Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!
01 Hin und weg:
Mainz liegt am Rhein, Leverkusen auch. Daher ging es endlich mal wieder auf einer der schönsten Bahnstrecken Europas flussabwärts von Rheinhessen hinunter ins Rheinland. Bauarbeiten an der Strecke sorgten dafür, dass der Zug nicht über Köln Hbf., sondern über Köln Messe/Deutz fuhr, sprich hinter Koblenz schon auf die „falsche Rheinseite“ wechselte. Die linksrheinische Strecke hinter Koblenz ist relativ langweilig. Durch die rechtsrheinische Streckenführung am Siebengebirge entlang gab es tatsächlich nochmals echt nette landschaftliche Höhepunkte. Und wer glaubt, 2G gibt es bei der Bahn nicht, der wurde in Köln Hbf., über den es nach getaner Bauarbeiten zurück nach Mainz ging, eines Besseren belehrt. Neben „Gesperrt“ gab es auch noch „Gekennzeichnet“ mit dem Hinweis „Urinal nicht nutzbar“ – 2G Deutsche Bahn-style halt.
Blick durch das Zugfenster ins schöne Mittelrheintal
02 (N)immer nuff:
Hatte ich mich in Hoffenheim noch über mich selbst gewundert, da ich mangels fehlender Auswärtsfahrtpraxis vergas, mal auf die Eintrittskarte zu schauen, auf der deutlich angegeben war, dass die Fahrt im lokalen Verkehrsverbund im Ticketpreis inkludiert war, unterzog ich die Bayer 04-Karte einem entsprechenden Check vergeblich. Die Verantwortlichen der Werkelf folgten dabei einem Corona-Trend: Immer weniger Leute nehmen den ÖPNV und setzen wieder verstärkt aufs Auto. So hatte man kurzerhand die Abgabe an den entsprechenden Verkehrsverbund zumindest bei Gästetickets „gespart“ – Nachhaltigkeit anno 2021. Aber das entspricht ja dem Trend in Deutschland: Alle wollen Umweltschutz – so lange er nichts kostet und man auf nichts verzichten muss…
„2G“ Deutsche Bahn-style: Gesperrt bzw. Gekennzeichnet, dass das Urinal nicht nutzbar ist…
03 Kon-Trolle
Das dritte Auswärtsspiel der Saison und die dritte Art zu kontrollieren, ob jemand genesen, geimpft oder bei den 6-19 Jährigen getestet ist. In Elversberg wurde einfach drauf geguckt und reingelassen. In Hoffenheim bekam jede:r ein Bändchen, wie bei Mainz 05 und in Leverkusen gab es die Mischung: Wer den Nachweis digital vorweisen konnte, wurde direkt reingelassen. Leute mit einem Nachweis auf Papier bekamen ein Bändchen. So wird unnötiger Müll vermieden. Das wäre doch auch ein gangbarer Weg für unseren Verein, der ja ständig proklamiert, klimaneutral und nachhaltig agieren zu wollen.
Schneller Check des digitalen Nachweises – ohne Bändchen und Müll
04 Kampf um den Mampf
A propos Müll(vermeidung). Es gab auch hier ein Becherpfand, während wir gespannt sein dürfen, in welchem Beziehungsstatus sich unser Verein beim nächsten Heimspiel in Bezug auf Mehrweg befindet. Mainz 05 lebt ja aktuell so eine Art On-Off-Beziehung,, was das Thema angeht. Mal gibt es Mehrweg, z.B. gegen die Dosen, mal gibt es Einweg gegen die Breisgau-Brasilianer.
Auch Bayer 04 trug dazu bei, dass wieder 3 € als #Saisonspende fließen, da die günstigste Speise vegetarisch war. Dazu gab es sogar noch Bulgursalat mit Falafel, der nach Spielende sogar ausverkauft war – von wegen Fußballfans ernähren sich nur von Worscht alleine.
Sehr breites Angebot an Speisen inklusive veganen Alternativen
05 Käfighaltung
Der Gästeblock im Ulrich-Haberland-Stadion bietet einen guten Blick ins weite Rund. Offiziell waren alle Stühlchen heruntergeklappt – inoffiziell standen alle und supporteten das Team. Kurze Wege und noch kürzere Schlagen am Essens- und Getränkestand machten den Aufenthalt in der Farbenstadt wieder ganz angenehmen – vom Ergebnis und von ihrer Ausnahmeregel bezüglich „50 plus 1 “ einmal abgesehen.
