Spätlese Frankfurt Jahrgang 2018/19

Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!

Der perfekte Start in den Tag vor dem Fanhaus Mainz
Der perfekte Start in den Tag vor dem Fanhaus Mainz

01 Hin und weg:

Viele Wege führen den Nebenfluss entlang zum Waldstadion. Manche von uns haben in den vergangenen Jahren immer wieder den Hintern nicht hochbekommen, da es mit dem Zug zugegebenermaßen ziemlich nervig war, zum Sportfeld zu gelangen. Dabei gibt es doch die wesentlich bequemere Variante: Sich mit dem Fanbus in rund 30 Minuten einfach auf den großen Busparkplatz in unmittelbarer Nähe zum Geschehen kutschieren lassen und die wenigen Meter zum Stadion zu Fuß zurücklegen. Nach Spielschluss dann zurück zu den Bussen, um nach weiteren 30 Minuten schon wieder am schönen Rhein zu sein, während sich einige wenige in der Masse am S-Bahnhof gegenseitig anpöbeln.

Was die angenehme Anfahrt angeht, setzten die Supporters Mainz in diesem Jahr noch einen drauf: mit dem Schiffchebootche nach Ffm! Auf dem Fluss zum Spiel oder vom Spiel zurück zu reisen, ist für mich die schönste Art, in eine Saison zu starten wie damals im Pokal gegen Roßbach-Verscheid oder sie ausklingen zu lassen, wie nach dem Klassenerhalt vor zwei Jahren gegen die SGE auf der Trikotfahrt nach Köln. Die Älteren erinnern sich auch bestimmt noch an Mannheim… Diesmal ging es also zu den Waldhof-Freunden bis nach Höchst mit der MS Bingen.

Auf dem Weg zum Nebenfluss
Auf dem Weg zum Nebenfluss

02 (N)immer nuff:

Einen perfekteren Start in den Tag konnten die Supporters gar nicht hinlegen: Weck, Worscht und Woi bzw. Grillkäse und Bier bzw. alkfreie Getränke gab’s mit dem Erwerb der Schifffahrkarte am Fanhaus gratis. Glücklicherweise bekam die DFL bereits Wochen vor dem Anpfiff vom Deutschen Wetterdienst den Tipp, dass sich die Sonne am Muttertag deutlich häufiger zeigen würde als am Samstag zuvor. Wohlwissend, dass die Supporters diese Schifffahrt organsiert hatten, verlegte die DFL das Spiel kurzerhand auf den Sonntag. Bestens gestärkt ging es bei Eitel-Sonnenschein in einem kleinen Fanmarsch die wenigen Meter vom Fanhaus zum Rheinufer. Das Schiff hatte noch ein paar VIP eingepackt. Einige Verantwortliche von Mainz 05 mischten sich unters Supporters-Volk. Wie schon im letzten Sommer beim Q-Block-Sommerfest war es möglich, mit den Leuten vom Verein ins Gespräch zu kommen und u.a. über Sandra, die erste Trainerin in der Bundesliga (Quelle: SGE-TV), zu quatschen. Die Nähe zu den Fans wurde hier auf dem Main ein weiteres Mal gelebt. Vielleicht sieht man sich auch demnächst mal im Fanhaus wieder – wäre schon schön!

Brückentag auf dem Main
Brückentag auf dem Main

03 Kon-Trolle

Die Brücken hinter Kostheim standen ein wenig unter Beobachtung, denn ab und zu tauchte am Flussufer ein Streifenwagen auf. Die Schifffahrt verlief allerdings total gechillt, nur manche Spaziergänger*innen am Ufer bekundeten ab und zu ihre Sympathie bzw. Abneigung mit den Fahrgästen der MS Bingen. In Höchst angekommen fühlten wir uns höchst willkommen. Mal nicht mit „Verreck verreck Mainzer Dreck“ in Frankfurt begrüßt zu werden, war eine willkommene Abwechslung zur normalen Willlkommenskultur in Bembeltown.

Dank der präzisen Wettervorhersage wurde das Spiel vom regnerischen Samstag auf den sonnigen Muttertag verlegt - Danke DWD und DFL!.
.Dank der präzisen Wettervorhersage wurde das Spiel vom regnerischen Samstag auf den sonnigen Muttertag verlegt – Danke DWD und DFL!.

