FSV Ramsch-Zuschlag 05

Eigentlich sind ja unsere Farben Rot und Weiß. Aber diese Woche konnte man den Eindruck gewinnen, dass bei Mainz 05 Schwarz die dominierende Clubfarbe ist. Schließlich ist unser Verein ebenfalls in die mittlerweile „traditionelle“ Rabattschlacht Ende November gezogen: Die Black Week mit ihrem Höhepunkt dem Black Friday. In dieser Zeit gibt es viel Merchandise rund um den Verein zu stark reduzierten Preisen von bis zu 70 Prozent. Auf den ersten Blick könnte man meinen, eine tolle Idee, in Zeiten knapper Kassen bei Fans und Mitgliedern.

70 Prozent Rabatt – mehr Verramschen geht nicht

Aber die Preisgestaltung bei Mainz 05 fährt seit Beginn der Hinrunde dieser Saison wahrlich Achterbahn. Angefangen beim „Heimspiel“ in Ho$$enheim, bei dem der Ticketverkauf plötzlich ausgesetzt wurde und die Tickets stark subventioniert wurden, um möglichst vielen Nullfünfer*innen die Fahrt in den Kraichgau möglich zu machen. Nach ein paar Gesprächen mit Menschen, die näher dran sind am Verein, lässt sich rückblickend meinerseits zugeben, dass das damals der einzige Spieltag war, bei dem Termin und Entfernung passten – und tatsächlich wurde die Aktion ja auch gut angenommen. Der Lerneffekt, den man im Verein hätte mitnehmen können, wäre gewesen, den Vorverkauf erst zu starten, wenn intern alle Argumente zur Preisgestaltung ausgetauscht sind und ein Preis festgelegt ist.

Dem war leider wohl aber nicht so. Kaum wurden uns die Bayern Ende Oktober für Anfang Februar zugelost, ging es Anfang November auch schon mit dem Vorverkauf für Dauerkarteninhaber*innen los. Ich staunte nicht schlecht, dass der Verein für meinen Platz im M-Support-Bereich über 40 Euro aufgerufen hatte. Nun steht man in diesem Bereich normalerweise während des Spiels. Die Initiatoren von „Kein Zwanni für nen Steher – Fußball muss bezahlbar sein!“ würden wohl vermuten, dass Mainz 05 plötzlich Champions League spielt. Die Realität sieht bekanntlich anders aus. Es geht um ein läppisches Achtelfinale im DFB-Pokal an einem wahrscheinlich sehr kühlen Winterabend in der Woche. Nun schaue ich mir Fußballspiele eigentlich immer wegen meines Vereins an. Daher bin ich auch nach Aue und Lübeck gefahren. Natürlich waren die Fahrten ins Erzgebirge und an die Ostsee auch unabhängig vom Ergebnis eine nette Sache – doch mir ist der Gegner erstmal völllig wumpe: Denn nur der FSV ist das, was zählt! Dass da jetzt die Bayern kommen (und ein paar Wochen später, wenn die ersten warmen Frühlingstage kommen nocheinmal), ist mir ziemlich egal. Daher habe ich mir ja auch eine Dauerkarte zugelegt.

Knapp 3 Monate vor Anpfiff beginnt der VVK – von einem Topzuschlag ist aber nicht die Rede

Anscheinend hat, wie beim Ho$$enheim-Spiel, die Diskussion über die Preisgestaltung des Pokalspiels erst eingesetzt, als der Vorverkauf bereits begonnen hatte. Anders als beim Spiel im Kraichgau, bei dem man ja eine Fanaktion angeleiert hat, und deswegen die Karten subventioniert hat, bemerkte man eventuell, dass das Portemonnaie bei vielen treuen Nullfünfer*innen nicht mehr ganz so locker sitzt. Ich kann mich noch daran erinnern, vor dem Bruchweg kampiert zu haben, um Tickets gegen die Bayern (und Lautern) zu ergattern – da ich 2004/2005 noch keine Dauerkarte hatte. Diese Zeiten sind lange vorbei. Es wird in einem größeren Stadion gekickt und Dauerkarteninhaber*in bei Mainz 05 zu sein, ist längst kein Privileg mehr.

