Volldampfstart für Mainz 05

Pokal, Bundesliga, Europa – ein hartes Auftaktprogramm wartet auf Mainz 05. Felicitas Budde beschreibt in der Fan-Kolumne, warum der harte Saisonauftakt für Mainz 05 keine Schonfrist zulässt – und wieso jetzt auch die Fans gefordert sind.

Fünf Spiele in 14 Tagen, in drei Wettbewerben. Ein 100m-Sprint-Start in eine Marathon-Saison, der keine Zeit zum Warmlaufen lässt, möchte die Mannschaft den eigenen Ansprüchen nicht früh hinterherlaufen. Montags Pokal in Dresden, donnerstags Conference League in Skandinavien – gegen Rosenborg oder Hammarby –, dazwischen Bundesligaauftakt gegen Aufsteiger Köln und gleich dreimal hat Bos-Truppe die ungewohnte Favoritenrolle inne. Leicht ist annerst.

Hinzu kommt das erste internationale Heimspiel seit Ewigkeiten. Doch während die Mannschaft um Kapitän Widmer sich in der Vorbereitung auf einen intensiven Start schindet, scheinen viele Fans noch im Sommerloch zu dümpeln. Mainz 05 spielt seit Jahren mal wieder international, zelebrierte vergangene Saison mitunter mitreißenden Fußball und das erste Heimspiel in Europa ist noch nicht ausverkauft. Die Generalprobe gegen Straßburg endete 0:0. 11.500 Zuschauer sahen viel Einsatz, ordentliche Chancen, kein Tor. Man spürt: Diese Mannschaft will. Aber man spürt auch: Bis zum Saisonstart muss die Mannschaft zulegen.

Aber in den Mainzer Gassen fragt man sich stattdessen hinter vorgehaltener Hand, wie lange das Meenzer Wunder wohl hält. So als müsse die Mannschaft in Vorkasse treten, sich den mühsamen Gang ins Stadion neu verdienen. Doch die Antwort kann noch nicht vom Rasen kommen – sie muss aus den Gassen und Rängen erschallen. Was anderes lasse Spielplan und DFB erstens nicht zu und zweitens hat die Mannschaft permanenten Support verdient – in sehr guten wie in sehr schlechten Zeiten.

Für die Mannschaft heißt das: keine Schonfrist. Für die Fans heißt das: kein „Mal sehen“. Mainz weiß: Wunder fallen nicht vom Himmel, sie werden erarbeitet – mit Tempo, Haltung und dem kollektiven Glauben an das gemeinsame Ziel. Diese Arbeit beginnt jetzt, nicht erst, wenn das Transferfenster geschlossen und der Saisonstart ein paar Spieltage alt ist. Für den Verein und seine Verantwortlichen bedeutet das, endlich zu verstehen, dass Fans keine Selbstverständlichkeit sind und Geschehnisse wie rund um das Testspiel nicht vorkommen dürfen. Fans warteten auf Caterer und Spieler teilweise vergeblich.

Die Mannschaft hat verstanden, dass Fans kein lästiger Medientermin sind. Mit Paul Nebel vorneweg kamen die Spieler zum Zaun und taten, was sie konnte. Doch viele kleine Fans blieben bitterlich enttäuscht zurück. Zuneigung ist keine Einbahnstraße – mit so einem Verhalten gefährden Verantwortliche, was die Mannschaft für einen solchen Auftakt braucht: den Kredit, um nicht in Vorkasse treten zu müssen.

Es kommt jetzt auf jeden einzelnen an: die Elf auf dem Rasen, die Bank, der Staff und die Kurve. Ob Heimspiel, Pokal in Dresden, Conference League in Skandinavien oder unterm Mainzer Flutlicht. Noch einmal tief Luft holen – und dann rein ins Getümmel der Saison 25/26. Auf das die Mainzer Gassen rot-weiß leuchten und vom Hall erfüllt unser Lied nach Europa tragen. Fünf Spiele in 14 Tagen, drei Wettbewerbe: Auf die Plätze, fertig, los!

Aufhören ist keine Option!

Zwei spannende Saisons lang durften vier Autor*innen ihre Meinungen und Geschichten rund um unseren FSV in der Allgemeinen Zeitung einer breiten Leserschaft präsentieren. Die Fan-Kolumne bot stets einen besonderen Blick auf die Fankultur, sportliche Ereignisse und gesellschaftliche Themen im und um den Fußballsport.

Was für die Leser*innen womöglich ein Blick über den Tellerrand war, war für die Autor*innen eine Chance, die Fansicht prominent abzubilden.

Nun gehen die Verantwortlichen der Zeitung neue Wege und stellen die Kolumne zur kommenden Saison ein.

Frust? Resignation? Nicht mit uns! Die Fan-Kolumne wird es weiter geben – nur eben nicht mehr bei der AZ, sondern unabhängig.

Wöchentlich könnt ihr auf der Webseite der Supporters, des Meenzer on Tours und der Hinterhofsänger die Fan-Kolumnen lesen. Wir hoffen, mit diesen Texten weiterhin viele Menschen zu erreichen und auch diese Saison einen Beitrag zur fundierten Meinungsbildung rund um unseren FSV zu leisten.