04 Kampf um den Mampf

Das Waldstadion war früher auch eine dieser Spielstätten, in denen ohne „Just Pay“ Karte nichts ging. Ausgezahlt hatte sich das für niemanden. „Just Pay“ war irgendwann pleite und meine Karte, die ich mir vor Jahren mal zugelegt hatte, um Essen und Äppler zu kaufen, war wertlos. Aber seit geraumer Zeit ist es um den Gästeblock 20 herum wieder möglich, bar zu bezahlen. Darüber hinaus gab es in Frankfurt nie diese Bedenken, ein Alkoholverbot bei Spielen gegen Mainz auszusprechen. An dieser Stelle auch nochmals ein großes Dankeschön an die Supporters Mainz, die sich vor dem Hinspiel für eine Aufhebung dieser Fan-Gängelei bei den Verantwortlichen in Mainz aussprachen, so dass alle Zuschauer das 2:2 im Hinspiel mit einem Schoppen in der Hand genießen konnten.

Weck N' Käs Fanhaus-style
Weck N‘ Käs Fanhaus-style

05 Käfighaltung

Der Gästeblock im Waldstadion gehört ganz eindeutig zu meinen Favoriten. Gute Sicht auf’s Geschehen und kurze Wege, um Toni Ujah auf den Zaun zu holen! Prost!

Trikot-Tour at it's best!
Trikot-Tour at it’s best!

Fazit: Die letzte Edition des Jahrgangs 2018/2019 lässt sich mit dem Sprichwort „Das Beste kommt zum Schluss“ charakterisieren.

1. Mai – Gefällt mir!

Viele von uns haben heute frei. Heute vor genau 100 Jahren ist das in Deutschland zum ersten Mal passiert. Die Nationalversammlung der Weimarer Republik erklärte einmalig den ersten Tag im Mai zum gesetzlichen Feiertag. Der 1. Mai war schon länger ein Kampftag für Arbeitszeitverkürzungen, der seinen Ursprung in den USA nahm. Ende des 19. Jahrhunderts kämpften amerikanische Gewerkschaften für einen 8-Stunden-Tag. Auch in Europa wurde hierfür gekämpft und für den 1. Mai 1890 ein Streiktag avisiert. Unternehmerverbände drohten im Gegenzug mit Entlassungen. Es gab aber auch Unternehmer mit Weitsicht wie z.B. Ernst Abbe bei Zeiss in Jena, der den 1. Mai als Feiertag bei sich im Betrieb einführte. Noch heute heißt das Stadion in Jena Ernst Abbe Sportfeld.

Blick auf das Ernst-Abbe-Sportfeld nach dem Spiel von Mainz 05 bei Carl-Zeiss-Jena.

Blick auf das Ernst-Abbe-Sportfeld nach dem Spiel von Mainz 05 bei Carl-Zeiss-Jena.

Wenn wir heute von Streiks hören, sind wir oft genervt. Natürlich ist es ätzend, wenn der Flieger nicht geht, der Zug ausfällt oder sonst etwas in unserem durchgeplanten Leben mal wieder nicht so funktioniert, wie wir das vorher allzu knapp einkalkuliert hatten. Aber ein Streik muss halt weh tun. Er ist das legitime Mittel der Arbeitnehmer, ihren Forderungen Ausdruck zu verleihen. Das Streikrecht ist eine große Errungenschaft in Deutschland und viele Arbeitnehmerrechte, die für uns heute selbstverständlich sind, wurden durch engagierte Gewerkschafter*innen hart erkämpft.

Überhaupt machen wir uns sicherlich über viele Dinge rund um die Arbeit, die uns so im Alltag begleiten, keine großen Gedanken, da diese nicht wie eine Push-Mitteilung aufblinken. Gleichzeitig reden heute viele von Nachhaltigkeit. Oft geht es da um ökologische Nachhaltigkeit. Aber zu diesem Begriff gehört auch die soziale Nachhaltigkeit. Ich persönlich gebe lieber mein Geld für Produkte aus, bei denen ich das Gefühl habe, dass die Leute, die sie hergestellt haben, fair behandelt werden.

