„Aus Liebe zum Spiel – Uli Hoeneß, das Geld und der deutsche Fußball“ von Max-Jacob Ost

Die hohe Kunst, in einen Buchtitel alle wesentlichen Inhalte prägnant hineinzupacken, ist in den meisten Fällen ein Ding der Unmöglichkeit. Das Werk von Journalist Max-Jacob Ost sticht alleine schon dadurch hervor.

Ich bin kein Fan des FC Bayern und doch hat mich dieses Buch sehr gepackt. Denn wie Titel und Untertitel andeuten, geht es in diesem Buch um so viel mehr als um eine einzelne Person. Ich würde sogar behaupten, dass sich der Großteil des Buchs um den Männerprofifußball in Deutschland an sich, das dafür notwendige Geld und tatsächlich die Liebe zum Spiel dreht. Als großer Ankerpunkt dient Uli Hoeneß – ein Mensch, der die letzten 50 Jahre im deutschen Männerprofifußball omnipräsent war.

„Aus Liebe zum Spiel – Uli Hoeneß, das Geld und der deutsche Fußball“ von Max-Jacob Ost
„Aus Liebe zum Spiel – Uli Hoeneß, das Geld und der deutsche Fußball“ von Max-Jacob Ost

Ich verfolge den Fußball seit Jahrzehnten und viele meiner Kindheitserinnerungen haben mit ihm zu tun. Ab 1982 kann ich in meinem Kopf diese Erinnerungen auch datieren. Mein erstes Panini-Album habe ich damals erstanden und den Großteil meines Taschengelds in das Aufreißen von Papiertütchen mit Spielerportraits, Mannschaftsbildern, Wappen und der „Salatschüssel“ gesteckt. Nach dem verlorenen Männer-WM-Finale lag ich heulend im Bett und der Name Paolo Rossi wird mir immer in Erinnerung bleiben.

Damals war Hoeneß bereits drei Jahre Manager des FC Bayern. Mir sagte der Name zu dieser Zeit nichts, denn es gab ja kein Panini-Bild von ihm. Seine aktive Laufbahn als Spieler hatte er bereits beendet. Ich fand es aber damals komisch, dass viele meiner Mitschüler Fans oder Sympathisanten des FC Bayern waren – und das in Mainz – weit genug weg von München. Warum das so war, wurde mir später klar. Es lag am Erfolg des Vereins. Wer aus welchen Gründen und mit Hilfe welcher Ideen daran den größten Anteil hatte, wusste ich bis vor wenigen Wochen nicht wirklich.

Ost ist es gelungen, die maßgeblichen Entwicklungen des deutschen Männerfußballs anhand der Person Uli Hoeneß perfekt aufzuzeigen. Daher ist dieses Buch auch für alle Menschen, die sich für den Männer-Profifußball in Deutschland an sich interessieren, eine tolle Möglichkeit, diese Entwicklungen nachzuvollziehen und auch zu begreifen, an welchen Stellen der FC Bayern im Vergleich zum eigenen Verein in den letzten Jahrzehnten dank Hoeneß immer die Nase vorne hatte.

Obwohl oder gerade weil Ost Fan des FC Bayern ist, betrachtet er diese Entwicklungen mit der notwendigen kritischen Distanz und ohne „Mia san Mia“-Brille. Der Titel wird beiden gerecht – Hoeneß wie Ost. Hoeneß darf man getrost abnehmen, dass er das Fußballspiel liebt und weiß, dass dies auf Geldgeber der heutigen Zeit nicht unbedingt zutrifft. Es gilt aber auch für Ost, der die richtigen Fragen stellt, wenn es um den momentanen Zustand des deutschen Männer-Profifußball geht: Das Geld war immer schon der entscheidende Faktor im Männer-Profifußball. Das hat Hoeneß sehr früh erkannt.