Warum man über drei Monate vor dem Anpfiff (!) damit beginnt, die Karten zu verticken, verstehe ich nicht. So weit können manche Menschen vielleicht gar nicht finanziell planen. Anscheinend war die Resonanz nicht so super, denn plötzlich trudelte eine Mail bei mir ein, in der verkündet wurde, dass ich 19,05% Prozent Rabatt auf den regulären Ticketpreis erhalte – sprich die Karte kostete nun „nur“ noch 32 Euro ebbes. Vom Betrag mal abgesehen hat mich die Bezeichnung „regulärer Ticketpreis“ doch etwas verwundert. Als Mitglied zahle ich aktuell 292 Euro für die Dauerkarte im Bereich M-Support, sprich 17,18 € pro Spiel. Ein Zuschlag oder Bayern-Malus wurde lieber mal nicht erwähnt. Dass nun statt 135 nur 88 Prozent Zuschlag erhoben werden ist…mal wieder konsequent inkonsequent von Mainz 05 – wie das schon so oft in diesem Blog zu lesen war.

Statt die Möglichkeit zu ergreifen und den Dauerkarteninhaber*innen mit einem wirklich „regulären Ticketpreis“, der dem Preis in der Liga entspricht, ein wirklich triftiges Argument für die Verlängerung ihrer Karte zu geben, müssen diese also nur 88 statt 135 Prozent Top-Zuschlag zahlen…im Winter…während das Spiel im Free-TV läuft. Diese Aktion lief bis zum 15. November. Danach ruhte der Vorverkauf wieder für 5 Tage. Und nun kann noch bis Freitag, dieses „Kracherangebot“ angenommen werden. Wieso ein Top-Zuschlag für ein Achtelfinale?

Ab Anfang Dezember können sich Mitglieder und Dauerkarteninhaber*innen bis zum 11. Januar 2023 über einen Monat lang überlegen, ob sie sich (noch) andere Tickets für das Spiel zulegen oder nicht. Danach dürfen zahlungskräftige Bayern-Fans aus der ganzen Republik die einmalige Möglichkeit bekommen, ihr Team live im Stadion anzufeuern. Nun sind Fans des FCB nicht so großkotzig wie die vom Nebenfluss, die ja angeblich mit mindestens 05 Millionen Auswärtsfahrenden neulich hier ins Stadion eingelaufen sind, aber viele Bayernfans werden die Möglichkeit nutzen, Tickets zu erstehen. Dass es nicht wirklich fair ist, als FCB-Fan ligaweit abgeschröpft zu werden, ist die das eine. Dass sie mit FCB-Fanutensilien auch im Support-Bereich einlaufen und die Security nichts dagegen unternehmen wird, so wie beim Spiel gegen die SGE, ist das andere. Das wird dann wieder eine ganz besondere Stadionatmosphäre – dem Ticketing sei Dank.

Nun könnte man ja meinen, Mainz 05 hätte es nötig, aus so einem Spiel das Maximum an Kohle rauszuholen. Allerdings erklärte der Don auf der Jahreshauptversammlung Ende Oktober, dass Mainz 05 schuldenfrei sei. Die größten Einnahmequellen waren im abgelaufenen Geschäftsjahr Medienverwertung sowie Sponsoring & Hospitality (teilweise aus China…). Ergo sind die Einnahmen aus dem Ticketverkauf nicht wirklich die monetäre Säule, die Mainz 05 trägt. Vielmehr sind die Zuschauenden die emotionale Basis, die den Verein ausmachen und Einfluss auf ein Spiel nehmen können. Warum man Fans des eigenen Vereins mit so einer Preispolitik vor den Kopf stößt und seinen Heimvorteil abgibt, ist mir schleierhaft.

Und dann kam die Black Week… Einerseits Mondpreise für Tickets verlangen, andererseits in die Rabattschlacht einsteigen – konsequente Inkonsequenz. Dabei schreibt sich Mainz 05 immer dann wenn es passt, Nachhaltigkeit auf die Fahnen. Statt es einem großen Online-Versandhändler nachzumachen und den Konsum mit Rabatten anzuheizen, wäre es von Mainz 05 neben einem fairen Ticketing so viel größer gewesen, in dieser Woche an der MAKE SMTHNG Week teilzunehmen, die Greenpeace initiert hat. Wie wäre es gewesen, einen Workshop anzubieten, wie man sein kaputtes Trikot stopft statt ein neues zu erwerben? Oder eine Tauschbörse oder einen Merch-Flohmarkt am Stadion einzurichten? Oder statt 70 Prozent Rabatt, 70 Prozent mehr an diejenigen ausschütten, die den ganzen Kram zu Niedriglöhnen herstellen – wenn sie nicht als Arbeitssuchende aus Bangladesch, Nepal und Indien schon in die Golfstaaten zum Beispiel nach Katar gereist sind, da sie dort (vermeintlich) besser bezahlt werden?

