Freiburg 2018

Es gibt Dinge im Leben, die braucht wirklich niemand: Eine 3:9 Niederlage am Samstag Nachmittag gehört bestimmt dazu und Montagsspiele sicherlich auch. Dass das eine mit dem anderen zusammenhängt, liegt daran, dass vor dem Saisonstart 2017/2018 fünf Spiele in der ersten Liga mit der Begründung eingeführt wurden, den Europapokal-Teilnehmern einen zusätzlichen Tag Regeneration zukommen zu lassen.

Spielort Bruchweg - gibt es einen idealeren Ort zum kreativen Protest?
Spielort Bruchweg – gibt es einen idealeren Ort zum kreativen Protest?

Da kurz nach der Winterpause nur noch die Brausekicker aus Leipzig donnerstags spielten, war anzunehmen, dass der Montagskelch an Mainz und Freiburg vorbeigeht, schließlich hatte der SC seit seinem EuroLeague-Ausscheiden in Slowenien im Sommer 2017 genug Regenerationszeit erhalten. Interessanterweise spielt Leipzig schon heute, nachdem sie tatsächlich letzen Montag gegen Leverkusen ran mussten. Dumm nur, dass sie dann einen Tag weniger Pause hatten, um anschließend in Marseille 5 Tore eingeschenkt zu bekommen. Logisch wäre es gewesen, Leipzig nach der Europa-League-Woche den morgigen Montag zu geben und nicht zwischen den beiden internationalen Spieltagen – aber mit Logik kommt man heute wohl nicht mehr allzu weit.

Nachdem es Bremen und Köln bereits genauso traf, die ebenfalls nicht (mehr) international spielten, war ich gespannt, wie die Reaktion in Freiburg und Mainz auf die Ansetzung ausfallen würde. Positiv angetan war ich zunächst einmal von einem nett formulierten Brief unseres neuen kaufmännischen Vorstands, den er nach Frankfurt zur DFL sandte, und nachfragte, womit denn diese Ansetzung von Mainz gegen Freiburg an einem Montag zu begründen sei. Schließlich hatte es für mich den Anschein, dass mein Fußballsportverein in den letzten Jahren allzu oft den rot-weißen Schwanz einzog, wenn es um Haltung gegenüber der DFL, dem DFB oder der Zeitung mit den vier großen Buchstaben ging. Eine schlüssige Antwort erhielt Jan Lehmann aus dem 05-Vorstand zumindest öffentlich nicht, soweit ich mich entsinnen kann.

Wunderbare Stadionordnung und Werbeplakat mit den Logos der Fanvereinigungen aus beiden Städten
Wunderbare Stadionordnung und Werbeplakat mit den Logos der Fanvereinigungen aus beiden Städten

Denjenigen, die die Idee hatten, einfach trotzdem zu der Uhrzeit einen Kick anzusetzen, die wahrscheinlich den meisten Stadiongehern in den Kram passt, sprich samstags halb vier, gebührt ein großes Dankeschön. Denn damit bot sich die Gelegenheit, nicht nur gegen etwas zu sein, sprich gegen Spiele zur Unzeit am Montag, sondern auch für etwas zu sein: Für einen Kick samstags um halb vier, für kreativen Protest, für gemeinsames Aufstehen und Gegeneinanderspielen beider Fanlager, für Support, für ein Ausrufezeichen an gelebter Fankultur.

Überall wurde bereits Wochen vor dem Kick mit dem Slogan „Samstags halb vier – Fußball, Bratwurst, Bier!“ der Fankick zwischen den Teams aus dem Breisgau und Rheinhessen beworben. Mit Jürgen Girtler wurde ein kompetenter Pressesprecher  ernannt, der schon letztes Jahr souverän das CrowFANding fürs Fanhaus Mainz medial begleitete. Und mit Petr Ruman wurde auf Seiten des FSV ein kompetenter Trainer verpflichtet. In den letzten Tagen vor dem Spiel wurde mit Plakaten (sogar offiziell genehmigt von der Stadt Mainz) überall in der goldenen Stadt am Rhein dafür geworben – mit den Logos der Fangruppierungen aus Freiburg und Mainz!