Für ihn scheint zwar sein ganzes Leben aus einem Wettbewerb zu bestehen, aber im Fußball kommt dieser Wesenszug besonders zur Geltung. Das Resultat ist die totale deutschlandweite Dominanz des FC Bayern, der es sich mittlerweile auch leisten kann, einfach mal 25 Millionen Euro für einen Trainertransfer auszugeben und nach nicht einmal zwei Jahren diesen Übungsleiter freizustellen, da gerade, aus Sicht der Verantwortlichen, ein noch besserer Übungsleiter auf dem Markt frei verfügbar ist, um das hoch gesteckte Ziele in Form des Gewinns des Tripples aus Meisterschaft, DFB-Pokal und Champions League zu erreichen. Ob diese Dominanz tatsächlich im Sinne des FC Bayern ist, hinterfragt Ost. Und er hinterfragt dies auch aus Liebe zum Spiel. Denn dass diese Liebe durch das Agieren des FC Bayern Schaden nimmt, steht für Menschen, die es nicht dem Club von der Säbener Straße halten, sicherlich außer Frage.

Über das Buch:

  • Titel: Aus Liebe zum Spiel – Uli Hoeneß, das Geld und der deutsche Fußball
  • Autorin: Max-Jacob Ost
  • Verlag: dtv Verlagsgesellschaft
  • Taschenbuch: 15,00 €
  • 416 Seiten
  • ISBN: 978-3423352000
  • Erscheinungstermin: 12. Januar 2023

Bestellbar überall wo es Bücher gibt und online zum Beispiel bei „buch7“, dem sozialen Buchhandel. Durch den Kauf bei „buch7″ spendet das Unternehmen zwischen 0,53 € und 0,98 € – abhängig von der aktuellen Geschäftsentwicklung – an soziale Projekte.

Viva con Oberflächlichkeit?

Dieser Spätherbst war anders als die Spätherbste, an die wir uns alle mehr oder weniger gerne erinnern. Schließlich wurde der letzte Spieltag der Männer-Fußball-Bundesliga in diesem Kalenderjahr bereits rund um den Beginn der fünften Jahreszeit angesetzt. Es gab keine Pokalpleite in Kiel, keinen runden Geburtstag mit der U23 beim 1. FCM zu feiern, kein Last Christmas in Ho$$enheim und zum Glück auch kein standardisiertes Plastik-Banner, das die Mannschaft im Nieselregen nach dem letzten Heimspiel zur Kurve tragen musste, auf dem jedes Jahr sowieso ähnliche Dankesworte an die Fans gerichtet werden.

Nein, dieses Jahr war alles anders. Unser Trainer zum Beispiel nutzte die spielfreie Zeit für eine Reise und traf Schü in Kapstadt für ein Fotoshooting für Viva con Agua. Viva con was? werden sich sicherlich viele Nullfünfer*innen gefragt haben. Nun ist Bo in den sozialen Netzwerken so überhaupt nicht präsent, stand aber dankenswerterweise Pate für diese Social Media-Aktion. Daher findet man von ihm selbst dazu auch nichts im Netz. Um diese Aktion in die Nullfünf-Bubble zu spülen kam Mainz 05 ins Spiel und postete das Bild mit Bo. Dieser hält ein Pappschild hoch auf dem „Water is a human right“ steht. Doch was will uns das sagen? Dazu findet man bei Mainz 05 praktisch nichts.

Tweet von Mainz 05

Nun kann man als Verein eine Aktion des Privatmenschen Bo einfach gut finden. Man kann sie als Mainz 05 auf den Viva Con Agua-Social Media-Kanälen liken oder auch teilen. Aber was macht Mainz 05? Der Verein postet z.B. auf Twitter dieses Bild auf seinem eigenen Kanal. Auch ich war erstmal hocherfreut über diese Aktion, hatte mir aber erhofft, dass da noch etwas kommt, zum Beispiel auf der Webseite.

