Hummels-Tansfer zum FCB Fans ziehen falsche Schlüsse?

Hier mal meine Meinung zu einem Spiegel Online (SPON)-Artikel bezüglich Fußball-Fans und die angeblich falschen Schlüsse, die wir aus der 4. Meisterschaft der Bayern in Folge ziehen und der Artikel, auf den ich mich beziehe: http://www.spiegel.de/…/mats-hummels-zum-fc-bayern-der-anfa…

Ich lese SPON sehr gerne und auch die Berichterstattung über die Bundesliga ist meiner Meinung nach ausgewogen. Gerade die in dieser Saison eingeführte „Elf des Tages“ anhand fundierter Kriterien ist für mich als Fußball-Interessierter und Fußballfan ein wirklicher Gewinn.

Um so irritierender war für mich vor ein paar Tagen der Kommentar eines SPON-Redakteurs zum Thema Mats Hummels und die angeblich falschen Schlüsse, die wir Fußballfans aus diesem möglichen Transfer in der Sommerpause ziehen, vorallem in Bezug auf die 50+1 Regel.

Ein Wechsel von Mats Hummels vom BVB zum FCB interessiert den gemeinen Fußballfan außerhalb von Dortmund und München wohl so viel, wie wenn der berühmte Sack Reis in China umfällt.

Denn den Fan an sich gibt es ja ohnehin nicht. Ein Ultra, der seinem Verein 365 Tage im Jahr hinterher reist und ein Zuschauer, der abends den Fernseher anschaltet oder samstags die Sportschau guckt, eint vielleicht, dass man sich 90 Minuten dasselbe Spiel anschaut, aber sonst? Nein, es geht nicht um die Besser-Fan-Diskussion, sondern darum, dass es auch innerhalb der Fußballinteressierten verschiedene Gruppen gibt und man vielleicht nicht jede dieser Gruppen als „Fan“ bezeichnen kann. Denn welcher „Fan“ kann schon die folgenden Thesen unterschreiben, die der Redakteur aufstellte?

„Die Bundesliga sei dabei, den Wettbewerb abzuschaffen.“

Wen interessierte gestern Mittag als Fan vor dem 33. Spieltag, wenn er nicht zum BVB oder zum FCB hält, wer Deutscher Meister wird, wenn er mit dem VfB, der SGE, Werder, den Lilien oder auch Mainz 05 sympathisiert? Man ist als Fan auf seinen Verein fokussiert und wieviel geiler ist es eigentlich im Stadion der Bayern am Ende einen Auswärtssieg gegen die „Über-Bayern“ zu feiern, als gegen einen FCB auf Augenhöhe?

„Die 50+1 Regel schützt den FC Bayern vor echter Konkurrenz.“

Ob unser Verein von einem Scheich als Sandkastenspielzeug betrachtet wird oder wir als Vereinsmitglieder zumindest bei den eingetragenen Erstligavereinen in Stuttgart, auf Schalke, in Darmstadt und Mainz ein Mitspracherecht haben, ist für viele Fans Basis dafür, sich mit einem Verein zu identifizieren. Dass die Bayern finanziell den anderen Vereinen überlegen sind, stimmt, aber dafür Investoren, die auf Gewinnmaximierung aus sind, und denen der Fußball an sich am Bobbes vorbei geht, ins Boot zu holen, ist nicht unbedingt das, was sich Fans wirklich wünschen, nur damit die zwei jährlichen Spiele gegen die Bayern auf Augenhöhe stattfinden können.

„Nur Vereine mit Mäzen (Hoffenheim, RB Leipzig) oder Konzernvereine wie Wolfsburg oder Leverkusen können sich hochmoderne Leistungszentren leisten.“

Und wer ist U19 Rekord-Meister (Schalke) und welche U23 spielen aktuell (noch) in Liga 3 (VfB, Werder, Mainz 05)? Gerade Mainz 05 oder Freiburg (beide schon U19 Meister) zeigen, dass hochmoderne Jugendzentren auch bei „Mittelklassevereinen“ möglich sind – ohne Brause- oder Aspirin-Connection.