Überkonsum ist laut Greenpeace inzwischen der Haupttreiber der Klima- und Artenkrise. Und genau dieser Überkonsum wird auch durch unseren Verein angefacht – aber gleichzeitig nennt man sich Klimaverteidiger und bietet Bienenvölkern am Stadion einen Platz zum Leben.

Übrigens kommt nach der Black Week der Cyber Monday… Man darf gespannt sein, welche Preisaktion sich der Verein für morgen überlegt hat…

Quellen:

1. FSV Mainz 05 – Mitgliederversammlung: Positiver Rückblick auf das vergangene Geschäftsjahr

1. FSV Mainz 05 – Neue Dauerkarte

Greenpeace – Systemwandel selbermachen

Spätlese Lübeck 2022/2023

Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!

01 Hin und weg:

Dass die Bahn aktuell noch etwas mehr Probleme hat als zu „normalen“ Zeiten, haben wohl mittlerweile alle mitbekommen, die es ab und zu auf die Schiene verschlägt. Aber natürlich gibt es zur gegenwärtigen „Extended-Bahn-Chaos“-Version noch eine Steigerung: Die SEV-Hölle! SEV klingt fasst wie SUV oder Suff. Letzterer ist gegebenenfalls zu empfehlen, denn durch das Vorglühen werden die SEV-Höllenqualen womöglich erträglicher. Wer immer noch nicht weiß, wovon die Rede ist: SEV steht für Schienen-Ersatz-Verkehr! Diesen durfte ich am frühen Sonntagmorgen in Mainz erleben, da die Schienen am Römischen Theater erneuert wurden. Wir kamen eine Minute vor der geplanten Abfahrtszeit an der SEV-Haltestelle an und da setzte sich der Bus bereits wieder in Bewegung. Glücklicherweise sah der Fahrer in aller letzter Sekunde, dass wir in seinen Bus wollten und hielt mitten auf der Gasse nochmals an. Wir waren die einzigen Fahrgäste, die es in seinen Bus schafften. So ging es im Privatshuttle zum Römischen Theater. Die weitere Bahnfahrt verlief relativ unspektakulär. Da wir allerdings noch zwei Tage bis zum Spiel hatten, holte uns in Lübeck die SEV-Hölle wieder ein. Montags sollte es von Lübeck Hbf. ins Umland gehen. Der Bus hatte eine Verspätung von zwei Minuten bei der Abfahrt. Braucht die Bahn nach Eutin normalerweise 23 Minuten wurden für den Bus 43 Minuten veranschlagt. Doch auch diese reichten trotz normalen Verkehr nicht aus, so dass der Bus 55 Minuten benötigte. Dort sollte wieder auf die Bahn umgestiegen werden, doch daraus wurde erstmal nichts, denn sie fuhr planmäßig ab und der Bus kam erst zwei Minuten später am Bahnhof an. Shit happens – aber es waren ja noch mehr als 24 Stunden bis zum Spiel…

Und ob man es glaubt oder nicht: Ein Teil der 05-Abordnung ist sogar selbst mit der Bahn von Mainz nach Lübeck gefahren. Dies wurde in einem netten Vlog auch schön platziert. Anders als die Spieler des VfL Wolfsburgs trugen die Nullfünfer*innen auch ihre Masken im Zug. Man kann von der Maskenpflicht halten was man will, aber die Aktion der WOBs zeigte mal wieder die abgehobene Seite des Profifußballs. Die Verantwortlichen mussten den Wolfsburger Spielern nach der Bahnfahrt nach Leverkusen erstmal erklären, dass es eine Maskenpflicht anders als im Flugzeug noch gibt. Arroganz par excellence!

Ob die Nullfünfer von Bremen via Frankfurt nach Hamburg geflogen sind, wird man offiziell nicht erfahren. Schließlich wurde es in den Social Media-Kanälen des Vereins nicht thematisiert. Dass das Team von Bremen nach Mainz zurückkehrte ist Fakt. Angeblich weil man trainieren musste – als ob es keine Trainingsplätze zwischen Bremen und Lübeck gäbe… Aber gut, es wird ja alles kompensiert und formal korrekt als klimaneutral angepriesen. Dass dieser Move als pures Greenwashing daherkommt, ist wohl den meisten Leuten mittlerweile klar. Was 2009 mal wirklich eine gute Idee war, da wir uns alle damals noch nicht so wirklich viele Gedanken um Klimaschutz gemacht haben, wirkt langsam aber sicher echt aus der Zeit gefallen.

