Beijing 2006

Ni hao, bedeutet „Hallo“ und ist Pinyin, die chinesische Schriftsprache in lateinischen Buchstaben, die es dem Otto-Normal-Nicht-Chinesen rein theoretisch erlaubt, die Chance zu besitzen in China wenigstens etwas zu lesen – von Verstehen oder Kommunikation mit den Einheimischen kann nicht die Rede sein.

Da uns die VR China zurzeit 6 Stunden voraus ist, hat der Jet Lag bei der Ankunft in Mainz den Vorteil, hier abends totmüde ins Bett zu fallen und mitten in der Nacht wieder fit wie ein Turnschuh zu sein. Das wiederum bietet die Gelegenheit, Euch zum Montag Morgen ein paar Impressionen aus Beijing zu schildern.

Der erste Eindruck beim Marsch aus dem Hotel in Richtung Himmelstempel war sehr ernüchternd. Die Hutongs, die kleinen, engen, verwinkelten Gässchen der Hauptstadt haben zum Teil nach der Vergabe der Olympischen Sommerspiele 2008 in diese Stadt ihre Daseinsberechtigung im Auge der Olympia-Planer verloren, so dass große Brachflächen mitten in der Stadt an riesigen 8-spurigen leeren Boulevards entstanden. Das Ganze war ein Mischung aus Plattenbausiedlung und plattgemachtem Nichts und erinnerte ein bisschen an den Bauwahn in Dubai, wo aus dem Nichts irgendwann etwas Großes enstehen soll.

Glücklicherweise war dieser Eindruck nur eine Momentaufnahme, denn wer auf breite Straßen, staubigen Himmel und Kräne steht, kann sich eigentlich den Weg nach Fernost sparen und einfach auf der halben Wegstrecke bei den Scheichs am Golf bleiben. Die verbliebenen Hutongs, die auf der Außenseite Richtung Boulevards immer mit einer Mauer versehen waren, werden nun auch für Olympia fittgemacht und bekommen alle paar Meter öffentliche Toiletten. Beijing wäre sicherlich der ideale Ort für einen Rosenmontagszug. Breite Straßen, öffentliche Toiletten en masse und Hort des dosenpfandfreien Biergenusses zu sehr moderaten Preisen. Diese Toiletten-für-Hutongs-Aktion ist nur ein kleines Beispiel für die große Hygiene, die mittlerweile in dieser Stadt herrscht. Herumgespuckt wird im Gegensatz zu anderen asiatischen Ländern praktisch gar nicht mehr, permanent sind Fege-Kommandos per Pedes oder mit dem Velo im Einsatz, um die Gassen rein zu halten.

Der schier unbegrenzte Vorrat an Arbeitskraft äußert sich auch in anderen Bereichen des Dienstleistungssektors. Den Inhalt aus einer chinesischen Heinz-Tomaten-Ketchup- Flasche auf den Teller zu bekommen, ist für mich der schwierigste Teil meines Aufenthaltes gewesen, aber ruckzuck war natürlich die Bedienung da, um die rote Sauce in quantitativ optimaler Menge auf meine Pommes gleiten zu lassen. Pommes in Peking? Nun ja, da ich u.a. mit meiner Schwester unterwegs war, schloss ich natürlich Kompromisse und dazu gehört auch ein Abendessen im Hard Rock Café zu Beginn der Reise. Danach wurde es kulinarisch landestypischer und Besteck war fortan ein Fremdwort. Stäbchen war nun hip, genauso wie Reis in Peking praktisch out ist. Im Nordosten Chinas sind eher Nudeln das Gericht der Straße. Was wir in Deutschland im China-Restaurant vorgesetzt bekommen, ist eher die kantonesische Küche Südchinas. Peking-Ente wird beispielsweise mit hauchdünnen Pfandkuchen in Taco-Größe und einer dicken Soya-Sauce, die in ihrer Konsistenz an Nutella erinnert, serviert. Man nimmt den Pfannkuchen und ein Stück Ente sowie Frühlingszwiebeln und Sauce, wickelt das Ganze zusammen und versucht dieses Gebilde dann mit den Stäbchen in den Mund zu hieven oder banal mit den Händen in Richtung Rachenraum zu befödern.