Mit Spendenbüchsen wurde für die Fahrtkosten der Freiburger gesammelt
Mit Spendenbüchsen wurde für die Fahrtkosten der Freiburger gesammelt

Die Location, in der der Kick stattfinden sollte, war natürlich der absolute Knaller: das Stadion am Bruchweg, Spielort der Nullfünfer bis 2011 und weiterhin gefühlte Heimat des Fußballsportvereins von 1905. Keine Ahnung, wer das mit dem Verein hinbekommen hat, das Ding am Bruchweg steigen zu lassen, ob Supporters, Fanabteilung, Fanbeauftragte, Fanprojekt, (Fanvertreter im) Aufsichtsrat, oder vielleicht alle zusammen? Auf jeden Fall ein weiteres großes Dankeschön dafür! Somit war alles gerichtet, für unseren Kick am Samstag, um halb vier im Stadion am Bruchweg.

Für Fans wurde nur die Gegengerade geöffnet. Die Nordtribüne gibt’s nicht mehr, bis auf die Sitze, die Ihr Euch im Rahmen des CrowdFANdings letztes Jahr gesichert habt, die Südtribüne zierte ein großes Spruchband in rot-weiß „Samstag halb vier – Fußball, Bratwurst, Bier“ und auf der Haupttribüne nahmen auch ein paar Nasen platz – vielleicht die Handkäsmafia oder die Hautevolee aus der Stadt Gutenbergs… Am Eingang zur Gegengerade prankte eine eigens für diesen Tag geltende Stadionordnung, in der publiziert wurde, was hier nicht hin passt: Keine Homophobie, kein Faschismus, kein Sexismus, kein Rassismuss, kein Hass. Wäre schön, wenn diese Bestandteile in allen Stadionordnungen der Republik fest verankert und dementsprechend gelebt würden – und Clubs, die dafür einstehen, den entsprechenden Rückhalt, von den Verbänden erhielten!

Sehr leckere Verpflegung zu sehr moderaten Preisen
Sehr leckere Verpflegung zu sehr moderaten Preisen

Wenige Meter weiter waren Sammelbüchsen aufgestellt worden „Samstag halb vier“ prankte auf diesen und es bleibt zu hoffen, dass diese sich mit der Zeit füllten, galt es doch, die Anreise der Freiburger ein wenig mitzufinanzieren – schließlich werden viele innerhalb von zwei Tagen zweimal Gäste in unserer Stadt sein. Wenige Meter weiter wurde der edlen Spenderin und dem edlen Spender die gute Tat gleich vergolten, wenn diese einen Blick auf die Verpflegungsstellen warfen: Einerseits monetär mittels sehr fairer Preise, andererseit mit allerlei Leckereien wie Spundekäs‘ mit Brezeln oder Couscous-Salat oder der „Hellen Begeisterung“, dem Bier von Kuehn Kunz Rosen, der Mikrobrauerei, die gleichzeitig Nachbar im alten Rohrlager der neuen Heimat aller Nullfünfer ist: dem Fanhaus Mainz! Übrigens gibt es die „Helle Begeisterung“ exklusiv nur bei Veranstaltungen des Fanprojekts Mainz – da Kuehn Kunz Rosen den edlen Stoff nur fürs Fanhaus braute! Danke und Prost!!!

