Zwischen Magie und Muggeltum

Alex Schulz über den Kontrast von Ligaalltag und Europapokal-Nächten.

Die Zeit rennt im Fußball schneller als manch langjähriger Innenverteidiger in der Konterabsicherung. Gefühlt hatten wir gestern erst eine magische Europapokalnacht und doch liegen seit besagtem Donnerstagabend bereits 2 Länderspiele und ein Bundesligawochenende hinter uns.

Gerne erinnern wir uns alle an diese Atmosphäre mit einer Choreo und einem Stadion, welches – egal auf welcher Tribüne – textsicher und lautstark jeden Fangesang mittrug. Gemeinsam mit dem Team auf dem Platz trotzten alle 05er selbst dem zwischenzeitlichen Ausgleich und auch noch Tage später kam niemand aus dem Schwärmen heraus. Negative Töne gab es keine. Warum auch?!

Dann kam die Länderspielpause, die dank Nadiem Amiri und dessen Torjubel mit Paul Nebel auch ein 05-Festspiel wurde. Alle und alles rosarot oder eher rotweißrot.

Wäre dann nicht der Bundesligaalltag. Zugegeben, die bisherige Punkteausbeute ist eher dürftig und gerade die Betriebsmannschaft eines Brauseherstellers ist alles andere als ein dankbarer Gegner. Doch gerade rund um dieses Spiel war wenig von der Magie zu spüren, die uns wenige Tage vorher alle so verzauberte.

Bereits vor dem Spiel wurde bekannt, dass die UEFA Mainz 05 für die Ereignisse bei den beiden Qualifikationsspielen sanktioniert. Während klar war, was in Trondheim passierte und dass sowas überhaupt nicht OK ist, musste man sich doch die Frage stellen, was beim Heimspiel Schlimmes vorgefallen sei. Gab es gefühlt niemanden, der die Choreobilder nicht in den sozialen Medien teilte oder zumindest mit einem Like versah. Fans, Medien und selbst Mainz 05 lobten das Gesehene und Erlebte. Doch plötzlich weht der Wind anders. Dass die Androhung von Sanktionen, die andere Vereine selbst nach dem X-ten Vorfall nicht spüren, sicher bei vielen Menschen für Schnappatmung sorgte, ist natürlich verständlich. Doch wo ist die Magie, die alle wenige Tage vorher noch durchströmte?

Das Bundesligaheimspiel war dann auch stimmungstechnisch weit weg von dem, was wir alle an einem Donnerstagabend vollbracht hatten. Ein Alles-oder-nichts-Spiel setzt dann doch besondere Kräfte frei. Der Funke konnte am Samstag nicht überspringen. Alltag eben.

Am kommenden Wochenende geht es nach Augsburg. Eine vergleichsweise hohe Zahl an Fans wird sich auf den Weg machen, um dort endlich die ersten 3 Punkte einzusacken. Das geht nur gemeinsam! Bei uns müssen alle an einem Strang ziehen, um solche Wunder zu wirken, wie wir es seit 1 ½ Jahren immer wieder schaffen. Noch gibt es Tickets!

Also los! Lasst uns keine Muggel sein und weiter gemeinsam zauberhafte Momente schaffen.

05erinnen in Liga Zwei – jetzt braucht es echten Support

Der Zweitliga-Frauenfußball ist zurück in Mainz. Nils Wöhl zeigt in seiner Fan-Kolumne, warum der starke Saisonstart mehr Aufmerksamkeit verdient und bessere Bedingungen für die 05erinnen nötig sind, um konkurrenzfähig zu bleiben.

2667 Tage hat es gedauert, bis Zweitliga-Frauenfußball in Mainz gespielt wird. Wo früher die Schott kickte, sind inzwischen die 05erinnen mitten im neuen Alltag angekommen und haben vier Pflichtspiele absolviert – Zeit für einen ersten Blick auf den Saisonstart.

 Das Auftaktprogramm hatte es in sich: Mit Meppen und dem SC Sand ging es direkt gegen ehemalige Bundesligistinnen und Viktoria Berlin sowie der VfB Stuttgart gehören zu den ambitionierten Aufsteigerinnen. Umso erfreulicher ist die Bilanz: Weiterkommen im DFB-Pokal gegen den VfB und vier Punkte aus drei Ligaspielen.

 Top, zwar gab es keinen Kaderumbruch, aber noch befindet sich die Mannschaft in ihrer Eingewöhnungsphase. Statt dominantem Ballbesitzfußball setzt das Team jetzt stärker auf Umschaltmomente – und zeigt dabei beachtliche Entwicklungsschritte. Besonders auffällig: Chiara Bouziane mit zwei Toren, zwei Vorlagen und vielen Dribblings.

Gerade das Auswärtsspiel bei Viktoria Berlin hat gezeigt, wie mutig das Team bereits auftritt – zwei Punkte mehr wären verdient gewesen.