„So einen Scheinwettbewerb will man in Zukunft nicht mehr sehen.“

Den so genannten „Scheinwettbewerb“ möchte der Fan nicht mehr sehen, wenn er am Montag Abend regelmäßig hunderte von Kilometern durch die Republik fahren muss, um seinen Verein zu unterstützen. Er hat vielleicht auch keinen Bock mehr, wenn er keine Getränke mehr im Block konsumieren darf, es kein Bier mehr zu trinken gibt, Stehplätze abgeschafft werden oder das Stehplatzticket über 20 € kostet. Aber dass Abstiegskampf, Aufstiege oder auch der Kampf um die Europa-League-Plätze durchaus einen Wettbewerb darstellen und durchaus Euphorie auslösen können, hat Augsburg z.B. letzte Saison gezeigt oder diese Saison die Hertha oder auch der Relegationsmeister aus Hamburg in den vergangenen beiden Spielzeiten. Der gestrige Platzsturm in Stuttgart resultiert sicherlich nicht daraus, dass die VfB-Anhänger keine Lust mehr auf einen Scheinwettbewerb haben.

Der ganze Kommentar basiert auf der Annahme, dass die Leute, die Fußball in den Medien konsumieren, mit den Leuten gleichzusetzen sind, die regelmäßig ins Stadion gehen. Dass der Ultra-Sportschau-Gucker diese Thesen unterschreiben kann – geschenkt, aber ich gehe in meiner Fußballromantik immer noch davon aus, dass man als „Fan“ einen Verein unterstützt und nicht einen Wettbewerb. Ich habe noch nie etwas von einem DFL-Fan gelesen oder von einen Bundesliga-Fan gehört. Kuttenfans mit DFL-Logo? Eine Sektion-Bundesliga-Mob?

Womöglich hat der Autor sogar Recht, dass durch das Zulassen von Investoren, die Meisterschaft wieder spannend wird und es ein deutsches Leicester City geben wird. Aber das wird wohl einen Großteil der Fans, die auch nächsten Samstag oder Sonntag letztmals in dieser Saison in die Stadien pilgern und wenigstens zweimal im Jahr einen Spieltag erleben, der sich dann wirklich mal SpielTAG nennen darf, nicht mehr interessieren, denn dann zieht es diese Leute eher zu unterklassigen Begegnungen, wo es dann auch egal ist, wohin es einen Mats Hummels nächste Saison ziehen wird.

Im Schlussteil des Artikels kommt der Autor noch zu einer weiteren These:

„Paarungen wie Hoffenheim gegen Ingolstadt interessieren keinen Menschen.“

Zumindest dieser Aussage können sich wohl dann auch wirklich fast alle Fußballinteressierten und -fans anschließen. Und wie es dann mit Erstliga-Begegnungen unter der Beteiligung von RB Leipzig ab der nächsten Saison aussieht, wird auch interessant sein. Vielleicht möchte diesen Wettbewerb von Vereinen mit Mäzen oder Konzern im Rücken dann wirklich keiner mehr sehen – das wären doch wahrlich schöne Aussichten!

In diesem Sinne lasst uns die Feste (und den Europa-League-Platz) feiern, wie sie fallen – so lange wir noch dabei sind!

Heidel-Wechsel Die Würfel sind gefallen

Die Würfel sind nun endlich gefallen. Nein, es geht diesmal nicht um die Bewertung der rot-weißen Jungs bei ihrem Auftritt in Sinsheim durch diverse Medien, sondern um die Entscheidung, wie sich Christian Heidel im Sommer beruflich orientiert. Seit seine Entscheidung am Sonntag offiziell verkündet wurde, wurden über die Person, die maßgeblichen Anteil an der Entwicklung unseres Vereins in den letzten beiden Jahrzehnten hatte, doch recht krasse Urteile gefällt. In der Tat hatte Christian Heidel noch einen Vertrag bis 2017 und diesen Fakt kann man ihm tatsächlich vorhalten – schließlich war er es, der den vorzeitigen Tuchel-Abgang ziemlich heftig kritisierte. Und seine aufrüttelnde Rede während der Mitgliederversammlung? Erst zwei Tage später kam das Gerücht mit dem Angebot der Königsblauen ans Tageslicht. Dass dieses von Heidel gestreut wurde, ist nicht anzunehmen. Und vielleicht hat damals der Fan Heidel und nicht der Manager Heidel aufgerüttelt. Bevor wir unser Urteil über einen Menschen fällen, den die meisten von uns persönlich gar nicht oder kaum kennen, gebührt es die Fairness, seine Sichtweise einzuholen – auch in Zeiten von Internet und den sozialen Netzwerken. Und das Warten dauerte ja auch nur bis Montag Mittag zur Pressekonferenz.

