Ressourcenineffiziente Gleichmacherei

Vor dem Testspiel gegen Bilbao informierte Mainz 05 über die Änderungen, die in der neuen Saison Anwendung finden. Unter dem Stichwort „Preisanpassungen beim Catering“ ging es um nichts anderes als um höhere Preise, die für Essen und Trinken abgerufen werden. Dass aktuell viele Lebensmittel teurer werden, haben wahrscheinlich alle von uns mitbekommen. Ich denke, es hätte niemand der Kommunikationsabteilung verübelt, es auch so zu schreiben. Sich hinter dem Wort „Preisanpassung“ zu verstecken zeigt allerdings schon, wohin die Reise geht. Die Umschreibung der „teilweise sehr deutlich gestiegenen Kosten bei der Produktion“ lässt sehr viel Spielraum für Spekulationen offen. Anscheinend sind einige Lebensmittelpreise im Einkauf sehr stark gestiegen, der Verein spricht von bis zu 42 Prozent. Im Umkehrschluss bedeutet es allerdings, dass die Preise für andere Produkte nicht so stark gestiegen sind. Im Rahmen einer transparenten Kommunikation wäre es sicherlich besser gewesen, die einzelnen Preissteigerungen aufzulisten. Eine offene und ehrliche Kommunikation schadet der Glaubwürdigkeit sicherlich nie. Aber gut – es wurde die Verschleierungstaktik gewählt, so wie jüngst bei der Abberufung von Jan Lehmann als kaufmännischer Vorstand.

In der Mitteilung heißt es weiter „Dabei hat Gauls Catering auf eine möglichst gleiche Verteilung der steigenden Kosten geachtet.“ Daraus lässt sich einerseits ableiten, dass Mainz 05 keinen Einfluss auf die Preisgestaltung hat und es dem Caterer überlässt, die Preise zu bestimmen. Andererseits sollen die Kostensteigerungen auf alle Produkte gleichmäßig verteilt werden. Das ist eine Möglichkeit, die zweifellos gestiegenen Kosten an die Stadionbesucher*innen weiterzugeben. Allerdings wird diese Strategie überhaupt nicht eingehalten.

Bei den Getränken werden beim Alkohol 70 Cent für Bier und Weinschorle draufgeschlagen. Bei der Limonade sind es 60 Cent und beim Wasser sind es 40 Cent. Von gleichmäßiger Verteilung kann also überhaupt keine Rede sein. Es ist sicherlich nicht verwerflich, dass es einen Anreiz gibt, alkoholfreie Getränke zu kaufen, wenn man Durst hat. Das deutsche Gaststätten-Gesetz sieht vor, dass mindestens ein alkoholfreies Getränk nicht teurer sein darf als das billigste alkoholische Getränk. Sprich, Gaul geht hier wesentlich weiter und ich denke, dass das wirklich eine gute Idee ist. Ob damit Alkoholmissbrauch verhindert wird, weiß ich nicht, aber es ist klar ersichtlich, dass von Seiten von Gaul hier explizit mit Hilfe des Preises gelenkt wird.

Anders als bei den Getränken wird die vom Verein angekündigte gleichmäßige Verteilung der gestiegenen Kosten bei den Speisen umgesetzt. Wurst, Frikadelle und Pommes wurden 50 Cent teurer und kosten nun 3,50 Euro. Fleischkäse und Brezel wurden ebenfalls 50 Cent teuer und kosten nun 2,50 Euro.

Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass die gleichmäßige Verteilung der gestiegenen Kosten im Bereich der Speisen die fairste Möglichkeit ist. Man kann das sicherlich so sehen, wenn man die gegenwärtigen Probleme, der wir uns als Gesellschaft stellen müssen, ignoriert.

Ein Grund, warum die Lebensmittelpreise aktuell steigen, liegt am russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Dort warten rund 20 Millionen Tonnen an Getreide darauf, endlich verschifft zu werden. Das Getreide wird in vielen Ländern rund um den Globus sehnsüchtig erwartet. In vielen Teilen der Welt sind Hungersnöte zu befürchten und Lebensmittelpreise explodieren (um weit mehr als die von Mainz 05 genannten 42 Prozent).

Aus dem Getreide der Ukraine lassen sich grundsätzlich zwei Dinge produzieren: Lebensmittel wie zum Beispiel Brezeln oder Futtermittel für die Tierhaltung, damit daraus Fleischprodukte hergestellt werden.

Das zweite große Thema unserer Zeit ist der Klimawandel. Die Dürre in vielen Teilen der Welt, sorgt dafür, dass ganze Ernten vernichtet werden und die Lebensmittelpreise noch weiter steigen. Und die CO2-Emissionen, die den Klimawandel verstärken, hängen unter anderem auch von unseren konsumierten Nahrungsmitteln ab.

Das Umweltbundesamt schreibt zu der gesamten Thematik: „Pflanzliche Fleischersatzprodukte schneiden im Vergleich zum konventionell erzeugten Fleisch am besten ab. Dies liegt unter anderem daran, dass Pflanzen wie Weizen und Soja auf direktem Weg der menschlichen Ernährung dienen können. Werden Pflanzen erst als Tierfutter genutzt, werden deutlich mehr pflanzliche Kalorien und auch deutlich mehr Ackerfläche, Wasser und Energie benötigt, bis die Kalorien beim Menschen ankommen.