Guter Blick aus dem Gästeblock mit einem Pfandbecher in der Hand
Fazit: Der Jahrgang 2021/2022 zeigt, dass Leverkusen, wenn man ihre „50+1“ Sonderregel einmal ausblendet, immer ganz gut runter geht und mit zum Angeehsten in der Liga zählt – kurze Anfahrt, kurzer Marsch durch den Park, kurze Schlangen, kurzer Weg in den Block. Nach so vielen „Kurzen“ war es gut, dass die Bahn im Kölner Hbf. ja eigentlich „2G-Plus“ eingeführt hatte, schließlich war wenigstens die Toilettenschüssel im Herren WC zugänglich…
Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!
01 Hin und weg:
Seit meinem ersten Besuch im Kraichgau im Herbst 2007 ging es immer motorisiert dorthin – entweder mit dem PKW gemeinsam mit Freund:innen oder wahlweise mit dem Bus des Vereins oder dem der Supporters. Zu den meisten anderen Bundesliga-Auswärtsspielen fahre ich seit Jahren meist mit der Bahn. Warum ich bisher nicht auf die Idee gekommen bin, dorthin mit dem Zug zu fahren? Es liegt wohl hauptsächlich an einer gewissen Bequemlichkeit – schließlich liegt die Rhein-Neckar-Arena direkt in einer Autobahnausfahrt und lässt sich vom Mainzer Ring allzu leicht in etwas mehr als einer Stunde erreichen. Dass man nachkicks mit dem PKW teilweise ebenfalls eine Stunde im Stau auf dem Parkplatz steht, bevor man die Autobahn wieder erreicht, habe ich irgendwie immer verdrängt, egal ob ich eine Niederlage („Fastnachtsspiel“), ein Unentschieden („Last Christmas“) oder einen Sieg („haddemerauchscho“) zuvor erlebt hatte.
Auf dem Weg nach Hoffenheim lohnt sich ein Zwischenstopp in Heidelberg
Da ich durch einen Umzug innerhalb unseres Städtchens mittlerweile eine S-Bahn-Station fast vor der Nase habe und umgekehrt der Busparkplatz des Wolfgang-Frank-Campus (danke für die Namensgebung lieber Verein) relativ weit weg liegt, wollte ich jetzt mal die Bahn ausprobieren.
02 (N)immer nuff:
Dass bei den meisten Eintrittskarten in der Bundesliga der ÖPNV außer beim klammen FC Bayern im Verkaufspreis eingeschlossen ist, hatte ich in mehr als 580 Tagen Bundesliga-Auswärtsabstinenz irgendwie vergessen. Daher kaufte ich mir eine Fahrkarte ab Mainz bis Sinsheim – bis Guntersblum hätte auch gereicht, denn dort beginnt der Verkehrsverbund Rhein-Neckar und auch die Gültigkeit der Eintrittskarte für den Zug. Geldverbrennung olé…
Der Vorteil an der Bahnfahrt an die Autobahnausfahrt ist die von mir sehr geschätzte Möglichkeit, die Fahrt an netten Orten zu unterbrechen, wie z.B. dieses Mal in Heidelberg. Auf knapp drei Kilometern Fußmarsch vom Hauptbahnhof bis zum Bahnhof „Heidelberg Altstadt“ lässt sich die Stadt ganz gut per Pedes entdecken und schöne Blicke auf das über der Stadt thronende Schloss erhaschen.
Willkommen im Schilderwald Sinsheims
Vom Bahnhof „Heidelberg Altstadt“ brachte mich ein Fußball-Sonderzug in knapp 30 Minuten via Hoffenheim nach Sinsheim Museum/Arena. Diese Möglichkeit nahmen insgesamt rund ein Dutzend Zuschauer in Anspruch. Die Leute im Kraichgau stehen wohl nicht so wirklich auf die Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln.
Vom Bahnhof aus lagen nur 10 Minuten Fußmarsch vor mir, an einem Schilderwald vorbei, an der Air France-Concorde entlang, unter der Autobahn hindurch, direkt zum Gästeblock – ohne lästiges Einmal-Rund-Ums-Stadion-Gegurke.