Auch nach dieser ist es sicherlich vermessen, ein Urteil über Christian Heidel zu fällen. Doch seine Erklärungen sorgen bei mir als Mainz 05-Fan für ein gewisses Gefühl, seine Entscheidung nachvollziehen zu können. Wie oben geschrieben, geht es um seine berufliche Neuorientierung. Wir nahmen immer an, er sei mit der größte Fan seines 1. FSV Mainz 05. Und wird sich da etwas im Sommer bei ihm verändern? Auf Schalke angesprochen, redet er von „Herausforderung“ statt von „Chance“ und davon, dass es gar nicht zunächst um den Verein aus Gelsenkirchen geht, sondern um die Veränderung. Als S04-Fan würde ich hier einen Kackreiz bekommen, denn dieser blau-weiße Traditionsverein scheint für ihn aktuell keine Herzensangelegenheit zu sein. Und das monatelange Herumgeeiere, was allgemein als ziemlich unprofessionell abqualifiziert wurde, ist sicherlich Ausdruck davon, dass ihm die Entscheidung nicht wirklich einfach gefallen ist, auch wenn er bereits seit eineinhalb Jahren über einen Weggang nachdachte, also just in dieser Zeit, als wir ohne Trainer dastanden.

Wäre er damals kühl genug gewesen, hätte er Tuchel folgen können und der Verein wäre womöglich daran zerbrochen. Sein „Missverständnis“ mit Kaspar hat er ausgebügelt und nach dem geglückten Klassenerhalt das Angebot aus Schalke erhalten. Wenn man das mal so aneinander reiht, ist es durchaus schlüssig, sich beruflich neu zu orientieren. Denn um nichts anderes geht es hier. Wenn wir Fans ihn jetzt nicht rucki zucki vom Hof jagen, wird er sicherlich Fan unseres, ja seines Vereins bleiben, sofern er das je war (was man durchaus getrost annehmen kann). Wer kann sich beruflich lebenslang motivieren, unter den gegebenen Bedingungen, Top-Leistungen abzurufen und gleichzeitig fürchten zu müssen, dass die nächste Transfer-Periode vielleicht mal komplett in die Hose geht und man ihn dann womöglich wegen Fehlern dann doch ersetzen will? Und Fehler legen ja jetzt seine Kritiker auch offen. Aber wer ist schon unfehlbar? Und wenn man dann an eben jenem Verein hängt, gerät man vielleicht eher in einen Zwiespalt als jemand, der seinen Vertrag einfach absitzt und dem der Verein völlig Latte ist.

Es wurde auch viel von Emotionen in den letzten zwei Tagen geschrieben und gesprochen. Fußball sei emotional und bei so einer Entscheidung seien auch mal derbere Töne angebracht. Aber was hat Christian Heidel denn uns persönlich weggenommen? Die Naivität zu glauben, dass hier in Mainz die Uhren anders ticken, wenn es ums Geschäft geht? Ich nehme Heidel ab, dass es nicht um die Kohle ging, sondern darum, in seinem Leben tatsächlich nochmal beruflich etwas anderes zu machen. Schließlich ist es sein Leben und was haben wir da mitzuentscheiden? Und ein besonderer Verein sind wir doch schon lange nicht mehr, wenn man mal die rot-weiße Brille abnimmt. Wir sind ein Verein, der nirgends anecken möchte (leider), dessen Fans kaum noch auswärts fahren (sehr schade), der finanziell sehr solide geführt wird (gut so). Aber was macht diesen Verein für Außenstehende da nun besonders? Es liegt doch an uns selbst, unseren Verein für uns zu etwas besonderen zu machen. Für den es sich lohnt, viel, vieles oder alles zu geben. Das kann man doch nicht von einer Einzelperson abhängig machen. Was ich besonders an der aktuellen Situation finde, ist die Tatsache, dass es Zeiten gab, zu denen ein Manuel Friedrich zwecks beruflicher Neuorientierung nach Bremen ging und heute ein Rouven Schröder zwecks beruflicher Neuorientierung von Bremen nach Mainz kommt.