Die Stahlrohrtribünenstufen nuff und ein Blick nach rechts in den Gästeblock führte zu einem Rattern in meinem Gedächtnis. Wolfsburg mal mittwochs abends erste Liga, ca. 23 Fans, Paderborn dienstags spätnachmittags zweite Liga, ca. 20 Fans davon einer auf dem Platz, um die Aufstellung zu präsentieren – Freiburg samstags zum Fankick ca. 300 Fans! Soviel Hüte kann man gar nicht dafür ziehen! Emi Schömer, der Stadionsprecher, der es letztes Jahr in Mainz eingeführt hat, die Aufstellung endlich erst kurz vor dem Auflaufen der Mannschaften zu präsentieren, war wieder aktiv und durfte in den folgenden 90 Minuten über Langeweile beim Toreverkünden nicht klagen.

Neben Gauls Catering verpflegten auch die Ultras und andere Fans die Stadiongängerinnen und Stadiongänger
Neben Gauls Catering verpflegten auch die Ultras und andere Fans die Stadiongängerinnen und Stadiongänger

Die Stimmung in beiden Blöcken war hervorragend und plötzlich lag der Ball im Mainzer Tor. Die Freiburger im Gästeblock rasteten erwartungsgemäß komplett aus – bis der Schiri die mittlerweile berühmte Yogaübung für Arme durchführte und den Videobeweis anforderte: nach einer längeren Diskussion, die mal wieder dazu führte, dass es zu einer Zweiteilung der Fußballfans kam. Als Stadiongänger  wusste man nicht, wohin mit seinen Emotionen und als imaginärer Fernsehzuschauer tat sich ganz plötzlich die Möglichkeit auf, entspannt zum Klo zu gehen oder ein kühles Bier aus dem Kühlschrank zu holen, da das ja jetzt ohnehin wieder ein zwei Minuten dauern würde, ehe entschieden ist., Anscheinend war man sich letztlich einig – den Videobeweis in die Tonne zu kloppen!!!

Der Videobeweis wird am Bruchweg entsorgt - den braucht in der Form niemand, genausowenig wie Montagsspiele
Der Videobeweis wird am Bruchweg entsorgt – den braucht in der Form niemand, genausowenig wie Montagsspiele

In Halbzeit zwei dann der nächste Aufreger, als ein vermummter Flitzer den Bruchweg stürmte. Ein Leben lang…dieselbe Unterhose an…man konnte zumindest von der königsblauen Farbe der Unterhose des Flitzers Assoziationen mit einem Ruhrpottklub herstellen. A propos Ruhrpott: Unterstützung erfuhren die Nullfünfer an diesem Tag auch aus Duisburg – Respekt auch an die Zebrafans, die den Weg am Samstag hierher gefunden haben.

Tore sind schließlich auf beiden Seiten gefallen – auf der einen mehr, auf der anderen weniger. Dennoch wurde der Nullfünfer-Trainer Petr Ruman frenetisch gefeiert, zunächst am Spielfeldrand – danach als Elfmeterschütze, als er sich selbst einwechselte. Elfmeter und Ruman, da war doch was…ich sag nur Zandi, Torlinie, DFB-Pokal, Dezember 2005 😉

Ein Leben lang...dieselbe Unterhose an...Schwarz-gelb macht Jagd auf Königsblau

Ein Leben lang…dieselbe Unterhose an…Schwarz-gelb macht Jagd auf Königsblau

So um 17.18 Uhr war der Kick beendet, die Feierei in beiden Fanlagern aber noch lange nicht. Mit einer La-Ola wurden die Breisgau-Brasilianer Vol. 2 vom Mainzer Block verabschiedet und das Ergebnis war da schon längst wieder vergessen bzw. gar nicht auf dem Schirm (der lag ja in der Tonne).

Vielmehr ging ein wunderbarer, friedlicher, warmer Frühlingsnachmittag an einem historischen Ort zu Ende. So viele Menschen haben dafür teilweise wochenlang harte Vorarbeit geleistet. Ein letztes großes Dankeschön an alle Beteiligten. So macht Protest Spaß, Sinn und eine 3:9 Niederlage sogar noch Freude, nur Montagsspiele braucht wirklich niemand!