02 (N)immer nuff:

Das alte Stadion an der Lohmühle ist vom Lübecker Hauptbahnhof fußläufig zu erreichen. Daher gab es natürlich keine Anreiseprobleme. Seit dem letzten Auftritt von Mainz 05 hat sich am Stadion selbst recht wenig verändert – bis auf die Lage des Gästeblocks. So marschierte ich auf die Ecke zu, in der 2009 beim Pokalspiel der Zugang für Gästefans lag. Dort standen allerdings nur schwarz bekleidete Menschen herum. Ohne erkennbare Nullfünf-Utensilien war es relativ leicht, durch die Menge zu kommen. Die Cops zeigten den richtigen Weg einmal rund ums Stadion und ab in den Stau vor dem Gästeblock.   

Fahnen vor einer Tribüne
Ankunft am Stadion – auf der „falschen“ Seite

03 Kon-Trolle

Zwischen Mannschaftsbus und Trainingsplatz wurden die 600 mitgereisten Fans in einem Korridor gecheckt. Das Ganze lief recht easy ab – wenn allerdings hier mehr Gäste erschienen wären, hätte das schon ein gewisses Eskalaltionspotenzial gehabt.  

Flutlichtmasten vor einem Stadion
Warteschlange zwischen Mannschaftsbus und Trainingsplatz

04 Kampf um den Mampf

In der vierten Liga erwartet man vom Mampf her erstmal gar nichts, zumal es letztes Jahr in Elversberg für Menschen, die keine Lust auf Wurst hatten, nur durch gutes Zureden trockene Brötchen gab. Hier in Lübeck war man aber sehr gut aufgestellt. Es gab Wurst und es gab Brezeln – eigentlich ziemlich einfach zu organisieren, doch leider immer noch nicht überall Standard. Und auch die Nutzung von Pfandbechern war hier einfach Usus.

Holzhütte mit Speis und Trank
Stadion-Romantik 1- Catering-Bude in Lübeck

So geht Lübeck nachhaltig voran, denn auch das Bier stammte aus der 60 Kilometer entfernten großen Hansestadt und wurde nicht hunderte von Kilometern durch die Republik gekarrt. Simpel, aber gut!

Blumen am Spielfeldrand
Stadin-Romantik 2: Blumen am Spielfeldrand

05 Käfighaltung

Eigentlich ist für mich ja die erste Runde des DFB-Pokals immer das Highlight der Saison, da es oft in Stadien geht, die nicht mehr so oft im Repertoire eines Erstliga-Auswärtfahrenden dabei sind. Da wir aber 2018 schon im Pokal in Aue gespielt hatten, war das Erzgebirgsstadion diesmal nicht so der Burner gewesen (von der Klimawandelleugnung des Vereins mal ganz abgesehen). Dafür wartete wirklich mit dem Stadion an der Lohmühle in Runde 2 ein nettes Schmuckkästchen auf meinen zweiten Besuch nach 2009. Alles war ziemlich grün. Die bröckelnde Mauer hinter dem Block. Der Rasenstreifen hinter dem Stehplatzbereich und vor dem Zaun und in der Ecke blühten sogar noch gelbe Blumen. Und auf der anderen Seite gab es als Zuschlag noch eine schicke Choreo in Grün. Alles im Grünen bereich also.

Spieler und Fans jubeln über einen Treffer
Große Freude nach dem Treffer von Aymen Barkok im Gästeblock

Abgerundet wurde das Ganze noch durch das Tor von Aymen Barkok, dem ich das Ding wirklich sehr gegönnt habe. Seine Freude konnte er auch direkt vor dem Gästeblock ausleben und die Stimmung war an diesem Abend einfach ausgelassen ungetrübt.  

Fazit: Der Jahrgang 2022/2023 zeigt, dass auch die zweite Runde im DFB-Pokal ein Highlight der Saison sein kann.  

Rot-weiße Grüße,

Christoph – Meenzer on Tour

Spätlese Aue Saison 2022/2023

Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!