Aber Mainz 05 gibt keine weitere Erklärung ab. Diese hätte sicherlich selbst auf Twitter innerhalb der vorgegebene maximale Zeichenzahl gepasst – gegebenefalls halt als Thread. Auf änderen Kanälen ist die Zeichenzahl sogar weniger limitiert. Stattdessen steht dort überall, dass Bo die Projekte von Viva Con Agua unterstützt, das Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser ermöglicht.

Nicht jede*r weiß, um was für Organisation es sich bei Viva Con Agua handelt, und was diese Organisation mit dem Profifußball verbindet. Das ist einfach schade, denn die Geschichte von Viva con Agua zeigt, dass es sehr wohl Profifußballer gibt, die mehr können als kicken auf dem Platz, und dass Trainingslager, die nur mit dem Flugzeug zu erreichen sind, durchaus einen Sinn haben, neben dem sportlichen Finetuning bei angenehmen Temperaturen im deutschen Schmuddelwinter.

Je mehr man sich selbst mit Viva Con Agua beschäftigt, desto mehr muss man vielleicht auch das eigene Handeln in Frage stellen. Schließlich versucht Viva Con Agua mit Wasser Spenden zu generieren, damit Menschen Zugang zu Trinkwasser erhalten.

Doch wie fing das alles an? 2005 flog der FC St. Pauli zu einem Trainingslager nach Kuba, in ein Land, in dem es alles andere als selbstverständlich ist, Trinkwasser aus dem Hahn zu bekommen. Den Spieler Benjamin Adrion tangierten die Zustände auf Kuba so sehr, dass er sich dazu entschloss, eine Organisation zu gründen, die Menschen Zugang zu sauberem Wasser ermöglicht – Viva con Agua war geboren.

Viva con Agua wird ganz offiziell vom FC St. Pauli unterstützt. Die „Millerntor Gallery“ etwa, ein Kulturfestival, wurde von Vicva con Agua mit dem FC St. Pauli gemeinsam initiiert: „Das Millerntor-Stadion wird alljährlich zu einer offenen Plattform für Dialog und Austausch. Kunstwerke sämtlicher Genres sowie ein vielfältiges Musik-, Kultur- und Bildungsprogramm zeigen, wie alle die Welt positiv mitgestalten können. Zahlreiche Interaktionsmöglichkeiten machen die knapp 17.000 Besucher*innen zu aktiven Teilnehmer*innen an gesellschaftlichen Veränderungsprozessen.“ Auch das Sammeln von Pfandbechern für Viva Con Agua hat mittlerweile Tradition und einen Battle ausgelöst, welche Auswärtsfans die meisten Becher in einer Saison sammeln. Spoiler: Es ist natürlich der Glubb mit seiner großen Schar an Reisegruppen von Auswärtsfahrenden.

Aber Viva con Agua gibt es auch im Geschäft, Restaurant oder Club um die Ecke. Schließlich werden in Schleswig-Holstein Flaschen mit Wasser für Viva con Agua abgefüllt. Viva con Agua selbst erklärt, dass es natürlich am nachhaltigsten ist, Leitungswasser zu trinken, aber die Organisation bietet nach eigener Aussage mit den Flaschen die Gelegenheit, eine „soziale Alternative auf dem Wassermarkt zu sein“.

Und was macht Mainz 05? Dieses Bild posten – sonst nichts – zumindest bekommt von weiteren Aktivitäten nichts mit. Der Verein springt einfach mal auf den sozialen Nachhaltigkeitszug auf, schließlich spricht er vom „Cheftrainer“ und nicht von „wir“. Postet man das Bild von Bo, sollte sich der Verein entsprechend einbringen. Die einfachste Lösung wäre es natürlich, in der Rückrunde statt für „Essen für Rheinhessen“ für Viva con Agua die Becherspenden, die im Stadion am Europakreisel zusammenkommen, zu nutzen. Doch das würde die Fanabteilung, die dieses Becher-Projekt angestoßen hat, womöglich vor den Kopf stoßen. Schließlich sollte die Fanabteilung bestimmen, was mit dem Geld geschieht und soweit ich weiß, sollen vorallem Projekte in der Region jeweils für eine halbe Spielzeit unterstützt werden, was vollkommen ok und sehr löblich ist.