Sightseeing in Beijing bedeutet sich auf ein Loveparade-Erlebnis einzustellen. Die verbotene Stadt, war allen Massen zugänglich und dementsprechend war auf den Hauptwegen Stau angesagt. Störe ich mich oft an Touristenmassen, hatte ich hier eher das Gefühl, das gehöre dazu. Schließlich leben in diesem Land ja mehr als eine Milliarde Menschen – und die müssen ja irgendwo sein. 99 Prozent der Touristen waren sowieso Einheimische, so dass ich trotz der Massen mir hier wohler vorkam als an manch anderer Touristenattraktion, wo wir Europäer uns in Horden die Füße gegenseitig platt trampeln. Wollten wir entspannen, konnten wir in einen der vielen Parks der Stadt flüchten und den Menschen bei einer ihrer Freizeitbeschäftigungen, dem Drachensteigenlassen zuschauen. Natürlich praktizierten auch viele Menschen Tai Chi, aber meist morgens kurz nach Sonnenaufgang, so dass ich davon nicht viel mitbekam. In den vielen Tempeln hingegen fand ich niemanden mehr, der seinem Glauben dort nachging. Das war neben der stalinistischen Architektur auf dem Platz des himmlischen Friedens das einzige Zeichen, dass ich mich in einem kommunistischen Land befand.

Stattdessen huldigen viele Chinesen dem Konsum und von der Güterknappheit aus den ehemaligen Ostblockstaaten bekam ich nichts mit. Stattdessen gab es Waren im Überfluss in riesigen Shopping-Malls, in denen die Waren wohl meist Originale waren. Allerdings wurde im Kappa-Laden eine „Dentschland-Tasche“ verkauft. Hm – vielleicht hat sich da ein Fake in den Laden verirrt? Auf jeden Fall gab es auch riesige Ramschhalden-Kaufhäuser bei denen nicht so ganz ersichtlich war, ob das Produkt nun original oder kopiert war. Ich hatte den Eindruck, dass die westlichen Touristen eher in den Fake-Läden einkauften und die Chinese in den Markengeschäften – verkehrte Welt oder die Zukunft der Welt? Bei all den wohlhabenden Chinesen, die es sicherlich mittlerweile gibt, frage ich mich, wie die 900 Millionen Bauern, die es in diesem Land gibt und die vielen Wanderarbeiter mit diesem Wandel klarkommen. Rentner bekommen ca. 60 Euro im Monat und die Lebenshaltungskosten sind nicht wesentlich niedriger als bei uns. Außerdem hat China eindeutig ein Problem mit der freien Meinungsäußerung. Internet Cafés gibt es in Beijing etwa so oft, wie bei uns chinesische Tempel. Die E-Mails werden in der Regel mitgelesen und dass die Menschen vor der Polizei mehr als Respekt haben, zeigte sich bei den Straßenhändlern, die bei der geringsten Chance, dass ein Ordnungshüter sich zeigen könnte, ihre sieben Sachen packten und abhauten.

Fremden gegenüber traten die Staatsvertreter sehr verständnisvoll auf und es durfte alles photographiert werden. Außerdem war Pragmatismus angesagt. Wer schon mal auf die Mauer klettert, der soll doch bitte auch seinen Spaß haben. Anders als die Amis, die ja nicht gerade sehr viel Kulturschätze (mehr) haben und daher Vergnügungsparks en masse einfach so errichten, wird hier halt dem Mauerbeschauer die Möglichkeit geboten auf einer Sommerrodelbahn wieder ins Tal zu düsen – was natürlich ein Riesenspaß war und den geschäftstüchtigen Chinesen noch ein paar Yuan mehr einbrachte.

Wer China im Wandel erleben will, sollte es sich nicht entgehen, dieses Land zu bereisen. Es gibt kein Gut und kein Schlecht – nur ein großes Staunen und manchmal auch ein großes Verwundern, wenn die Frau den Mann, der gerade Seifenblasen in die Luft lässt vor irgendeinem Motiv hundertmal mit der Digitalkamera ablichtet. Andere Länder andere Sitten und Euch eine schöne Woche!