Teeplantage Sri Lanka
Teepflückerinnen in Sri Lanka – Toiletten sind dort nicht unbedingt Standard

In vielen Ländern außerhalb der westlichen Industrieländer sind Acht-Stundentage noch kein Normalzustand. Selbst Toiletten gehören manchmal nicht zum Standard. Als ich letztes Jahr durch die Teeplantagen Sri Lankas gewandert bin, sah ich im Feld ein kleines weißes Häuschen, auf das das Fairtrade-Logo drauf gemalt war. Es handelte sich um eine Toilette für die Teepflückerinnen. Bei konventionellen Plantagen sei eine Toilette kein Standard, wie mir unser Guide erklärte.

Das Fairtrade-Logo finden wir auch bei vielen tropischen Obstsorten z.B. bei Bananen, bei Kaffee und Wein z.B. aus Südafrika. Oft kosten uns diese Produkte gar nicht mehr Geld, aber es kommt mehr Geld bei den Produzenten vor Ort an und der Zwischenhändler oder der Discounter/Supermarkt um die Ecke streicht einen Tick weit weniger ein. Auch fair gehandelte Kleidung kann man mittlerweile an Siegeln der Fair Wear Foundation oder am GOTS-Logo erkennen. Auf der Seite „Der nachhaltige Warenkorb“ findest Du alle Siegel, die aktuell existieren, auch zu Bio-Produkten und Energieklassen.

Aber auch bei uns direkt vor der Haustür kann man etwas bewusster durch die (Arbeits)-Welt streifen. Die Artikel, die wir lesen, die Podcasts die wir hören, die Bilder, die wir anschauen, können wir, wenn sie uns gefallen, mit einem Like versehen und soweit möglich vielleicht auch teilen. Viele Unternehmen schauen gerade in der Online-Welt auf Klicks, Seitenbesuche etc. Die Kreativen stehen dadurch unter einer besonderen Beobachtung. Über Blogs und Rubriken, die keine Likes einbringen, schwebt ein Damoklesschwert. Dabei lesen wir vielleicht viele Beiträge sehr gerne, möchten uns gleichzeitig nicht outen, dass uns etwas gefällt. Am Ende sind dann alle die Dummen: Die Kreativen erhalten keine Möglichkeit mehr, mit ihrer Arbeit Geld zu verdienen und wir keine Beiträge mehr, die uns doch eigentlich so gut gefallen haben.

Die meisten Kreativen sind darüber hinaus Freiberufler*innen, die keinen Acht-Stunden-Tag, keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und keinen bezahlten Urlaub haben. Einige wenige können sehr gut von ihrer Arbeit leben. Für viele aber geht es ständig darum, den nächsten (bezahlten) Job zu erhalten. Da sollte es doch für uns alle möglich sein, uns die Arbeit zu machen und Likes zu verteilen…und das nicht nur am Tag der Arbeit.

Spätlese Hannover Jahrgang 2018/19

Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!

01 Hin und weg:

Endlich einmal entspannt auswärts fahren. Wann gab es das eigentlich das letzte Mal? Die letzte Saison gar nicht. Es war vor knapp zwei Jahren in Vorvorsaison, als wir gegen die Diva vom Main den Klassenerhalt eingetütet hatten und danach zur Trikotfahrt nach Köln aufbrachen. Nach dem gesicherten Klassenerhalt völlig gechillt mit dem ICE nach Hannover düsen? Einfach herrlich! Das regelmäßig zu haben, wie bspw. als Bayern-Fan? Ich glaube, ich würde die Lust am auswärts fahren verlieren. Denn Abstiegskampf ist meiner Meinung nach wesentlich existenzieller, als der Fight um die Meisterschaft, der ja ohnehin in Fußballdeutschland meist bereits vor dem ersten Spieltag entschieden ist.

Hannover kann schon schön sein.
Hannover kann schon schön sein.