Ein gelungener Samstag-Nachmittag, der soviel besser als ein Montag-Abend ist
Ein gelungener Samstag-Nachmittag, der soviel besser als ein Montag-Abend ist

Hier geht es zu allen Bildern des Spiels.

Augsburg 2016

Die noch recht junge Saison bietet für schon wieder ziemlich viel Gesprächsstoff. War es anfangs hauptsächlich noch das Reinkommen nach Aserbaidschan, erregten spätestens beim Heimspieldebüt am letzten Sonntag die Spruchbänder in Richtung Gästeblock auf der Rheinhessen-Tribüne die Gemüter.

Dass das beim anstehenden Auswärtsspiel noch getoppt wird, war bei der Abfahrt in Mainz-Hauptbahnhof noch nicht zu erahnen. Schließlich zeigte zunächst ein lieber Bekannter von Auswärtsfahrten wieder einmal, dass er immer für eine oder zwei oder drei Überraschungen gut ist: Die Deutsche Bahn AG!

Schon früh, sprich fast 2 Stunden vor der Abfahrt, kündigte diese eine Verspätung von 25 Minuten für den EC in Richtung Augsburg an. Dabei war der EC gerade dabei, das Ruhrgebiet pünktlich Richtung Mittelrheintal zu verlassen. Es gab Bauarbeiten an der Strecke kurz vor Mainz. Daher entschied ich mich, lieber am Hauptbahnhof zu warten, als einen Bus später zu nehmen. Ab in den Starbuck’s und einen Kaffee in der Tasse bestellt. Sollte ja bei der Verspätung möglich sein, mal auf den Pappbecher to go zu verzichten.

Der Vorteil der Lage des Starbuck’s in Mainz-Hauptbahnhof besteht darin, permanent einen Blick auf die Anzeigetafel der Deutschen Bahn zu haben und plötzlich war die angegebene Verspätung verschwunden. Es war 1 Minute vor der planmäßigen Abfahrt und nun galt es in einem kurzen Sprint mal am Bahnsteig die Lage zu checken. Und in der Tat kam da der EC um die Ecke gefahren!

Der Zug war gut besetzt und mitfahrende Passagiere fragten die Zugbegleiterin, ob es noch freie Plätze gäbe. Sie entgegnete, da wir jetzt planmäßig sind, sicherlich. Ferner erklärte Sie entwaffnend, dass der Lokführer es Quatsch fände schon pro forma eine Verspätung anzugeben, da man durch die Baustelle ja womöglich problemlos durchkäme.

Neben mir saß eine Frau, die den Fehler bei Starbuck’s nicht gemacht hatte und hier genüsslich ihren Kaffee im Pappbecher trank. Ich teilte ihr mein „Schicksal“ mit der halb vollen Kaffeetasse mit, was wiederum die Schaffnerin mitbekam. Zwei Minuten später hielt ich einen Getränkegutschein der Deutschen Bahn in der Hand und weitere drei Minuten später war dieser gegen einen Kaffee im Pappbecher schon eingetauscht. Bis Stuttgart verlief die Fahrt dann recht ereignislos, ehe dort ein Wagen der 1. Klasse seinen Dienst versagte und somit dann doch die 25 Minuten Verspätung auch noch ihre Gültigkeit erlangte.

Aber im Ländle kann man ja bekanntlich alles außer Hochdeutsch, so dass man Reisenden, „die es eilig hatten“, den gerade am Nachbargleis einfahrenden ICE Richtung München als Alternative anbot, so dass ich nur mit ca. 20 Minuten Verspätung in der Fuggerstadt ankam.