Kambodscha 2005 2. Teil

Der letzte Eintrag endete an der thailändisch-kambodschanischen Grenze in Aranya Prathet. Am folgenden Tag reiste ich nach Kambodscha ein. Thailand ist alles in allem eigentlich das vielleicht am stärksten amerikanisierte Land Süd-Ost-Asiens. Ich denke nur an die breiten Highways, die 7-Eleven-24-Stunden-Shops an jeder Ecke, die vielen McDonald’s und KFCs, aber eines gab es dann doch nicht in Thailand: Casinos, denn die sind dort verboten. Dafür müssen die spielwütigen Thais beispielsweise nach in den kambodschanischen Grenzort Poipet. Kaum den Fluss, der beide Länder voneinander trennt, überquert, standen dort riesige Hotelpaläste, die auch noch so bezeichnende Namen wie „Las Vegas“ trugen. Die US-Spielhöllen-Metropole nach Kambodscha verlegt, versetzte mich fast in einen Schock. Doch dem nicht genug, auch wurde bei der Einreise, wie in den USA von mir ein Photo gemacht, dass jeden Schwerverbrecher alias Tourist bildlich festhält. Dafür können die Amis etwas, was die Kambodscha bei aller Bauwut schlicht vergessen haben: Strassen anlegen!

Während ich die Zeilen der vorangegangenen Mail verfasste, regnete es in Strömen, so dass ich nach 5 Metern Kambodscha mir die sagenhaft guten Strassen Thailands zurückgewünscht habe, denn als ich aus dem Immigration Office mit dem Rad heraustrat, befand ich mich fortan in einem Schlammacker sondergleichen, der in einen Kreisel mündete. Dieser erinnerte mich an eine Zentrifuge mit Restaurants, Marktständen und auf Kundschaft wartenden Mofa-Taxifahrern am äußeren Rand und hunderten Radlern, Mofafahrern, hupenden Autos, röhrenden LKWs und zum Bersten mit menschlichem Frachtgut gefüllte Pick-ups, die hier die Busse ersetzten in der Mitte der Schlammzentrifuge alias Kambodscha-Kreisel.

Der Schlammfluss, der definitiv nicht als National Highway 5 (NH5) zu bezeichnen war, zog sich bis zum Ortsende hin. Dort wurde diesem Cocktail aus Erde, Wasser und Schlaglöchern noch ein wenig Asphalt hinzugefügt, der aber anteilsmäßig am Straßenbelag gemessen eher ein Schattendasein führte. Ab sofort war das schnelle Radeln auf Thailands Highways vorbei und es hieß ab sofort Schlangenlinien-Radeln um Hunde, die hier ganz und gar nicht aggressiv sind, Rinder, Kinder, Hühner und Pfützen, die den so genannten Highway in eine rot-braun gefärbte finnische Seenplatte verwandelt hatten. Wenigstens musste ich nicht mehr auf kreuzende 2-Meter-Schlangen achten, wie im zuvor bereisten Thailand, die so mir nichts dir nichts aus dem Gebüsch am Straßenrand auftauchten und weder nach links noch nach rechts guckten – und ja eh nix hörten.

Das Radeln in Kambodscha war trotz ebener Strecke doch relativ anstrengend, im Gegensatz zu den 300 zurückgelegten Kilometern im Radler-Schlaraffenland Thailand. Permanent musste ich jetzt abwechselnd in die Pedale treten, um vom Schlamm auf den Asphalt hinaufzukommen, um dann ein paar Meter später wieder abzubremsen um in die nächste Schlaglochpfütze abzutauchen, deren Tiefe ich nie im Vorhinein abschätzen konnte. Während insbesondere in Bangkok niemand sonderlich von mir als Radler Notiz nahm, trat hinter der Grenzstadt Poipet das genaue Gegenteil ein. Auf den endlos bis zum Horizont reichenden Reisfeldern ruhte immer für einen Moment die Sichel, als ich vorbeifuhr.

Aus den Hütten und Büschen am Wegesrand kam immer ein „Hello“ „Bye bye“ „Thank You“ o. ä., ohne dass ich meist die Grüßenden überhaupt sah. Das ganze kam mir wie die Kappenfahrt am Fastnachtsdienstag vor, da ich oft mit der linken Hand den Lenker festhielt und mit der rechten in alle Himmelsrichtungen winken „musste“.  Bei dieser Doppelbelastung von Radeln und Grüßen wurde ich natürlich schnell hungrig. Da kamen die unendlich vielen Essensstände, die es in Kambodscha am Wegesrand gibt wie gerufen.