Vielleicht war es ja sogar einfach nur gut gemeint, das Bild zu teilen, um diesem mehr Reichweite zu verschaffen. Allerdings ist Mainz 05 nicht mehr der „Amateurverein“ der 1980er Jahre, wo vieles noch auf Ehrenamtsbasis geleitstet wurde und vielleicht die eine oder andere Aktion nicht zu Ende gedacht wurde. Der Verein ist mittlerweile ein gestandener Bundesligist, der auch im Bereich Social Media professionell agiert. Und wenn es Mainz 05 Ernst meint mit der Solidarisierung mit Viva Con Agua, sollte der Verein vielleicht für ein Trinkwasserprojekt im Partnerland von Rheinland-Pfalz, Ruanda, Pate stehen, sollte vielleicht etwas Ähnliches wie die „Millerntor Gallery“ im Stadion am Europakreisel initieren oder die Stadionsitzung an Fastnacht dafür nutzen, sollte vielleicht auf die Spendenmöglichkeit für Viva con Agua hinweisen, sollte auf die Spende als Geschenk aufmerksam machen, sollte die Fördermitgliedschaft verlinken oder sollte die Viva con Agua-Glasflaschen im VIP-Bereich der „Scheiß Tribüne“ offerieren. Aber nur ein Bild zu posten wirkt leider wie Viva con Oberflächlichkeit.

Quellen:

Tag des Wasser: Ex-St. Pauli-Profi Benjamin Adrion gründete Viva con Agua – Welt

1. FSV Mainz 05 – News „Schürrle: „Ich musste verzichten, hatte aber einen Traum“

Art creates Water – Viva con Agua Arts gGmbH Hamburg

Böhmermann kritisiert Viva con Agua – Unternehmen bezieht Stellung – utopia.de

1. FSV Mainz 05 – News „Becher spenden, um Hunger zu stillen“

FSV Ramsch-Zuschlag 05

Eigentlich sind ja unsere Farben Rot und Weiß. Aber diese Woche konnte man den Eindruck gewinnen, dass bei Mainz 05 Schwarz die dominierende Clubfarbe ist. Schließlich ist unser Verein ebenfalls in die mittlerweile „traditionelle“ Rabattschlacht Ende November gezogen: Die Black Week mit ihrem Höhepunkt dem Black Friday. In dieser Zeit gibt es viel Merchandise rund um den Verein zu stark reduzierten Preisen von bis zu 70 Prozent. Auf den ersten Blick könnte man meinen, eine tolle Idee, in Zeiten knapper Kassen bei Fans und Mitgliedern.

70 Prozent Rabatt – mehr Verramschen geht nicht

Aber die Preisgestaltung bei Mainz 05 fährt seit Beginn der Hinrunde dieser Saison wahrlich Achterbahn. Angefangen beim „Heimspiel“ in Ho$$enheim, bei dem der Ticketverkauf plötzlich ausgesetzt wurde und die Tickets stark subventioniert wurden, um möglichst vielen Nullfünfer*innen die Fahrt in den Kraichgau möglich zu machen. Nach ein paar Gesprächen mit Menschen, die näher dran sind am Verein, lässt sich rückblickend meinerseits zugeben, dass das damals der einzige Spieltag war, bei dem Termin und Entfernung passten – und tatsächlich wurde die Aktion ja auch gut angenommen. Der Lerneffekt, den man im Verein hätte mitnehmen können, wäre gewesen, den Vorverkauf erst zu starten, wenn intern alle Argumente zur Preisgestaltung ausgetauscht sind und ein Preis festgelegt ist.