03 Kon-Trolle
Wie schon in Elversberg war es wunderschön, gleich auf dem Busparkplatz vor dem Gästeblock wieder die ersten mir bekannten Gesichter getroffen und gemeinsam noch ein Kaltgetränk geleert zu haben und dort tatsächlich einen der Kigges-Oldies zum ersten Mal live und in Farbe persönlich kenngelernt zu haben – nach fast zwei Jahrzehnten Online-Begegnungen in diesem legendären Forum.
Obwohl mehr als 600 Gästefans erwartet wurden, bildeten sich vor den zweigeteilten Kontrollen keine ellenlangen Schlangen. Rechts von den Treppen hoch zum Gästeblock wurde mein digitaler Impfausweis gecheckt. Danach gab’s ein Bändchen und es wurde geprüft, ob ich mich mit der Luca App registriert habe. Leider führt die Pandemie zu ziemlich viel Müll – was ich ja bereits beim Leipzig-Heimspiel kritisiert habe. Viellicht bin ich da ein bisschen „übers Ziel“ hinaus geschossen und diese Bändchen machen „die Sau auch nicht mehr fett“ – aber es ist halt echt mega Mist, noch mehr Müll zu produzieren, statt mal mit der Müllvermeidung zu beginnen. Glücklicherweise findet am nächsten Samstag der „World Clean Up Day“ statt, an dem sich auch der Entsorgungsbetrieb der Stadt Mainz beteiligt und alle Mitmachenden mit Hilfsgerät unterstützt. Der Entsorgungsbetrieb möchte diesmal hauptsächlich auf die achtlos weggeworfenen Hygienemasken hinweisen.
b3G-Check bestanden und wieder ein bisschen mehr Müll produziert.
Mit dem Bändchen am Handgelenk ging es die Treppe um die Wellenbrecher hoch zur recht lässigen Kontrolle und ich war im Gästeblock angekommen. Interessanterweise sah ich an diesem Tag auch nirgends Polizeibeamte in Uniform, weder am Bahnhof, noch vor dem Stadion oder im Block – Deeskalation pur an diesem sonnigen Samstagnachmittag.
04 Kampf um den Mampf
Die Catering-Abteilung der TSG trug dazu bei, dass wieder 3 € #Saisonspende fließen, da die günstigste Speise, die angeboten wurde, vegetarisch war. Allerdings hat man im Kraichgau einen etwas bizarren Geschmack, denn das vegetarische Angebot bestand hauptsächlich aus Süßkram und Nüsschen. Aber ich möchte gar nicht meckern, denn vor Corona gab es auch immer eine leckere Pommes Spezial, also Pommes Frites mit Ketchup, Mayo und Röstzwiebeln – das bot die TSG bis dato als einziger Verein in der Liga an. Pommes Spezial haben den Vorteil der Müllvermeidung, da die Toppings bei der Zubereitung drauf geklatscht werden. Und die Pommes Spezial standen auch wieder der Speisekarte.
Es gab sie aber nicht. Ob der Wegfall der Pommes Spezial dem Hygniekonzept geschuldet oder die Röstzwiebellieferkette in den Kraichgau unterbrochen war – ich weiß es nicht. Dafür gab es Pommes mit Ketchup und Mayo in Plastiktütchen abgepackt. Daneben lagen Holzgäbelchen verstreut herum und jede:r konnte mit seinen Händen da hineinlangen. Dass die bargeldlose Zahlung an den entsprechenden Geräten im SAP-Land nicht funktionierte (Gerät kaputt), war ein weiteres interessantes Mosaiksteinchen im TSG-Hygienekonzept.
Pommes waren deutlich günstiger als die Currywurst – damit fließen 3 Euro in die Saisonspende
Aber sei’s drum. Es gab etwas zu futtern. Zu trinken gab es im Gästeblock, wie in Hoffenheim üblich, keinen Alkohol – das Verbot wurde diesmal aber wohl auf das gesamte Stadion ausgedehnt. Auch das ist für mich persönlich ziemlich zweitrangig. Ob es hilft, die Pandemie zu bekämpfen, müssen andere entscheiden.