Schnell ein paar Bananen futtern und bezahlen mit ja mit was eigentlich? Während Kambodschas Steinzeit im 20. Jahrhundert, unter der Herrschaft der sog. Roten Khmer, die das Land gänzlich von der Außenwelt isolierten, gab es gar keine Währung. Jetzt gibt es gleich drei: Kambodschanische Riel, thailändische Baht und der Evergreen(back) US-Dollar. So bezahlte ich meine Bananen in Baht und bekam Riel als Wechselgeld zurück. Ein Essen zahlte ich in Dollar und bekam Baht als Wechselgeld. Manchmal bekomme ich auch Dollar und Riel, da es keine US-Cents in Münzen gibt. Dieses System hat den Vorteil, dass man nie zur Bank gehen muss, da 1 US-Dollar 40 Baht oder 4000 Riel entsprechen.

Eigentlich ganz einfach, oder?

Nach 49 km Schlammpiste, die in der Karte als gute Teerstrasse ausgewiesen war, erreichte ich Sisophon, wo ich notgedrungen übernachtete, da auf meiner Karte die nächsten 103 km zu meinem großen Ziel Siem Reap als Piste eingezeichnet waren und es bereits Mittag war. Sisophon ist ein verschlafenes Nest im Westen Kambodscha, das die zweifelhafte Ehre hat, anscheinend noch nicht an das World Wide Web angeschlossen zu sein, da meine kambodschanischen Gesprächpartner sehr wohl mit dem Begriff Internet etwas anfangen konnten aber meinten, dass es diese Neuerung bei ihnen noch nicht gäbe. Dafür war der zentrale Platz der Stadt ein geschotterter Fußballplatz, auf dem ich sogar ein wenig mitkicken konnte.

Am nächsten Morgen nahm ich dann die angeblichen 103 km Piste nach Siem Reap in Angriff. Die ersten 50 km waren eine wahre Wohltat. Es gab tatsächlich keinen Asphalt, der die Strasse in Puzzelteile verwandeln konnte, so dass es sich recht einfach fahren ließ, zumal die Straße abgetrocknet war. Dies hatte allerdings den entscheidenden Nachteil, dass ich auf einer Wüstenpiste fuhr, die in die feuchten Reisfelder verlegt wurde. Noch nie war ich über starken Seitenwind so froh wie an diese Tag: Jedes Auto wirbelte so viel Staub auf, dass ich immer kurz bevor mich das Auto passierte die Luft anhielt, die Augen schloss und hoffte, durch die Wolke ohne Staublunge durchzukommen.

Das einzige etwas größere Kaff auf diesen 103 km war nach 48 km erreicht und lud zum Essens- und Toiletten-Stopp ein. Denn anders als bei uns ist es in Kambodscha nicht ratsam sich bei akutem Harndrang mal schnell in die Büsche zu schlagen. Schuld daran sind die Roten Khmer und die Vietnamesen, die in den 80ern des letzten Jahrhunderts das gesamte Land verminten. Diese sind bis heute nicht vollständig beseitigt worden und die Gefahr beim Pinkeln in die Luft zu fliegen, ist in Kambodscha leider durchaus realistisch. Für die Einheimischen ist dies natürlich der blanke Horror – wie so vieles in der oft traurigen Geschichte des Landes im 20. Jahrhundert.