Ein Beispiel: Für die Produktion eines Kilos Fleischersatz auf Sojabasis werden 2,8 kg Treibhausgase ausgestoßen. Für Schweinefleisch beträgt der Ausstoß 4,1 kg, für Geflügel 4,3 kg und für Rindfleisch sogar 30,5 kg.“

Brezeln und Pommes sind also unter dem Gesichtspunkt der Lebensmittelknappheit und unter dem Gesichtspunkt des Klimaschutzes die wesentlich ressourceneffizienteren Speisen, die es im Stadion zu kaufen gibt.

Mainz 05 proklamiert an allen Ecken und Enden der erste klimaneutrale Verein der Bundesliga zu sein. Er kauft Klimazertifikate für Projekte in Ruanda, unterstützt soziale Projekte mit „Mainz 05 hilft e.V.“ und solidarisiert sich mit vielen Gruppen, u.a. mit den Menschen in der Ukraine. Daher sollte es eigentlich im Interesse des Vereins sein, klimaschonende Lebensmittel zu fördern. Nun ist Gauls Catering nicht Mainz 05, aber hier kommt wieder einmal die bereits öfter erwähnte konsequente Inkonsequenz des Vereins zum Vorschein. Man propagiert Klimaneutralität, interessiert sich aber gleichzeitig überhaupt nicht dafür, dass die Speisen, die vergleichsweise gut fürs Klima sind, also Brezeln und Pommes genauso viel kosten, wie Fleischkäsebrötchen bzw. Wurst.

Vielmehr überlässt der Verein die Preisgestaltung dem Caterer. Dieser kann also machen was er will. Dieses Verhalten ist zumindest irritierend. Ähnlich wie beim Testspiel gegen Newcastle scheinen es die handelnden Personen mal wieder nicht auf dem Schirm gehabt zu haben, dass es durchaus gute Gründe gibt, einen Testspielgegner abzulehnen.

Auch beim Thema Catering gibt es als Verein gute Gründe, hier mit Gaul mal über die Preisgestaltung zu sprechen. Eine gute Möglichkeit wäre die Sommerpause gewesen und wie beim Thema Getränke den Preis als steuerndes Element zu nutzen.

Entweder hat der Verein das nicht auf dem Schirm oder es ist ihm egal, was allerdings das hehre Ziel der Klimaneutralität, konterkariert. Vielleicht ist das Thema „Klimaneutralität“ auch nur ein Marketing-Gag der vielleicht durch einen Sponsor aus der Energiebranche eingebracht wurde. Wie beim Thema Flug ins Trainingslager wird womöglich beim Thema klimarelevante Emissionen einfach alles kompensiert, statt Emissionen zu vermeiden bzw. zu reduzieren. Sprich es wird lieber mehr kompensiert als den Stadionbesucher*innen die Brezel günstiger als das Fleischkäsebrötchen anzubieten. Außerhalb des Stadions kostet die Brezel beim Discounter 35 Cent (statt bisher 29 Cent). Selbst wenn die Stadionbrezel doppelt so groß ist, findet man wohl nirgends ein Fleischkäsebrötchen für 70 Cent. Daher ist diese Preisgestaltung schon in der Historie als beide Produkte 2 Euro kosteten ein falsches Signal gewesen. Sie führt sogar dazu, dass Stadionbesucher*innen unter dem Aspekt der „Kosten-Nutzen-Rechnung“ eher ein Fleischkäsebrötchen statt einer Brezel kaufen, um maximalen „Nutzen“ zu erzielen, wenn man sich nicht gerade vegetarisch ernährt.

Schlimmer geht natürlich immer. So kostete die Brezel in Aue drei Euro und in Bochum sogar nochmals 50 Cent mehr. Allerdings proklamieren beide Vereine auch nicht ständig, klimaneutral zu sein. Hier sollte sich Mainz 05 halt fragen, ob man das immer an allen Ecken und Enden rauslassen muss, während ja mittlerweile schon ersichtlich ist, dass das mit dem klimaneutral so eine Sache ist. Im Podcast „Weserfunk“ hat die CSR-Direktorin von Werder Bremen indirekt das Verhalten einfach alles zu kompensieren zu Recht kritisiert. Anders als Mainz 05 wird Werder Bremen erst in einigen Jahren klimaneutral sein. Werder verzichtet, anders als Mainz 05, darauf, einfach Zertifikate zu kaufen und versucht eher Emissionen zu vermeiden. Das dauert natürlich seine Zeit, alle Hebel in Gang zu setzen.

Vielleicht braucht es auch bei Mainz 05 seine Zeit, im Bereich des Caterings seine Handlungsmöglichkeiten zu erweitern. Vielleicht hat man bei den letzten Vertragsverhandlungen die CSR-Abteilung nicht zu Rate gezogen, um ein möglichst nachhaltiges Agieren in diesem Bereich vertraglich zu fixieren. In der angesprochenen Podcastfolge erklärt die CSR-Direktorin von Werder, dass zum Beispiel beim Thema Sponsoring die Abteilung noch nicht einbezogen wurde, dies aber mittlerweile der Fall ist. Schließlich ist der Werder-Trikotsponsor ein Unternehmen, das zumindest bisher für Massentierhaltung bekannt war.