05 Käfighaltung
Die Speisen und Getränke durften nicht im Catering-Bereich zu sich genommen werden, da dort genauso wie auf dem Weg zum Platz im Gästeblock Maskenpflicht herrschte analog zu den Regeln im Stadion am Europakreisel. Warum es gefährlich ist, im ausgedehnten Catering-Bereich unter Einhaltung der Abstandsregeln Pommes und alkoholfreies Bier zu konsumieren und sich über den grandiosen Spielverlauf zu unterhalten, es aber vollkommen ungefährlich ist, dies im Block zu tun, weiß ich nicht. Schließlich sei daran erinnert, dass dieser Gästebereich mal für 3 000 Menschen konzipiert wurde und sich nun 600 Leute dort aufhielten. Abstandsregeln unter Genesenen, Getesteten und Geimpften einzuhalten wäre also kein Problem gewesen.
Aber auch hier: egal. Mit der Maske im Gesicht ging es in den Block und zwar in den Stehblock! Yes! Dort war es möglich, zu futtern, zu trinken und die Mannschaft lauthals zu unterstützen. Das hat wirklich Spaß gemacht und bei aller oben beschriebenen Kritik, war es einfach ein großartiges Gefühl, wieder in einem Block zu stehen und situativ auf das Spielgeschehen zu reagieren bzw. die Jungs in rot und weiß nach vorne zu peitschen.
Beste Stehplatz-Stimmung im Gästeblock
Der Großteil der mitgereisten Fans sah das wohl ähnlich, denn es wurde ziemlich laut im Block und das bereits vor dem Spiel. Der etwas ungeordnete Support hatte die Folge, dass meine Stimmbänder nach dieser langen Auswärtsabstinenz schon zur Halbzeit in Mitleidenschaft gezogen waren, denn vor der Pandemie war immer ein Leichtes, wenn der Gästeblock eh schon die Dezibelzahl hochgeschraubt hatte, mal der Stimme eine Pause zu gönnen. Diese Pausen gab es nicht und während unten auf dem Platz Vollgasfußball made in Meenz präsentiert wurde, ruinierte ich mir in Halbzeit zwei mir die Stimme endgültig.
Von der Heimseite kam relativ wenig verbale Unterstützung – aber auch die Zahl der Zuschauenden mit etwas über 8 000, was einer zirka sechzigprozentigen aktuell zulässigen Auslastung entsprach, lässt die Erkenntnis wachsen, dass im Kraichgau Bundesliga-Fußball nach 13 Jahren nicht mehr wirklich attraktiv ist – ob es an der Pandemie liegt oder daran, dass es halt doch ein bisschen ein Kunstprodukt ist, was da an der Autobahnauffahrt entstanden ist, kann ja mal die Marketingabteilung der TSG klären.
Fazit: Der Jahrgang 2021/2022 der Kraichgau-Edition bietet unterm Strich gute Bedingungen für Gästefans die Auswärtsfahrt zum Heimspiel zu machen!
Im Mai 2019 veröffentlichte die DFL nach dem Beschluss der Mitgliederversammlung Ende 2018 erstmals die Finanzkennzahlen der Bundesliga-Vereine. Da wir bei der Bundesliga nicht erst seit den Geisterspielen wissen, dass es nur ums Geschäft geht, hatte ich im vorletzten Jahr die „Finanz-Bundesliga-Tabelle 2018/19“ veröffentlicht. In dieser habe ich die Finanzkennzahlen, die die DFL pro Verein veröffentlicht hat, mit Hilfe von Leistungskennzahlen, so genannten „Key Performance Indicators“, kurz KPIs, analysiert. Daraus ergaben sich für die einzelnen Vereine viele interessante Ergebnisse. Da sich die Vereine untereinander in einem Wettbewerb befinden, war es bereits 2019 extrem spannend zu sehen, wie es tatsächlich um „Financial Fairplay“ bestellt ist. Im letzten Jahr wurde es noch einen Tick interessanter, weil es erstmals möglich war, Veränderungen im Vergleich zum vorangegangen Geschäftsjahr zu ermitteln und die „Finanz-Bundesliga-Tabelle 2019/20“ zu veröffentlichen. Im Sommer 2020 befand sich die Pandemie noch in einem frühen Stadium, so dass Corona bei den meisten Bundesligisten die Bilanz nur zu einem Drittel (4 Monate) verhageln sollte, da der Bilanzstichtag der 30. Juni 2020 ist. Allerding bilanzieren Eintracht Frankfurt, Bayer 04 Leverkusen, Borussia Mönchengladbach, der VfB Stuttgart und der FC Schalke 04 zum 31. Dezember 2020. Dadurch sind die Ergebnisse in diesem Jahr ziemlich verzerrt, da diese fünf Clubs 10 Monate Corona in der Bilanz stehen haben.