Jetzt seid ihr gefragt: Erzählt anderen davon, teilt fleißig und klickt regelmäßig rein. Natürlich freuen wir uns auch über jede Art von Feedback.

Auf eine spannende Saison – und hoffentlich genauso viele spannende Beiträge!

Mainz 05-Markenbildung

Diese Woche gab Mainz 05-Vorstand Jochen Röttgermann ein aufschlussreiches Interview zu vielen Themen rund um Mainz 05 in der Allgemeinen Zeitung Mainz. Als Marketing- und Vertriebsspezialist sieht er naturgemäß die Dinge etwas anders als wir Fußballfans. Allerdings darf man nicht vergessen, dass es sich bei Mainz 05 immer noch um einen eingetragenen Verein mit Mitgliedern handelt und nicht um ein Wirtschaftsunternehmen.

Mainz 05-Trikotfahrt am letzten Spieltag der Saison 2016/2017 nach Köln

Die meiner Meinung nach wichtigsten Aspekte des Interviews:

Röttgermann über Trikots

Sie dienen der Mainz 05-Markenbildung. Mit ihrem Verkauf ließ sich bisher bei Mainz 05 kein Gewinn machen.

Röttgermann über Erlöse aus dem Trikotverkauf

Sie deckten bisher bei Mainz 05 die Kosten nicht. Er räumt mit dem Gerücht auf, dass Spielertransfers durch Trikotverkäufe realisierbar wären.

Röttgermann über verkaufte Trikots

Erstmals werden in dieser Saison 25 000 Trikots verkauft werden, im Vergleich zu etwa 8 000 Trikots in der Saison 2022/2023. Dieses Jahr werden erstmals schwarze Zahlen bei Trikotverkäufen geschrieben.

Röttgermann über die Dauerkarte aus Plastik

Sie wird weiterhin ohne Zuschlag ausgegeben. Er war über den Sturm der Entrüstung überrascht, als der Verein dafür 10 Euro Aufpreis zu Beginn der aktuellen Saison verlangen wollte.

Röttgermann über den ehemaligen chinesischen Wettanbieter als Ärmelsponsor

Das würde der Verein so heute nicht mehr machen.

Fazit: Das Wort Nachhaltigkeit fiel in dem Interview lediglich bei der Dauerkarte aus Plastik. Dass die Steigerung des Trikotverkaufs unterm Strich nur dazu führt, dass dreimal so viele Ressourcen wie 2022/2023 verschwendet werden, wird nicht erwähnt. Die Trikot-Herstellung ist extrem energieintensiv. Jedes Trikot ist am Ende seines Lebenszyklus ein Stück Sondermüll. Wer ein Trikot kauft, füllt damit nicht die Kassen beim Verein, sondern bei anderen Unternehmen in der Lieferkette. Sicherlich nicht bei denjenigen, die den Kram herstellen müssen, sondern hauptsächlich beim Ausrüster, beim Hersteller in Südasien, beim Logistiker. Sprich der ganze Trikot-Hype, der in der Sommerpause, an Fastnacht und zum Vereinsjubiläum angefacht wurde, ist ökonomisch ein Nullsummenspiel, ökologisch eine Katastrophe und nur eine Marketing-Aktion. Die begrenzte Verfügbarkeit von Aufmerksamkeit in der Social Media-Welt wird bei Mainz 05 für Marketing genutzt. Leidtragende sind die anderen Abteilungen des Vereins, die auf X, Threads, BlueSky während der Trikot-Vermarktung gar nicht zum Zuge kommen – aber auch bei Instagram und Facebook fast nicht mehr präsent sind. Aber auch die Mitglieder-Aktionen erhalten kaum mehr Sichtbarkeit. Sprich Markenbildung ist Mainz 05 wichtiger als Vereinsidentität.

Und damit wären wir bei den anderen beiden Punkten. Der Verein muss gemäß DFL-Statuten einen Club-Fan-Dialog führen. Würde dieser bei Mainz 05 mit entsprechender Ernsthaftigkeit durchgezogen, wäre die Überraschung bei dem geplanten Dauerkarten-Aufschlag für die haptische Version ausgeblieben. Wir haben Fans, die sehr wohl wissen, wie die Menschen ticken, die alles für den FSV geben, den Verein auch unterstützen, wenn es mal nicht so gut läuft und am Ende auch die eindrucksvollen Choreos vorbereiten, mit dem sich der Verein so gerne schmückt.

Auch beim Sponsoring, Stichwort chinesischer Wettanbieter, hätte man sich viel Unruhe ersparen können, wenn man die entsprechenden Fan-Vertreter*innen ernst genommen hätte  – vom DFL-Investoren-Deal mal ganz zu schweigen.

Der Verein sollte endlich den Club-Fan-Dialog dazu nutzen, gemeinsam Mainz 05 nach vorne zu bringen. Und wir sollten uns vielleicht mal überlegen, wem wir nutzen, wenn wir unser Geld in das xte Trikot investieren. Umwelt, Verein und Näher*innen sind es jedenfalls nicht.