Erfurt 2015



„Endlich wieder auswärts mit unserer U23 fahren!“ war das gestrige Motto der zwei Kigges-Nasen Stepanka und ck-africa – und wenn man das Ergebnis mal ausklammert, war es mal wieder so eine Fahrt der anderen Art (wie auch schon mein Trip letztes Jahr mit den Buben nach Dresden)

Wenn man wie wir Lust hat, sowohl die Erste als auch das U23-Team zu unterstützen, dann ist das auswärts gar nicht mal so einfach zu bewerkstelligen, da allzu oft die Spielansetzungen ja miteinander kollidieren und es soll ja auch noch so etwas wie Arbeits- und sonstiges Privatleben geben, so dass ich dann in einer Saison die Auswärtsfahrten mit der U23 an drei Fingern abzählen kann. Umso schöner, dass nach der Lucas-Höler-Show in Kiel (0:4 Auswärtssieg) gestern der nächste Trip anstand und wir dieses Mal ja sogar zu zweit unterwegs waren.

An sich sind Auswärtsfahrten ohnehin noch das letzte Stück Spannung im rund um durch gestylten Paket des Profifußballs. Allerdings ist natürlich das Drumherum beim zehnten Besuch des Westfalenstadions oder der Allianz-Arena dann meist nicht mehr wirklich so erwähnenswert. Und natürlich stellt sich der Gastgeber dank bester Vernetzung mit unserem Verein auf die erwarteten Gästezahlen entsprechend ein.

Bei den Spielen unserer U23 habe ich den Eindruck, dass Mainz 05 (natürlich) keine Informationen hat, wie groß der Auswärtsmob an Mainzern sein wird. Daher landet man als U23-Supporter manches Mal vor dem geschlossenen Gästeblock und wird dann bestenfalls auf die Haupttribüne abgeschoben. Neulich in Kiel wurde der Gästeblock spontan geöffnet, als mehr als 5 05er plötzlich auftauchten und zunächst am Rande der Kieler Haupttribüne platziert wurden – direkt neben den Kieler Ultras…was natürlich nicht gerade eine grandiose Idee war.

Letztes Jahr in Dresden, dieses Jahr in Erfurt, war das allerdings gar kein Thema, denn diese Vereine scheinen nicht immer alles unter eine Kosten/Nutzen-Analyse zu planen und machen grundsätzlich den Gästeblock auf – egal ob da 10 und 1.000 Nasen womöglich ankommen. Und es ist einfach ein ganz anderes Gefühl, seinen eigenen Block zu haben, in dem man (fast alles) tun und lassen kann als irgendwo auf einer Sitztribüne (wie es auch schon mal Schalke mittwochs abends gemacht hat) neben den Heimfans zu supporten.

Die Haupttribüne des Steigerwaldstadions
Die Haupttribüne des Steigerwaldstadions

Das Steigerwaldstadion in Erfurt wird gerade modernisiert, sprich wie auch letztes Jahr in Chemnitz beim Pokalspiel war das halbe Stadion eine Baustelle. Allerdings dominieren hier immer noch diese gigantischen Flutlichtmasten und diese werden auch dem Umbau nicht zum Opfer fallen – so dass man gespannt sein kann, wie sich das „neue“ alte Steigerwaldstadion von seinen anderen neuen Arenen angenehm abheben wird.

Eine Stunde vor Anpfiff der einzige Fan im Block zu sein, da Stepanka von der Haupttribüne aus berichtete, war schon ein komisches Gefühl und bei Nieselregen erwischte ich mich bei dem Gedanken, dass diese neuen 0815-Arenen doch einen entscheidenden Vorteil bieten…sie sind überdacht! Während wir in Kiel tatsächlich in der zweiten Halbzeit allesamt aufs Herren-WC wegen Gewitter und Platzregen geflüchtet sind, meinte es Petrus dann letztlich doch gut mit uns und das Wetter wurde minütlich besser, während ja leider das Ergebnis immer schlechter wurde.

Der Mainzer Auswärtsmob in Erfurt
Der Mainzer Auswärtsmob in Erfurt

Die fehlende Überdachung, leerer Gästeblock und recht kühle Temperaturen regten dann das Gehirn mal wieder an, sich zu fragen, was man hier mittags um 13.00 Uhr mitten in Thüringen eigentlich so macht – um dann kurz danach einfach wieder nur zu staunen…über die ebenfalls völlig überdimensionierte Anzeigetafel mit ihren tausenden von Glühbirnen. Das letzte ähnliche Modell (das auch noch funktionierte) sah ich wohl beim Spiel unserer ersten Mannschaft in Oberhausen im Dezember 2008.

Und dann kam plötzlich der Mainzer „Auswärtsmob“. Es hätte tatsächlich sein können, dass der Block von Jena-Fans bevölkert wird, denn Erfurt und Jena verbindet eine große gegenseitige Abneigung, aber es kamen „nur“ eine Handvoll Nasen in „Da Silva“, „Noveski“, „Geis“ und „Schürrle“ Trikots. Dieses All-star-Team hatte so ziemlich alles dabei, um einen Gästeblock rucki-zucki in ein Wohnzimmer umzugestalten: Zaunfahne, Choreo, Megaphon und Trommel. Während beim Auftritt in der letzten Saison 5 Leute den Block bevölkerten waren wir plötzlich 17 Leute, davon ein Erfurter, dessen Block gerade abgerissen wurde und der wegen Städtepartnerschaft zwischen Mainz und Erfurt lieber mal in den Mainzer Block gehen wollte, statt in den mit Regenschirmen übersäten Nebenblock. Und dieser bestätigte dann auch gleich mal meine Annahme, dass sich z.B. aus Großaspach auch nicht sehr viel mehr Fans in den Gästeblock verirren. Soviel dann zum Thema Zweite Mannschaften in der 3. Liga und dem wenigsten Gästefans.