Denn das Tierwohl könnte natürlich auch ein Grund sein, Preise beim Catering entsprechend zu gestalten. Es ist anzunehmen, dass ein Fleischkäsebrötchen für 2,50 € nur so günstig anzubieten ist, weil das dafür benötigte Fleisch aus einer sehr günstigen Produktion stammt. Diese ist in der Regel nur in der Massentierhaltung darstellbar. Fleisch aus Bio-Produktion wäre auf jeden Fall unmöglich, zu diesem niedrigen Preis anzubieten.  

Daher wäre es mehr als wünschenswert, wenn bei der nächsten Ausschreibung des Cateringvertrags auch auf das Thema Förderung von ressourceneffizienten Lebensmitteln eingegangen wird. Die CSR-Abteilung von Mainz 05 kann da sicherlich mit Rat und Tat zur Seite stehen, wie bei so vielen anderen Themen auch – wenn man sie nur ließe und das Thema nicht danach bewertet, auf wieviel Kritik es bei den Fans stößt – so wie es auch beim Newcastle-Testspiel geschehen ist.

Dass Mainz 05 auf dem Papier klimaneutral ist, gleichzeitig aber in Sachen Nachhaltigkeit nicht unbedingt so schnell vorankommen möchte, zeigte das DFL-Nachhaltigkeitsforum, das Ende Juli abgehalten wurde. Maximilian Rieger, Journalist beim Deutschlandfunk schrieb: „Und auch St. Pauli, Werder Bremen und Hoffenheim ist das Tempo nicht hoch genug – sie konnten sich aber nicht gegen die Mehrheit der 36 Profi-Clubs durchsetzen.“ Leider gehört unser Verein aktuell eher zu den bremsenden Vereinen, wenn es um das Thema Nachhaltigkeit geht. Daher erscheint das Thema „Klimaneutralität“ in einem neuen Licht – leider.

Quellen:

Wichtige Infos zum Testspiel gegen Bilbao | Mainz 05

Fleischersatz auf Pflanzenbasis mit bester Umweltbilanz | Umweltbundesamt

Fußball und Klimaschutz – DFL veranstaltet erstes Nachhaltigkeitsforum | Deutschlandfunk

Mixed Zone zu Nachhaltigkeit bei Werder – Weserfunk

Mission klimaneutrale Bequemlichkeit

Das Bundesliga-Team des 1. FSV Mainz 05 gastiert aktuell in Grassau südlich des bayerischen Chiemsees, um sich auf die neue Saison vorzubereiten. Als am Dienstag letzter Woche Mainz 05 via Twitter bekannt gab, dass der Teambus bereits Grassau erreichte und das Team am Mittwoch nachkommen würde, löste das bei manchen Leuten Irritationen aus, da damit klar war, dass das Team nicht mit dem Bus anreisen würde.

Vom Wolfgang Frank-Campus zum Team-Hotel sind 521 Kilometer zurückzulegen. Mit dem Auto lässt sich die Strecke in zirka 5 Stunden bewältigen. In derselben Zeit lässt es sich vom Mainzer Hauptbahnhof zum Bahnhof Rosenheim mit dem Zug fahren. Mit dem Bus wäre man sicher eine Stunde länger unterwegs, müsste aber nicht in Mannheim und München umsteigen.

Am Mittwoch war dann klar, wie die Mannschaft in den Chiemgau gelangen würde. „Mainz 05 International“ war angesagt. Zunächst fuhr man mit einem Bus zum Flughafen Frankfurt. Von dort ging es mit dem Flieger nach Österreich, genauer gesagt nach Salzburg. Dort wurde das Team dann mit dem bereits vor Ort befindlichen Bus nach Grassau zurück nach Deutschland befördert.

Selbstverständlich steht es dem Verein frei zu entscheiden, wie man von A nach B gelangt. Im Netz wurde die Entscheidung das Flugzeug zu nehmen allerdings durchaus kontrovers diskutiert. Das Hauptargument derjenigen, die Verständnis für den Flug aufgebracht haben, war die Regeneration der Spieler.

Im September 2020 flog „Die Mannschaft“ während der Nations League von Stuttgart nach Basel. Damals ging es um eine Busfahrt von dreieinhalb Stunden. Die Zahl der zumeist negativen Reaktionen im Netz waren damals natürlich deutlich höher und die Stuttgarter Zeitung hat im Nachgang den Sportmediziner Andreas Hoffmann zu dem Thema Regeneration befragt. Er ist Betreuer der Volleyball-Bundesligamannschaft der Damen des Allianz MTV Stuttgart. Hoffmann sagt:

„Der Einfluss ist relativ gering. Wenn man am Tag zuvor allerdings viel trainiert und zum Beispiel viele Sprints absolviert hat, ist die Muskulatur leicht übersäuert. Da ist langes Sitzen sicherlich eine unangenehme Situation. Die Beine sind angewinkelt und die Muskulatur wird schlechter durchblutet. Deshalb ist langes Sitzen keine optimale Weise der Regeneration, die gerade beim Profi-Sport enorm wichtig ist. Es kommt nämlich oft darauf an, wer in den letzten zehn Minuten eines Spiels ausgeruhter ist und die bessere Ausdauer hat. Generell kann man sagen, dass der Einfluss geringer ist, je länger die Pause zwischen Spielen ist.“

Bei der Nationalelf ging es damals darum, zwischen zwei Pflichtspielen innerhalb weniger Tage das Flugzeug zu nutzen. Das letzte Pflichtspiel der Nullfünfer fand im Mai statt. Das nächste findet Ende Juli statt. Aber selbst zwischen den Testspielen in diesem Juli liegen mehrere Tage, so dass das Argument nicht wirklich stichhaltig ist.

In dem Interview sagt Hoffmann weiter, zum Thema Regeneration „Ich denke, das war die einzig sinnvolle Ausrede, die man finden konnte.“ Er vermutete bei der Nationalmannschaft, dass die Logistik der entscheidende Faktor war. Sprich, es war anzunehmen, dass der Faktor Zeit eine entscheidende Rolle gespielt hat.

Wenn man nun davon ausgeht, dass es zirka sieben Stunden dauert, um von Mainz mit dem Bus nach Grassau zu fahren und es vielleicht ein wenig kürzer wäre, würde man die Bahn nehmen, wie sieht es dann mit dem Flugzeug aus?

Bekanntlich wurde mit dem Bus zum Flughafen angereist. Dafür muss man zirka 35 Minuten veranschlagen. Aktuell empfehlen die meisten Airlines etwa 3 Stunden vor dem Abflug am Flughafen anzukommen. Der Flug dauert inklusive Rollen auf der Start- und Landebahn 1:10 Stunde. Angenommen, die Jungs sind nur mit Handgepäck geflogen (weil ihr Gepäck bereits mit dem Bus vorgefahren ist) braucht man ca. eine Stunde vom Aussteigen aus dem Flugzeug bis ins Teamhotel mit dem Bus. Insgesamt kommt man also auf 5:45 Stunden. Grob gesagt, gewinnt man damit eine Stunde im Vergleich zur reinen Busfahrt. Im Vergleich zur Zugfahrt spart man wahrscheinlich gar keine Zeit ein, muss aber nicht umsteigen.

Der Grund, warum das Flugzeug genommen wurde, liegt also weder in sportmedizinischer Natur begründet noch im Zeitmanagement.

Mainz 05 war mal Pionier. 2010 wurde man (wahrscheinlich auch wegen eines Sponsors aus dem Energiesektor) klimaneutral. Damals haben sich die wenigsten von uns mit dem Thema Klimaneutralität beschäftigt. Daher war damals diese Mission Klimaverteidiger ein wirklich löbliches Projekt, für das der Verein sicherlich bundesweit viel zu wenig Lorbeeren erhalten hat.

In den letzten 12 Jahren hat sich in Sachen Klima einiges verändert – gerade auch im Luftverkehr. Eine Airline hat 2019 beispielsweise die Botschaft „Fly Responsibly“ ausgesendet. Neben dem verantwortungsbewussten Fliegen, rief die Airline dazu auf, Alternativen zum Fliegen zu nutzen, also auch mal auf das Fliegen zu verzichten.

Denn natürlich ist der Flugverkehr grundsätzlich in unserer Welt unverzichtbar. Wenn wir nur daran denken, dass zum Beginn der Pandemie Masken aus China schnell nach Europa geliefert werden mussten. In einer globalisierten Welt leben Familien mittlerweile zerstreut auf vielen Erdteilen. Forschende müssen sich persönlich treffen, da nicht alles über Video-Schalte funktioniert. Fremde Länder zu bereisen, baut Vorurteile ab, Verständnis füreinander auf und so weiter und so fort.

Es geht also nicht darum, gar nicht mehr zu fliegen. Es sollte aber im Jahre 2022 darum gehen, das Flugzeug dann zu nutzen, wenn es Sinn macht – möchte man ein Vorbild sein. Und Mainz 05 trommelt, was das Thema Umwelt angeht, ziemlich viel und für seine Verhältnisse ziemlich laut.

Vielleicht sind diese Woche die Emotionen auch so hoch gekocht, weil der Verein mit seiner Klimaneutralität permanent wirbt. Und vielleicht haben wir dabei ein falsches Verständnis, was es mit Klimaneutralität auf sich hat. Dass der Verein formal als klimaneutral gilt, steht außer Frage. Auf seiner Webseite schreibt der Verein selbst, dass es aktuell „bislang gesetzlich keine Vorgaben“ gibt. Der Verein orientiert sich am so genannten Greenhouse Gas Protocol. Demnach werden CO2-Emissionen in drei Bereiche, so genannte Scopes, unterteilt:

  • Scope 1: direkte Emissionen durch eigene Autos und Gebäude inklusive Stadion
  • Scope 2: Zugekaufte Energie
  • Scope 3: vor- und nachgelagerte Emissionen die durch den Erwerb von Produkten, Dienstleistungen. Die An- und Abreise von Fans zu den Spielen gehört ebenfalls dazu.