Im Restaurant nach Essen gefragt, bekam ich die Antwort „No food, only omelette and baguette!“ – Jawohl Baguette, denn die Franzosen haben ja hier auch einmal das Land besetzt und für mich glücklicherweise den Rechtsverkehr eingeführt und eben Baguettes bis in die tiefe Provinz gebracht. Warum Baguette und Omelette kein Essen sein sollen, weiß ich nicht, aber so gestärkt nahm ich die zweite Hälfte der Tagesetappe in Angriff, im Gefühl, dass das Vorankommen doch an diesem Tag gar nicht so schlimm war. Aber Kambodschas so genannte National Highways überraschen doch immer wieder gerne: So luden die nächsten Kilometer zum Schunkeln ein. Die permanenten Bodenwellen ließen mich abwechselnd vom Sattel nach vorne kippen oder nach hinten rutschen. Dazu kamen Sandpassagen, die mich einmal nach links und danach nach rechts schlingern ließen. Wer braucht da noch die Hofsänger um in Fastnachtslaune zu kommen – und das bei 0 Promille im Blut aber bei Außentemperaturen von ca. 40 Grad! Später irgendwo in den Reisfeldern Kambodschas herumdümpelnd, dachte ich, dass es sich beim Anblick der Teerstrasse am Horizont um eine Fata Morgana handelte, doch die angebliche Luftspiegelung stellte sich als real existierende Strasse heraus – die erste seit meiner Ankunft in diesem Land und nach sage und schreibe 125 km! Warum um Himmels Willen auf einmal eine Teerstrasse aus der Schunkelpiste wurde, weiß ich nicht,  aber fortan wurde das Radeln ja fast eintönig, denn der mittlerweile erreichte NH6, erinnerte stark an eine Kreisstrasse im Hunsrück – bis auf die Tatsache, dass natürlich ab und zu ein paar Schlaglöcher von bis zu 50 cm Tiefe, dafür sorgten, dass mir auch ja nicht zu langweilig wurde. Nach 7 Stunden Radeln war ich rotbraun einpaniert, hatte mein Tagesziel Siem Reap erreicht und sparte durch die Panade mindestens 100 ml Sonnencreme, denn durch diese Dreckschicht schafft es noch nicht einmal die brennenden Sonnenstrahlen Kambodschas.

Die Ankunft in Siem Reap schockierte mich fast so wie die Ankunft in Kambodscha. War ich nun ca. 150 km durchs kambodschanische Ländle geradelt und sah meist nur Strohhütten auf Stelzen, flankierten plötzlich 5-Sterne-Hotels die Einfahrt in die Stadt. Der Grund liegt zwar auf der Hand, denn die weltberühmten Tempel von Angkor liegen nur ein paar Kilometer nördlich. Doch dass hier pure Luxusherbergen, Rockkneipen mit Happy Hour und Myriaden von japanischen Touristen existieren, hätte ich nicht gedacht.

Über meine Eindrücke aus Angkor berichte ich das nächste Mal. Ich wünsche Euch ein schönes Wochenende und drücke natürlich morgen die Daumen, dass die Punkte aus der Veltins-Arena ins goldische Meenz mitgenommen werden.

Kambodscha 2005

Da Mainz 05 auch ohne mich gewinnen kann, dachte ich mir, dass ich mal wieder ein bisschen in der Sonne Fahrrad fahren könnte, da das Radeln im Schnee in Mainz letzte Woche, doch alles andere als angenehm war. Nun friere ich nicht, sondern glühe am ganzen Körper, der mittlerweile im05-Look rot (Arme, Gesicht und Beine) weiß (der Rest) durch Thailand düst.

Wie vor einem Jahr in Vietnam, war aller Anfang doch recht schwer, denn leider muss ich immer in einer Metropole das Radeln neu erlernen. Dieses Jahr stand nun die thailändische Hauptstadt Bangkok auf dem Programm. Anders als im vietnamesischen Ha Noi, gab es in Bangkok keine Radfahrer. Dafür relativ viele Mofafahrer, viele Tuk-Tuks (dreirädrige Minitaxis) und sehr viele Autos, von den Bussen und LKWs ganz zu schweigen. Durch das hohe Verkehrsaufkommen, waren alle Verkehrsteilnehmer mit mehr als zwei Rädern die ganze Zeit damit beschäftigt im Stau zu stehen, so dass ich genügend Eingewöhnungszeit hatte, mich an den LINKSVERKEHR zu gewöhnen, und zu kapieren, dass alle bei roter Ampel links trotzdem abbiegen dürfen, so dass ich an der Kreuzung niemals am linken Borgstein halten durfte, sondern in der Fahrbahnmitte.

Trotz Dauersmog und Megastau schaffte ich die 5 Kilometer zum Hauptbahnhof wahrscheinlich in rekordverdächtiger Zeit (ca. 15 Minuten). Dort angekommen, lernte ich, dass nicht alle Thai-Züge einen Frachtwaggon für den Rad-Transport mit sich führen. So hatte mein am Tag vorher reserviertes Tickets für den 11.05 Uhr Zug nach Pak Chong keinen Wert mehr und ich durfte auf den 15.20 Uhr Zug warten und noch eine Umbuchungsgebühr von 16 Baht (0,32 EUR) zahlen. Dabei wurde das Ticket durch die Touri-Helfer im Hauptbahnhof gebucht – ich hatte mich bereits 2003 bei meinem ersten Aufenthalt gefragt, wozu die Jung eigentlich nützlich sind…