Das zeigt die Veränderung, die unser Verein auch dank Heidel durchgemacht hat. Manche sagen ja jetzt, es ist gut, dass er geht, denn vieles ist in den letzten Jahren eingefahren. Wieviel Heidel davon „anzulasten“ ist? Keine Ahnung, aber wir haben jetzt die Chance, uns nicht mehr hinter dem großen „Don“ verstecken zu müssen und in der Komfortzone, zum Beispiel im Supporters-Bereich der Gegengeraden in vergangenen Zeiten zu schwelgen, sondern endlich mal wieder unsern Hintern hochzubekommen und unseren Verein zu etwas für uns Besonderen zu machen. Ungewissheit wird leider viel zu sehr als Bedrohung, denn als Chance angesehen. Heidel möchte seine „Herausforderung“ nutzen. Lasst uns unsere „Chance“ nutzen! Und statt ihm beruflich alles Schlechte zu wünschen, lasst es uns wie Manuel Friedrich halten: „Für mich gibt es nur Mainz 05 – alles andere ist der Rest der Welt!“.

Magdeburg 2015

Manchmal meint es der Fußballgott sehr gut mit uns Auswärtsfahrern, denn am letzten Spieltag vor der aktuellen Winterpause konnte man als Mainz 05-Fan, der auch dem munteren Treiben unserer U23 zugeneigt ist, ein wunderbares Hopping-Wochenende fernab der Heimat verbringen.

Und natürlich war die Fahrt zum Auswärtsspiel, wie schon letztes Jahr nach Dresden oder im Sommer nach Kiel oder zuletzt nach Erfurt mal wieder etwas ganz anderes als der Alltag beim auswärts fahren in der Bundesliga. Das fing bereits mit der „Planung“ an. Was habe ich mich komisch gefühlt, als ich Ende August an einem Sonntag Nachmittag den Mainzer Hauptbahnhof betrat und dieser komplett schwarz-gelb war. Nein, Dortmund spielte erst Wochen später in Mainz. Vielmehr fanden hunderte von Dynamo-Fans ihren Weg in unser Städtchen, um ihr Team am Bruchweg gegen unsere rot-weißen Jungs zu unterstützen. Und was mache ich? Fahre mit dem Zug nach Mönchengladbach, um unsere erste Mannschaft anzufeuern. Was habe ich mich damals komisch gefühlt: seine Stadt zu verlassen, ja fast „im Stich zu lassen“. Dieses Gefühl verschwand natürlich nach und nach im Laufe dieses Sonntags, spätestens als die „Amas“ gegen DAS Spitzenteam der Liga 3 ein Unentschieden holten und wir einen Auswärtssieg bei den Fohlen. Aber natürlich fährt man als Mainzer ja sowieso ergebnisunabhängig auf Auswärtsspiele, denn wer mit irgendwelchen Erwartungen, was das Ergebnis angeht, irgendwohin fährt, wird bei unserem Verein eigentlich recht oft schnell auf den Boden der Tatsachen, sprich einer Niederlage runtergeholt, Stichwort „DFB-Pokal“, „Velbert“, „Lübeck“ oder auch „Chemnitz“.

Wegen der Spielansetzung motzte ich noch während der Fahrt nach Gladbach ein wenig via Twitter beim DFB herum, die Spiele unserer U23 doch bitte nicht immer zeitgleich zu den Bundesliga-Spielen zu legen, zumal der Hauptspieltag der 3. Liga ja samstags 14 Uhr ist und nicht sonntags, wie an diesem Tag bei Gladbach und Dresden. Glücklicherweise erreichte die Hertha im Oktober die nächste Runde im DFB-Pokal und unser Auswärtsspiel in Berlin wurde konsequenterweise von der DFL auf den Sonntag gelegt. Nun hieß es nur noch Daumen drücken, dass der DFB, der die 3. Liga Spiele terminiert, nicht auf dumme Gedanken kommt und dann doch noch das Magdeburg-Spiel auf den Sonntag schiebt – zumal das Spiel von Magdeburg einen Spieltag vorher in Erfurt zweimal verschoben wurde und letztlich montags um 18.30 Uhr stattfand.