Dem war leider wohl aber nicht so. Kaum wurden uns die Bayern Ende Oktober für Anfang Februar zugelost, ging es Anfang November auch schon mit dem Vorverkauf für Dauerkarteninhaber*innen los. Ich staunte nicht schlecht, dass der Verein für meinen Platz im M-Support-Bereich über 40 Euro aufgerufen hatte. Nun steht man in diesem Bereich normalerweise während des Spiels. Die Initiatoren von „Kein Zwanni für nen Steher – Fußball muss bezahlbar sein!“ würden wohl vermuten, dass Mainz 05 plötzlich Champions League spielt. Die Realität sieht bekanntlich anders aus. Es geht um ein läppisches Achtelfinale im DFB-Pokal an einem wahrscheinlich sehr kühlen Winterabend in der Woche. Nun schaue ich mir Fußballspiele eigentlich immer wegen meines Vereins an. Daher bin ich auch nach Aue und Lübeck gefahren. Natürlich waren die Fahrten ins Erzgebirge und an die Ostsee auch unabhängig vom Ergebnis eine nette Sache – doch mir ist der Gegner erstmal völllig wumpe: Denn nur der FSV ist das, was zählt! Dass da jetzt die Bayern kommen (und ein paar Wochen später, wenn die ersten warmen Frühlingstage kommen nocheinmal), ist mir ziemlich egal. Daher habe ich mir ja auch eine Dauerkarte zugelegt.

Knapp 3 Monate vor Anpfiff beginnt der VVK – von einem Topzuschlag ist aber nicht die Rede

Anscheinend hat, wie beim Ho$$enheim-Spiel, die Diskussion über die Preisgestaltung des Pokalspiels erst eingesetzt, als der Vorverkauf bereits begonnen hatte. Anders als beim Spiel im Kraichgau, bei dem man ja eine Fanaktion angeleiert hat, und deswegen die Karten subventioniert hat, bemerkte man eventuell, dass das Portemonnaie bei vielen treuen Nullfünfer*innen nicht mehr ganz so locker sitzt. Ich kann mich noch daran erinnern, vor dem Bruchweg kampiert zu haben, um Tickets gegen die Bayern (und Lautern) zu ergattern – da ich 2004/2005 noch keine Dauerkarte hatte. Diese Zeiten sind lange vorbei. Es wird in einem größeren Stadion gekickt und Dauerkarteninhaber*in bei Mainz 05 zu sein, ist längst kein Privileg mehr.

Warum man über drei Monate vor dem Anpfiff (!) damit beginnt, die Karten zu verticken, verstehe ich nicht. So weit können manche Menschen vielleicht gar nicht finanziell planen. Anscheinend war die Resonanz nicht so super, denn plötzlich trudelte eine Mail bei mir ein, in der verkündet wurde, dass ich 19,05% Prozent Rabatt auf den regulären Ticketpreis erhalte – sprich die Karte kostete nun „nur“ noch 32 Euro ebbes. Vom Betrag mal abgesehen hat mich die Bezeichnung „regulärer Ticketpreis“ doch etwas verwundert. Als Mitglied zahle ich aktuell 292 Euro für die Dauerkarte im Bereich M-Support, sprich 17,18 € pro Spiel. Ein Zuschlag oder Bayern-Malus wurde lieber mal nicht erwähnt. Dass nun statt 135 nur 88 Prozent Zuschlag erhoben werden ist…mal wieder konsequent inkonsequent von Mainz 05 – wie das schon so oft in diesem Blog zu lesen war.

Statt die Möglichkeit zu ergreifen und den Dauerkarteninhaber*innen mit einem wirklich „regulären Ticketpreis“, der dem Preis in der Liga entspricht, ein wirklich triftiges Argument für die Verlängerung ihrer Karte zu geben, müssen diese also nur 88 statt 135 Prozent Top-Zuschlag zahlen…im Winter…während das Spiel im Free-TV läuft. Diese Aktion lief bis zum 15. November. Danach ruhte der Vorverkauf wieder für 5 Tage. Und nun kann noch bis Freitag, dieses „Kracherangebot“ angenommen werden. Wieso ein Top-Zuschlag für ein Achtelfinale?

