Fansozialarbeit: Spannendes Urteil am Landgericht Karlsruhe

Das Verfahren gegen Mitarbeitende des Fanprojekts Karlsruhe sorgte für viel Aufregung in der Fanlandschaft. Sebastian Schneider zeigt auf, warum auch aus Fansicht Handlungsbedarf beim Thema Zeugnisverweigerungsrecht in der sozialen Arbeit besteht.

In den vergangenen Wochen waren sie bundesweit in zahlreichen Fankurven zu sehen: Die Solidarisierungsplakate mit den vom Amtsgericht Karlsruhe verurteilten (in Teilen ehemaligen) Mitarbeitenden des Fanprojekts Karlsruhe. Der Vorgang beschäftigt die aktiven Fanszenen seit der Einleitung des Ermittlungsverfahrens. Das eigentliche Problem, welches der Vorgang beinhaltet, ist jedoch äußerst komplex und wirkt weit über die Fansozialarbeit hinaus.

Den drei Angestellten des Karlsruher Fanprojekts war Strafvereitelung vorgeworfen worden, denn sie hatten im Rahmen der Ermittlungen zu den Pyro-Vorfällen beim KSC im November 2022 die Aussage verweigert, mit Verweis auf die unabdingbare Notwendigkeit des uneingeschränkten Vertrauensverhältnisses zu den Klienten, also vor allem den jungen Fußballfans. Auch wenn es nun für die drei Sozialarbeiter:innen am Ende heißt: Verfahren (unter Auflagen) eingestellt, scheint der Kern der Problematik längst nicht gelöst. Ein Urteil mit Signalwirkung, das keinesfalls in irgendeiner Form als Schuldeingeständnis zu werten ist.

Dass sozialpädagogische Fanprojekte im Kontext Profifußball nicht mehr wegzudenken sind, ist absolut unstrittig. Ihre Arbeit ist bewährt, es gibt klare, qualitätssichernde Handlungsempfehlungen und der Erfolg ist vielerorts sichtbar, wenn auch nur schwer in Zahlen zu messen. Auch bei uns in Mainz wird erstklassige Fansozialarbeit geleistet und wir Fans erleben täglich, wie wichtig diese Arbeit ist und welches außergewöhnliche Vertrauensverhältnis bei vielen Fans zu den Sozialarbeitern des Fanprojekt Mainz e.V. besteht.

Wie bereits erwähnt, bildet dieses Vertrauen das zentrale Element im Bereich der Fan- aber auch der Jugendsozialarbeit im Allgemeinen. Deshalb ist es ein erstes, leicht positives Zeichen, dass das Verfahren in Karlsruhe nun eingestellt ist. Jedoch könnte der grundsätzliche Druck, der hier auf die Sozialarbeiter:innen ausgewirkt wurde, noch lange nachhallen. Außerdem besteht weiterhin eine unbefriedigende Rechtslage, die bedingt, dass an einer wichtigen Stelle der Fansozialarbeit weiterhin kein Schutz für die Sozialarbeiter:innen besteht, der gewährleistet, dass Vertrauliches vertraulich bleibt. Das fehlende Zeugnisverweigerungsrecht für diese besondere Arbeit muss unbedingt auf den Prüfstand und die veraltete Rechtsprechung muss überdacht werden.

Der Richterspruch am Landgericht Karlsruhe darf vorsichtig als erster Fingerzeig in Richtung Politik gedeutet werden, hier tätig zu werden. Durch Vorladung und Vernehmung von Vertrauenspersonen wie Fansozialarbeiter:innen, wird deren Arbeit massiv gefährdet. Zugleich stellt sich die Problematik nicht ausschließlich im Fußballkontext, weshalb eine breitere Aufmerksamkeit in der Gesellschaft für dieses Thema wünschenswert ist.

In Mainz blicken wir bereits auf über 30 Jahre erfolgreiche Fansozialarbeit zurück. Für viele, vor allem junge Mainz 05 Fans, bildet das Fanprojekt Mainz e.V. eine wichtige Anlaufstelle und die dort angestellten Personen genießen ein besonderes Vertrauen auf allen Ebenen (Fans, Verein, Polizeien). Deshalb besteht bei vielen Fans der Wunsch, die soziale Arbeit in den Fanprojekten besser zu schützen und das Thema Zeugnisverweigerungsrecht in der sozialen Arbeit zu reformieren.