Aber wie bereits beschrieben, war der Fußballgott den Mainzer Groundhoppern gegenüber sehr nett und das Spiel gegen den 1. FC Magdeburg, kurz FCM, wurde auf den Samstag um 14.00 Uhr fixiert. Dank der deutschen Bahn, die es ja zulässt, dass man Tickets mit Zwischenhalten kaufen kann, erstand ich für recht wenig Geld, eine Fahrkarte von Mainz nach Berlin via Magdeburg zum Sparpreis – inklusive 5 Stunden Aufenthalt zum Besuch des Heinz-Krügel-Stadions in der Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt.

Dieses Bundesland hatte ich fußballerisch irgendwie im Laufe meines Auswärtsfahrer-Daseins schlichtweg aus den Augen verloren. Beim Blick in die wunderbare Online-Datenbank http://fsv05.destellte ich nachkicks fest, dass das letzte Mal ein Spiel des 1. FSV Mainz 05 in Sachsen-Anhalt vor dem Aufstieg unserer U23 letztes Jahr am 28. März 1991 in Halle stattfand. Torschütze damals Fabrizio Hayer, neben ihm im Sturm ein gewisser Jürgen Klopp, der am heutigen Boxing-Day irgendwo auf der Insel sein Geld verdient 😉 Doch von Magdeburg hatte ich vor Jahren viel gehört, da sie ein neues Stadion bauten, mit engen Tribünen und 25.000 Plätzen. Natürlich wird in Deutschland immer viel gemeckert und so hatte ich damals gelesen, wer braucht denn dort ein Stadion mit so einer Kapazität. Aber vor ein paar Jahren schaffte es Magdeburg fast in die 2. Liga, noch bevor es zur Gründung der 3. Liga kam. Leider fand man sich dann zunächst in der 4. Liga wieder, schaffte dann aber in der Aufstiegsrunde dieses Jahr den Sprung in den Profifußball gegen Kickers Offenbach. Schon im Sommer freute ich mich auf das Gastspiel unserer Jungs in Magdeburg, denn der FCM steht ja auch für den Erfolg des DDR-Fußballs schlechthin, den Gewinn des Europapokals der Pokalsieger 1974 – als einziger DDR-Verein überhaupt!Und Magdeburg gilt stimmungstechnisch als eine Top-Adresse in Fußball-Deutschland. Als dann bekannt wurde, dass der FCM seinen 50. Geburtstag, der am 22. Dezember stattfand, beim Aufeinandertreffen mit unseren Jungs vorfeiern wollte, kannte die Vorfreude keine Grenzen mehr.

Dank des Kigges-Forums fanden sich dann auch noch ein paar Nasen, die ebenfalls Bock auf das Spiel hatten. Die üblichen Verdächtigen, die sich Auswärtsspiele unserer U23 antun, kündigten sich ebenfalls an, so dass wir schließlich ein geballter „Mob“ von 20 Leuten im Gästeblock waren. Und die Heimseite? Yep, wir waren von 3,9 Seiten umzingelt von blau-weißen Magdeburg-Fans im wirklich schicken Stadion. Dieses ist tatsächlich komplett dicht und so wirkt die Lautstärke natürlich nochmals viel intensiver, als z.B. einen Tag später im offenen Olympiastadion von Berlin. Alle Plätze des Heimbereichs wurden aus Anlass des 50. Geburtstags mit weißen oder blauen Ponchos ausgelegt. Auf allen vier Tribünen waren die Zäune mit Spruchbändern verziert, die die großen Tage des FCM zum Inhalt hatten, sprich der Europapokal-Sieg, DDR-Meisterschaften und FDGB-Pokalsiege. Soweit so gut, soweit so beeindruckend, denn es ist nicht selbstverständlich für ein Drittliga-Spiel, solchen Aufwand zu betreiben, vor allem wenn die großen Erfolge Jahrzehnte zurückliegen. Aber das ist halt Magdeburg – ein Gedanke, der mir in den nächsten 90 Minuten öfter durch den Kopf schoss.