Wie sich herausstellte bestand der „Mob“ hauptsächlich aus zwei 05-Fans aus Erfurt, die noch ein paar Freunde mobilisierten und dann tatsächlich beim Erfurter Fanprojekt diese Woche, die genannten Utensilien anmeldeten und genehmigt bekamen. Auf der Zaunfahne wurde dann auch an die Städtepartnerschaft mit Erfurt erinnert und die Wechsel-Choreo bestehend aus Mainz 05- und Peace- und PACE-Logo war vielleicht etwas zu global gedacht für diesen lokalen Kick – aber wieso auch nicht? Natürlich werden da jetzt die echten Megahardcore Fans von benachbarten Traditionsvereinen wieder mit genüsslicher Abneigung zu den „Bonbonwerfern“ rüberblicken. Aber unser Verein hat wenigstens noch eine U23, der man folgen kann und die mittlerweile mit Philipp Klement und Suat Serdar innerhalb einer Woche zwei neue Erstligaspieler hervorbrachte. Und die Arbeit, die die 05er-Sektion aus Erfurt in ihre Zaunfahne und Choreo steckte ist meiner Meinung nach aller Ehren wert.

Auch eine Choreo darf natürlich nicht fehlen
Auch eine Choreo darf natürlich nicht fehlen

Die Buben mussten sich am anderen Ende des Platzes warmmachen und bis in die Nachspielzeit war es uns eigentlich nicht klar, ob die überhaupt mitbekamen, dass es einen Auswärtsmob gibt, denn die Bahn um den Platz führte tatsächlich dazu, dass das Spielgeschehen recht weit weg stattfand und man dann doch manchmal diese engen Stadien wieder gar nicht so schlecht findet. Denn ein Funke konnte hier vom Block auf die Mannschaft natürlich kaum rüberspringen. Obwohl der Megaphon-Einsatz wohl sogar gut auf der Haupttribüne zu hören war. Von der Liedauswahl her ging verständlicherweise nicht viel, aber ein Wechselgesang „FSV“ und „Mainz 05“ bekommt natürlich auch der supportwillige Erstbesucher von 05-Spielen recht schnell gebacken.

Der Support der Erfurter war ganz ok. Die Ultras waren dem Gästeblock gegenüber auf der überdachten Haupttribüne untergebracht und die 3.100 Zuschauer hatten spätestens nach den beiden Elfmetern ihren Spaß. Wir im Gästeblock hatten spätestens unseren Spaß, als es darum ging, mit Speis‘ und Trank versorgt zu werden. Wie schon oben beschrieben, wusste man ja natürlich nicht, wie viele Leute so kommen und folglich hatte dann gar kein Essens- oder Getränkestand geöffnet. Aber das war für die durchweg freundlichen Erfurter Security- und Stadionmitarbeiter kein Problem. Der Mainzer Gästeblock durfte à la Carte bestellen und die Catering-Mädels brachten dann sukzessive Bier und Thüringer Bratwurst, perfekt verpackt im Styropor-Gewand mit Semmel, Senf und Ketchup in den Block. Und bei der Security nach der ersten Runde weitere Kaltgetränke zu ordern, war natürlich grandios – wo sie in anderen Stadien ja manchmal eher damit beschäftigt sind, den einen oder anderen Besucher des Gästeblocks zu gängeln.

Die Versorgung mit Kaltgetränken ist gesichert
Die Versorgung mit Kaltgetränken ist gesichert

Durch ein wenig Trinkgeld motiviert, kam der Nachschub an Kaltgetränken immer schneller und so wurden die 17 durstigen Kehlen 90 Minuten bestens versorgt ohne mit irgendwelchen Karten bezahlen und davor 20 Minuten in einer Schlange stehen zu müssen. Hier wurde das Bier auf dem Tablett serviert und Fußball „konsumiert“ 😉

Nach dem Abpfiff waren unsere Buben natürlich bedient, aber anscheinend hatten sie den Support dann doch ganz gut mitbekommen und gleichwohl sie sehr mitgenommen aussahen, applaudierten sie dem Block und klatschen alle am Zaun ab. Nach 14 Spielen ohne Niederlage ist man natürlich enttäuscht und vielleicht ist das halt der Preis, den man als Mannschaft zahlen muss, wenn es einzelne Talente dann plötzlich ganz nach oben in die Liga 1 schaffen und so das Mannschaftsgefüge durcheinander gewirbelt wird.

Trotz der Enttäuschung kamen die Jungs zum Abklatschen vorbei

Trotz der Enttäuschung kamen die Jungs zum Abklatschen vorbei

Trotz des Ergebnisses war dies mal wieder eine Auswärtsfahrt, die alle Beteiligten sicherlich so schnell nicht vergessen werden und die die Lust auf das nächste Auswärtsspiel mit unserer U23 natürlich schon wieder wachsen lässt. Und Erfurt nächstes Jahr, sollte eigentlich wieder drin sein – wenn denn beide Mannschaften in der Liga bleiben.