02 (N)immer nuff:

Dadurch dass die Bahn pünktlich Hannover erreicht hatte, führte mich mein Weg zunächst in den Stadtteil Linden. Dieser sieht eher aus wie die Sternschanze in Hamburg als der Großteil der etwas langweilig daherkommenden Landeshauptstadt Niedersachsens. In diesem alternativen Stadtviertel Linden lässt es sich wunderbar speisen. Gibt es in Burgerläden normalerweise eine vegetarische Alibi-Variante, stehen im „Burgernah“ acht fleischlose Varianten auf der Speisekarte des veganen Ladens. Der Knaller: Alle Burger gibt es auf Wunsch auch als Salat zubereitet. Kartoffelecken werden mit zahlreichen Dips zur Auswahl, unter anderem einen Chutney des Tages, angeboten. „Das grüne Gewissen“ – einen gemischten Beilagensalat mit Agavensenfdressing erhältst Du für ein paar Euro mehr dazu. Mein Fazit: Alleine schon wegen dieses Ladens, sollte Hannover erstklassig bleiben, zumal beim Cookie für 1 € als Nachtisch 0,10 € an eine Tierschutzorganisation gehen. Der Spaziergang vom Burgerladen an der Leine entlang zum Stadion war eine nette Alternative zu den bereits mehrfach zurückgelegten Märschen durch die Fußgängerzone mit den immer gleichen Labels zwischen Hauptbahnhof und Stadion. Irgendwann muss ich glaube ich doch mal einen Wanderführer Stadionmarsch schreiben.

 Sehr leckere vegane Burger im "Burgernah".
Sehr leckere vegane Burger im „Burgernah“.

03 Kon-Trolle

Die letzten Jahre war die Kontrolle am Gästeblock immer etwas nervig verlaufen. Mein Geldbeutel, den ich mit einer kleinen Kette an der Jeans befestigt hatte, war schon mal Grund für längere Diskussionen. Auch wurde der Geldbeutel schon mal auf Aufkleber penibel untersucht etc. Wenn man den Wall hinauf zum Stadion läuft und links abbiegt, sieht man, wie nutzlos diese Kontrollen in der Vergangenheit waren. Der Sinn, die Stadiontoilette mit Aufklebern zu beschenken, hat sich mir noch nicht erschlossen. Aber vielleicht ist dieses Bekleben auch eine Reaktion auf die unten stattgefundene Kontrolle? Jedenfalls sehen die Toiletten in anderen Stadien nicht so aus – und dort werden keine solch akribischen Aufkleber-Kontrollen durchgeführt. Dieses Mal lief der Check am Gästeeingang problemlos ab. Da ich nüchtern war, wurde ich auch keiner Alkoholkontrolle unterzogen, die in Hannover gerne durchgeführt wird.

Blick in den Spiegel der Stadiontoilette.
Blick in den Spiegel der Stadiontoilette.

04 Kampf um den Mampf

Ist der Burgerladen in Linden bereits erstklassig, ist die Verpflegung in Hannover Championsleague-reif. Erstens sind es nur wenige Schritte vom Block zu Essens- und Getränkeständen. Zweitens ist hier immer genügend Personal vorhanden, um ruckzuck Speis und Trank zu servieren. Drittens ist Barzahlung möglich. Viertens gibt es immer noch den legendären Haloumi-Grillkäse für die Sektion Fleischlos und fünftens gibt es  alle Arten an Getränken mit und ohne Alkohol. Es kann eigentlich echt einfach sein, ein gutes Catering hinzubekommen. Hallo Augsburg, Wolfsburg und Ho$$enheim!

Das beste Catering der 1. Liga?

05 Käfighaltung

Bis zur 85. Minute haben Rolf und ich den Heimblock im gut aufgelegten Gästeblock gar nicht vernommen. Aber ich gehe d’accord mit Rolfs Meinung, dass die Schüssel was kann, wenn es um etwas geht. Und da wir traditionell wieder Aufbaugegner par Excellence waren, kam dann zum Spielende tatsächlich Stimmung auf und Hannover zu drei Punkten wie die Jungfrau zum Kind. Hm, Kind und Hannover…falsches Thema 😉   

Beste Sicht aufs Spielfeld aus dem Gästeblock.
Beste Sicht aufs Spielfeld aus dem Gästeblock.

Fazit: Der Jahrgang 2018/2019, war ganz ausgezeichnet, da wir diesen als zwangloses Schaulaufen kredenzt bekamen.