Dadurch ergibt sich ein Wert an CO2-Emissionen. Damit Mainz 05 als klimaneutral gilt, müssen diese Emissionen ausgeglichen werden. Dafür kauft Mainz 05 Zertifikate eines Klimaschutzprojekts in Ruanda. Wie bereits geschrieben, ist es auf jeden Fall löblich, das CO2 zu kompensieren. Allerdings wird auf der Vereinsseite nicht geschrieben, wie lange es im Rahmen dieses Klimaschutzprojekts dauert, bis das CO2 eingespart wird.

Solche Ausgleichsprojekte stehen oft in der Kritik, gerade weil es an Transparenz fehlt. Daher empfiehlt das Umweltbundesamt, möglichst in Projekte zu investieren, die vom Goldstandard zertifiziert sind: „Achten Sie bei Kompensationsanbietern auf diese Zertifizierung. Die Gold-Standard-Foundation ist eine Non-Profit Zertifizierungsorganisation, die in der Schweiz registriert ist. Berechtigt zur Zertifizierung durch „The Gold Standard“ sind nur Projekte, die nachweislich zur Reduktion von Treibhausgasen führen und gleichzeitig gut für die lokale Umwelt und soziale Belange der Bevölkerung sind.“

Auf der Mainz 05-Seite steht nicht, wie das Projekt in Ruanda zertifziert ist. Im Umkehrschluss bedeutet es nicht, dass das Projekt in Ruanda schlecht ist. Es ist aber vielen Menschen nicht bewusst, dass es teilweise 10 Jahre dauert, bis die Menge an ausgestoßenem CO2 mit Hilfe solcher Projekte kompensiert ist. Daher wäre es wünschenswert, wenn das auf der Vereinsseite angegeben würde.

Da ist die Luftverkehrsbranche bereits einen Schritt weiter und bietet die Möglichkeit, so genanntes Sustainable Aviation Fuel (SAF), also nachhaltiges Kerosin zu kaufen. Dieses reduziert den CO2-Ausstoß direkt beim Fliegen um mindestens 75% und nicht erst 10 Jahre später. So etwas kostet allerdings Geld. Während auf dem Portal Compensaid die Kompensation über gewöhnliche Projekte schon für 1,34 € auf der Strecke Frankfurt – Salzburg zu haben ist (bei 10 Jahren Dauer der Kompensation) kostet es 42,88 €, wenn der Flug mit SAF durchgeführt wird.

Screenshot der CO2-Kompensation für den Flug Frankfurt-Salzburg über 10 Jahre
Screenshot der CO2-Kompensation für den Flug Frankfurt-Salzburg über 10 Jahre

Anzunehmen, dass die Kosten für das Projekt in Ruanda vergleichbar sind, mit den Kosten der 10-jährigen Kompensation. Möchte man direkt relativ klimaneutral sein, kostet das ein Vielfaches dessen, wie das oben genannte Preisbeispiel zeigt. Daher sei nochmals daran erinnert, was die eine Airline 2019 geschrieben hat: Fly Responsibly

Das deckt sich letztlich auch mit den Ansprüchen, die Mainz 05 auf seiner eigenen Seite formuliert: „Mittels des neu berechneten Fußabdrucks werden wir nun wie auch in der Vergangenheit Verbesserungspotenziale identifizieren, um Emissionen zu verringern oder im besten Fall zu vermeiden. Hier möchten wir in den kommenden Jahren noch gezielter Emittenten analysieren, um langfristig Verminderungsziele zu formulieren und Maßnahmen einzuleiten.“

Mainz 05 sollte also analysieren, wo Emissionen einzusparen sind. Steht im nächsten Jahr die Reise nach Grassau an, ist es ein Leichtes, die Emissionen zu senken. Statt zu fliegen, sollte der Bus oder die Bahn genommen werden. Und wenn das ganze Material nicht in den Bus passt, liegt es auf der Hand, einen Transporter zu mieten. Flüge über 10 Jahre zu kompensieren und damit einfach auf die Klimaneutralität zu verweisen passt nicht zur Mission Klimaverteidiger. Denn das Vermeiden oder wenigstens das Reduzieren sollte immer an erster Stelle stehen. Nur das, was sich nicht vermeiden lässt, sollte kompensiert werden. Diese These stelle nicht ich auf, sondern ist ja so auf der Mainz 05-Homepage nachzulesen, wie das Zitat oben zeigt.

Möchte man diesen selbst gesteckten Zielen genügen, sollte es also kar sein, wie man sich im nächsten Jahr entscheidet.  Es sei denn, das nächste Trainingslager findet wieder in den USA statt. Wie es dann mit der Regeneration auf einem Acht-Stunden-Flug aussieht, müsste allerdings noch geklärt werden.

Und aus welchem Grund ist der Verein jetzt genau nach Grassau geflogen?