Wie bei uns üblich, wurde auch hier kurz vor dem Anpfiff von einem Fan aus der Szene kurz der Ablauf der Choreo über die vier Tribünen erklärt und die Bitte angefügt, die Ponchos überzustreifen und diese bis zum Abpfiff anzubehalten. Ich dachte mir noch, mal gespannt, wie lange die Dinger anbleiben…

Dann der Einlauf der Mannschaften, das Stadion wurde erstmals richtig laut und unsere rot-weißen Buben, durften dann das erleben, was sie auch letztes Jahr schon in Dresden mitnahmen: Stimmungsmäßigen Erstligafußball bei Traditionsvereinen in Liga 3. Ob das nun die Jungs puscht oder hemmt wage ich nicht zu beurteilen, aber die Erfahrung tut den Jungs auf jeden Fall mal gut. Sie erleben hier ein erstes Highlight ihrer Jungen Karriere und das dank Mainz 05, das seine U23 nicht vom Spielbetrieb abgemeldet hat, wie so viele andere Bundesligisten, darunter die launische Diva vom Nebenfluss, die damit langfristig auf Derbys gegen Offenbach oder Darmstadt verzichtet. Und wahrscheinlich standen in der Mainzer Mannschaft mehr Spieler mit Erstligaerfahrung als beim FCM im Kader. Man denke nur am Phillipp Klement, Suat Serdar oder Julian Derstroff, die bereits alle 2015 ihr Erstligadebüt gaben.

Die Choreos auf den Tribünen waren nett anzuschauen. Um den Block U herum, das Epizentrum der Stimmung auf der Heimseite, wurde ein überdimensioniertes Trikot entfaltet, auf der Haupttribüne ein riesiges Banner mit der Aufschrift „Heinz-Krügel-Stadion“. Das ist insofern beachtlich, da das Stadion wie alle Neubauten in Deutschland einen Sponsorennamen hat, mit dem sich natürlich kein Fan identifiziert. Das Banner aber genau unterhalb der Sponsoren zu entfalten,war ein sehr subtiler Protest „gegen den modernen Fußball“ – der ja nur 128 Kilometer südöstlich von Magdeburg gerade aufbraust.

Die Geschichte des Spiels ist schnell erzählt. Unsere U23 versuchte über ihre Spielstärke zu dominieren, Magdeburg mehr über Einsatz und Leidenschaft. Und wie es bei uns Tradition ist, räusper, zahlte sich letzteres natürlich aus und Magdeburg ging mit 3:1 als Sieger vom Platz. Die erste Halbzeit war stimmungsmäßig sehr gut, aber es sollte in Halbzeit 2 noch so viel besser kommen. Im Gästeklo stand dann bezeichnenderweise der Spruch, der dann auch in den zweiten 45 Minuten beherzigt wurde: „Gästeblock wegscheppern!“. Aber zunächst einmal legte der Block U als Intro für die letzte Halbzeit des Jahres eine gigantische Pyro-Show aufs Pakett – das waren eindeutig mehr als 50 Bengalos, aber – das ist halt Magdeburg! Einigen Mitfahrern, die bereits auf dem Balkan Hopping-mäßig unterwegs waren, lief das Wasser im Munde zusammen, doch gesabbert wurde erst, als die Fackeln erloschen waren, und dann die Stimmung überkochte. Zunächst auf drei Tribünen wurde „Vorwärts Magdeburger Jungs, schießt ein Tor für uns“ als Wechselgesang intoniert, ehe ab der 3. oder 4. Runde dann auch die Haupttribüne dabei war und spätestens dann kam man sich nicht mehr wie in einem deutschen Stadion vor – denn so etwas habe ich noch nie erlebt. 23.000 Zuschauer feuern ihr Team gemeinsam an. Keiner ist sich dafür zu schade – und das ist Magdeburg – die weißen oder blauen Ponchos flogen erst nach Abpfiff in Richtung Spielfeld. So wurde die Stimmung auch noch 93 Minuten lang visuell perfekt unterlegt. Schmähgesänge gegen uns gab es bis zum Schluss nicht, außer das „Ihr könnt nach Hause fahr’n“, aber das konterten wir dann mit „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin!“, was zwar keiner hörte aber ziemlich der Wahrheit entgegen kam, schließlich fuhren wir fast alle danach in die Hauptstadt, um tagsdrauf wieder stimmungstechnisch in die1. Liga abzusteigen.