Ab Anfang Dezember können sich Mitglieder und Dauerkarteninhaber*innen bis zum 11. Januar 2023 über einen Monat lang überlegen, ob sie sich (noch) andere Tickets für das Spiel zulegen oder nicht. Danach dürfen zahlungskräftige Bayern-Fans aus der ganzen Republik die einmalige Möglichkeit bekommen, ihr Team live im Stadion anzufeuern. Nun sind Fans des FCB nicht so großkotzig wie die vom Nebenfluss, die ja angeblich mit mindestens 05 Millionen Auswärtsfahrenden neulich hier ins Stadion eingelaufen sind, aber viele Bayernfans werden die Möglichkeit nutzen, Tickets zu erstehen. Dass es nicht wirklich fair ist, als FCB-Fan ligaweit abgeschröpft zu werden, ist die das eine. Dass sie mit FCB-Fanutensilien auch im Support-Bereich einlaufen und die Security nichts dagegen unternehmen wird, so wie beim Spiel gegen die SGE, ist das andere. Das wird dann wieder eine ganz besondere Stadionatmosphäre – dem Ticketing sei Dank.

Nun könnte man ja meinen, Mainz 05 hätte es nötig, aus so einem Spiel das Maximum an Kohle rauszuholen. Allerdings erklärte der Don auf der Jahreshauptversammlung Ende Oktober, dass Mainz 05 schuldenfrei sei. Die größten Einnahmequellen waren im abgelaufenen Geschäftsjahr Medienverwertung sowie Sponsoring & Hospitality (teilweise aus China…). Ergo sind die Einnahmen aus dem Ticketverkauf nicht wirklich die monetäre Säule, die Mainz 05 trägt. Vielmehr sind die Zuschauenden die emotionale Basis, die den Verein ausmachen und Einfluss auf ein Spiel nehmen können. Warum man Fans des eigenen Vereins mit so einer Preispolitik vor den Kopf stößt und seinen Heimvorteil abgibt, ist mir schleierhaft.

Und dann kam die Black Week… Einerseits Mondpreise für Tickets verlangen, andererseits in die Rabattschlacht einsteigen – konsequente Inkonsequenz. Dabei schreibt sich Mainz 05 immer dann wenn es passt, Nachhaltigkeit auf die Fahnen. Statt es einem großen Online-Versandhändler nachzumachen und den Konsum mit Rabatten anzuheizen, wäre es von Mainz 05 neben einem fairen Ticketing so viel größer gewesen, in dieser Woche an der MAKE SMTHNG Week teilzunehmen, die Greenpeace initiert hat. Wie wäre es gewesen, einen Workshop anzubieten, wie man sein kaputtes Trikot stopft statt ein neues zu erwerben? Oder eine Tauschbörse oder einen Merch-Flohmarkt am Stadion einzurichten? Oder statt 70 Prozent Rabatt, 70 Prozent mehr an diejenigen ausschütten, die den ganzen Kram zu Niedriglöhnen herstellen – wenn sie nicht als Arbeitssuchende aus Bangladesch, Nepal und Indien schon in die Golfstaaten zum Beispiel nach Katar gereist sind, da sie dort (vermeintlich) besser bezahlt werden?

Überkonsum ist laut Greenpeace inzwischen der Haupttreiber der Klima- und Artenkrise. Und genau dieser Überkonsum wird auch durch unseren Verein angefacht – aber gleichzeitig nennt man sich Klimaverteidiger und bietet Bienenvölkern am Stadion einen Platz zum Leben.

Übrigens kommt nach der Black Week der Cyber Monday… Man darf gespannt sein, welche Preisaktion sich der Verein für morgen überlegt hat…

Quellen:

1. FSV Mainz 05 – Mitgliederversammlung: Positiver Rückblick auf das vergangene Geschäftsjahr

1. FSV Mainz 05 – Neue Dauerkarte

Greenpeace – Systemwandel selbermachen