Er selbst schreibt dazu nichts. Anzunehmen, dass es die Bequemlichkeit war. Und zwar die Bequemlichkeit, es so zu machen, wie man es immer schon gemacht hat. Dabei sollte man als Fußballsportverein wissen, dass man es dem Gegner leichtmacht, wenn man ausrechenbar ist und seine Strategie nicht ändert. Das gilt auch für die Klimaverteidiger von Mainz 05. Vom Pioniergeist 2010 ist leider 2022 nicht mehr viel übriggeblieben. Ähnlich wie beim Leitbild orientieren sich die handelnden Personen nicht an den Ambitionen, die sich der Verein selbst auf die rotweißen Farben geschrieben hat. Eigener Anspruch und die gelebte Wirklichkeit klaffen wieder einmal komplett auseinander.

Quellen:
FSV Mainz 05 – Klimaneutralität

Compensaid – fly CO2-neutral

Nationalelf fliegt von Stuttgart nach Basel – Das sagt ein Sportmediziner – Stuttgarter Zeitung

The Gold Standard | Umweltbundesamt


Konsequent inkonsequent

Die letzte Woche waren Tage der Wahrheit für den 1. FSV Mainz 05. Schließlich zeigte sich anhand der Kommunikation durch die Vereinsführung, welche Prioritäten sie setzt. Besonders anschaulich wurde dies durch das Statement am Dienstag „Testspiel gegen Newcastle findet statt“ dargelegt. In diesem wird klar und deutlich verkündet, dass es um das Sportliche und das Finanzielle geht.

„Ein Testspiel gegen einen englischen Traditionsklub ist für uns zunächst ein sportliches Kräftemessen.“, sagt Präsident Stefan Hofmann. „Der Verein trage aber vor allem auch die Verantwortung, dem Sport eine optimale Vorbereitung zu ermöglichen. Die Partie sei neben der Begegnung gegen Athletic Bilbao die einzige richtige Testmöglichkeit für die Nationalspieler, die erst im Trainingslager in die Vorbereitung einsteigen.“  Und weiter „Aus sportlicher Perspektive können wir auf dieses Testspiel nicht verzichten.“

Es steht und fällt also angeblich alles mit diesem Testspiel. Das ist meiner Meinung nach arg übertrieben, denn wenn Newcastle eine B-Elf auf den Platz bringt oder die „Magpies“ ausgebrannt vom Training am Morgen sind, was in Trainingslagern durchaus im Bereich des Möglichen liegt, dann hat dieses Spiel am Ende auch keinen Einfluss auf eine optimale Saisonvorbereitung. Ich erinnere nur ungern an das Testspiel 2006 gegen Liverpool (*singan* „Tobi Damm ist besser als der Thurk“ *singaus*), das 5:0 gewonnen wurde. Danach folgte in der Hinrunde noch genau ein Sieg und im darauffolgenden Mai der Abstieg. Von daher sind das Phrasen, die es zu publizieren gilt, wenn eigentlich etwas Anderes im Vordergrund steht – das Finanzielle nämlich.

Dieses ist sicherlich nicht nur in Mainz die Priorität im Profifußball. „Eine einseitige Absage durch uns, wie von manchen Fans gefordert, ist nicht denkbar, da diese aufgrund der vertraglichen Verpflichtungen gravierende juristische und wirtschaftliche Folgen für uns haben könnte und wir grundsätzlich zu unseren vertraglichen Vereinbarungen stehen.“, sagt Christian Heidel. Sprich, es würde den Verein viel Geld kosten, das Testspiel abzusagen. Umgekehrt versucht der Verein möglichst viel Geld durch Sponsoring einzunehmen. So wurde ebenfalls letzte Woche der Sponsoring-Vertrag mit dem chinesischen Wettanbieter zum zweiten Mal um ein Jahr verlängert.

Wenn man sich die Finanzen von Mainz 05 anschaut, dann stellt man fest, dass zum abgelaufenen Geschäftsjahr 2020/21 im Vergleich zum Vorjahr das Fremdkapital bei Mainz 05 massiv gesunken ist (-48 Prozent). Sprich die Strategie von Mainz 05 ist, Schulden abzubauen. Das ist sehr löblich und in Rheinland-Pfalz nicht unbedingt Standard unter Profi-Fußballvereinen. Einen anderen Weg haben da übrigens zwei Vereine eingeschlagen, bei denen Mainz 05 bisher immer so ein bisschen um den einen oder anderen Spieler konkurriert hat. Der SC Freiburg hat im gleichen Zeitraum sein Fremdkapital um 58 Prozent erhöht. Und Union Berlin ist schon länger komplett überschuldet und muss hoffen, möglichst viel Kohle in der Europa League zu generieren. Von daher ist es wahrscheinlich Konsens unter den Mitgliedern des Vereins, dass der Weg, diese konservative Finanzstrategie zu gehen, zum Wohle des Vereins ist.