Zum Bilanzstichtag 30. Juni 2020 spielte Arminia Bielefeld in der 2. Liga, der VfB Stutgart spielte die Hälfte seines Geschäftsjahres in der 2. Liga (bis zum 30. Juni 2020). Im vorangegangen Jahr (Bilanzstichtag 30. Juni 2019) spielten der 1. FC Köln, Arminia Bielefeld und Union Berlin in der 2. Liga.
Da sich Fans zahlreicher anderer Vereine für diese Tabelle interessieren, gehe ich auf alle 18 Erstligisten der Saison 2020/21 ein und beleuchte am Rande in diesem Jahr auch erstmals die Aufsteiger also Spielvereinigung Greuther Fürth und den VfL Bochum. Dadurch macht es meiner Meinung nach Sinn, dieses Thema in Abschnitte zu unterteilen:
In den ersten drei Teilen habe ich die 18 Erstligisten mit Hilfe von insgesamt sechs KPIs analysiert und für jeden KPI eine Tabelle erstellt. In diesem Teil habe ich nun pro KPI pro Verein zwischen 0 und 3 Punkten vergeben. Ich hätte natürlich auch nach Tabellenplatz bewerten können. Doch sagt ein Platz in der Tabelle nicht wirklich etwas über den finanziellen Zustand des Clubs aus. Deshalb habe ich die Bewertung in jeder Kategorie nach Punkten durchgeführt und jede Kategorie gleich gewichtet. Natürlich ist das rein subjektiv. Doch letztlich ergibt sich ein gutes Bild, wie es um das finanzielle Gebaren der Clubs untereinander aussieht, wer gut wirtschaftet, wer mit Geld zugeschüttet wird und wer sogar Geld abdrücken muss, weil er vorher jahrelang sehr großzügig alimentiert wurde – und ist es auch möglich, Vergleiche zwischen dem aktuellen Geschäftsjahr und dem Vorjahr herzustellen, und so die Auswirkungen der Pandemie auf den Fußball aus finanzieller Sicht zu erkennen.
Die Punkteverteilung im Überblick für die Nerds (in Klammer jeweils die Punkte im Vorjahr):
Anlagendeckungsgrad (Eigenkapital zu Anlagevermögen) – Finanzierung des Vereins > 1 3 Punkte für: SCF, TSG. FCB > 0,5 2 Punkte für: FCA, BVB, B04, M05, >0 1 Punkt für: BSC, SGE, KOE, RBL, BMG, VFB, WOB <0 0 Punkte für: FCU, DSC, SVW, S04
Eigenkapitalquote (Eigenkapital zu Bilanzsumme) – Chance auf Pleite des Vereins > 0,66 3 Punkte für: SCF, TSG, FCB > 0,33 2 Punkte für: FCA. BVB, RBL, B04, M05, BMG, > 0 1 Punkte für: BSC, SGE, KOE, VFB, WOB < 0 0 Punkte für: FCU, DSC, SVW, S04
Eigenkapitalrendite (Jahresüberschuss zu Eigenkapital)- Macht der Spielbetrieb finanziell Sinn? > 0,5 3 Punkte für: – > 0,1 2 Punkte für: – > 0 1 Punkte für: FCA, SCF, TSG, RBL, FCB, < 0 oder nicht berechenbar 0 Punkte für: BSC, FCU, DSC, BVB, SGE, KOE. B04, M05, BMG, VFB, WOB, SVW, S04
Vorletztes Jahr gab es die 3 Punkte erst bei einer Eigenkapitalrendite von > 1. Schalke hatte damals (in seinen besseren Zeiten) den sagenhaften Wert 5,23 erzielt. Das beste Ergebnis erzielte im letzten betrachteten Geschäftsjahr Eintracht Frankfurt mit 0,54. Der Zweite SV Werder Bremen erzielte damals 0,33. Damit war genügend Abstand vorhanden, um 3 Punkte an die SGE zu verteilen. Dieses Jahr sind die Ergebnisse pandemiebedingt alle sehr schlecht. Daher gab es diesmal nur 1 und 0 Punkte. Natürlich hätte ich das auch anpassen können – aber damit wäre der Vergleich zum vorherigen Geschäftsjahr verwässert worden.