Hier geht es zu allen Bildern des Spiels.



Dresden 2014

In diesem Kapitel finden sich bisher nur Reiseberichte von den mitgemachten Fahrten der letzten Jahre. Auswärtsfahrten mit dem geliebten Fußballsportverein aus Mainz sind allerdings letztlich auch nichts anderes als Reisen. Daher findet sich nun erstmals hier ein Spielbericht.

Eigentlich laufen für mich Auswärtsfahrten mit unserem Verein schon immer recht ähnlich ab. Unabhängig von der Anfahrt mit dem (Fan)-Zug, dem Bus oder dem Auto (oder dem Flugzeug „Europapok…“) ob mit oder ohne Mitfahrer trifft man spätestens vor dem Block die ersten bekannten Nasen alias Gelgenheits-, Viel- und Allesfahrer, hält das eine oder andere Schwätzchen und geht gemeinsam in den Gästeblock. Für mich ist das Schöne an einer Auswärtsfahrt u.a. der gemeinsame Support aller Fans, egal wo man daheim steht oder sitzt. Und nicht immer ist die Masse an Auswärtsfahrern maßgeblich für den „gelungenen“ oder nicht so „gelungenen“ Support, da wir auch mit wenigen Hundert Leuten schon gut den Gästeblock gerockt und die Mannschaft (hoffentlich) damit unterstützt haben. Und egal ob wir Favorit oder Underdog sind, die Mannschaft ist immer für eine Überraschung gut und nach der Rückfahrt denkt man oft an den einen oder anderen magischen Moment zurück, den man mit allen im Block nie vergessen wird, wie z.B. die Tore in Fürth 2009 oder in Bochum 2005.

Blick aus dem Gästeblock ins später fast volle Stadion
Blick aus dem Gästeblock ins später fast volle Stadion

Doch an diesem Freitag war dann mal so richtig alles anders.

Die Konstellation Tabellenzweiter und Absteiger aus Liga 2 zu Hause gegen den Tabellenletzten und Aufsteiger aus Liga 4 brachte auf dem Papier schon eine gewisse „Klarheit“, die man als 05-Fans selbst bei den Bayern eigentlich spätestens nach Samis legendärem Hackentor so nicht mehr findet und vielleicht höchstens damals beim Pokal-Spiel in München kurz vor Weihnachten mal spürte. Und dann noch D Y N A M O. Das sind doch die, die „ständig“ aus dem DFB-Pokal ausgeschlossen werden und „richtig böse“ sind. Aber wenigstens war es nicht ganz so kalt wie in München anno dazumal. Dafür regnete es aber Bindfäden und das oben beschriebene Gruppendynamische gegen Dynamo zu erleben, bildete vorab eher Hoffnung als Erwartung. Aber dass der Abend dann doch ein von Emotionen geprägter wurde, hing zunächst einmal vom Verein Dynamo Dresden ab. Denn anders als vor ein paar Jahren, als ich an der Essener Hafenstraße vor dem verschlossenen Gästeblock ankam und letztlich irgendwo auf der Haupttribüne landete das erste positive Zeichen an diesem Abend:

Der Gästeblock war geöffnet (und mit Polizei und Wasserwerfer gesichert). Auf die nicht ganz ernst gemeinte Frage am Kassenhäuschen 50 Minuten vor Spielbeginn ob wir die ersten sind, ein „ja“ zu erhalten, ließ mich dann doch ein wenig wie in der 5. Jahreszeit vorkommen, schließlich galt es nun in eine komplett neue Rolle zu schlüpfen. So ähnlich müssen sich die 23 Wolfsburger Gästefans vor ein paar Jahren an einem Mittwoch im Bruchweg gefühlt haben. Das Stadion (fast) voll, bis auf ein kleines Fleckchen „Gästeblock“. Zu diesem 3.-Liga-Spiel kamen 23.204 (!) Dresdner Zuschauer und bei uns fanden sich schließlich 17 Leute im Block ein. Davon 2 Werder-Fans, die auf ihrer Städtereise die Stadionatmosphäre der Semper-Oper vorzogen. Und 8 Dresdner Kiebitze, die lieber in aller Ruhe das Spiel analysieren bzw. noch schnell 2 S-Block-Karten für Samstag loswerden wollten. Blieben 3 05-Fans aus Cottbus und wir vier. Mein Kumpel, 05-Fan seit Ouakili-Zeiten, aber seit 1997 in Dresden doch eher in der 05-Diaspora lebend und seine beiden Töchter, die seit Jahren ihrem ersten 05-Spiel entgegen fieberten. Dieses erlebten sie dann bereits in Chemnitz letzten Monat und an jenes Spiel werden sie sich wie Johannes Geis wahrscheinlich ihr ganzes Leben lang erinnern.

Der Mainer Auswärtsmob in Dresden
Der Mainer Auswärtsmob in Dresden

Ideale Bedingungen also für unseren Auswärtsmob hier etwas zu reißen.