Das nächste Problem stand dann gleich bei der Ankunft an, da man laut Aussage des FC Augsburg (FCA) Gästefans keinerlei Möglichkeit zum Deponieren eines Rucksacks bot – Rucksäcke aber im Gästeblock untersagt sind. Daher begab ich mich mal wieder auf Schließfach-Lotterie. Zunächst hatte ich Pech, da gleich mal die ganze unterirdische Schließfach-Anlage außer Betrieb war. An Gleis 1 hatte ich nach einmal Probe beim Modell „durchfallende Münze“ dann doch noch Glück und fand das letzte Fach, in dem meine zwei Euro-Münze Platz fand.

Reiste ich bisher irgendwie in Augsburg immer vom Süden an und bekam vom „Schwabenstadion“ immer nur den direkten, kurzen Weg zum Gästeblock mit, nahm ich dieses Mal die „Tram“, wie sie hier so schön heißt. Dies bot mir die Gelegenheit, gleich mal mitzubekommen, wie für das Auswärtsspiel des FCA bei den Dosen „geworben“ wurde; „Keine Sau…fährt nach Leipzig“. Auch ein „Blumenbild“ gelang mir dieses Mal, denn bisher empfand ich das Schwabenstadion als recht tristen grauen Klotz. Natürlich darf man sich da als Mainzer nicht sehr weit aus dem Fenster lehnen, wird doch auch dem Stadion am Europakreisel ein „Bei der Geburt getrennt“ mit einem Möbelmarkt oft nahegelegt.

Am Gästeblock angekommen, die übliche doppelt gastunfreundliche Behandlung in Form von ausschließlich bargeldlosem Bezahlen für alkoholfreies Bier. Aber das ist man ja bereits gewohnt und anders als ganz früh in Leverkusen vor ca. 5 oder 6 Jahren sowie letztes Saison in Köln, wird einem im Bierland Bayern weiterhin die süßlich schmeckende 0,0%-Plörre serviert, die wir ja bereits vom Europapokal zu Hause kennen.

Dann ab in den steilen Gästeblock, der mir eigentlich immer gut gefällt. Kaum das erste Photo gemacht, zog ein Großteil der Szene in den Sitzplatzbereich des Gästeblocks um – Grund bis dato unbekannt. Dadurch dass dann der untere Teil des Stehblocks unbesetzt war, der obere Teil des Sitzplatzbereichs leer blieb und sich der Rest der Truppe im riesigen oberen Teil des Stehplatzbereichs verlor wurde dann mehr oder weniger über Kreuz supportet. Auswärtsfahrten bieten halt immer mal was neues – da muss man noch nicht mal Bahn fahren.

Das Spiel an sich ist schnell erzählt. Das 0:1 fällt schnell und es stellte sich nur die Frage, wieviele weitere Tore wir noch vorlegen, ehe Augsburg dann mit dem Toreschießen anfängt. Daher war ich fast „erleichtert“, dass wir nichts mehr vorlegten, sondern Stafylidis ausglich. Als dann unser Kopfballungeheuer Yunnus Malli nach einer Minute den alten Abstand wieder herstellte, schauten wir uns alle etwas verdutzt im Block an. Und dann staubte auch noch Muto ab.

Zwischen dem 0:1 und dem Ausgleich war das Spielgeschehen aber zur Nebensache degradiert worden. Zum einen, weil beide Fanszenen, die sich ja seit Jahren nicht gerade mit gegenseitigen Sympathie-Bekundungen hervor taten, den FCA-Ultrà Simon mit Wechselgesang und Spruchbändern eine weitere gute Genesung wünschten. Wer mehr zu den Hintergründen erfahren möchte, kann bspw. einen sehr lesenwerten Artikel der Augsburger Allgemeinen vom 29. Juni 2016 mal anklicken. Zum anderen nahmen beide Szenen ihren Support nach der Pause erst in der 60. Minute wieder auf, da zwischenzeitlich ein Fan im Gästeblock ärztlich versorgt werden musste. Diese „Waffengleichheit“ zeichnete die FCA-Fans bereits in der vergangenen Saison aus, in dem sie ggf. auf Fahnen und Trommeln verzichtet hätten, wenn die Mitnahme uns Mainzern wegen Vorfällen in der Vorsaison verwehrt worden wäre.