Umsatzrentabilität (Jahresüberschuss zu Umsatz) – Effizienz des Vereins > 0,1 3 Punkte für: – > 0,01 2 Punkte für: – > 0 1 Punkt für: FCA, SCF, TSG, RBL, FCB < 0 0 Punkte für: BSC, FCU, DSC, BVB, SGE, KOE, B04, M05, BMG, VFB, WOB, SVW, S04
Personalaufwandsquote (Personalaufwand zu Umsatz) – Arbeitsintensität des Vereins < 0,4 3 Punkte für: TSG < 0,5 2 Punkte für: FCA, BVB, RBL, M05, < 0,6 1 Punkte für: FCU, SGE, SCF, B04, FCB, WOB > 0,6 0 Punkte für: BSC, DSC, KOE, BMG, VFB, SVW, S04
Verschuldungsgrad (Fremdkapital zu Eigenkapital) – Abhängigkeit des Vereins < 0.33 3 Punke für: SCF, TSG < 0.66 2 Punkte für: FCB < 1 1 Punkt für: BVB, B04, M05 > 1 bzw. negativ 0 Punkte für: FCA, BSC, FCU, DSC, SGE, KOE, RBL, BMG, VFB, WOB, SVW, S04
Meister in der KPI-Bundesliga-Tabelle ist damit die TSG Hoffenheim
Der Meister der „Finanz-Bundesliga“ 2020/21 kommt aus Hoffenheim – Glückwunsch in den Kraichgau!
KPI-Bundesliga-Abschlusstabelle 2020/21 – in Klammer jeweils die Platzierung und die erzielten Punkt im Vorjahr.
1. TSG Hoffenheim (2.) 14 Punkte (13)
2. SC Freiburg (1.) 12 Punkte (14)
3. FC Bayern München (2.) 11 Punkte (13)
4. FC Augsburg (6.) 8 Punkte (6)
5. Borussia Dortmund (6.) 7 Punkte (12)
5. RB Leipzig (9.) 7 Punkte (9)
5. 1. FSV Mainz 05 (2.) 7 Punkte (13)
8. Bayer 04 Leverkusen* (9.) 6 Punkte (9)
9. Eintracht Frankfurt* (2.) 3 Punkte (13)
9. Borussia Mönchengladbach* (8.) 3 Punkte (10)
9. VfL Wolfsburg (17.) 3 Punkte (2)
12. Hertha BSC Berlin (14.) 2 Punkte (4)
12. 1. FC Köln (9.) 2 Punkte (9)
12. VfB Stuttgart* (neu) 2 Punkte
15. FC Union Berlin (15.)1 Punkt (3)
16. Arminia Bielefeld (neu) 0 Punkte
16. SV Werder Bremen (12.) 0 Punkte (8)
16. FC Schalke 04* (17.) 0 Punkte (2)
* Bilanzstichtag 31. Dezember statt 30. Juni
Fazit: Nachdem der SC Freiburg 2019 und 2020 gewinnen konnte, ging der Titel erstmals an die TSG Hoffenheim. Von 18 möglichen Punkten hat die TSG 14 Punkte erzielt und damit sogar einen Punkt mehr geholt als letztes Jahr. Danach folgt auf Platz 2 mit 12 Punkten der ehemalige Meister SC Freiburg, der nur zwei Punkte weniger als letztes Jahr eingefahren hat und damit die ersten 4 Monate der Pandemie hervorragend gemeistert hat.
In diesem Jahr hinkt die Tabelle besonders, da es fünf Clubs gibt, die 10 Monate Pandemie zu bilanzieren hatten, da ihr Geschäftsjahr am 31. Dezember endet. Dennoch konnte Bayer 04 Leverkusen sich von Platz 9 auf Platz 8 verbessern – verlor aber gleichzeitig 3 von 9 Punkten. Daran erkennt man, wie heftig sich die Pandemie auf die Bilanzen ausgewirkt hat.