 Umso trauriger, dass diese Fortschritte drohen unterzugehen – weil es kaum unabhängige Berichterstattung gibt und auch vom Verein zu wenig getan wird, um Aufmerksamkeit zu schaffen. Wenn Mainz 05 im Frauenfußball ernsthaft mitmischen will, reichen gelegentliche Posts am Heimspielwochenenden nicht aus. Es braucht echten Buzz, klare Sichtbarkeit auf den Hauptkanälen und eine Präsenz, die dem Zweitliga-Status gerecht wird und wie es andere Bundesligisten vormachen.

 Zusätzlich ist klar, wer dauerhaft sportlich konkurrenzfähig sein möchte, muss auch bei den Trainingsbedingungen mithalten. Dass die Mannschaft ausschließlich auf Kunstrasen trainiert, während alle Pflichtspiele auf Rasen stattfinden, darf kein Dauerzustand bleiben. Da erscheint der Saisonstart umso beeindruckender.

 Will es der Verein wenigstens sportlich ernst meinen, müssen Raseneinheiten eine Selbstverständlichkeit sein. Die nächste Gelegenheit, die 05erinnen zu unterstützen, gibt es am Samstag um 11 Uhr im Bruchwegstadion beim Nachbarschaftsduell gegen die U20 von Eintracht Frankfurt.

 Schon einmal war die Frankfurter Zweite hier zu Gast, damals vor fast neun Jahren – mit unter anderem Nadine Anstatt und Chiara Bouziane auf dem Platz, die heute beide für Mainz spielen. Endstand damals: 1:0 für Mainz. Gerne wieder.

Der Tagesplan für Samstag steht: erst die Frauen am Bruchweg, dann die Männer in der Arena siegen sehen, damit wir irgendwann erstmalig, erstklassigen Frauenfußball in Mainz sehen.

Über den Autor: Nils Wöhl ist Teil der Recherche-Unit des Hinterhofsänger-Talks. Der Mainz 05-Podcast widmet sich wöchentlich den Bundesligaspielen der Profi-Mannschannschaft und alles rund um den Verein.

Pokal-KO für Tipico

Beim DFB-Pokalspiel zwischen Dynamo Dresden und Mainz 05 vor zwei Wochen wurde ein Spruchband gegen Sportwetten-Werbung im Pokal gezeigt. Wieso diese Forderung legitim ist, erklärt Christoph Kessel in seiner aktuellen Fan-Kolumne.   

Vor zwei Wochen beim Mainz-05-DFB-Pokal-Spiel in Dresden ist das schwarz-gelbe Spruchband „Pokal-KO für tipico!“ im gelben Heimblock der Dynamo-Fans recht unscheinbar geblieben. Dieses Spruchband geht auf eine Initiative des Bündnisses gegen Sportwetten-Werbung (BgSwW) zurück. Das BgSwW setzt sich für die weitestgehende Einschränkung von Sportwetten-Werbung ein – so, wie es in einigen anderen europäischen Ländern bereits Usus ist.

Der Inhalt des Spruchbands richtet sich an den Deutschen Fußball Bund (DFB), der den DFB-Pokal ausrichtet. Sportwetten-Werbung ist allgegenwärtig, auch im DFB-Pokal, und suggeriert Harmlosigkeit, obwohl ein hohes Suchtpotenzial besteht, insbesondere bei Live-Wetten. Die Werbung erreicht auch Kinder und Jugendliche. Besonders gefährdet sind junge Männer, oft mit Vereinszugehörigkeit, da sie sich durch Fachwissen gegen Verluste wähnen – eine gefährliche Illusion. Am Ende profitieren immer die Wettanbieter, während Spieler*innen und ihr Umfeld unter möglichen schweren Verlusten und negativen Konsequenzen leiden.

Der Sportwetten-Anbieter Tipico ist Sponsor des DFB-Pokals, an dem auch Amateurvereine aus der 4. Liga und darunter teilnehmen. Wetten auf Amateurspiele sind in Deutschland allerdings verboten. Dennoch darf Tipico im DFB-Pokal unter Beteiligung von Amateurvereinen für Sportwetten werben. Die Präventionsangebote des DFB zum Schutz vor Spielsucht erscheinen als Feigenblatt, solange finanzielle Abhängigkeit von Wettanbietern besteht. Stattdessen wird Glücksspiel durch emotionale Sportwetten-Werbung verharmlost – auch gegenüber Jugendlichen. Der Sponsoring-Vertrag mit Tipico läuft am Saisonende aus und sollte nicht verlängert werden, um Fans, Jugendliche und Sporttreibende zu schützen. Hilfeangebote inklusive Selbsttest finden Betroffene und deren Angehörige unter www.buwei.de, eine Seite der Landeskoordinierungsstellen Glücksspielsucht. Plakate zum Ausdrucken, das Aktionslogo und einige Share-Pics zum Herunterladen gibt es auf der Seite des BgSwW – vielleicht sind sie Ende Oktober im 05-Stadion beim Pokalheimspiel gegen den VfB Stuttgart zu sehen.