Beim Einlaufen der Mannschaften musste unser Mob dann mit allen rot-weißen Utensilien visuell auf sich aufmerksam machen, aber anscheinend hatten unsere Buben mit 17 Leuten weniger gerechnet und sie winkten doch überrascht zurück. Martin Schmidt kam lachend an die Eckfahne gelaufen und zählte dann auch nochmal ganz genau nach. Beim Blick auf die Aufstellung dann das nächste Positive. Denn mit Robin, Damian, Todor, Devante und Bene waren ja fünf Buben aus der ersten Mannschaft dabei. Ging da vielleicht doch etwas?

Gut, bei der Mannschaft vielleicht, aber gegen mehr als 20.000 Menschen zu supporten war dann doch nur Harakiri für die Stimmbänder. Aber egal, die einen oder anderen Sekunden, in denen es mal nicht D Y N A M O schallte, wurden dann doch genutzt den „1. FC Mainz“ lauthals zu unterstützen. Eigentlich hätten wir wohl schon eigens für den Stadionsprecher beim Warmmachen der Buben ein lautes „F S V“ skandieren sollen, denn er blieb 90 Minuten dabei, ein Spiel zwischen der SGD und dem FC aus Mainz zu sehen. Fühlte ich mich in meiner „Wolfburg-Rolle“ irgendwie bizarr, war der Heim-Support garantiert kein 3.-Liga-Niveau. Dresden kann es sicherlich mit vielen stimmgewaltigen Szenen in der 1. Liga aufnehmen und auch das Stadion ist ein echtes Schmuckkästchen. Und, außer einem Schmähgesang gegen Robin, war der Support ausschließlich auf die Unterstützung der eigenen Mannschaft bezogen. Und die Security war auch nicht vom Typ Stiernacken. Vielmehr handelte es sich um ganz sympathische Leute aus unserer Partnerstadt Erfurt. Einer meinte noch, er hätte hier bis auf einmal noch nie einen Heimsieg von Dynamo erlebt. Aber an diesem Tag war die Lage wohl etwas anders.

Sekunden vor dem Abpfiff erzielt Mainz den Ausgleich
Sekunden vor dem Abpfiff erzielt Mainz den Ausgleich

Ja und dann kam die 93. Minute. Das Stadion sang bereits Minuten zuvor lauthals vom „Sieg“, der Kicker präsentierte seinen Bericht vom Dynamo-Spielgewinn und Mounir schob den Ball ins Netz. Noch nie hatte ich ein Stadion innerhalb einer Sekunde verstummen hören, denn schließlich jubelt in so einem ähnlich Moment ja dann der Gästeblock und wenn man mitten drin steht, kommt einem das natürlich sogar eher so vor, als ob die Lautstärke noch zunimmt. Da das Tor am anderen Ende des Platzes fiel, schauten wir uns zunächst erst alle etwas ungläubig an, um dann im nächsten Moment laut los zu schreien. Ein paar Millisekunden später bekamen wir es dann ein wenig mit der Angst zu tun. Wie würden die Heimfans reagieren? Diese waren aber wirklich dermaßen geschockt. Unsere Buben kamen freudestrahlend zu unserem Mob und wir hatten irgendwie ein unbeschreibliches Gefühl in uns – da man die Freude ja nicht wie gewohnt mit den Leuten vor, neben und hinter sich teilen konnte, denn vor und hinter uns war die leere Treppe. Der Security-Typ kam die Treppe herunter, lachte und sagte „sag‘ ich doch, ich habe hier erst einmal einen Heimsieg von Dynamo gesehen!“.

Ein bizarrer und doch schöner Abend ging zu Ende aber noch schöner, dass ich diese „Wolfsburg-Rolle“ bereits am gestrigen Samstag wieder ablegen konnte und lauthals mit so vielen Menschen um mich herum unserer Buben unterstützen konnte. Und am Dienstag im Frankfurt wird es dann auch wieder ein ganz normales Auswärtsspiel – schon schöner so!

Linktipps:

Bilder des Spiels Dynamo Dresden – 1. FSV Mainz 05 II

Mittelamerika 2014

Mittlerweile sind wir schon wieder in unserem Städtchen angekommen, aber in den letzten Tagen ging es über Ostern mal wieder nach Costa Rica…Wie? Schon wieder Costa Rica? Ja, es hat uns in der Tat wieder einmal zu den Ticos und Ticas nach Mittelamerika gezogen. Aber dieses Mal begann die Reise „wenigstens“ in Panama, dem ich erstmals seit meiner Weltreise 2002 wieder meine Aufwartung machte. Damals schon empfand ich Panama-Stadt als einzig wirklich besuchenswerte Hauptstadt von „Centroamerica“. Aufgrund der vielen Erdbeben in der Region ist von alter Bausubstanz überall anders kaum etwas aus der spanischen Kolonialzeit übrig geblieben. In Panama hingegen ist die Altstadt mit ihren kleine, verwinkelten Gassen auch heute noch ein Abstecher wert, obwohl man in der Zwischenzeit eine Autobahn über das Meer um die Altstadt herum gebaut hat. Anscheinend steht Panama mittlerweile wir so viele Metropolen dieser Welt kurz vor dem Verkehrsinfarkt und man sah sich gezwungen den schönen Blick von der Stadt auf den Eingang des Kanals zu verbauen, um der Verkehrslage Herr zu werden. Wir bekamen von all dem Verkehrschaos nichts mit, da Gründonnerstag bzw. Karfreitag war. In diesem Teil der Erde gelten Feiertage noch als solche und katholische der Karwoche zelebriert man hier noch richtig – Alkoholverbot von Gründonnerstag bis Ostersonntag inklusive. Fast alle Läden waren geschlossen, die Finanzmetropole Lateinamerikas wirkte wie eine Geisterstadt und es war schon nahezu eine Herausforderung etwas außerhalb des Hotels zu Essen zu finden.