01 Hin und weg:

Zugegeben, ich habe mich zunächst über die Terminierung dieses Pokalspiels aufgeregt, da Aue nunmal von der Lage her gefühlt das Vladiwostok der Proficlubs im deutschen Männerfußball ist. Um 21.08 Uhr fährt die letzte Bahn nach Zwickau und um 18.00 Uhr sollte der Anpfiff sein. Da Mainz 05 und Pokalwettbewerbe nicht gerade ziemlich beste Freunde sind, müssen wir natürlich immer mit Elfmeterschießen rechnen. Dadurch wäre es unmöglich gewesen, die letzte Bahn in Richtung Fernverkehrsanschluss zu bekommen. Erst vor ein paar Tagen ist schließlich auch mir aufgefallen, dass zeitgleich das Finale der Frauen-EM in London stattfinden sollte. Eine blödere Terminierung gibt es wohl wirklich nicht. Es bleibt zu hoffen, dass dies das letzte Mal war, dass der DFB zeitgleich Spiele seiner eigenen Wettbewerbe mit denen von Teams terminiert, die an anderen Wettbewerben teilnehmen. Dass der DFB auf Bahnfahrpläne und damit auf eine klimafreundliche Anreise Rücksicht nimmt, bleibt wohl eine Utopie.

Zusammengeklapptes Klapprad im Gepäckfach des ICEs.
Perfektes Einparken im ICE

Mit dem Weserfunk-Podcast auf den Ohren, der die CSR-Managerin von Werder Bremen zu Gast hatte, und den Trainingslager-Podcast-Folgen der Hinterhofsänger, ging es von Mainz um kurz nach 8 Uhr am Sonntagmorgen mit dem Klapprad im ICE in Richtung Sachsen. Vor einem Jahr feierte diese Kombi Zug/Klapprad beim Pokalspiel in Elversberg Premiere, da es dort keinen Bahnanschluss gibt und ich vom Bahnhof Neunkirchen zum Stadion fuhr. Diesmal nahm ich den Drahtesel mit, da das einzige Hotel in Aue bereits eine Stunde nach der Terminierung ausgebucht war und ich somit im benachbarten Bad Schlema übernachten musste. Zwischen den beiden Orten verkehrt stündlich die Bahn, die, bekanntermaßen aber auch nach 21:08 Uhr nicht mehr fährt. Daher nutze ich für die fünf Kilometer zwischen Hotel und Stadion wieder das Rad.

Bewaldeter Hügel mit vier Flutlichtmasten und einem Neubaugebiet und einer Straßenbrücke.
Blick auf das Erzgebirgsstadion von Bad Schlema aus

Alle Züge waren pünktlich, so dass ich genügend Zeit hatte, noch den nächsten Blogpost vorzubereiten, denn die Sommerpause bei Mainz 05 hatte es ja doch in sich…Stichwort Leitbild, Saudi-Arabien und die Trophäe schlecht hin, die  „Klimaneutralität“.

02 (N)immer nuff:

Die kurze Radtour von Bad Schlema zum Erzgebirgsstadion hatte es tatsächlich in sich. Zunächst ging es einen Hügel in Richtung Aue hoch, weiter durch den Wald mit nettem Blick auf die Flutlichtmasten des Erzgebirgsstadion und auf das Ringer-Leistungszentrum „Lothar Lässig“ (heißt wirklich so) am Straßenrand. Danach ging es im Schuss steil bergab in die Auer Innenstadt und dann wieder steil nach oben hinauf zum Stadion. Nach den sechs Stunden im Zug war das allerdings eine willkommene Abwechslung.

Klapprad vor einem Stadion.
Ankunft im Schacht

03 Kon-Trolle

Die Security hatte kein Problem damit, das Klapprad an den Zaun anzuschließen. Die folgende Sicherheitskontrolle war ebenso easy absolviert und niemand störte sich daran, dass ich meine Fahrradbeleuchtung mit hineinnehmen wollte – in Mainz ist das ja immer ein Drama. Als ob jemand seine 50 bis 100 Euro teure Beleuchtung auf den Platz schmeißen würde… Allerdings durfte ich eben diesem Grund auch schon mal ein iPad-Mini auf Schalke abgeben. Da lob ich mir den Auer Realismus wirklich.

