dem diametralen Verständnis von Fußball findet sich ein kleiner Einwurf zu RB in diesem Kapitel. Wäre mein Buch nun ein Standardwerk und hätte es jemand von RB gelesen – es hätte vielleicht auch Stadionverbot bekommen…obwohl ich nur vom modernen Fußball schrieb, der 128 km südöstlich von Magdeburg da gerade „aufbraust“.     

04 Kampf um den Mampf

Das große Angebot an Speisen und Getränken im Zentralstadion, die Möglichkeit mit Bargeld oder mit Karte zu zahlen – all das ist sehr fanfreundlich. Es ist aber auch schlicht und einfach konsum- und kundenfreundlich und sorgt dafür, den Umsatz zu steigern. Betrachtet man das generelle Handeln von RB, so ist klar ersichtlich, dass diese Fanfreundlichkeit ein Nebeneffekt und kein Selbstzweck ist. Schließlich bildet der gemeine Fußballfan der Gastmannschaft am Spieltag eine Zielgruppe, die es gilt, zu bedienen, um Umsatz  und Gewinn zu steigern. Alles andere ist bloßes Beiwerk und wird den wirklich wichtigen Unternehmenskennzahlen untergeordnet.

Gose statt Dose - Bierprobe im Ratskeller Leipzig
Gose statt Dose – Bierprobe im Ratskeller Leipzig

Wie bereits oben ausgeführt, sollte man immer zwischen RB und der Stadt Leipzig trennen. Denn das Essen und Trinken abseits des Zentralstadions ist auf jeden Fall eine kulinarische Reise wert. Über die Gose habe ich mich ja bereits bei der letztjährigen Spätlese Leipzig ausgelassen. Aber Gose geht natürlich immer – und das am besten im Rahmen einer Bierprobe, bei der man den säuerlichen Geschmack dieses Gerstensafts noch besser erkennt, wenn gleichzeitig Kellerbier, Schwarzbier und Hefeweizen kredenzt werden.  

05 Käfighaltung

In Leipzig gibt es per se keine Stehplätze im Gästeblock. Der Gastbereich bietet eine gute Sicht auf das Geschehen. Zum Anpfiff waren allerdings nur wenige Sitze belegt, da sich zu diesem Zeitpunkt ein Teil der Fans noch an der Kontrolle befand, um das Banner hineinzubekommen. Manche Leute wünschen sich ja, dass Ultras und ultranahe Fans am besten gar nicht mehr im Stadion auftauchen. Einen Vorgeschmack auf ein solches Szenario bot sich in den ersten Minuten des Spiels. Der riesige Block war mit Grüppchen, einem Flickenteppich ähnlich, durchsetzt. Ab und zu versuchte jemand ein „FSV“ anzustimmen – mit extrem begrenztem Erfolg. 05-Fähnchen waren ab und zu zu sehen und das einzige Banner, was hing, war das der „Meenzer Metzger“. Über dem gesamten Block lag gefühlt eine meterdicke Schicht Mehltau.

Für den neutralen Fußballfan war dieses Spiel sicherlich beste Unterhaltung, zumal die Nullfünfer bis zum zweiten Tor von RB durchaus mithalten konnten. Um am Sonntag nicht mehr permanent an rote Bullen denken zu müssen, verschlug es uns in den Leipziger Zoo, der als einer der besten weltweit gilt. Seit meinen jüngsten Reisen nach Afrika 2017 und 2018 versuche ich zwei Projekte in Sierra Leone und Kenia mit dem Verkauf meiner Bücher, der Meenzer-on-Tour-Turnbeutel und –Soulbottles zu unterstützen. Gleichzeitig war ich neugierig, was der Leipziger Zoo tut, um Tierbestände zu erhalten. Viele Projekte werden wirklich wunderbar unterstützt, aber trotzdem sieht man Pelikane und Flamingos, die nicht fliegen können. Warum ein Zoo, der sich für die Artenvielfalt einsetzt, Tieren die Flügel so manipuliert, dass sie nicht mehr wegfliegen können, macht mich etwas ratlos. Allerdings stellt sich diese Frage auch bei unseren Flamingos im Stadtpark. Natürlich ist es schön, diese Tiere zu beobachten. Sie sollten allerdings nicht dafür leiden müssen. Daher ist es für mich umso wichtiger, Projekte wie das Schimpansen-Heim Tacugama und das Elefanten-Waisenhaus Sheldrick Wildlife Trust zu unterstützen. Hier müssen keine Tiere leiden, um anderen Tieren das Überleben zu ermöglichen. Etwaige Spenden, die ich im Rahmen der o.g. Lesungen erziele, fließen übrigens direkt an diese beiden Organisationen oder an „Helfende Hände für Nepal Mainz e.V.“, die dritte Organisation, die ich besucht habe und seither unterstütze.

Meinungsfreiheit mit Füßen treten – das war in Leipzig im November 1989 noch anders

Nach dem ersten Treffer traf dann der Teil der Fans ein, die zuvor vergeblich versucht hatten, das Videobeweisbanner mit in den Block zu nehmen. Ironie der Geschichte: Die peniblen Kontrolleure schafften es dennoch nicht, die Meinungsfreiheit komplett zu unterbinden. So wurden am unteren Teil des Blocks ausgerechnet zwei Spruchbänder bis zum Schlusspfiff präsentiert, die tatsächlich RB-kritisch waren und die sich mit dem Verbot von Tifo-Material beschäftigten.

Man kann der Meinung sein, dass eine Fangruppe es als Priorität anzusehen hat, den Verein zu unterstützen und sich durch diese Scharmützel nicht davon abhalten lassen sollte, die Mannschaft zu supporten. Leute, die diese Meinung vertreten, sind allerdings auch oft der Auffassung, dass Ultras aus dem Stadion rausgeschmissen gehören, da sie sich angeblich nur selbst abfeiern würden.

Wir alle, egal ob Ultra, Normalo, Kutte oder wer auch immer, fährt immer noch freiwillig stundenlang durch die Republik. In der Stadionordnung steht nichts von einer Support-Pflicht. Wenn man also lieber 90 Minuten ein Spruchband hochhält und nicht singend und fahnenschwenkend das Spiel als Beiwerk begleitet, dann ist das das gute Recht jedes einzelnen Menschen, dies zu tun. Wenn am kommenden Samstag im Heimspiel der Q-Block wieder supportwillig ist, freut mich das sehr – man darf dies allerdings nie als selbstverständlich ansehen. Und Fans sind vieles nur nicht Duracell-Häschen, die auf Kommando von wem auch immer „Stimmung machen“ – auch wenn sich so das Produkt Fußball natürlich noch so viel besser vermarkten ließe.

Fazit: Der Jahrgang 2019/2020 besticht durch die von FumS aufgestellte These, dass „RB Prügel verteilt“ – Zielgruppe dieser war am Samstag die Meinungsfreiheit von Fußballfans.

Rot-weiße Grüße,

Christoph – Meenzer on Tour