Blick aus dem Hotelfenster auf die menschenleere Stadt
Blick aus dem Hotelfenster auf die menschenleere Stadt

Ähnlich leer war dann auch der Weiterflug innerhalb Panamas. Panama hat wie viele andere Großstädte zwei Flughäfen. Den internationalen Tocumen jenseits von Gut und Böse fernab in der Pampa und den Albrook Airport so eine Art Tempelhof in den Tropen. Beide Stadtflughäfen verbindet ihre amerikanische Vergangenheit. Schließlich war der Kanal bis 1999 US-Territorium und die vielen Hangars auf dem kleinen Flughafen erinnerten mich auch an die vielen ehemaligen US-Airports in Deutschland, nur dass es keine nervigen Ryanairs gibt. Das Spannendste am Fliegen mit Air Panama war dann eigentlich die Abfertigung am Boden, denn dieser Flughafen hat so gut wie keine Schilder. Lediglich am Check-in-Schalter stand ein Schild „Davíd“ – ohne Flugnummer natürlich. Einmal eingecheckt und durch die direkt daneben liegende Sicherheitskontrolle (kein Schild notwendig) gelangt, saß man in einem Warteraum – ohne Schilder, dafür mit mehreren Türen, die auf das Flugfeld führten. Zum Einsteigen wurde ein- oder zweimal durch das blecherne Mikro aufgerufen. Warum versteht man bei diesen Dingern eigentlich nie etwas? Wer auf dem Klos saß (diese waren beschildert), hat dann halt mal Pech gehabt und verpasst schlimmstenfalls den Abflug. Durch die permanente Wachsamkeit, während einer von uns auf dem stillen Örtchen verweilt, bekamen wir das Einsteigen dann zum Glück mit und es ging im Gänsemarsch über das Vorfeld, schön brav mit Hütchen einen imaginären Weg von Flugzeug zu Flugzeug entlang. Natürlich stand auf den Flugzeugen auch nicht, wohin sie flogen und der Weg mit den Hütchen führte bis zum Ende des Vorfelds. Der Vordermann war schon einige Meter weg, aber ich tippte dann doch auf die richtige Abzweigung zum Flieger nach Davíd. Zur Sicherheit fragte ich aber doch nochmals nach, ob die Fokker 100 tatsächlich in die zweitgrößte Stadt Panamas fliegen wollte.

Blick auf den Panama-Kanal
Blick auf den Panama-Kanal

Nach einem unspektakulären, gänzlich leeren Flug brachte uns der Flieger in 35 Minuten dorthin. Auf meiner Weltreise war ich 2002 in umgekehrter Richtung mehr als 8 Stunden unterwegs und die Weisheit, dass man entweder Zeit oder Geld hat, bewahrheitete sich natürlich mal wieder. Der Bus kostet ca. 25 US$, der Flieger 100 US$ – damals hatte ich 1 Jahr Zeit, dieses Mal knapp 20 Tage – die Entscheidung war natürlich klar, wie man von A nach B kommt – und jünger werde ich natürlich auch nicht 😉 Aber während wir bei den letzten beiden Fahrten durch Costa Rica unseren Hintern jedes Mal am Flughafen in den Geländewagen eines Suzuki Jimnys schwangen, stand dieses Mal endlich mal wieder das Fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln auf dem Programm. Der Busbahnhof von Davíd ist immer noch sehr gut organisiert. Die Minibusse haben feste Abfahrtsstellen, die sogar nummeriert sind. Und die Frequenzen sind traumhaft. Panama hat Taktverkehr, zur costa ricanischen Grenze so ca. alle 15 Minuten, so dass es unmittelbar weiterging. Der Bus wurde nicht überfüllt, nahm natürlich noch auf der Straße Fahrgäste auf, aber trotzdem legten wir die 50 km zur Grenze in ca. 90 Minuten zurück – was für Mittelamerika absolut ok ist, denn was will man für ca. 1,50 USD schon an Schnelligkeit erwarten? Schnell ging es aber wirklich an der Grenze weiter. Der Panama-Lonely-Planet beschrieb dies auch so, ganz im Gegensatz zum Costa Rica-Lonely-Planet, der riet, zwei bis drei Stunden zum Passieren einzuplanen, wobei beide Bücher vom Übertritt von Panama nach Costa Rica sprachen – und beide Bücher gleich neu waren. Beide Länder sind allerdings etwas zickig, was die Weiterreise angeht, was Rückflugtickets angeht. Dies war sogar am Einreiseschalter vermerkt. Ohne Rückreiseticket aus dem eigenen Land kein Eintritt in das Land – aber wie so oft war das die Theorie und niemand hat sich tatsächlich dann dafür interessiert. Uns interessierte nur das erste Essen auf costa ricanischer Seite, das das kulinarische Angebot in Panama bei den vielen Exil-Griechen noch das beste neben Fast Food war. Gut, es war Karwoche, alles hatte (fast) zu, aber in Costa Rica beschränkt sich das Essen auf wenige Speisen, die immer aus Bohnen und Reis bestehen, aber das wäre uns in Panama schon lieb gewesen – stattdessen gibt es da oftmals Pommes und mit Pizza mit monströsem Käsebelag. Der „Casado“ das traditionelle costa ricanische Essen besteht daneben dann noch aus Fleisch (Rind), Hühnchen oder Fisch. Wenn man dann eine vegetarische Variante nachfragt, die meist nicht auf der Karte steht, kommt der Kellner kurz ins Grübeln, aber meist zaubern die Köche dann etwas mit Salat, Kochbanane, Eiern und/oder Käse auf den Teller, das sich mit der traditionellen Lisano-Soße, die auf keinem Restaurant-Tisch Costa Ricas fehlen darf, perfekt verfeinern lässt. Vegetarier sind in diesem Teil der Erde noch eine besondere Spezies, aber unter uns Touris gibt es dann doch genug, dass die Ticos und Ticas, sich darauf einstellen können.