„Die Verantwortlichen haben in der Frage des Umgangs mit dem geplanten Testspiel ein differenziertes Meinungsbild innerhalb des Vereins wahrgenommen. Sie wollen die Diskussionen daher zum Anlass nehmen, im Rahmen eines Treffens mit Fanvertretern die grundsätzliche Haltung des Vereins zu erörtern und dabei auch das gemeinsame Verständnis des Leitbilds zu diskutieren.“

Mit diesen Worten endet das Statement zum Festhalten am Testspiel gegen Newcastle. Interessant ist auch, was in diesem Statement nicht vorkommt. Ein Eingestehen eines etwaigen Fehlers findet man schlicht nicht. Folglich sind die handelnden Personen davon überzeugt, alles richtig gemacht zu haben. Es wird also auch in Zukunft immer das Finanzielle die Priorität haben. Das Sportliche ist die Prio Nummer 2 und danach kommt dann „das Gedöns“, wie zum Beispiel das Leitbild, das die Mitglieder-Versammlung legitimiert hat. Daher wäre es naiv zu glauben, dass der Verein in Zukunft in einer ähnlichen Situation anders agieren würde, wie manche Kommentierende in den sozialen Netzwerken meinten. Die Chuzpe zu haben, ein Mitglieder-Votum einfach mal außen vor zu lassen, ist schon ziemlich starker Tobak. Dann aber gönnerhaft ein Gespräch mit den Fans anbieten, in dem das gemeinsame Verständnis des Leitbilds diskutiert werden soll, ist halt konsequent inkonsequent. Da wäre mir eine Aussage wie „das Leitbild ist Folklore, basta“ einfach lieber, weil es wenigstens ehrlich wäre.

Es ist anzunehmen, dass es den Macher*innen des Leitbilds darum ging, eine Art „Grundgesetz“ für den Verein zu entwickeln. Es ging um den „Mainzer Weg“ und darum, was Mainz 05 ausmacht. Denn in der Außenwahrnehmung der überregionalen Medien steht Mainz 05 für nichts – selbst wenn es ein Bo Svensson mit seiner Mannschaft hinbekommt, so eine sensationelle Rückrunde wie in der ersten Hälfte des Jahres 2021 zu spielen. Mainz 05 findet außerhalb Rheinhessens einfach nicht statt. Ich finde das nicht weiter schlimm und auch das ist wahrscheinlich Konsens bei den meisten Mitgliedern.

Es stellt sich allerdings jetzt heraus, dass dieses Leitbild für die Profi-Abteilung keine Relevanz hat. Dieses hat bei der Auswahl des Testspielgegners keine Rolle gespielt und es wird auch in Zukunft keine Rolle spielen. Das „differenzierte Meinungsbild“, was der Verein anspricht, meint, dass es dem Großteil der Mitglieder ziemlich egal ist, wem Newcastle gehört. Die wenigsten wussten das sicherlich vor der Bekanntgabe des Testspielgegners. Noch weitaus weniger Mitglieder wissen wahrscheinlich, dass laut Amnesty International Saudi-Arabien an einem Tag im März 2022 81 Menschen hat hinrichten lassen und dass Amputierungen Teil des Rechtswesens sind.

Man kann so als Verein agieren – keine Frage. Selbst mit diesem Hintergrundwissen werden wahrscheinlich aktuell die meisten Mitglieder der Meinung sein, dass das halt so ist im Profi-Fußball. Schließlich hat auch der Abschluss des Sponsoring-Vertrags mit dem chinesischen Wettanbieters 2020 nicht wirklich viele Mitglieder bestürzt.

„Die Reaktion von einigen Fans haben wir in dieser Form so nicht erwartet.“, so Stefan Hofmann im Statement zum Testspiel gegen Newcastle. Natürlich kann man das nicht erwarten, weil der Großteil der aktuellen Mainz 05-Mitglieder hochzufrieden ist. Seitdem der Don zurück ist, läuft es sportlich wieder rund. Und das ist ja Prio Nummer 2 (nach dem Finanziellen). Die Vereinsführung meint, so lange finanziell und sportlich alles rund läuft – ist alles paletti. Wofür Mainz 05 eigentlich steht – also so als Verein außerhalb des Finanziellen und des Sportlichen, hat für die Verantwortlichen keine Top-2-Priorität und fällt wohl ebenfalls in die Kategorie „Gedöns“. Dass es die Macher*innen des Leitbilds wahrscheinlich sind, die, wenn die Top-2-Prioritäten mal nicht so gut umgesetzt werden wie aktuell, dem Verein die Teue halten, hat man entweder bei der Vereinsführung nicht im Blick oder man legt keinen Wert darauf.

Vielmehr gilt es, das Stadion mit Zuschauer*innen zu füllen, die einzig und allein „nuff gehen“, weil es sportlich rund läuft. Dass es aktuell ein paar Kilometer den Nebenfluss hinauf, sportlich noch „ein wenig“ besser läuft und dass es in unserem Bundesland wieder zwei DFL-Mitglieder gibt und bei einem sportlichen Abwärtstrend von Mainz 05 die oben genannte Zielgruppe recht schnell ins Waldstadion oder zum Betze abwandert, ist den Verantwortlichen sicherlich bewusst.

Mantra-artig wird daher sicherlich in den nächsten Monaten jede Veränderung damit begründet werden, dass die Top-2-Prio (Finanzen, Sport) gefährdet seien. Egal ob es um eine Ausgliederung der Profiabteilung gehen wird, irgendwann um einen Investor und falls 50+1 kippt auch darum. Mit diesem Totschlag-Argument werden die Mitglieder „mitgenommen“, um den sportlichen und finanziellen Erfolg nicht zu gefährden und die Zielgruppe der Erfolgshungrigen nicht zu vergrämen.