So durfte ich wieder 5 km zu meinem Hostel zurückradeln und noch ein wenig den Adrenalin-Sport Radeln in der 7,5 Mio. Einwohner-Metropole genießen und meine Gangschaltung, die sich auf dem Flug verstellt hatte, neu einstellen. Danach ging es wieder 5 km zurück zum Bahnhof. Eine Stunde vor Abflug konnte ich das Rad bereits verladen und hatte somit genügend Zeit, mich um die Tickets fürs nächste 05-1.LIGA-Heimspiel zu kümmern. Hier steige ich mit Mainz 05 sozusagen noch einmal auf, denn in Bangkok musste ich im Mai 2003 in einem Internetcafe das Ligaradio hören und mitbekommen, dass unser 4:1 in Braunschweig nichts nutzte, da die Eintracht noch ein paar Tore bis zum 6:3 schoss und Mainz wieder einmal das Nachsehen hatte, wie bspw. auch 1997 gegen den jetzt besiegten VfL Wolfsburg.

Danach fuhr ich mit dem Tuckerzug los, um nach ca. 25 km stehen zu bleiben.Denn tragischerweise hatte ein Mofafahrer versucht, die Gleise mitten in der Pampa zu kreuzen und schaffte dies nicht mehr. Angeblich wurde der Fahrer tödlich verletzt, wie mir meine thailändischer Sitznachbar aufgeregt mitteilte. Ich wusste gar nicht, was ich fühlen sollte, denn der Fahrer tat mir unendlich leid, aber das machte ihn auch nicht wieder lebendig. Nach 30 Minuten war angeblich klar, dass den Lokführer keine Schuld traf und so setzte der Zug seine Fahrt fort, als ob nichts geschehen wäre. Um 20.00 Uhr statt 14.30 Uhr kam ich dann in Pak Chong an und wurde gleich von einem Hostel mit dem Pick Up aufgenommen. Die Hostel liegen alle außerhalb des Ortes und daher war ich dankbar nicht in stockfinsterer Nacht auf thailändischen Strassen umherradeln zu müssen.

Am folgenden Tag war ich mit ein paar anderen Reisenden und einem thailändischen Ranger im Khao Yai Nationalpark Wandern und Jeep fahren. Der Ranger war mit seinem Enthusiasmus wirklich klasse und wir er zeigte uns im Dschungel viele Vögel, Affen, Krokodile Insekten etc. die wir so nie gesehen hätten. Der Höhepunkt war sicherlich der Elefant, der uns Nacht den Weg zurück zum Hostel versperrte. Alles in allem ein wunderschöner Tag, um diesen mit ein paar Chang ausklingen zu lassen, statt wie 2003 in Malaysias Dschungel sich zu verirren, und den vergangenen Tag mit Bachwasser zu begießen.

Am folgenden Tag bin ich nochmals 200 km mit dem Zug problemlos gefahren, ehe ich die ersten richtigen 70 km Thailand per Rad erkundete. Anders als letztes Jahr habe ich nicht soviel Zeit und daher ist der Thai-Zug doch eine schöne Alternative, um manches Mal ein paar Kilometer abzukürzen. Nach den 70 km Radeln fand ich einen wunderbaren Platz bei einer Familie zum Übernachten. Abends kocht die Mama für alle: Familie und Gäste. So bekomme ich natürlich einen richtig schönen Einblick in die Wunderwelt des thailändischen Essens. In Thailand, wie auch in Vietnam, ist es üblich, mit vielen Personen zu futtern und viele verschiedene Gerichte auf dem Tisch zu platzieren. Jeder probiert von jedem Gericht und das ist nach dem Radeln natürlich genial, denn die Mutter machte soviel Essen, dass sie am Ende immer alle mit „Eat eat!“ aufforderte noch mehr zu essen.

Nachdem ich gestern eine Tagesradtour zu ein paar Khmer-Tempeln gemacht habe und dabei feststellen durfte, das Thais mittlerweile auch gerne reisen und Sightseeing betreiben, bin ich heute mal wieder alleine gewesen und durch die Pampa nach Aranya Prathet geradelt, von wo ich Euch heute Berichte.