Unsere Buben waren natürlich nach dem Spiel enttäuscht. Man sah es ihren Gesichtern an, aber sie kamen zum Block, um sich in die verdiente Winterpause zu verabschieden und ich fand es prima, dass es 20 Leute geschafft haben, in Magdeburg, die Leistung dieses Teams und auch die von Sandro Schwarz zum Jahresabschluss richtig zu würdigen. Beste Zweite in ganz Fußball-Deutschland halt!

Tage später kam mir dann Sachsen-Anhalt nochmals in den Sinn. Natürlich war es das erste Mal für mich, einem 05-Spiel in diesem Bundesland beizuwohnen. Als passionierter Hopper fing dann die Recherche an, wann wo in welchem Bundesland das erste Spiel von Mainz 05 besucht wurde. Angefangen hatte alles recht unrühmlich im Mai 2002 in der alten Försterei bei Union. 1:3 verloren, vorher dieser unwürdige, von einem Journalisten aufgebrachte Ossi-Wessi-Konflikt, den es weder von Mainzer Seite noch von Seiten von Union vorher gab, das Spiel und die Atmosphäre aber vergiftete und letztlich der erste tragische Nichtaufstieg in die Beletage des deutschen Fußballs. Da es mich nach diesem Frust-Erlebnis erstmals ein Jahr auf Reisen zog, folgte das nächste Auswärtsspiel erst im August 2004 wieder in Berlin. Der heutige Stuttgarter Trainer Jürgen Kramny sorgte für meinen ersten Auswärtspunkt. Wenig später folgte mit Baden Württemberg der nächste Länderpunkt und durch Marco Roses Tor in der Nachspielzeit der erste Auswärtssieg! In dieser Aufstiegssaison folgten weitere Länderpunkte und am 30. April 2005 das 6:2 in Bochum – natürlich das bis dato geilste Auswärtsspiel ever.

Einmal mit dem Hopping-Virus infiziert, konnte auch der Abstieg diesen nicht besiegen, vielmehr gab es neue Stadien zu besuchen und Länderpunkte zu sammeln, z. B. in Thüringen im Ernst-Abbe-Sportfeld von Jena. Mit dem erneuten Aufstieg 2009 folgte dann dank des DFB-Pokals in Lübeck der Länderpunkt Schleswig-Holstein, die Entlassung von Jørn Andersen und der Beginn der Ära Thomas Tuchel. Schleswig-Holstein war aber auch für Tuchel kein gutes Pflaster, man denke nur an Kiel! Aber durch den Aufstieg unserer U23 in die Liga 3 hatte ich nochmal Blut geleckt: Im Juli dann die Revanche: 4:0 Auswärtssieg bei den Störchen und in der Nachbetrachtung war Schleswig-Holstein auch der 15. und vorletzte Länderpunkt, den es zu sammeln galt! Dank unserer „Amas“ wurde nun heute vor einer Woche der 16. Länderpunkt mit Sachsen-Anhalt geholt – logisch, dass auch dieses Spiel 3:1 für den Gegner endete, so wie damals in der alten Försterei, als alles anfing!

So wurde in den letzten Jahrzehnten aus dem ehemaligen Oberligisten 1. FSV Mainz 05 ein bundesweit spielender Verein, dem man zu Begnungen in allen 16 Bundesländern folgen kann! Gerade natürlich 2016, wenn wir meenzerischen „runden“ 111. Geburtstag feiern und es wieder „Meenzer on Tour“ heißt! Und in diesem Sinne darf man als Auswärtsfahrer hoffen, dass es im neuen Jahr zu keinerlei weiteren Einschränkungen für Gästefans kommen wird! Denn „Auswärts fahren“ macht ja bekanntlich „schön“ 😉

Hier geht es zu allen Bildern des Spiels.

Ein Video der Stimmung in Magdeburg gibt es auf Facebook und einen Trailer auf Instagram.