04 Kampf um den Mampf

Gab es sie noch oder gibt es sie nicht mehr? Das ist bei jedem Gastspiel in Aue die Frage, die sich Auswärtsfahrende jedes Mal aufs Neue stellen. Ja, es gab die „Nudelpfanne“ oder den „Nudeltopf“, der mittlerweile aber schlicht nur noch „Nudeln mit Wurstgulasch“ heißt. An meine erste Nudelpfanne in Aue 2008 habe ich kaum noch Erinnerung.  War sie vegetarisch oder mit Fleisch versetzt? Keine Ahnung. Mittlerweile versuche ich, auf Fleisch zu verzichten und landete erstmal bei einer Riesenbrezel für drei Euro. Da ich seit der Abfahrt in Mainz nichts gegessen hatte, sättigte die Brezel mehr so weniger. Also entschied ich mich für die „vegetarische“ Variante, die aus Nudeln und Gouda-Käse bestand. Da die Ketchup-Töpfe zur Selbstbedienung herumstanden, garnierte ich den Nudeltopf mit Ketchup. Das Ergebnis war nicht wirklich prickelnd, aber im Vergleich zu den Brötchen, die es letztes Jahr als fleischlose Alternative in Elversberg gab, war das ja schon fast das Paradies.  

Ketchup- und Senftopf hinter einem Plastikteller mit Nudeln und Gouda-Käse.
Die vegetarische Version der Nudelpfanne

05 Käfighaltung

Allerdings hatte der DFB ja diese erste Pokalrunde dem Klimaschutz gewidmet. Dazu wurde auch ein Wettbewerb ausgelobt, dass der Amateurverein, der die meisten vegetarischen Gerichte verkauft, eine Belohnung vom DFB erhält. Aue hatte da wohl keinen Bock drauf und servierte tatsächlich nur die Brezel. Die Wurstnudeln wurden auch noch schön im Einweg-Plastiktopf serviert. Wenigstens waren die Löffel schon aus Holz. Nun wäre es natürlich wenig nachhaltig, Restbestände an Plastik-Einweg wegzuschmeißen. Und die vegetarische Nudelvariante hätte wahrscheinlich auch kaum jemand gewünscht. Daher war das alles irgendwie nachvollziehbar.

Aber pünktlich um 18 Uhr zeigte der Verein sehr deutlich, was er vom Klimaschutz hält. Alle Spiele in dieser ersten Pokalrunde wurden eine Minute später angepfiffen, damit diese Minute für einen Appel für den Klimaschutz genutzt werden sollte. Der Stadionsprecher las wahrscheinlich den vom DFB entworfenen Text vor, nur verstanden hat man nichts. Das lag nicht am lokalen Dialekt sondern vielmehr erklang das Steigerlied über die Stadionlautsprecher in ohrenbetäubender Lautstärke. Ein eindeutigeres Statement, wie man bei Erzgebirge Aue zum Thema Klimawandel steht, kann man eigentlich nicht zeigen. Gleichzeitig brennen 100 Kilometer weiter in der Sächsischen Schweiz die Wälder…

Jubelnde Menschen, Fahnen, Doppelhalter in einem Fußballstadion.
Blick aus dem Gästeblock auf den Platz

Dass Fans die Aktion wie in Dresden auspfeifen – geschenkt. Schließlich steht der Verband wegen zahlreicher Dinge in der Kritik. Dass aber ein Mitglied des DFB, die Aktion des eigenen Verbands torpediert, hat schon eine ganz andere Qualität. Anzunehmen, dass sich der Verein bei einem Teil der Fan anbiedern wollte, statt der Linie des DFBs zu folgen. Wahrscheinlich hat man bei den Veilchen mehr Angst vor einigen Stadiongänger*innen als davor aufgrund des menschengemachten Klimawandels zu vertrocknen. Der DFB ist ja bei Vergehen von Fans recht schnell dabei mit Strafen und Sanktionen aller Art. Es bleibt spannend, ob diese Aktion des Vereins ein Nachspiel haben wird. Wenn nicht, ist das nächste Pfeifkonzert sicherlich nur eine Frage der Zeit. Und nun ja, die Quittung gab es dann von den Klimaverteidigern aus der goldenen Stadt am Rhein, die am Ende recht souverän gegen die Lila-Laune-Klimaaktionsverweigerer gewonnen haben.

Fazit: Der Jahrgang 2022/2023 zeigt, dass das Klima beim Thema Klimawandel ziemlich aufgeheizt ist.

Rot-weiße Grüße,

Christoph – Meenzer on Tour