Hier könnte dann eigentlich der Spielbericht enden, aber ein Spiel dauert ja bekanntlich bis der Schiri abpfeift. Dass dann José Rodrígez in der 3. Minute der Nachspielzeit beim Stand von 1:3 an der Mittelfeldlinie ein Tackling versucht, klingt bei den genannten Fakten (Nachspielzeit, Mittelfeld, 1:3) erstmal total bescheuert. Aber es spielen halt immer noch keine Maschinen Playstation sondern Menschen, die Fehler machen, Fußball auf dem Platz. Sucht man im Internet nach „Augsburg Mainz“ ergänzt Google mittlerweile automatisch „Foul“, 364.000 Ergebnisse und die Zeitung mit den vier Großbuchstaben schreibt „Raten Sie mal, wer der Treter ist!“.

Hoffentlich wird Dominik Kohr schnell wieder gesund. Hoffentlich kommt er rasch wieder zu alter Stärke zurück. Hoffentlich hilft er dem FCA bald wieder weiter. Er ist das Opfer, Rodriguez der Täter.

Niemand, der sich halbwegs mit der Szene auseinander gesetzt hat, unterstellt Rodriguez Absicht. Er hat sein Tackling falsch gesetzt und damit einen Fehler gemacht. Für diesen wurde er vom Schiedsrichter mit Rot bestraft. Er hat sich dafür entschuldigt. Und Martin Schmidt meinte, dieser Vorfall wird auch noch intern besprochen. Auch hier hätte der Spielbericht enden können.

Dass man sich beim FCA über diese Aktion aufregt, ist vollkommen verständlich. Dass die „Sachwarmintelligenz“ ihr Urteil nach 0,3 Sekunden fällt, war absehbar. Aber warum man direkt, ohne eine Nacht darüber zu schlafen, den Spieler auch von unserer Seite so an den Pranger stellt, verstehe ich nicht. 

Warum kann man nicht einfach nur Genesungswünsche an Dominik Kohr richten, tatsächlich hoffen (oder wegen mir auch beten), dass es dem Spieler bald wieder besser geht und sich einfach mal vor Rodriguez stellen und sich vielleicht mal folgende Fragen stellen: War das Vorsatz? Nein. War das Revanche? Nein. War es eine Tätlichkeit? Nein. Ist er Wiederholungstäter? Nein. Dann bespricht man alles weitere mit dem Spieler, aber doch bitte nicht mit den Medien.

Warum muss man in aller Öffentlichkeit gleich verkünden, wenn man es eigentlich intern klären wollte, dass hier eine interne Strafe folgt? Nein, es geht hier nicht um die Hallen-Halma-Diskussion, sondern darum, seine Angestellten zu schützen – auch die, die Fehler begangen haben und Täter sind. Zu schützen vor einer Öffentlichkeit, die mittlerweile allzu gerne Online-Tribunale abhält, anprangert und aburteilt, jemanden zum Abschuss freigibt. Der Junge ist ein paar Wochen in Deutschland und ist jetzt (erst einmal) „verbrannt“. Das Wort „geMAINZam“ gilt in diesem Fall leider nicht (mehr).

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Zwickau 2016

Die gefühlt längste Sommerpause aller Zeiten wurde glücklicherweise wie bereits letztes Jahr durch den frühen Start der 3. Liga wieder einmal um drei Wochen verkürzt. Das hatten ziemlich viele Interessierte auch bemerkt und so war ich dann doch etwas überrascht, dass 30 Minuten vor Spielbeginn es so lange Schlangen an den Kassenhäuschen des Bruchwegs gab, wie wohl seit 2003/2004 nicht mehr (denn danach gab es ja bis 2007 eh keine Karten mehr).