Ankunft am Golfo Dulce
Ankunft am Golfo Dulce

Gestärkt mit einem Casado „sin carne“ (ohne Fleisch) und „sin pollo“ (ohne Huhn) – das muss man hier immer doppelt erwähnen – ging es mit dem Bus weiter durch das südliche Costa Rica nach Golfito. Zwischendurch wurde der Bus dann doch mal so richtig ausgelastet und ich war schon froh, einen Sitzplatz ergattert zu haben. Eingequetscht bei 30° C im Schatten und bei nahezu 90 % Luftfeuchtigkeit über das Land zu rollen ist dann doch nicht mehr so mein Ding. Und ich liebe Costa Ricas Busse – ja es sind Busse – keine ausgedienten US-Schulbusse mit an 0 cm grenzende Beinfreiheit, wie in den nördlicheren Ländern Mittelamerikas üblich. Nach einem Übernachtungsstopp in Golfito ging es am nächsten Morgen mit dem Boot über den Golfo Dulce einen von nur zwei Fjords in den Tropen weltweit auf die wunderbare Osa-Halbinsel nach Puerto Jiménez. Dieser Ort liegt fast 400 Straßenkilometer von der Hauptstadt San José entfernt und somit praktisch eine ganze Tagesreise weit weg. Und so gottverlassen kam man sich in dem Kaff dann auch vor. Eine Teerstraße ansonsten nur Pisten, Hitze, Schwüle und das permanente Gefühl in einem Wild-West-Film mitzuspielen. Aber das Kaff hat wirklich seinen Charme. Obwohl Dreh- und Angelpunkt des Tourismus auf der Osa-Halbinsel spürte man davon recht wenig. Es gibt ja Ort auf dieser Welt, da hat die „Krake“ des Fremdenverkehrs das Stadtbild komplett verändert – ich denke da hauptsächlich an Süd-Ost-Asien. In Costa Rica gibt es auch ein paar wenige dieser Plätze, aber Puerto Jiménez gehört definitiv nicht dazu. Alles läuft sehr gemächlich ohne Stress ab. Niemand springt einem vor die Füße und möchte irgendwelche Hotels, Restaurants oder Touren anbieten. Und es gibt tatsächlich die Möglichkeit, als Touri selbst zu wählen, wie man die Osa-Halbinsel entdecken möchte, wenn man den Aspekt der Nachhaltigkeit einfließen lassen will. Bereits von Deutschland aus nahmen wir Kontakt mit OSA WILD auf, einer Agentur, die versucht nachhaltigen Tourismus in der Gegend zu fördern. Die schönsten Plätze der Erde sind für uns Touris natürlich meist nur so wunderbar, weil sie naturbelassen sind. Den Einheimischen bringt diese natürlich auf den ersten Blick erst mal gar nichts. Wenn wir uns zu Hause umschauen sehen wir Industrie und Infrastruktur, die wir dort gerne hinter uns lassen. Die Frage, wie die Einheimischen dann von etwas leben sollen, stellen wir uns womöglich zunächst mal überhaupt nicht. Hier setzt dann der nachhaltige Tourismus an, um im besten Fall eine „Win Win“ Situation zu schaffen. OSA WILD vermittelt ruralen Tourismus und setzt auf gut ausgebildetete Führer, damit die Einheimischen dirket vom Fremdenverkehr profitieren – und nicht irgendwelche zwischengeschalteten Vermittler, die womöglich noch aus dem Ausland oder zumindest aus der Hauptstadt stammen.