Ich persönlich habe an dem Leitbild nicht mitgearbeitet, finde es aber gut herausgearbeitet. Allerdings passt dieses Leitbild einfach nicht zum Handeln der Vereinsführung. Wenn man ehrlich ist, sollte dieses Leitbild in der nächsten Mitglieder-Versammlung eingemottet werden. Schließlich kann es nicht für den Verein gelten mit Ausnahme der Profiabteilung. Das wäre halt konsequente Inkonsequenz.

Das ist allerdings der Status Quo. Und diese Strategie der konsequenten Inkonsequenz fährt der Verein schon ziemlich lang. Wenn es die Top-2 nicht tangiert, dann zeigt man sich solidarisch mit Schwächeren der Gesellschaft in Deutschland, nicht aber mit denen in Saudi-Arabien. Man entsendet gerne Mitarbeiter*innen auf Fridays for Future Demos, fliegt aber mit dem Flugzeug innerdeutsch – wahrscheinlich ohne Kompensation der klimarelvanten Emissionen. Man lädt die Caritas, die sich auch um Spielsüchtige kümmert, ins Stadion ein, schließt aber ein Sponsoring mit einem chinesischen Wettanbieter ab und so weiter und so fort.

Man kann das alles machen, so als Verein, also Partnerschaften mit Unternehmen aus Ländern mit einem anderen Wertesystem abschließen, innerdeutsch fliegen und Glückspielsponsoring – aber dann sollte sich der Verein andererseits nicht mit Feigenblättern schmücken. Denn ganz ehrlich, lieber steht mein Verein Mainz 05 für nix als für ein inkonsequentes Handeln. Dass die Verantwortlichen eines Vereins das unbequeme Votum einer Mitglieder-Versammlung auch umsetzen können, zeigt das Beispiel FC St. Pauli. Dort wurde 2016 beschlossen, dass das Merchandising fair und nachhaltig produziert werden soll. Daraufhin hat der Verein letztlich seine eigene Marke kreiert. Seit 2021 bietet er eine fair produzierte Teamsportkollektion an, die aus recyceltem Materialien besteht. Das ist Konsequenz.

Soweit sind wir bei Mainz 05 (noch) nicht. Ich bezweifele, dass eine Mehrheit der aktuellen Mitglieder bereit ist, finanzielle und sportliche Einbußen in Kauf zu nehmen, um das Leitbild auch in der Profiabteilung durchzusetzen. Welche Schlüsse lassen sich daraus ziehen? Alles hinschmeißen und dem Verein und dem Profifußball die kalte Schulter zeigen? Das kann jede*r von uns nur persönlich entscheiden. Ich fühle mich immer noch im Verein und im Stadion wohl. Das liegt hauptsächlich an den tollen Menschen, die ich dort kennen gelernt habe. Wohler wäre es mir aber, wenn mein Verein einfach so ehrlich wäre, und solche genannten Feigenblatt-Aktionen, die spätestens jetzt einfach nur noch peinlich sind, in Zukunft unterlassen wird.

Schließlich gibt es genügend Menschen, die sich ehrlich für eine Sache engagieren und in Kauf nehmen, dafür auf Annehmlichkeiten zu verzichten. Dafür muss man aber aus der Komfortzone raus. Man kann sich für Menschenrechte einsetzen und verzichtet dann halt auf den vermeintlich idealen Testspielgegner. Man kann Organisationen wie die Caritas unterstützen, dann verzichtet man aber auf das Geld mancher Sponsoren. Man kann zu Fridays for Future Demos gehen, nimmt aber innerdeutsch den Bus, der ja eh zum Spielort fährt und kompensiert die Flugreisen, die sich nicht vermeiden lassen. Es gibt mittlerweile viele Menschen, die auf vieles verzichten. Sich aber dann, wenn es passt, sich mit diesen zu solidarisieren ist für mich einfach ein No Go und auch eine Art von „Sportwashing“. Es gibt sicherlich auch so genügend Themenfelder, für die sich Mainz 05 auch in Zukunft einsetzen kann, bei denen man nicht in die Bredouille gerät, wenn man sie vernünftig beackert. Damit das nicht passiert, gibt es im Verein eine CSR-Abteilung und auch eine Fanabteilung, die hoffentlich beide intern nicht unter „Gedöns“ laufen. In beiden Abteilungen gibt es kompetente Menschen, die sicherlich auf Wunsch mit Rat den verantwortlichen Personen zur Seite stehen, damit der Verein nicht weiter Eigentore fabriziert.

Und vielleicht wird in ein paar Jahren die Erkenntnis einkehren, dass so ein Leitbild gar keine so schlechte Idee ist – weil es von der Mehrheit der Mitglieder entschieden eingefordert und nicht nur abgenickt wird und weil es vielleicht doch für Mainz 05 und seine Menschen im Verein steht. Dann kann es auch gerne wieder ausgepackt und von allen gelebt werden.

Anmerkung: In einer vorhergehenden Version wurde das Wort „Mitglied“ irrtümlicherweise gegendert. Danke für den Hinweis auf Facebook.