Von sechs Häuschen waren vier geöffnet, eines jedoch nur für Schiedrichter-Karten. Da kam in mir mal wieder das Gefühl auf, dass ich dann doch Anhänger eines tradionsreichen Vereins bin – Tradition in Sachen Achillesferse, die da bei uns Ticketing heißt.

Plötzlich kamen zwei Polizeibeamte in voller Montur inklusive schusssicherer Weste zur Schlange und erklärten, dass der Ticketdrucker zwischenzeitlich ausgefallen sei und man jetzt bemüht ist, schnell alle Zuschauer mit  Tickets  vor Spielbeginn zu versorgen. Deeskalation par Exelence!

Nur dass es keiner vom Verein hinbekommen hat, das zu kommunizieren, machte mich etwas sprachlos. Die Welt, so scheint es, fällt gerade aus allen Fugen – aber in Mainz muss die Polizei erstmal als Kommunikator beim Ticketverkauf zu einem Spiel der U23 auftreten…

Zum Anpfiff dann schnell in den Q-Block und dann war ich doch überrascht, dass hier wie auf der Haupttribüne doch recht wenig los war. Schließlich hat der Verein zwar ein Ticketing-Problem, aber kein Problem, die Spiele der U23 für sehr moderate Preise anzubieten: 2 € für einen DK-Inhaber für den Q-Block zu verlangen ist dann wirklich preiswert! Und Klaus-Haffner-Fans kamen dann auch noch auf ihre Kosten, denn er war der Ersatz für den Stamm-Stadionsprecher bei Drittliga-Partien.

Das Spiel plätscherte so dahin und der Mob aus Zwickau, der aus 500 Leuten bestand, gefiel doch durch die eine oder andere Gesangseinlage. Highlight war natürlich „Hier regiert der FSV!“ – damit ist man am Bruchweg garantiert immer auf der sicheren Seite!

Einer der auffälligsten 05er an diesem Nachmittag war Mounir Bouziane, den sicherlich viele noch kennen. Cottbus liegt Mainzern einfach nicht, und so machte Mounir den Thurk  – wechselte er doch vor der letzten Saison von Mainz zum Absteiger nach Cottbus.

Unsere U23 schickte die Lausitzer dann am letzten Spieltag der abgelaufenen Saison noch eine Etage tiefer und Bouziane kam wieder an den Bruchweg zurück – Geschichte wiederholt sich anscheinend doch manchmal. Dass Mainz dadurch Wiesbaden in der Liga hielt, ist irgendwie die größte Ironie dieser Geschichte und sollte in der nächsten Kampagne doch bitte irgendwie Erwähnung finden.

Und an diesem Nachmittag wiederholte sich Geschichte dann noch einmal. Letzte Saison lagen die rot-weißen Jungs bei ihrem Heimdebüt gegen den Aufsteiger aus Magdeburg auch 0:2 zurück und machten noch den Ausgleich – kein Problem für Römisch II das gleich in der darauf folgenden Saison gegen den nächsten Aufsteiger aus dem Osten nochmals zu wiederholen.

Dieses Mal brauchten die Buben nur 2 Minuten und der Q-Block explodierte danach (für (U23-Verhältnisse). Aber es macht jedes mal riesigen Spaß, den Jungs beim Kicken zuzugucken und sie dann in solchen Situationen so richtig nach vorne zu pushen.

Jetzt heißt es mal für die nächsten Spiele die Namen von Sandros Buben richtig einzustudieren, denn vom Kader der letzten Saison sind nicht mehr gar so viele Jungs dabei. Dass die Neuzugänge aber durchaus richtig gut kicken können, hat bspw. Matti Steinmann mit seinem viel umjubelten Ausgleichstor unter Beweis gestellt.

Unterm Strich war es mal wieder ein lohnenswerter Ausflug in die alte Heimat und die erste Schorle der Saison schmeckte nach dem Punktgewinn natürlich um so besser!

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