Am Hafen von Puerto Jiménez
Am Hafen von Puerto Jiménez

Unseren 3-Tagestrip durch den wunderschönen Nationalpark Corcovado organisierte die Agentur vorab, da nur täglich 40 Leute in der dortigen Forschungsstation Sirena übernachten dürfen. Es war zwar alles ein wenig bürokratisch, da das Geld für den Eintritt, das Essen und die Übernachtung über einen Geldtransfer zunächst von Mainz nach Puerto Jiménez geschickt werden musste und dann vor Ort auf das Bankkonto der Nationalparkverwaltung eingezahlt werden musste, aber es klappte alles reibungslos, so dass wir unser Permit in der Hand hielten. Die 45 km von Puerto Jiménez zum Endpunkt der „Piste“ in der Hüttensiedlung mit dem bezeichnenden Namen „Carate“ legten wir mit einem Collectivo zurück. Das war einfach ein LKW, bei dem auf der Ladefläche zwei gepolsterte Planken einsetzt wurden. Wichtig waren auch die Haltestangen, denn die Schlaglochpiste hatte es in sich. Zwei, drei Flüsse mussten durchfahren werden und die Auf- bzw. Abfahrten zu den Flussläufen waren alles andere als flach. Im Geographie-Unterricht haben wir eigentlich gelernt, dass es in den Tropen eine Trocken- und eine Regenzeit gibt. Dies gilt aber nicht für diesen Teil der Tropen, in dem es eher eine Regenzeit und eine Zeit mit weniger viel Regen gibt. Jetzt an der Grenze zwischen diesen beiden Saisons – die Nebensaison wird hier bezeichnenderweise als „Green Season“ ausgewiesen – kann es plötzlich zu Platzregen kommen und das passierte natürlich nach zwei Drittel der Distanz auf dem Collectivo. War die Fahrt bisher recht unspektakulär verlaufen, bis auf die Äste und Zweige, die ab und zu am Dach des LKW abbrachen und auf die Ladefläche fielen, wurde es jetzt trotz vorhandener LKW Plane recht ungemütlich, da durch den Fahrtwind der Regen trotzdem hineinkam und bald sämtlich Insassen und ihr Gepäck gewaschen waren. Gut, dass es Rucksackregenüberzüge gibt, die im günstigsten Fall dann auch noch griffbereit im Rucksack bereit liegen…

Weg zur La Leona Ecolodge
Weg zur La Leona Ecolodge

In Carate angekommen, wartete schon ein Pferdefuhrwerk auf unser Gepäck, um es zur La Leona Eco Lodge zu bringen. Öko ist in diesem Zusammenhang bei dieser Unterkunft recht selbstverständlich, denn die Zelthütten stehen ca. 2 km vom Endpunkt der Straße entfernt und hier gibt es einfach gar keinen Strom, so dass man darauf angewiesen ist, mit Kerzenlaternen die Weg nachts auszuleuchten und den benötigten Strom über Sonnenkollektoren zu erzeugen. Das Pferdefuhrwerk statt eines Strandbuggys einzusetzen ist allerdings dann wirklich umweltbewusst, genauso wie uns Touris per Pedes antanzen zu lassen. Diese Abgeschiedenheit am Ende des Endes der Welt hatte schon etwas wirklich sehr sehr schönes. Noch schöner wurde es dann am nächsten Tag, als Elí, unser Führer für die nächsten drei Tage uns abholte. Das Wort „Guide“, wird weltweit ja sehr unterschiedlich ausgelegt. Es gibt Gegenden, bei denen das höchste der Gefühle die Tatsache ist, dass der Guide halbwegs den Weg kennt. Alles abseits des Wegs kennt er nicht und die Verständigung klappt auch eher mit den Händen und Füßen – auch wenn man bereit ist, mehr Geld für besser ausgebildetes Personal auszugeben. Elí überraschte uns in den drei Tagen zunächst durch sehr gutes Englisch, was auch nicht selbstverständlich ist, später dann neben seinem Enthusiasmus für die Natur mit viel Wissen um Fauna, Flora und Geologie der Region. Das Laufen durch den Nationalpark hatte wirklich etwas von einem Bildungsurlaub an sich. Die 16 km lange Strecke von La Leona, dem Eingang in den Nationalpark, bis zur Sirena Forschungsstation hatten es in sich, so dass man manches Mal den Bildungseinheiten kaum noch folgen konnte bzw. wollte, da es mit dem recht schweren Rucksack und alleine 7 Litern, also 7 kg, Wasser nicht so einfach war, einen Fuß vor den anderen zu setzten. Leider konnten wir nicht alle Mahlzeiten in der Forschungsstation in deren Kantine zu uns nehmen, so dass auch viele KG an Essen von uns geschleppt werden mussten, aber die physische Herausforderung und das Meistern derselben hatten es auch irgendwie etwas von innerem Schweinehund überwinden. Zumal die Aussicht, hinter jedem Baum ein neues Tier zu entdecken dauerhaft motivierend wirkte.