Die positive Überraschung ist diesmal der FC Augsburg, der seine Punktezahl sogar steigern konnte (von 6 auf 8). Fast schon erschütternd, dass 3 Punkte dieses Mal für Rang 9 reichten. Hier landete die Eintracht, die letztes Jahr noch Platz 2 mit 13 Punkten belegte. Diesen Platz teilte sie sich damals mit dem FC Bayern, der diesmal 11 Punkte erzielen konnte und mit dem 1. FSV Mainz 05, der immerhin noch 7 Punkte einheimste und einen guten 5. Platz erreichte.
Diesmal teilt sich die Eintracht Platz 9 mit Borussia Mönchengladbach, das ebenfalls mächtig Punkte (7) einbüßen musste. Platz 9 geht auch an den VfL Wolfsburg, der seine Punkteausbeute erhöhen konnte (von 2 auf 3) und von Platz 17 hochkletterte. Es geht also nicht nur sportlich in Wolfsburg positiv voran.
Die Vereine, die in der Tabelle dahinter liegen, haben tatsächlich ein Seuchenjahr hinter sich und kamen mit der Pandemie überhaupt nicht klar. Trotz der Millionen des Investors kam die Hertha nur 2 statt 4 Punkte. Das riecht nach extremer Geldverbrennung in der Hauptstadt. Der 1. FC Köln und der VfB Stuttgart kamen ebenfalls auf Rang 12 mit 2 Punkten – ohne Investor und Big City Club-Ambitionen.
Union Berlin erzielte gerade noch 1 Punkt, durch eine relativ niedrige Personalaufwandsquote. Selbst hier konnten weder Arminia Bielefeld, noch Werder Bremen oder der FC Schalke 04 einen Punkt erzielen und gingen somit komplett leer aus.
Financial Fairplay ist weitrhin ein Fremdwort in der Bundesliga. Es gibt Vereine, die können das Geld zum Fenster rausschmeißen und das wird einfach durch Dritte ausgeglichen. Andere Vereine haben diese Möglichkeit nicht. Damit wird die Spaltung der Liga weiter verschärft und ein Wettbewerb kann so kaum noch stattfinden. Corona wirkt gerade als Brandbeschleuniger, wenn man bedenkt, dass das Bundeskartellamt auf eine Einhaltung von 50 plus 1 drängt. Bei der TSG Hoffenheim wäre das womöglich finanziell kaum spürbar, da der Club mittlerweile gut aufgestellt ist und keine Alimentierung mehr notwendig hat.
RB Leipzig hat sich in den letzten Jahren über 100 Mio. Euro zusätzlich aus Österreich besorgt und hält ja formal auch die 50 plus 1 Kriterien ein. Bleiben Bayer 04 Leverkusen und der VfL Wolfsburg. Erstere wirtschaften in der Regel gut und könnten sicherlich auch ohne den Pharmakonzern bestehen. Anders sieht das aktuell noch in Wolfsburg aus. Durch die gute sportliche Platzierung in der abgelaufenen Saison sollte zumindestes das Geschäftsjahr 2021/22 gut laufen, da ja Gelder aus der Championsleague hierher fließen. Denn aktuell wäre der Club ohne Gelder vom Autokonzern wohl nicht wirklich überlebensfähig. Und die Hertha zeigt, dass Geld alleine nicht reicht, um finanziell erfolgreich zu sein. Hier bleibt es spannend zu sehen, wie die neue Riege im Club das Ruder herumreisen möchte.
Der Abstieg von Werder und Schalke war in der Nachbetrachtung wie diese Finanz-Analyse zeigt, praktisch schon eingepreist. Ob die Vereine sportlich so schnell wieder auf die Beine kommen, bleibt fraglich, da finanziell eigentlich überhaupt kein Spielraum besteht, da beide Club komplett überschuldet sind.
Es wird extrem spannend sein, wie die Clubs das zweite Pandemiejahr verkraften werden. Vielleicht gibt es bei den Clubs, die ihr Geschäftsjahr zum 31. Dezember abschließen, bereits ein Licht am Ende des Pandemietunnels. Antworten darauf gibt es dann nächstes Jahr im Sommer, wenn die DFL die Bilanzen der Clubs veröffentlicht hat und sich hoffentlich eindeutig zu 50 plus 1 positioniert hat.