Abends in der La Leona Ecolodge
Abends in der La Leona Ecolodge

Technisch war die Strecke recht anspruchslos, wenn man davon absieht, dass etwas ein Drittel am Strand zurückgelegt werden muss und das Einsinken mit dem schweren Rucksack im Sand an Sisyphus-Arbeit erinnerte. Später kam mir die Länge von Elí gerade recht, der fast so groß war wie ich und somit ähnlich große Schritte machte. So stapfte ich in seinen Spuren über den schwarzen Sand des Pazifik-Strands. Im Regenwald ging es hingegen recht schnell voran, wenn Elí nicht gerade wieder auf die Idee kam kurz mal querfeldein zu einem komisch gefalteten Riesenblatt zu stapfen, unter dem sich eine Fledermaus zum Schlafen verschanzt oder ein Giftpfeilfrosch sich im Laub verkrochen hatte. Ohne Guide wären wir geradeaus an den schönsten und faszinierendsten Lebewesen vielleicht einen Meter entfernt ahnungslos vorbei gestapft. Abends kamen wir dann an der Sirena Forschungsstation an. Während uns auf dem Weg dorthin niemand auf dem 8 Stunden-Trip entgegenkam, saßen auf der Veranda ein Dutzend Leute und noch mehr Besucher fanden sich auf dem Holzboden, auf dem bereits viele Innenzelt unter einem großen Dach aufgestellt waren. Sind diese Leute allesamt zu Fuß hierhergekommen – leider nein. Sirena hat auch einen Feldweg zum Meer, der gleichzeitig als Urwaldpiste dient. Somit kann der zahlungskräftige Fußfaule auch einfliegen oder mit dem Boot hierher kommen. Natürlich ist das am Ende nicht so wunderbar, wenn man den ganzen Tag in der Natur alleine ist und abends dann auf engstem Raum praktisch keinerlei Privatsphäre mehr genießen kann, aber die vielen Eindrücke, die man in der Natur den Tag über gesammelt hat, wiegen das mehr als auf – auch wenn Hardcore-Schnarcher einem die Urwaldnacht zur Hölle machen können und die sonstigen Naturgeräusche komplett überlagern.

Piste und Forschungsstation Sirena
Piste und Forschungsstation Sirena

Das Essen in der Kantine von Leona war erstaunlich gut, dafür dass man komplett abseits der Zivilisation sich aufhält. Auf Vegetarier ist man hier allerdings etwas unzureichend eingestellt. Sagt man, dass man kein Fleisch (und kein Hühnchen und keinen Fisch) isst, wird der gefüllte Teller vom Fleisch befreit und man erhält als Kompensation drei Salatblätter zusätzlich. Gut, dass wir noch Erdnüsse und Trockenobst den weiten Weg hierher geschleppt haben, ansonsten hätten wir zusätzliche Schlafprobleme wegen großem Hungergefühls gehabt. Man muss sein Zelt übrigens nicht auf diesen Planken mit Dach aufstellen und wir dachten schon daran, das Zelt auf die davor liegende Wiese zu schleppen, um dem Mega-Schnarchern zu entgehen, aber ein Mega-Platzregen in der Nacht lehrte uns, dass es dann doch vielleicht vernünftiger ist, ein trockenen Schlafplatz mit Schnarchgeräuschen zu haben, als einen See im Innenzelt. Nach zwei Nächten vor Ort machten wir uns auf den Rückmarsch in die Zivilisation. Das Schöne am Rucksackwandern ist die Tatsache, dass man sich an die schweren Gewichte relativ schnell gewöhnt und dass die Kilos an Nahrung im Rucksack mit der Zeit abnahmen. Somit hielten sich die Strapazen zunächst in Grenzen. Diese wurden dann aber durch die einsetzende Flut kompensiert. Sind wir auf dem Hinweg recht einfach über den Strand vorangekommen, war es jetzt bei der einsetzenden Flut nicht mehr so einfach einen trockenen Fuß vor den anderen zu setzen. Nasse Füsse sind hier weniger das Problem, als die Steilheit des Strands und die heftigen Wellen, die einen ins Meer ziehen können. Elí beobachtete jedes Mal für ein paar Minuten die Bewegung der Brandung ehe er Zeichen für kurze Sprints durch den Sand gab. Mit dem Rucksack auf dem Rücken kam ich mir wie bei der Grundausbildung bei der Bundeswehr vor und das als ehemaliger Zivi…

Schlange im Gebüsch am Wegrand
Schlange im Gebüsch am Wegrand

Costa Rica gilt ja allgemein als Schlangenland und ohne Führer haben wir bei jedem Aufenthalt in disem Land bisher die sich entlang schlängelnden Gartenschläuche „gefunden“. 90 Prozent der gesamten 3-Tages-Wanderung waren bereits zurückgelegt, eher wir das erste Reptil entdeckten, bzw. Elí es entdeckte, denn die Schlange kroch im Gebüsch lautlos von Ast zu Ast. „Non poisonous“ war gleich die Bemerkung von Elí, die mich entspannen ließ. Schlangen beißen ja „nur“ wenn sie sich bedroht fühlen, wenn man aber die Schlange gar nicht bemerkt, kann so eine Bedrohung schneller entstehen, als einem lieb ist. Gut zu wissen, dass Costa Rica reichlich mit Antiseren ausgestattet ist, um gegebenenfalls auf einen Schlangenbiss zu reagieren – nur bei 200 Schlangenarten, wir die Gabe des richtigen Mittels dann schon wieder zu einem Glücksspiel, auf das ich gerne verzichten kann.

Abflug von Puerto Jiménez nach San José
Abflug von Puerto Jiménez nach San José

Nach dem Ende der Tour waren wir dann auf der Osa-Halbinsel noch einige Tage alleine auf Wanderschaft gewesen, ehe es mit einer einstrahligen Cessna 208 in die Hauptstadt San José ging. Auch hier läuft das Procedere am Flughafen noch anders ab als gewohnt. Zum zweiten Mal überhaupt (nach Guyana 2002) wurde ich mit meinem Handgepäck gewogen! Die Maschine hatte auch nur wenige Minuten Aufenthalt, Sicherheitskontrollen gab es gar nicht und die Bordkarten waren wiederverwertbare Plastikkarten. Ach so, und Schilder gab es natürlich auch keine!